TE UVS Niederösterreich 1994/01/19 Senat-GF-92-270

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Veröffentlicht am 19.01.1994
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.

 

Gemäß §45 Abs1 Z des Verwaltungsstrafgesetzes 1991  - VStG, BGBl Nr 52, wird die Einstellung des  Strafverfahrens verfügt.

 

Dem Berufungswerber fallen Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht zur Last.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx bestrafte den Berufungswerber C K mit Erkenntnis vom 19.10.1992 Zl 3-****-92 wegen Verwaltungsübertretung nach den §§103(2) und 134(1) KFG , weil er , so der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses, am 9.6.1992 in A-**** O*********  Nr 116 als Zulassungsbesitzer des PKW mit dem Kennzeichen **-***X es unterlassen hat, der BH xx über deren schriftliche Anfrage vom 2.6.1992 innerhalb von 2 Wochen darüber Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 20.5.1992 um 17,35 Uhr im Ortsgebiet von M****dorf auf der B * nächst dem Haus Nr ** in Richtung Wien gelenkt hat. Die Behörde verhängte eine Geldstrafe von öS 1.500,-- (NEF 72 Stunden, Kosten öS 150,--).

 

Dem vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des GP xy vom 20.5.1992 zugrunde.

 

Gegen das Erkenntnis erhob C K mit Schriftsatz vom 12.11.1992 fristgerecht Berufung, wobei er seine Verantwortung aus dem Ermittlungsverfahren bekräftigte.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Aufgrund des durchgeführten, im Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft xx ,Zl 3-****-92 dokumentierten Ermittlungsverfahrens, insbesondere aufgrund der schriftlichen Aufforderung der BH xx zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers vom 2.6.1992 sowie der niederschriftlichen Angaben des Berufungswerbers vor der BH xx vom 9.6.1992 ist erwiesen, daß C K mit Schreiben vom 2.6.1992 aufgefordert worden war, bekanntzugeben, wer das Kfz mit dem Kennzeichen **-***X am 20.5.1992 um 17,35 Uhr in M****dorf an der oben beschriebenen Örtlichkeit gelenkt hatte. Diese Aufforderung ist dem BW im Postweg mittels RSb-Brief am 4.6.1992 rechtswirksam zugestellt worden. Von diesem Zeitpunkt an begann die zweiwöchige Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft zu laufen. Am 9.6.1992 erschien K bei der BH xx und brachte dort zunächst mündlich vor, daß er zum fraglichen Zeitpunkt bis 18,00 Uhr an seiner Arbeitsstelle anwesend gewesen sei. Unter einem legte der BW auch eine Bestätigung der Fa *****studio WW vom 4.6.1992 vor, welche seine Angaben bekräftigen sollte. Die Behörde nahm über das Anbringen des BW eine Niederschrift auf, in welcher der BW darlegte, er habe sein Kfz beim Bahnhof xx abgestellt und sei die in der Anzeige genannte Strecke weder zum fraglichen, noch zu einem anderen Zeitpunkt gefahren. Er habe sein Fahrzeug auch nicht verborgt gehabt.

 

Im weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahren vernahm die Behörde auch die meldungslegenden GendBeamten, welche die in der Anzeige getätigten Angaben vollinhaltlich aufrecht hielten, zumal auch die Fahrzeugbeschreibung mit den tatsächlichen Gegebenheiten und Merkmalen des PKW des BW übereinstimmte.

 

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß  gemäß §103(2) KFG die Behörde Auskünfte darüber verlangen kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kfz gelenkt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen.

 

Weiters stellt der Unabhängige Verwaltungssenat hiezu fest, daß eine, wie im vorliegenden Fall schriftlich geforderte Lenkerauskunft zulässigerweise auch mündlich erteilt werden kann. Die Behörde ist in diesem Fall verpflichtet, ein solches mündliches Anbringen entgegenzunehmen und, wie dies im vorliegenden Fall auch geschehen ist, tunlichst eine Niederschrift darüber aufzunehmen. Falls jedoch das die Amtshandlung leitende Behördenorgan die mündliche Lenkerauskunft ihrem Inhalt nach für unzureichend erachtet, so ist es erforderlich, die Angaben durch entsprechende und gezielte Befragung ergänzen zu lassen, wobei in diesem Fall der Erteilung einer entsprechenden Rechtsbelehrung über Art und Umfang der Auskunftspflicht eine besondere Bedeutung zukommt.

 

Im vorliegenden Fall ist der zur Auskunftserteilung verpflichtete Zulassungsbesitzer innerhalb der gesetzlich normierten Zweiwochenfrist bei der Behörde, welche die Auskunft gefordert hat, vorstellig geworden und hat dort vorgebracht, daß er zwar als einzige Person als Lenker des in Rede stehenden Fahrzeuges in Frage komme ( dies erhellt aus der Aussage "Ich habe mein Fahrzeug auch nicht verborgt"), jedoch zum angefragten Zeitpunkt nicht gefahren sein könne, weil er sich, seiner Darstellung nach, um 17,35 Uhr noch an seinem Arbeitsplatz in W*** *, N***********gasse ** befunden habe. Er legte zum Beweis der Richtigkeit seiner Angaben auch eine Bestätigung seines Arbeitgebers vor. Betrachtet man nun die mit K aufgenommene Niederschrift im Lichte der obigen rechtlichen Ausführungen, so wird deutlich, daß zwar die Angaben K dem Wortlaut nach protokolliert worden sind, jedoch offenkundig im Sinne des §103(2) KFG als unzureichend angesehen werden mußten, zumal K weder sich selbst noch eine andere Person direkt mit Namen und Adresse als möglichen oder tatsächlichen Lenker namhaft machte. Hier ist nun festzustellen, daß die Behörde ihrer Verpflichtung, diese unvollständigen Angaben durch gezielte Befragung ergänzen zu lassen, nicht nachgekommen ist: Es findet sich in der Niederschrift kein Passus, der auf eine Befragung oder Belehrung des Vernommenen hinweist.  Es ist unbestritten, daß die so gegebene Auskunft, hätte K sie schriftlich ohne weitere Ergänzungen der Behörde übermittelt, den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung erfüllt hätte. Im Falle einer direkten Kontakt nahme des Auskunftspflichtigen mit der Behörde können jedoch nicht derartig streng formale Maßstäbe angesetzt werden: Vielmehr ist es dem zwischenmenschlichen Dialog wesensimmanent, daß Mißverständnisse oder Informationsmängel durch Frage und Antwort ausgeglichen werden können und auch auszugleichen sind, wenn eine reelle Chance hiezu besteht.

 

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich sohin, daß der Berufungswerber in der Absicht, seiner Auskunftspflicht genüge zu tun, die BH xx aufgesucht hat und dort die geforderte Auskunft in Form eines mündlichen Anbringens deponieren wollte. Daß die Auskunft, welche sogar mit der Vorlage eines urkundlichen Beweismittels verbunden war, letztlich doch unvollständig geblieben ist, geht zu einem nicht geringen Teil zu Lasten der Behörde , die es verabsäumt hat, eine geeignete Befragung durchzuführen und die allenfalls gestellten Fragen auch niederschriftlich festzuhalten. Es ist daher als erwiesen anzunehmen, daß C K die angelastete Verwaltungsübertretung nach dem KFG nicht begangen hat, es mangelt in jeder Hinsicht an der subjektiven Tatseite.

 

Der Berufung des C K war aus den genannten Gründen stattzugeben und das gegen ihn geführte Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen.

 

Aufgrund der stattgebenden Entscheidung fallen dem Berufungswerber die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht zur Last.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des §51e Abs2 VStG unterbleiben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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