TE UVS Niederösterreich 1994/01/12 Senat-AM-92-074

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Veröffentlicht am 12.01.1994
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, iVm §24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBlNr 52/1991, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß §17 Abs3 VStG iVm §39 Abs1 Waffengesetz 1986 die gegen Beschlagnahmebestätigung Nr ******/13 des GP xx vom 16.9.1992 vorläufig beschlagnahmte Schußwaffe "Winchester Big Bore 4XTR-375 WIN, mit der Nummer BB 043103, für verfallen erklärt.

 

Der Berufungswerber hat gegen diesen Bescheid fristgerecht berufen und dabei im wesentlichen folgendes vorgebracht: Aus dem gesamten Akteninhalt ergäbe sich, daß die gegenständliche Waffe zum Vorfallszeitpunkt nicht geladen gewesen sei. Außerdem sei für diese Waffe nie eine Munition vorhanden gewesen und mit dieser Waffe nie ein Schuß abgegeben worden. Die Behörde erster Instanz hätte diese Umstände für die Beurteilung der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit überprüfen müssen. Die öffentliche Sicherheit könne mit einer ungeladenen Waffe nicht gefährdet werden. Auch könne nicht von einer Überlassung der Waffe an andere Personen ausgegangen werden, da hiefür begrifflich ein gewisser Zeitraum erforderlich wäre. Dieser sei dann nicht gegeben, wenn eine Person diese Waffe lediglich besichtigt habe. Überdies sei der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet, da das Waffengesetz zwingend vorschriebe, daß die Verfallserklärung durch die Verwaltungsbehörde in den Spruch des Straferkenntnisses bzw der Strafverfügung aufzunehmen wäre. Aus den angeführten Gründen werde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt, erklärte der Berufungswerber.

 

Die Berufungsbehörde hat im ergänzenden Ermittlungsverfahren die (ergänzende) behördliche Vernehmung des Zeugen M G veranlaßt. Aus dessen Zeugenaussage vom 19.1.1993 ergibt sich im wesentlichen eine Bestätigung des evidenten Sachverhaltes. Der Zeuge gab an, daß ihm der Berufungswerber in dessen Haus eine Waffe gezeigt und übergeben hatte. Als G den Berufungswerber gefragt habe, ob die Waffe geladen sei, habe der Berufungswerber gesagt, daß er gar keine Patronen hiezu hätte. Direkt kontrolliert habe der Berufungswerber dies (Zustand der Waffe) jedoch nicht. G erklärte ferner, daß er sich damals in angeheitertem Zustand befunden habe, jedoch nicht wisse, ob dies dem Berufungswerber erkennbar gewesen sei. Der Zeuge räumte ein, daß er an der Waffe hantiert habe, wies aber darauf hin, daß er den Lauf mit Sicherheit gegen keine andere Person gerichtet habe. Weder er noch der Berufungswerber seien unter Drogeneinfluß ("eingeraucht") gewesen. Der Zeuge zeigte noch auf, daß er selbst auch nachgesehen habe, ob die Waffe geladen sei, jedoch keine Patronen gesehen habe. Schließlich wies er noch darauf hin, daß die Waffe auch ein Dritter (das war laut Aktenlage T S) in der Hand gehabt hätte.

 

Diese Zeugenaussage wurde dem Berufungswerber mit Schreiben vom 22.12.1993 zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit zu einer Stellungnahme geboten.

 

In der Stellungnahme vom 10.1.1994 verwies der Berufungswerber hiezu im wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Aufgrund des Ermittlungsergebnisses steht folgender, durch den Berufungswerber unbestrittener Sachverhalt fest: Im Februar oder im März 1992 hatte der Berufungswerber in einer Nacht dem damals Jugendlichen (knapp 15-jährigen) M G im Haus des Berufungswerbers in **** Z******* Nr *** die im Spruche angeführte Schußwaffe zum - wenngleich kurzfristigen - Hantieren übergeben. Das Gewehr war ungeladen. Der Berufungswerber hatte laut seiner Angaben (Niederschrift vom 17.9.1992) die Waffe im Jahr 1983 erworben. Zur Tatzeit hatten sich am Tatort der oben angeführte Jugendliche (G) und dessen Freund T S beim Berufungswerber aufgehalten und waren nach Angaben des Berufungswerbers in der oben angeführten Niederschrift "sicherlich stark alkoholisiert". Dennoch hatte der Berufungswerber dem Jugendlichen die Waffe in die Hand gegeben.

 

Für dieses Gewehr habe der Berufungswerber noch nie eine Munition besessen. Der Berufungswerber konnte sich nicht erklären, daß sich S durch das Herumhantieren des G mit der Waffe ernstlich bedroht gefühlt haben konnte. Ein Gerichtsverfahren war hiezu nicht anhängig. In der behördlichen Zeugenvernehmung vom 19.1.1993 bestätigte M G im wesentlichen den oben angeführten Sachverhalt. Er stellte jedoch in Abrede, daß er oder der Berufungswerber damals unter Drogeneinfluß gestanden wären. Die Waffe habe jeder der Anwesenden in der Hand gehabt.

 

Strittig ist aufgrund des Berufungsvorbringens lediglich die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhaltes und das Vorliegen der Voraussetzungen für den ausgesprochenen Verfall der Schußwaffe.

 

Gemäß §17 Abs1 VStG 1950 idF BGBl Nr 295/1985, dürfen, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen, nur Gegenstände für verfallen erklärt werden, die im Eigentum des Täters oder eines Mitschuldigen stehen oder ihm vom Verfügungsberechtigten überlassen worden sind, obwohl dieser hätte erkennen müssen, daß die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde.

 

Außer Streit steht, daß der Berufungswerber Eigentümer der Waffe war. Unbestritten ist auch, daß es sich bei dem oben angeführten Gewehr um eine Waffe (Schußwaffe) handelt.

 

§1 des Waffengesetzes 1986 lautet wie folgt: Waffen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind,

1.

die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen oder

2.

bei der Jagd oder beim Schießsport zur Abgabe von Schüssen verwendet zu werden.

 

Waffen im Sinne des Waffengesetzes müssen "bloß ihrem Wesen nach dazu bestimmt sein" die in der Ziffer 1 beschriebene Wirkung zu erzielen. Es kommt also nicht auf die bloße Eignung der Gegenstände oder auch nicht darauf an, daß einzelne Personen aus ihrer Sicht heraus Gegenstände als Waffen bestimmen.

 

Der Grad der Einsatzfähigkeit und der Zustand eines Gegenstandes ist für seine Qualifikation als Waffe im Sinne des Waffengesetzes ohne Bedeutung.

 

Sohin läßt sich aus den Einwänden des Berufungswerbers, die Waffe wäre ungeladen gewesen bzw es sei damit noch nie ein Schuß abgegeben worden, für ihn nichts gewinnen.

 

Zufolge §14 Abs1 legcit ist der Besitz von Waffen und Munition Personen unter 18 Jahren verboten. Das Besitzverbot bezieht sich auf sämtliche Arten von Waffen bzw Munition.

 

§8 Waffengesetz bestimmt, daß die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen über den Besitz von Waffen und Munition auch für die Innehabung derselben gelten.

 

Unbestritten ist, daß der Berufungswerber die Schußwaffe - wenngleich bloß für kurze Zeit - übergeben und sohin überlassen hatte. Auch schon das Übergeben einer Waffe zum bloß kurzfristigen Hantieren muß als Überlassen beurteilt werden.

 

Aus dem Waffengesetz ergibt sich ferner (§6 Abs1 Z3), daß eine Person unverläßlich im Sinne dieses Gesetzes ist, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die Waffe an Personen überlassen wird, die zum Besitz von Waffen nicht berechtigt sind (zB gemäß §14 Abs1 legcit an Jugendliche). Im konkreten Fall hatte der Berufungswerber tatsächlich einen solchen Sachverhalt verwirklicht. Er hatte damit das Tatbild des §37 Abs1 Z2 Waffengesetz 1986 erfüllt, wonach derjenige eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen ist (soferner nicht §36 Abs1 legcit anzuwenden wäre), wer unter anderem entgegen diesem Bundesgesetz Waffen anderen Personen überläßt.

 

Es ist nun aufgrund des oben angeführten - soweit unbestrittenen - Sachverhaltes in Anbetracht der zitierten Bestimmungen unzweifelhaft, daß der Berufungswerber diesen Tatbestand erfüllt hatte. Er konnte jedoch trotz seines verpönten Verhaltens nicht bestraft werden, da - wie die Behörde erster Instanz begründend ausführte - gemäß §31 Abs1 und 2 - keine rechtzeitige Verfolgungshandlung erfolgen konnte.

 

Unbeschadet dieses Umstandes ist er jedoch als Mitschuldiger im Sinne des §39 Abs1 Waffengesetz zu betrachten, da er unbestritten durch das Übergeben der Waffe an den Jugendlichen diesem den - wenngleich nicht sanktionierten - Verstoß gegen das Waffengesetz erleichterte.

 

Die Zulässigkeit des Verfallsausspruches nach Ablauf der Verjährungsfrist hängt davon ab, ob in ihm auch eine Sicherungsmaßnahme zu erblicken ist (vgl Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4 Auflage, 1990, Seite 786, Anmerkung 7, und die dazu angeführte VwGH-Judikatur). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann aber im Ausspruch des Verfalles von Waffen gemäß §39 Abs1 Waffengesetz keine bloße Strafmaßnahme, die nach Ablauf der Verjährungsfristen nach §31 VStG nicht mehr zulässig wäre, erblickt werden, sondern stellt ein derartiger Verfallsausspruch im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der möglichen Geringhaltung der von Feuerwaffen ausgehenden Gefahren eine Sicherungsmaßnahme dar, die nach §17 Abs3 VStG ungeachtet der eingetretenen Vollstreckungsverjährung vorgenommen werden darf.

 

Gemäß §17 Abs3 VStG kann auf den Verfall selbständig erkannt werden, wenn keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann und im übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen.

 

Es kann der objektive Verfall unter anderem auch dann ausgesprochen werden, wenn der Bestrafung der Person Verfolgungshindernisse entgegenstehen (Mannlicher-Quell, Anmerkung zu §17 Abs3 VStG).

 

Aus den bereits oben angeführten Gründen konnte durch die Behörde erster Instanz gegen den Berufungswerber keine Strafe mehr verhängt werden. Sohin war als notwendige Sicherungsmaßnahme der objektive Verfall auszusprechen. Es wurde der Verfall in concreto nicht auch als Strafmittel im Sinne des §10 VStG (Nebenstrafe) ausgesprochen.

 

Damit läßt sich mit dem Einwand des Berufungswerbers, der Verfall hätte nur im Spruch einer Strafverfügung oder eines Straferkenntnisses ausgesprochen werden dürfen, für ihn nichts gewinnen.

 

Gemäß §39 Abs1 Waffengesetz sind Waffen und Munition, die den Gegenstand einer nach §37 oder §38 Waffengesetz strafbaren Handlung bildeten, von der Behörde für verfallen zu erklären, wenn sie dem Täter oder einem Mitschuldigen gehören, und die Verfallserklärung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit geboten ist oder wenn ihre Herkunft nicht feststellbar ist.

 

Daß die gegenständliche Schußwaffe den Gegenstand von nach §37 und §38 legcit strafbaren Handlungen bildete, ergibt sich aus den bereits oben angeführten Erörterungen; ebenso die Voraussetzung, daß sie dem mitschuldigen Berufungswerber gehörte.

 

Es bleibt sohin noch zu prüfen, ob die Verfallserklärung tatsächlich aus Gründen der öffentlichen Sicherheit geboten war. Eine - wenngleich nur kurzfristige - Überlassung einer Schußwaffe an einen stark alkoholisierten Jugendlichen stellt zweifelsfrei einen schwerwiegenden Verläßlichkeitsmangel im Sinne des Waffengesetzes dar. Die dadurch gezeigte Sorglosigkeit und Leichtfertigkeit des Berufungswerbers im Umgang mit Waffen wird durch den Umstand, daß die Schußwaffe nicht geladen war, nicht in Frage gestellt. Waffen, insbesondere Schußwaffen, haften ihrer Natur nach allgemein besondere Gefahren an. Da der Umgang damit entprechende Vorsicht erfordert, läßt sich das Fehlverhalten des Berufungswerbers auch mit Rücksicht auf den damals ungeladenen Zustand der Schußwaffe nicht bagatellisieren. Der Verfall der gegenständlichen Schußwaffe ist erforderlich, um zu verhindern, daß der Berufungswerber mit dieser in zumindest ebenso sorgloser Weise (Überlassen an Alkoholisierte, Unbefugte, Jugendliche, die sich Munition beschaffen könnten) künftig umgehen und damit Gefahrensituation schaffen könnte. Sohin findet auch die Berufungsbehörde, daß die Verfallserklärung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit geboten ist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gemäß §51e Abs2 VStG konnte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen, da der Berufungswerber eine unrichtige rechtliche Beurteilung zum Ausdruck brachte und in der Berufung eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt hatte.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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