Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied
Dr. Wigbert Hütter über die Berufung des Herrn W P, wohnhaft F, G-weg 8, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 11.9.1992, GZ.: 15.1 - 1991/2694 nach Durchführung einer mündlichen öffentlichen Verhandlung wie folgt entschieden:
Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 11.9.1992, GZ.: 15.1 - 1991/2694 wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, daß er in der Zeit von 15.5.1991 bis "4.9.1992" "nachstehende ausländische Staatsbürgerin" beschäftigt habe, obwohl er nicht im Besitze einer Beschäftigungsbewilligung oder eines Befreiungsscheines gewesen sei.
Der Name der ausländischen Staatsbürgerin kommt im Straferkenntnis nicht vor.
Er habe § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz verletzt, weswegen eine Geldstrafe von
S 5.000,-- gemäß § 28 Abs 1 lit a AuslbG. verhängt wurde. In der Begründung des Straferkenntnisses heißt es, daß der strafbare Tatbetand durch das Ermittlungsverfahren und das Geständnis des Berufungswerbers erwiesen sei.
Innerhalb der gesetzlichen Frist wurde vom Berufungswerber dagegen Berufung erhoben.
Begründend wird ausgeführt, daß der Berufungswerber keinesfalls Dienstgeber sei, niemanden beschäftigt habe und als Privatperson das Ausländerbeschäftigungsgesetz gar nicht übertreten habe können. Es handle sich um eine Welle von Mißverständnissen, teilweise durch Falschauskünfte der betroffenen Behörden und die Verstrickung eines einfachen Staatsbürgers (nämlich des Berufungswerbers selbst) in die bürokratischen Mühlen zwischen Arbeitsamt, Fremdenpolizei, Universität und Bezirkshauptmannschaft hervorgerufen. Es wird dann von ihm "der richtige Sachverhalt" dargestellt: Die argentinische Staatsbürgerin A F B, sei am 8.4.1991 als Verlobte seines gleichnamigen Sohnes in Österreich eingereist, mit der Absicht, hier zu studieren. Die Anmeldefrist für die Universität Graz sei überschritten gewesen, weil bei einigen Dokumenten der internationale Beglaubigungsstempel (Apostille) gefehlt habe und dessen Beschaffung beim argentinischen Außenministerium längere Zeit in Anspruch genommen habe. In der Zwischenzeit habe er dem Gast Krankenversicherungsschutz bieten wollen und - nachdem eine Studentenversicherung noch nicht möglich war - bei der ÖKISTA eine einjährige Krankenversicherung abgeschlossen, für die der Abschluß eines au-pair - Vertrages Voraussetzung gewesen sei. Anläßlich einer Vorsprache bei der Fremdenpolizei zur Erwirkung der einjährigen Aufenthaltsbewilligung nach Ablauf des dreimonatigen Touristenvisums sei von seinem Sohn der au-pair -Vertrag unnötigerweise vorgelegt worden, worauf dieser vom dortigen Beamten darauf hingewiesen worden sei, daß eine Beschäftigungsbewilligung notwendig sei und diese beim Arbeitsamt zu beantragen sei. Dieser Antrag sei dann auch sofort gestellt worden, von diesem aber mit Bescheid vom 27.9.1991 abgelehnt worden.
Sein Gast habe, nachdem die notwendigen Papiere aus Argentinien eingetroffen seien, das Studium an der Universität Graz mit dem Beginn des Sommersemesters 1992 aufgenommen. Die belangte Behörde habe auf das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, auf welches das Ausländerbeschäftigungsgesetz anzuwenden sei, geschlossen, ohne auf die näheren Umstände einzugehen. Er selbst sei in diesem Verfahren nie gehört worden, daher könne er auch gar kein Geständnis abgelegt haben. Da kein erkennbarer Straftatbestand begründet worden sei, beantrage er die ersatzlose Behebung des gegenständlichen Bescheides.
Der gemäß § 51 Abs 1 VStG zuständige Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10.1.1994, bei welcher der Berufungswerber als Partei und Frau A F B als Zeugin vernommen wurden, bei der das Landesarbeitsamt jedoch trotz ausgewiesener Ladung nicht anwesend war, nachfolgendes fest:
Laut der Strafanzeige des Landesarbeitsamtes vom 2.10.1991 an die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung erfolgte die Beschäftigung von Frau A F B vom 15.5.1991 bis 4.9.1991, sodaß diesbezüglich die Datumsangabe "1992" im Straferkenntnis nicht richtig ist. Desweiteren wird aus dem Akt der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung festgestellt, daß der Berufungswerber mit Schreiben vom 28.11.1991, somit innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist, zur Rechtfertigung aufgefordert wurde und in diesem Schreiben der Name "B A F" genannt ist, (der dann im Straferkenntnis selbst allerdings vergessen wurde).
Mit Ladungsbescheid vom 28.11.1991 wurde Frau A F B vor die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung geladen und ist am 17.12.1991 dort erschienen.
Von dieser Behörde wurde dann allerdings eine "Niederschrift über die Vernehmung eines Beschuldigten" aufgenommen, welche, wie bei der Verhandlung vom 10.1.1994 festgestellt wurde, vom Sohn des Berufungswerbers unterschrieben wurde. Insofern liegt somit kein Geständnis des Berufungswerbers selbst vor. Bei dieser Vernehmung am 17.12.1991 hat Herr W P, der Sohn des Berufungswerbers, folgendes zu Protokoll gegeben:
Frau A.B wurde von mir lediglich deshalb als au-pair-Mädchen angemeldet, um einen Versicherungsschutz zu erreichen. Als diese Anmeldung erfolgte, begannen die Schwierigkeiten mit dem Arbeitsamt Graz. Ich sehe ein, daß ich die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes mißachtet habe, ersuche jedoch um eine milde Bestrafung."
Der Behörde dürfte nicht aufgefallen sein, daß sie es mit dem Sohn des Beschuldigten zu tun hat, allerdings hat der Sohn des Beschuldigten dieses Mißverständnis auch nicht beseitigt. Bei der Verhandlung vom 10.1.1994 hat der Berufungswerber eine Fotokopie des au pair -Vertrages, datiert mit "8.5." vorgelegt. Als Beginn des au pair-Verhältnisses ist darin der 15.5.1991 festgelegt, als Ende der 17.1.1992.
Gemäß § 3 Abs 1 AuslbG. darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Bei der Verhandlung vom 10.1.1994 haben der Berufungswerber und die Zeugin übereinstimmend und auch glaubwürdig ausgesagt, daß Frau A F B zu keiner Zeit beim Berufungswerber als au pair .Kraft gearbeitet hat. Frau A F B, gebürtige Argentinerin und von Beruf Psychologiestudentin, ist am 8.4.1991 nach Österreich gekommen und wurde als Gast von der Familie des Berufungswerbers aufgenommen, mit dessen Sohn sie verlobt war, um in Österreich an der Universität Graz zu studieren. Da sie wegen fehlender internationaler Beglaubigungsstempel auf einigen Dokumenten das Studium nicht gleich beginnen konnte, sie somit als Studentin nicht krankenversichert werden konnte, dieser Krankenversicherungsschutz für Frau B jedoch angestrebt wurde, wurde vom Berufungswerber und Frau B der in Fotokopie vorgelegte au pair-Vertrag abgeschlossen und der ÖKISTA vorgelegt und damit ein Krankenversicherungsschutz für Frau B erwirkt.
Aus den Aussagen der vertragsschließenden Teile geht jedoch eindeutig hervor, daß dieser Vertrag nicht zu dem Zweck geschlossen wurde, Frau B tatsächlich als au pair Kraft zu beschäftigen. Eine solche Beschäftigung ist auch tatsächlich nicht erfolgt. Es ist nicht Sache des Verwaltungsstrafverfahrens, die Gültigkeit des au pair Vertrages zu beurteilen, sondern zu prüfen, ob der Berufungswerber Frau B unberechtigterweise als au pair Kraft beschäftigt hat. Da dies erwiesener Maßen nicht der Fall war, hat er somit die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen und das Verwaltungsstrafverfahren war daher gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.
Die Zeugin ist mittlerweile mit dem Sohn des Berufungswerbers verheiratet und trägt den Familiennamen "P".