TE UVS Niederösterreich 1994/01/17 Senat-SB-92-069

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Veröffentlicht am 17.01.1994
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51, (AVG) F o l g e gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Strafverfahren gemäß §45 Abs1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52, (VStG) eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 17. November 1992, 3-****-92, wurde über den Beschuldigten H M wegen Übertretung nach §366 Abs1 Z2 iVm §1 Abs4 Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, (GewO 1973) gemäß "§366 Abs1 Z2 GewO 1973" eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 96 Stunden) verhängt und ihm die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages für das erstinstanzliche Verfahren in Höhe von S 500,-- auferlegt.

 

In diesem Strafbescheid wird dem Beschuldigten angelastet, "daß am 2.7.1992, 6.7.1992 und am 9.7.1992 vom Standort **** L***, K*********** *, an die nachfolgend angeführten Adressen Werbeschriften mit dem Text "Gut F********** - Jagd- und Forstverwaltung - A**** **, **** G*****, H M, A**** **, **** G*****" versendet worden seien, in welchen die Jagdausübung, Kanufahrten, Bergwandern, Fahrradtouren, Tennis, Reiten, Angeln, Eisenbahnfahrten, Wassersportmöglichkeiten, Bauern- und Grillabende sowie Besichtigungsfahrten angeboten worden seien; dadurch sei das konzessionierte Gewerbe "Reisebüro" ausgeübt worden, obwohl der Beschuldigte nicht im Besitz der erforderlichen Konzession gewesen sei. Die angeführte Werbeschrift sei an folgende Adressen abgesandt worden:

1.

R L, D-****,

2.

S, D-****,

3.

Z, D-****

4.

N, D-****,

5.

Z, D-****,

6.

S, D-****

7.

W S, A-****."

 

In der rechtzeitig dagegen erhobenen Berufung, welche als Einspruch bezeichnet ist, bestreitet der Beschuldigte mit der Versendung von Werbeschriften an die im Straferkenntnis angeführten 7 Adressen die Tätigkeit eines Reisebüros ausgeübt zu haben. Die Werbeschrift habe lediglich dazu gedient, Gäste für sein Privatquartier am F********** im G***** zu finden, weswegen auf die in der Region vorhandenen Attraktionen hingewiesen worden sei. Derartige Hinweise würden auch von anderen Fremdenverkehrsbetrieben gemacht, ohne daß diese das Reisebürogewerbe ausüben. Jedenfalls habe er nachweislich weder Karten für Eisenbahnfahrten, Kanufahrten, Reiten oder Angeln, Jagd, Besichtigungen, etc verkauft. Im übrigen seien die Aussendungen überhaupt nur vorbereitende Tätigkeiten für seine geplante Privatquartiervermietung gewesen, die der Marktforschung gedient hätten. Die Aussendungen hätten jedenfalls nicht in eine kommerzielle Tätigkeit gemündet. Aus all diesen Gründen werde daher die Aufhebung der Strafverfügung (wohl richtig: des Straferkenntnisses) beantragt.

 

Zu diesem Vorbringen bzw zum angefochtenen Strafbescheid hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ folgendes erwogen:

 

Gemäß §208 Abs1 GewO 1973, idF vor der Gewerberechtsnovelle 1992, unterliegt die Ausgabe, Vermittlung und Besorgung von Fahrausweisen (einschließlich der Anweisungen auf Liege- und Schlafwagenplätze, Platzkarten und dergleichen) in- und ausländischer Verkehrsunternehmen jeder Art, die Vermittlung von durch Verkehrsunternehmen durchzuführenden Personenbeförderungen, die Veranstaltung (einschließlich der Vermittlung) von Gesellschaftsfahrten, die Vermittlung und die Besorgung von für Reisende bestimmter Unterkunft oder Verpflegung sowie die Führung eines Fremdenzimmernachweises der Konzessionspflicht.

 

Gemäß §1 Abs4 zweiter Satz GewO 1973 wird das Anbieten einer dem Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

 

Im gegenständlichen Fall ist es durch das Versenden von Briefen zu einem Anbieten von verschiedenen Leistungen bzw von Leistungen einer bestimmten Fremdenverkehrsregion und zu einem in Aussichtstellen der Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Leistungen gekommen. Ob es durch das Anbieten aller dieser Leistungen - sei es, daß sie vom Beschuldigten erbracht werden, sei es, daß sie in der gegenständlichen Fremdenverkehrsregion unabhängig vom Beschuldigten in Anspruch genommen werden können - tatsächlich zu einer Ausübung des Reisebürogewerbes gekommen ist bzw kommen konnte, hängt zunächst von der oben zitierten Bestimmung des §1 Abs4 GewO 1973 ab. Darin ist das Anbieten einer dem Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen der Ausübung des Gewerbes gleichzuhalten. Wie sich aus dem angefochtenen Strafbescheid bzw dem Strafakt der Behörde erster Instanz jedoch ergibt, ist die in Rede stehende Werbeschrift lediglich an sieben Personen, davon sechs Personen mit einer Anschrift in Deutschland, gesandt worden. Geht man davon aus, daß man von einem "Kreis von Personen" logischerweise erst ab einer Zahl von drei Personen entsprechen kann, ist ein Kreis von sieben Personen nicht schon als "größerer Kreis" zu qualifizieren. Damit kann aber, selbst wenn man den Inhalt der gegenständlichen Werbeschrift einem Anbieten einer Reisebürotätigkeit gleichsetzt, in diesem Anbieten im Hinblick auf den kleinen Kreis der mit dieser Werbeschrift angesprochenen Personen nicht eine Ausübung des Gewerbes gesehen werden.

 

Abgesehen von diesen Überlegungen ist aber zum Inhalt des gegenständlichen Werbebriefes auch anzumerken, daß etwa der Hinweis, daß "wir in der glücklichen Lage sind, auch im befreundeten Nachbarrevieren, Jagd auf die bei uns vorkommenden Wildarten sowie zusätzlich auf Murmeltier, Birkhahn und in beschränktem Umfang sogar auf Steinwild, auszuüben" keine dem Reisebürogewerbe unterliegende Tätigkeit bzw Vermittlertätigkeit erblickt werden kann. Ebenso ist der Passus in diesem Brief über die "weiteren Wassersportmöglichkeiten, wie Surfen, Bootfahren usw, welche der in 15 Fahrminuten entfernte glasklare L***** See bietet", nicht als ein Anbieten einer dem Reisebürogewerbe unterliegenden Tätigkeit zu werten. Ohne noch weiter auf den Inhalt der Werbeschrift des Berufungswerbers einzugehen, ist - wie bereits ausgeführt, festzustellen, daß allein schon durch das Anbieten diverser Leistungen an einen nur kleinen Kreis von Personen eine Ausübung eines Gewerbes schon von vornherein nicht in Frage kommt. Da aus dem gesamten Verwaltungsakt der Behörde erster Instanz kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen ist, daß vom Beschuldigten über die gegenständliche Werbeschrift hinausgehende, weitere Werbeaktivitäten gesetzt worden sind (wie etwa Plakate, Postwurfsendungen), kann vor dem geschilderten Hintergrund dem Berufungswerber wegen des Versendens eines Werbebriefes an lediglich sieben Personen nicht der Vorwurf einer unbefugten Ausübung des Reisebürogewerbes gemacht werden. Der Berufung war daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte aufgrund der Bestimmung des §51e Abs1 VStG Abstand genommen werden, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich gewesen ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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