Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Frey über die fristgerecht eingebrachte Berufung des Herrn Manfred H gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4, Referat 5 vom 9.8.1993,
MA 4/5 - PA 182019/2/4, wegen Übertretung des §1 Abs3 iVm §4 Abs1 Parkometergesetz, LGBl für Wien Nr 47/1974, idgF, entschieden:
Gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG wird dem Berufungswerber ein Beitrag von S 60,-- (ds 20 % der verhängten Strafe) zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
Begründung:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der nunmehrige Berufungswerber bestraft, weil er am 22.9.1992 um 10.07 Uhr in Wien, F-gasse, das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen BM-M in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt habe, ohne die Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet zu haben, da der Parkschein gefehlt habe. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Wegen Übertretung des §1 Abs3 iVm §4 Abs1 Parkometergesetz, LGBl für Wien Nr 47/1974 idgF wurde über ihn eine Geldstrafe von S 300,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Stunden verhängt. Ferner wurde ihm gemäß §64 VStG ein Beitrag von S 30,-- zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
Der Berufungswerber wandte bereits in seiner Rechtfertigung vom 25.6.1993 ein, es habe sich um kein Halten oder Parken sondern um ein Anhalten gehandelt, da sein Fahrzeug plötzlich nicht mehr funktioniert habe. Mit Hilfe des ersten Ganges habe er das Fahrzeug bis zur Kreuzung F-gasse - K-gasse gestartet und vorne hinter die Scheibe das Pannendreieck gegeben. Er habe später versucht, sein Fahrzeug nochmals zu starten, was ihm aber nicht gelungen sei. Da das Fahrzeug innerhalb der "5 m Kreuzungsmittelpunktzone" gestanden sei, habe er es dann, als in der K-gasse ein Parkplatz frei gewesen sei, wieder mit Hilfe des ersten Ganges und Retourganges in die Parklücke in der K-gasse gestartet. Eine Woche später sei dann ein VW-Mechaniker mit ihm gekommen und habe den Schaden an Ort und Stelle behoben, der darin bestanden habe, daß der Dieselleitungsschlauch von der Standheizung abgebrochen gewesen sei und der Fahrzeugmotor nur mehr Luft angesaugt habe, wodurch ein Starten nicht mehr möglich gewesen sei.
In seiner Berufung brachte der Berufungswerber wiederum vor, daß sein Kraftfahrzeug nicht fahrtüchtig gewesen sei, und ergänzte, daß er alleine mit der Batteriekraft, das heißt ohne Motorkraft, das Fahrzeug zu einer ungefährlichen Stelle habe bewegen können. Es sei ihm jedoch nicht möglich gewesen, den 2,8 t schweren Bus alleine mit der Batteriekraft aus der Kurzparkzone zu bewegen, insbesondere da nicht abgeschätzt werden habe können, wie weit eine solche Fahrt möglich sei, und es sehr wahrscheinlich dazu gekommen wäre, daß der Bus mitten auf der Straße stehengeblieben wäre. Er sei daher der Meinung, daß wichtige Umstände vorgelegen seien, die das Abstellen erzwungen hätten. Weiter werde dazu festgehalten, daß keine andere Möglichkeit gegeben gewesen sei und er das Fahrzeug in der Kurzparkzone habe belassen müssen. Insbesonders sei ein Abschleppen nicht möglich gewesen, da bei Schleppen ohne Motorkraft die Servolenkung und die Servobremse des Busses keine Funktion gehabt hätten. Niemand, den er kenne, besitze ein entsprechend schweres KFZ zum Aufladen seines defekten Busses (2,8 t). Da er ehebaldigst einen Mechaniker bestellt habe, sei es sicherlich nicht zumutbar gewesen, einen Kranwagen anzumieten.
Er beantrage, den VW-Mechaniker als Zeugen einzuvernehmen. Weiter sei verwunderlich, daß er für das gleiche Delikt ein zweites Straferkenntnis erhalten habe. Es könne sich höchstens um ein fortgesetztes Delikt handeln.
Im vorliegenden Fall wird der Entscheidung zugrundegelegt, daß der Berufungswerber einen Mechaniker bestellt hat, der das Fahrzeug in der Folge repariert hat. Eine zeugenschaftliche Einvernahme dieses Mechanikers war somit nicht erforderlich und es mußte dem diesbezüglichen Beweisantrag nicht Folge gegeben werden.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
Gemäß §1 Abs1 des Parkometergesetzes, LGBl für Wien Nr 47/1974 idF des Landesgesetzes LGBl für Wien Nr 23/1989, kann der Gemeinderat für das Abstellen von mehrspurigen Fahrzeugen in Kurzparkzonen (§25 der Straßenverkehrsordnung 1960) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen die Entrichtung einer Abgabe vorschreiben. Von dieser Ermächtigung hat der Wiener Gemeinderat mit Beschluß vom 28.2.1986, PrZ576, verlautbart im Amtsblatt der Stadt Wien vom 20.3.1986, Heft Nr 12, Seite 99, Gebrauch gemacht.
Nach §4 dieser Verordnung ist die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines entrichtet. Gemäß §2 Abs2 der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Art der zu verwendenden Kontrolleinrichtungen in Kurzparkzonen, LGBl Nr 15/1986, hat die Entwertung des Parkscheines durch deutlich sichtbares und haltbares Ankreuzen des Beginnes der Abstellzeit (Monat, Tag, Stunde, Minute) und Eintragen des Jahres zu erfolgen, wobei angefangene Viertelstunden unberücksichtigt gelassen werden können.
Gemäß §1 Abs3 zweiter Satz des Parkometergesetzes hat jeder Lenker eines mehrspurigen Fahrzeuges, der ein solches Fahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Anordnung nach Abs1 getroffen wurde, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.
Gemäß §1 Abs5 leg cit umfaßt der Begriff "Abstellen" sowohl das Halten als auch das Parken von mehrspurigen Fahrzeugen. Gemäß §4 Abs1 leg cit sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu S 3.000,-- zu bestrafen.
Es steht nach der Aktenlage fest und blieb unbestritten, daß das in Rede stehende mehrspurige Kraftfahrzeug am 22.9.1992 um 10.07 Uhr in einer Kurzparkzone in Wien, F-gasse, ohne Parkschein abgestellt war.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es für die Abgabepflicht nach dem Wiener Parkometergesetz ohne rechtliche Bedeutung, ob nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung das Halten oder Parken innerhalb des Bereiches einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone erlaubt ist oder nicht, weil auch solche Straßenstücke von der Kurzparkzone nicht ausgenommen sind; durch weitergehende Verkehrsbeschränkungen (wie im vorliegenden Fall ein Halte- und Parkverbot im "5-Meter-Bereich") wird die Kurzparkzone nicht unterbrochen. Das im Verwaltungsstrafverfahren geltende Kumulationsprinzip schließt es keineswegs aus, daß mehrere Strafen nebeneinander verhängt werden, wenn die Tat unter mehrere, einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt (§22 VStG): Einander ausschließende Strafdrohungen liegen im gegenständlichen Fall deswegen nicht vor, weil die durch die Straßenverkehrsordnung und die durch das Wiener Parkometergesetz geschützten Rechtsgüter nicht identisch sind (VwGH 23.10.1985, 84/17/0076).
Was die Fahrzeugpanne betrifft, ist dem Berufungswerber entgegenzuhalten, daß ein durch einen Fahrzeugdefekt bedingtes Anhalten durch Zeitablauf und Untätigkeit des Fahrzeuglenkers in bezug auf die Ergreifung zumutbarer Maßnahmen zur Entfernung des Fahrzeuges zum Halten und in weiterer Folge zum Parken werden kann (VwGH 14.3.1985, 85/02/0017). Zu den dem Fahrzeuglenker zusinnbaren Maßnahmen, das Fahrzeug zu entfernen, zählt der Versuch, Hilfe, sei es zum Wegschieben, sei es zum Abschleppen, herbeizuholen (vgl VwGH 19.1.1983, 82/03/0124, ZVR 1984/56). Wer mit der Entfernung des fahrunfähigen Fahrzeuges eine Reparaturwerkstätte beauftragt, muß sich überzeugen, daß der Auftrag unverzüglich ausgeführt wurde (vgl VwGH 6.7.1984, 84/02A/0204).
Sobald das Fahrzeug nicht mehr aus einem der das "Anhalten" kennzeichnenden wichtigen Umstände zum Stillstand gezwungen war, insbesondere also ab jenem Zeitpunkt, da es nach den Gegebenheiten von der Straßenstelle entfernt werden hätte können, aber nicht entfernt wurde, mußte es als haltend oder parkend und somit gemäß §1 Abs5 Parkometergesetz abgestellt gelten (VwGH 18.2.1982, 633/80).
Davon, daß der Mechaniker "ehebaldigst" bestellt wurde, kann im vorliegenden Fall keineswegs die Rede sein, erfolgte doch die Reparatur des Fahrzeuges erst eine Woche später, wie der Berufungswerber selbst in seiner Rechtfertigung vom 25.6.1993 ausführt. Der Berufungswerber hat mit seinen Ausführungen keinesfalls dargetan, geeignete und vor allem effektive Maßnahmen für eine raschere Reparatur des Fahrzeuges an Ort und Stelle bzw dessen eheste Entfernung aus der Kurzparkzone getroffen zu haben. Dazu ist anzumerken, daß sich der Berufungswerber in dieser Hinsicht auch an den Ö oder A hätte wenden können.
Entgegen der Rechtsansicht des Berufungswerbers bestand somit für ihn sehr wohl eine Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe. Durch die Nichtentrichtung hat er die Abgabe verkürzt und sich somit tatbestandsmäßig und rechtswidrig verhalten. Da er weiters die dargestellten, ihm zumutbaren Maßnahmen nicht getroffen hat, fällt dem Berufungswerber Fahrlässigkeit zur Last.
Dem Einwand des Vorliegens eines fortgesetzten Deliktes ist entgegenzuhalten, daß fahrlässige Begehungen - denn daß der Berufungswerber die Verwaltungsübertretung vorsätzlich begangen hätte, wurde nicht angenommen und vom Berufungswerber auch nicht behauptet - für die Annahme eines fortgesetzten Deliktes ausscheiden. Aber auch ein Dauerdelikt liegt nicht vor, da das Fahrzeug des Berufungswerbers an zwei verschiedenen Orten abgestellt war, nämlich am 22.9.1992 in der F-gasse und später in der K-gasse, sodaß ein neuer Abstellvorgang stattfand, der auch eine neue Abgabepflicht auslöste, ist doch die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens zu entrichten (§1 Abs3 Parkometergesetz).
Der Berufung war daher in der Schuldfrage keine Folge zu geben. Eine Herabsetzung der Strafe kam aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Steuerentrichtung, wurde doch die Abgabe im vorliegenden Fall in ihrer gesamten Höhe verkürzt. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering.
Das Verschulden des Berufungswerbers konnte nicht als geringfügig angesehen werden, weil nicht erkennbar ist, daß die Verwirklichung des Tatbestandes bei gehöriger Aufmerksamkeit nur schwer hätte vermieden werden können.
Aus diesen Gründen erscheint die verhängte Strafe - gemessen an der gesetzlichen Strafobergrenze - selbst unter Bedachtnahme auf die nach der Aktenlage bestehende verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit nicht zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe nicht vorlagen.
Auch bei Annahme ungünstiger Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ist die Strafe nicht überhöht, soll sie doch in ihrer Höhe geeignet sein, den Berufungswerber von der Begehung weiterer gleichartiger Übertretungen abzuhalten.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 VStG.