TE UVS Stmk 1994/02/02 UVS 30.12-180/93

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Veröffentlicht am 02.02.1994
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied

Dr. Wigbert Hütter über die Berufung des Herrn J O, vertreten durch Dr. Alfred Lind, Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwälte, 8010 Graz, Kaiserfeldgasse Nr. 22, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 8.4.1993 GZ.:

15.1-1991/2926 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wie folgt entschieden:

Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG)  als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des  Berufungsverfahrens einen Betrag von öS 1.200,-- binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Der Spruch des Straferkenntnisses wird bezüglich der Verantwortlichkeit ergänzt wie folgt:

Sie haben diese Verwaltungsübertretung als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma J O Transport Ges.m.b.H. mit dem Sitz in W und als Arbeitgeber zu verantworten."

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis war dem Berufungswerber vorgeworfen worden, als Verantwortlicher der Firma J O Transport Ges.m.b.H. Sitz in W, dafür verantwortlich zu sein, daß der Lenker A L am 25.4.1991 den Organen des Arbeitsinspektorates über deren Verlangen sein persönliches Fahrtenbuch nicht habe vorweisen können. Er habe § 17 Abs 1 letzter Satz Arbeitszeitgesetz (AZG) übertreten, wonach das Fahrtenbuch den zur Kontrolle Berechtigten über deren Verlangen vorzuweisen sei.

Der Beschuldigte wurde mit einer Geldstrafe von S 6.000,-- bestraft.

Er berief. Die Anschuldigung sei unbegründet, da der Tatvorwurf nicht vom Dienstgeber zu verantworten sei. Der Dienstgeber sei lediglich gemäß § 17 Abs 2 AZG dafür verantwortlich, daß die Ausgabe der persönlichen Fahrtenbücher erfolgt. Im vorliegenden Fall sei diese Ausgabe an den Dienstnehmer vorgenommen worden. Die Behörde übersehe, daß Normadressat der Bestimmung des § 17 Abs 1 AZG nicht der Arbeitgeber sondern der Arbeitnehmer sei, weil die den Arbeitgeber betreffenden Verpflichtungen im § 17 Abs 2 AZG geregelt seien.

Das Straferkenntnis sei auf Grund des Umstandes, daß er seine Verpflichtung erfüllt habe,

indem er an den Lenker ordnungsgemäß ein Fahrtenbuch ausgehändigt habe, verfehlt.

Im übrigen weise er noch darauf hin, daß zwischenzeitig Verfolgungsverjährung eingetreten sei, da sich die Tathandlung bereits am 25.4.1991 zugetragen habe.

Der Berufungsantrag lautet sodann auf Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

Vor dem nach § 51 Abs 1 VStG zuständigen Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung mit Verhandlungsterminen am 16.11.1993 und 2.2.1994 durchgeführt, bei welcher das Organ des Arbeitsinspektorates, welches die Kontrolle am 25.4.1991 durchgeführt hatte, sowie der dabei kontrollierte Lenker Herr A L als Zeugen vernommen wurden. Der Berufungswerber selbst hat an beiden Verhandlungsterminen nicht teilgenommen, wohl aber dessen Vertreter, sowie ein Vertreter der Mitbeteiligten Partei. Auf Grund des Beweisverfahrens, insbesondere der Einvernahme der beiden Zeugen ist nachstehender Sachverhalt erwiesen und wird nachstehende rechtliche Beurteilung vorgenommen:

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der "J O Transport Ges.m.b.H." mit dem Sitz in W und als solcher zusammen mit seinem Bruder H O Arbeitgeber des Lenkers Herrn A L, welcher am 25.4.1991 sein persönliches Fahrtenbuch dem zur Kontrolle Berechtigten (nämlich dem Organ des Arbeitsinspektorates) über dessen Verlangen nicht vorweisen konnte.

Nach der glaubwürdigen Aussage des Lenkers war ihm zu diesem Zeitpunkt von seinem Arbeitgeber, dem Berufungswerber, noch kein persönliches Fahrtenbuch ausgegeben worden. Damit war der Zeuge auch nicht in der Lage, bei der Kontrolle ein Fahrtenbuch vorzuweisen.

Der mit "Fahrtenbuch" überschriebene § 17 Arbeitszeitgesetz (AZG) bestimmt in seinem ersten Absatz u.a.,daß das Fahrtenbuch den zur Kontrolle Berechtigten über deren Verlangen vorzuweisen ist.

Normadressaten sämtlicher Bestimmungen des AZG, somit auch dieser Bestimmung, sind nach der Bestimmung des § 28 Abs 1 AZG der Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, wobei für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes ein Strafrahmen von S 300,-- bis S 6.000,-- (oder Arreststrafe von 3 Tagen bis zu 6 Wochen) festgesetzt wird. Daß auch bezüglich der Übertretung des § 17 Abs 1 AZG Normadressat der Arbeitgeber ist, ist ständige Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe beispielsweise Verwaltungsgerichtshof vom 8.6.1989 Zl.: 87/08/0174). Darüberhinaus hat die unbedenkliche Zeugenaussage des Lenkers Herrn A L ergeben, daß ihn der Berufungswerber wohl über seine - des Lenkers - Pflicht belehrt habe, das Fahrtenbuch den zur Kontrolle Berechtigten über deren Verlangen vorzuweisen, daß er ihn aber nicht darauf kontrolliert habe, ob er das Fahrtenbuch auch tatsächlich mit sich führe.

Der Berufungswerber hat daher die vorliegende

Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung:

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Strafbemessung stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interssen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Vorschriften über das Fahrtenbuch haben den Zweck, durch die Eintragungen jederzeit einen Überblick über die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften durch den Lenker zu bekommen. Durch die Eintragungen ins Fahrtenbuch soll der Lenker auch angehalten werden, die ihn betreffenden Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes einzuhalten. Vom Berufungswerber nun wurde auf die Führung des Fahrtenbuches überhaupt kein Wert gelegt und die dem Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Fahrtenbuch sonst obliegenden Pflichten wurden von diesem geleugnet. Damit hat der Berufungswerber sicherlich die Interessen, deren Schutz die Arbeitszeitvorschriften dienen, aufs Spiel gesetzt. Als Verschuldensform ist zumindest von grober Fahrlässigkeit auszugehen. Der Berufungswerbr ist nach dem Arbeitszeitgesetz mehrfach vorbestraft, nicht jedoch einschlägig nach § 17 AZG. Überlegungen der Spezialprävention sind geboten. Als Einkommen wurde S 20.000,-- monatlich angegeben. Selbst bei einem derart niedrig angegebenen Einkommen ist die verhängte Geldstrafe, die der Höchststrafe entspricht, vor allem der Tat, der Schuld und allen übrigen weiter oben genannten Überlegungen angemessen.

Wenn der Berufungswerber in der Berufung darauf hinweist, daß zwischenzeitig Verfolgungsverjährung eingetreten sei, ist dazu folgendes zu bemerken:

Als Tatzeit ist der 25.4.1991 ausgewiesen. Aus dem Verwaltungsakt der ersten Instanz geht hevor, daß der damalige Beschuldigte mit der "Aufforderung zur Rechtfertigung" vom 15.10.1991, entfertigt am 16.10.1991, mit dem vollständigen Tatvorwurf konfrontiert wurde. Diese Aufforderung zur Rechtfertigung stellt die erste von der Behörde gesetzte Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 (2) VStG dar, und sie ist innerhalb der Frist von

6 Monaten gemäß § 31 (2) VStG ergangen, sodaß der Einwand der Verfolgungsverjährung nicht zutriftt.

Da die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs 4 AVG (außer in den Fällen, in denen die Berufung als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist) berechtigt ist, sowohl im  Spruch als auch in der Begründung die Anschauung der Unterbehörde durch ihre - der Berufungsbehörde - Anschauung zu ersetzen,  wobei sie jedoch verpflichtet ist, im Sinne des § 25 Abs 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienenden Umstände gleichermaßen zu berücksichtigen wie die belastenden, war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Arbeits-undSozialrecht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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