Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied
Dr. Helmut Pollak über die Berufung des Herrn U A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 7.9.1993, GZ.: 15.1 93/4428, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, ohne Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung gegen die Höhe der Strafe gemäß § 20 VStG Folge gegeben und die Strafe gemäß § 99 Abs 1 lit a StVO iVm § 5 Abs 1 StVO mit S 5.000,-- festgesetzt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe reduziert sich die zu vollziehende Ersatzarreststrafe auf 5 Tage.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG werden die Kosten des Verfahrens der ersten Instanz mit einen Betrag von S 500,-- festgesetzt und bestimmt, daß der Berufungswerber die Strafe, die Kosten des Verfahrens der ersten Instanz binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Der Berufungswerber lenkte am 12.6.1993, um 21.20 Uhr, ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholgehalt der Atemluft 0,43mg/l). Er wurde hiefür von der Behörde erster Instanz mit einer Geldstrafe von S 9.000,-- bestraft. Die Ersatzarreststrafe wurde mit 8 Tagen festgesetzt. Die Verfahrenskosten wurden mit S 900,-- bestimmt und wurde dem Berufungswerber ein Kostenersatz im Sinne des § 5 Abs 9 StVO im Ausmaß von
S 10,-- auferlegt.
Der Berufungswerber erhob innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat, schränkte es auf die Höhe der Strafe ein und beantragte gemäß § 20 VStG das außerordentliche Milderungsrecht.
Der Berufung kommt Berechtigung zu.
Rechtlich ist auszuführen:
Da lediglich die Höhe der verhängten Strafe bekämpft wurde, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen (VwGH 16.9.1971, 1268 ua./70) und es war gemäß § 51e Abs 2 VStG eine öffentliche, mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen. Wird in der Berufung nur das Strafausmaß bekämpft, dann hat die Berufungsbehörde von dem in erster Instanz zur Schuldfrage festgestellten Sachverhalt auszugehen (Erk. d. VwGH vom 22.2.1990, GZ.: 89/09/0137).
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß gerade der § 5 StVO zu den elementaren Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zählt und demnach einen bestimmten Schutzzweck zur Erzielung spezial- und generalpräventiver Effekte erreichen soll. Die Gefährlichkeit des Alkoholeinflusses ist unterschiedlich, je nach Grad der Alkoholisierung. Während bei geringen Alkoholmengen Erscheinungen der Enthemmung bzw. der Veränderung der Einstellung zum persönlichen Fahrkönnen überwiegen, stehen bei einer höheren Alkoholkonzentration Störungen des Wahrnehmungs- und Koordinationsvermögens im Vordergrund. Das Gefahrenpotential der zuletzt genannten Gruppe von Fahrzeuglenkern ist evident. Nicht weniger gefährlich sind alkoholbedingte Veränderungen der Persönlichkeit. Bereits durch geringe Alkoholmengen wird vielfach das subjektive Leistungsgefühl so gesteigert, daß es dem objektiven Leistungsvermögen des einzelnen KFZ-Lenkers nicht mehr entspricht und die in aller Regel vorhandene Selbstkritikfähigkeit, die vor überzogenem und gefährlichem Fahren schützt, verringert bzw. ausgeschaltet wird. Dadurch erhöhen sich die mit dem Straßenverkehr naturgemäß verbundenen Gefahren und Gefährdungsmomente, welche durch die entsprechende straßen- und kraftfahrrechtlichen Vorschriften auf ein Mindestmaß reduziert werden sollen, um ein Vielfaches. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungs- die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Berufungswerber ein Jugendlicher ist.
Die Behörde erster Instanz wertete mildernd die absolute Unbescholtenheit, das Geständnis bzw. die Schuldeinsicht. Erschwerend wurde im Ausmaß des Verschuldens des Berufungswerbers nichts angenommen. Schon anhand dieser Feststellungen überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich.
Anhand der jüngst ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist auch im Falle einer Übertretung des § 5 StVO das außerordentliche Milderungsrecht bei Vorliegen der genannten Milderungsgründe des § 20 anzuwenden. In diesem Fall war die festgestellte Alkoholisierung im Bereich von 10 % über den vom Gesetzgeber festgelegten Grenzwert und zog das Delikt keine negativen Folgen z. B. eines Verkehrsunfalles nach sich. Die Strafe wurde mit dem Betrag von S 5.000,-- vom Unabhängigen Verwaltungssenat festgesetzt, da der Berufungswerber mit einem Kraftfahrzeug gefahren ist und die möglichen Folgen eines Unfalles von denen im Falle des Lenkens eines Fahrzeuges zu unterscheiden. Auch entspricht die jetzt verhängte Geldstrafe von S 5.000,-- durchaus dem Verschulden und wurde auch in jener Höhe festgesetzt, welche der Gesetzgeber vor der 13. Novelle der Straßenverkehrsordnung als Mindeststrafe für das Lenken von Fahrzeugen im alkoholisierten Zustand festgesetzt hat. Die Schwere des Deliktes für sich allein kann das Milderungsrecht nicht ausschließen, da der Gesetzgeber um diese Tat wissend den Strafrahmen in der StVO vorgegeben hat und dem § 99 Abs 1 StVO unterstellte. Auch für den Fall, daß der Berufungswerber über keinerlei Einkommen verfügt, wird auf die Bestimmung des § 14 Abs 1 VStG verwiesen, demzufolge Geldstrafen nur insoweit zwangsweise eingebracht werden dürfen, als dadurch wieder der notwendige Unterhalt des Bestraften und derjenigen, zu deren Unterhalt ihn das Gesetz verpflichtet, noch die Erfüllung der Pflicht, den Schaden gutzumachen gefährdet wird.
Für den Fall des Einbringens eines Ratenansuchens wird darauf hingewiesen, daß dieses bei der Vollstreckungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft Weiz) einzubringen wäre.
Der Ausspruch über den Ersatz der Verfahrenskosten war eine Folge der Bestrafung und stützt sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.
Der Ersatz der Kosten gemäß § 5 Abs 9 StVO wird von dieser Entscheidung nicht berührt.