TE UVS Stmk 1994/01/25 UVS 30.8-108/93

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Veröffentlicht am 25.01.1994
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied

Dr. Helmut Pollak über die Berufung der Frau B Burchhart, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D H, K-gasse 3, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 25.8.1993, GZ.: 15.1 1993/689, ohne Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung, wie folgt entschieden:

1.) Gemäß § 66 Abs 4 und § 68 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung, sofern sie die Schuldfrage betrifft, wegen res judicata zurückgewiesen.

2.) Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung gegen die Höhe der Strafe keine Folge gegeben. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von

S 600,-- binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Text

1.) Der Berufungswerberin wurde mit Anzeige vom 4.2.1993, GZ.:

P 140/93, des Landesgendarmeriekommandos (im folgenden LGK) Steiermark, Verkehrsabteilung, Außenstelle Hartberg, eine Übertretung der verordneten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 53 km/h zur Last gelegt. Die Behörde erließ eine alle Tatbestandselemente umfassende taugliche Verfolgungshandlung mit Strafverfügung vom 22.2.1993. Diese wurde an Frau Burchart B, St. J 130, St. J/R gesandt.

Das Zustellorgan des Postamtes St. J/R retournierte mit 23.2.1993 das Formular 3 zu § 22 des Zustellgesetzes mit dem Vermerk, daß der Empfänger verzogen ist und führte die neue Anschrift auf der Rückseite des Formulares an (Name: B Burchhart). Die neuerliche Zustellung erfolgte am Postamt W am 1.3.1993 (Name: B Burchart).

Die Berufungswerberin erhob rechtzeitig Einspruch im Sinne des § 49 Abs 2 VStG und schränkte diesen auf die Höhe der Bestrafung ein. Als Gründe wurden angegeben: Die Strafe ist mit dem Ausmaß des Verschuldens, Übersehen der Geschwindigkeitsbegrenzung, nicht angebracht. Weiters verfüge die Berufungswerberin lediglich über ein Einkommen von S 11.045,-- monatlich und studiere in W, habe kein Vermögen, deshalb wäre die Strafe schuldangemessen herabzusetzen. Mit Eingabe vom 3.8.1993, zufälligerweise nach der 6-monatigen Frist der Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 AVG, wandte der Vertreter der Berufungswerberin, die mit Geburtsdatum und Anschrift ausreichend als Person präzisiert wurde, es wäre Verfolgungsverjährung eingetreten, da die Behörde den Familiennamen Burchhart falsch, nämlich Burchart geschrieben habe.

Hierauf erließt die Bezirkshauptmannschaft das bekämpfte Straferkenntnis, in welchem der Familienname richtiggestellt wiedergegeben wurde. Dagegen erhob die Berufungswerber die Berufung mit der Begründung der Nichtigkeit des bisherigen Verfahrens wie folgt:

Ich habe der Behörde mit Schriftsatz vom 3.8.1993 mitgeteilt, daß ich Anspruch darauf habe, daß ein Strafverfahren gegen mich unter Anführung der richtigen Schreibweise meines Namens geführt wird. Ein Strafverfahren gegen B Burchart ist rechtstheoretisch gegen eine völlig fremde Person, also nicht gegen mich gerichtet, da ich nicht jene Person bin, die sich mit diesem Familiennamen schreibt. Ich habe daher den Antrag gestellt, mir einen neuerlichen Bescheid mit der richtigen Schreibweise meines Namens zuzumitteln. Da sohin gegen eine mit mir nicht idente Person (also gegen B Burchart) statt gegen B Burchhart ein Strafverfahren eingeleitet wurde, liegt somit Nichtigkeit des Verfahrens mangels Parteienidentität vor."

Rechtlich ist dazu auszuführen:

Gemäß § 62 Abs 4 AVG kann die Behörde jederzeit von Amtswegen Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automatisationsunterstütztend Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeit in Bescheiden berichtigten. Die Behörde erster Instanz konkretisierte die verdächtige Person mit dem richtig geschriebenen Vornamen, ließ ein "H" im Familiennamen aus, führte weiters in der Strafverfügung das richtige Geburtsdatum und die damals den Organen der Exekutive gegebene Anschrift der Berufungswerberin an. Möglicherweise kann es rechtstheoretische Probleme in der Zuordnung dieser Strafverfügung geben, diese werden jedoch durch in der Praxis insofern ausgeräumt, als daß die Berufungswerberin Einspruch gegen diese Strafverfügung erhoben hat, somit der Person die Verfolgungshandlung in Form der Strafverfügung rechtzeitig zugekommen ist.

Daß augenscheinlich die gleiche Person und somit die Identität der Partei gegeben ist, resultiert schon daraus, daß vom Vertreter der Berufungswerberin deren Studentenausweis beigefügt wurde. Somit ist im Nachhinein nach der 6-monatigen Frist der Verfolgungsverjährung die Eingabe, die tatsächliche Beschuldigte habe diese Verfolgungshandlung nicht erhalten und wäre somit das Strafverfahren einzustellen, in einem anderen Licht zu sehen. Jedenfalls wird festgehalten, daß die Berufungswerberin durch die von der Behörde ergangene Verfolgungshandlung jederzeit in die Lage versetzt wurde, Beweismittel beizubringen und allfällige Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen der Behörde einzuwenden. Das hat die Berufungswerberin mit ihrem Einspruch und der zugrunde liegenen Übernahme der Strafverfügung auch getan. Die Berufungswerberin schränkte den Einspruch gegen die Strafverfügung auf die Höhe der Strafe ein und erwuchs somit der Ausspruch über die Schuld in Rechtskraft, sodaß, ausgehend von der Tatsache, daß die Verfolgungshandlung der Berufungswerberin ordnungsgemäß zugegangen ist, die Berufung gegen die Schuld wegen entschiedener Sache zurückzuweisen war.

Bezüglich des Namens ist zu erläutern:

Das Auslassen eines Buchstabens "H" (Burchhart, Burchart), der kaum hörbar ausgesprochen wird, sich in der Mitte des Namens befindet, stellt, und wenn weiters das Geburtsdatum, der Vorname und die Anschrift der Berufungswerberin übereinstimmen, einen Schreibfehler dar, der im Sinne des § 62 Abs 4 AVG jederzeit verbesserbar ist. Kriterium hiefür ist, daß die Identität einer Person anhand der übrigen richtigen Bestandteile des Namens eindeutig feststellbar ist, was im hier vorliegenden Fall zweifelsfrei gegeben ist. Somit liegt eine taugliche Verfolgungshandlung nach § 32 Abs 2 VStG vor.

2.) Zur Berufung gegen die unrichtige Straffestsetzung ist zu erläutern:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Schutzzweck der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 ist es im allgemeinen, den in Österreich auf öffentlichen Straßen fließenden Verkehr in geordneten Bahnen zu lenken und hiebei die Sicherheit und die Flüssigkeit des Verkehrs aufrecht zu erhalten. Auf Grund der Gefahren beim Lenken eines Fahrzeuges ist es notwendig, mit gesetzlichen Bestimmungen Gefahren weitestgehendst auszuschließen und auch damit verbunden, die Folgen von Unfällen soweit als möglich zu reduzieren, sofern es nicht möglich ist, Unfälle von Haus aus zu vermeiden. Auf Grund der vom Beschuldigten begangenen Übertretung ist evident, daß dieser diesen Schutzzweck auf das Gröblichste verletzt hat. Ein verantwortungsbewußter Lenker eines Fahrzeuges hätte schon auf Grund der Windgeräusche, des Motorengeräusches und der Fußstellung des Gaspedales erkennen müssen, daß eine schwerwiegende Überschreitung der Geschwindigkeitsbegrenzung vorliegt, dies auch im Hinblick auf die Vergleichsgeschwindigkeiten gegenüber den diesen Begrenzungen einhaltenden, gesetzeskonformen Autofahrern. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Erschwerend war das hohe Ausmaß der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit (53 %) und die bedingt vorsätzliche Begehung der Tat zu werten, mildernd die bisherige Unbescholtenheit, sodaß die verhängte Strafe schuldangemessen ist. Der Vorsatz resultiert daraus, daß mit einem Mindestmaß an Sorgfalt und der Andeutung von Aufmerksamkeit die Berufungswerberin hätte erkennen können, daß sie

1.) die auf Autobahnen üblicherweise erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um

23 km/h überschreite und

2.) wenn schon die Berufungswerberin in geringerem Ausmaß dieses Verbot überschritten hat, so ist die Sorglosigkeit bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h (Überschreitung um 53 km/h) in noch viel größerem Ausmaß gegeben und läßt den Schluß zu, daß der im Kraftfahrzeug befindliche Tachometer von der Berufungswerberin überhaupt nicht beachtet wurde, oder die Berufungswerberin so schnell fahren wollte.

Die Einkommensverhältnisse wurden von der Berufungswerberin mit S 11.045,-- angegeben, sie verfügt über kein Vermögen, sie ist nicht sorgepflichtig und hat monatliche Aufwendungen für die Wohnung im Ausmaß von S 5.000,--.

Der Ausspruch über den Ersatz der Verfahrenskosten war eine Folge der Bestrafung und stützt sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.

Schlagworte
Verfolgungshandlung Schreibfehler
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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