Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.
Gemäß §45 Abs1 Z2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 29. Juli 1992, gegen 23,00 Uhr, als Fahrzeuglenker des Fahrzeuges Kombi, Kennzeichen ** ***N, in S******* auf der B ** bei Strkm 41,17 beim Abkommen von der Fahrbahn nach links das bei der Kreuzung Einfahrt S*******-Mitte - B ** aufgestellte Verbotszeichen gemäß §52a Z2 StVO 1960 "Einfahrt verboten" beschädigt und dadurch folgende Verwaltungsübertretung begangen:
1)
Er sei nicht so weit rechts gefahren, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, und
2)
er habe eine Einrichtung zur Regelung und Sicherung des Verkehrs beschädigt und es unterlassen, die nächste Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter von der Beschädigung unter Bekanntgabe seiner Identität ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.
Der Straßenerhalter sei vom Berufungswerber erst eine halbe Stunde
nach der Beschädigung verständigt worden.
Der Berufungswerber wurde
1)
wegen Übertretung gemäß §99 Abs3 lita, §7 Abs1 StVO 1960 und 2) wegen Übertretung gemäß §99 Abs2 lite, §31 Abs1 StVO
1960
ad. 1) gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 mit einer Geldstrafe
von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) und ad. 2) gemäß §99 Abs2 lite StVO 1960 mit einer Geldstrafe
von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) bestraft.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Als Begründung wurde im wesentlichen angeführt, das Verhalten des Berufungswerbers sei ursprünglich von der Behörde als Übertretung nach §58 Abs1 StVO 1960 beurteilt worden, dieses Verfahren aufgrund eines Einspruches des Berufungswerbers eingestellt und sodann neuerlich ein Straferkenntnis erlassen worden. Der Berufungswerber betrachtet die Heranziehung verschiedener Strafnormen zum selben Vorfall als nicht richtig.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:
Aufgrund des Akteninhaltes steht folgender Sachverhalt fest:
Herr K***** K***** lenkte am 29. Juli 1992 gegen 23,00 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen ** ***N, auf der B ** in S******* aus Richtung G***** kommend. Er kam dabei mit seinem Fahrzeug nach links von der Fahrbahn ab und beschädigte bei Strkm 41,17 das bei der Kreuzung Einfahrt S*******-Mitte - B ** aufgestellte Verkehrszeichen "Einfahrt verboten". Herr K***** K***** setzte die Fahrt zu seiner Wohnung in S*******, G****** 18, fort und verständigte um 23,30 Uhr telefonisch den Straßenmeister der Straßenmeisterei S*******, G******** S***********, von diesem Unfall.
Um 23,05 Uhr wurde von einem Augenzeugen dieses Unfalles telefonisch beim Gendarmerieposten xx Anzeige erstattet und aufgrund des beim Unfall verlorenen Kennzeichens ** ***N der Berufungswerber als Zulassungsbesitzer festgestellt.
Unmittelbar nach dem Unfall konnte der Berufungswerber als Lenker nicht ausgeforscht werden.
In rechtlicher Hinsicht wurde erwogen:
Laut §7 Abs1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, soweit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.
§31 Abs1 StVO 1960 besagt, daß Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (insbesondere Verkehrsampeln, Signalscheiben, Straßenverkehrszeichen, Verkehrsleiteinrichtungen, Sockel für Verkehrsposten, Verkehrstürme, Schutzinseln, Sperrketten, ....) nicht beschädigt oder unbefugt angebracht, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert werden dürfen.
Gemäß §99 Abs2 lite StVO 1960 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von S 500,-- bis S 30.000,--, im Falle einer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis 6 Wochen, zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt anbringt, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.
Zufolge §99 Abs3 lita StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer unter anderem als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach §1 Abs2 oder 4 zu bestrafen ist.
Nach §99 Abs6 lita StVO 1960 liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn durch die Tat lediglich Sachschaden entstanden ist, die Bestimmungen über das Verhalten in einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden (§4 Abs5) - eingehalten worden sind und nicht eine Übertretung nach Abs1 (Strafbestimmungen im Zusammenhang mit Alkoholisierung) vorliegt.
Im vorliegenden Fall steht fest, daß der Verkehrsunfall, welcher zur Beschädigung des Verkehrszeichens führte, sich "gegen 23,00 Uhr" ereignet hat. Aus der Zeitangabe "gegen 23,00 Uhr" ist zu erkennen, daß er Unfall nicht exakt um 23,00 Uhr war, sondern vorher oder nachher. Wenn man zugunsten des Beschuldigten annimmt, daß der Unfall einige Minuten nach 23,00 Uhr passiert war, ergibt sich als Zeitbedarf für die Meldung, wenn man die Fahrzeit nach Hause, das Aufsuchen des Hauses und das Aufsuchen des Telefons dazurechnet, eine Zeitspanne von einigen Minuten. Die telefonische Verständigung erfolgte laut Akt genau um 23,30 Uhr. Wenngleich man dem Berufungswerber entgegenhalten kann, daß der Straßenmeister im Objekt selbst erreichbar gewesen wäre, muß man zugunsten des Beschuldigten auch auf die Uhrzeit (nach 23,00 Uhr) Rücksicht nehmen. Wenn man ferner den Berufungswerber entgegenhalten kann, daß der Gendarmerieposten in xx besetzt gewesen wäre und sich in einer Entfernung von lediglich 500 m von der Unfallstelle befindet, so muß man ihm aber auch zubilligen, daß er die Möglichkeit einer telefonischen Meldung an den Straßenerhalter gewählt hat. Bei einer Entfernung der Unfallstelle vom Wohnort des Berufungswerbers von ca 2 km ist der für das Zurücklegen dieser Strecke mit dem PKW erforderliche Zeitaufwand sicherlich als sehr gering einzuschätzen. Daß der Berufungswerber mit Rücksicht auf die Uhrzeit des Unfalles (ca 23,00 Uhr) von der Unfallstelle direkt nach Hause fuhr und von dort aus den Straßenmeister als Vertreter der geschädigten Straßenverwaltung anrief, kam ihm unter Berücksichtigung der geschilderten Umstände nicht als strafbares Verhalten zur Last gelegt werden. Zwischen dem Verlassen der Unfallstelle durch den Berufungswerber und einer Anzeige beim rund 500 m von der Unfallstelle entfernten Gendarmerieposten xx wären ebenfalls einige Minuten vergangen. Die Zeitdifferenz zwischen einer möglichen Anzeigeerstattung durch den Berufungswerber direkt am Gendarmerieposten in xx und der telefonischen Anzeigeerstattung durch den Berufungswerber bei der Straßenverwaltung hat im vorliegenden Fall vermutlich nur ein geringes Ausmaß (max 10 - 15 min.) betragen. Dieser Verzug in der Meldung kann sicherlich nicht "unnötiger Aufschub" im Sinne des §99 Abs2 lite StVO gesehen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat einen Zeitraum von einer halben Stunde bei einem Verkehrsunfall mit Sachschaden durchaus als nicht unnötigen Aufschub angesehen (vgl VwGH 19.9.1984, 83/03/0358, ZVR 1985/72).
Der Berufungswerber hat daher nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ sehr wohl das erforderliche Verhalten nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gesetzt und liegen daher die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht vor. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, daß im vorliegenden Fall als Übertretungsnorm §99 Abs2 lite herangezogen wurde. Die Beschädigung vom Verkehrsleiteinrichtungen anläßlich eines Verkehrsunfalles und die Unterlassung der rechtzeitigen Meldung an die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder an den Straßenerhalter ist nämlich nach der Spezialbestimmung des §31 Abs1 iVm §99 Abs2 lite, nicht aber nach der allgemeinen Bestimmung des §4 Abs5 zu bestrafen (VwGH vom 13.2.1987, 86/18/0254, ZVR 1988/135).
Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e Abs1 entfallen, da der angefochtene Bescheid aufgrund der Aktenlage zu beheben war.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.