Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Mitglied Dr. Erich Kundegraber über die am 16.3.1993 eingelangte Beschwerde des Herrn F J,
vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Erich Proksch und Dr. Richard Proksch, 1030 Wien, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 67c Abs 1 und Abs 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG), wie folgt entschieden:
Der Beschwerde wird Folge gegeben und wird die Einweisung des Beschwerdeführers am 2.2.1993 um ca. 02.00 Uhr in die geschlossene Abteilung des Krankenhauses Mariazell auf Anordnung des Distriktsarztes von Mariazell sowie das Injizieren eines Medikamentes kurz vor der Einweisung in das Krankenhaus im Hotel "Drei Hasen" in Mariazell, durch den Distriktsarzt von Mariazell als auch das damit in Zusammenhang stehende Niederdrücken des Beschwerdeführers durch Organe des Gendarmeriepostens Mariazell für rechtswidrig erklärt. Die Bezirkshauptmannschaft Bruck a. d. Mur (Bund) als belangte Behörde hat den Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG die für den Zweck entsprechende Rechtsverfolgung notwendig mit S 18721,-- bestimmten Kosten, sowie die gemäß § 76 Abs 2 AVG erwachsenen Barauslagen mit S 12.864,--, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers in der Höhe von S 8.816,-- wird abgewiesen.
I. 1. Nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 16.9.1993 und 22.2.1994, wobei die Zeugen/Zeuginnen Ch K, B D, Revierinspektor G B, Revierinspektor H B und Dr. H J L einvernommen wurden, als auch unter Heranziehung des Verwaltungsstrafaktes der belangten Behörde, GZ.: Pst 665/Z/93, sowie unter Zugrundelegung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, erstellt von Dr. Egon Skalka, gerichtlich beeideter Sachverständiger, wird nachfolgender Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Der Beschwerdeführer war Hotelgast im Hotel "Drei Hasen" in Mariazell und kam am Abend des 1.2.1993 um ca. 22.00 Uhr sehr alkoholisiert in seine Unterkunft. Dort fotografierte er ziellos Gegenstände, wobei jedoch keine Gäste belästigt wurden. Der Beschwerdeführer konsumierte im Hotel weitere alkoholische Getränke und äußerte sich dahingehend, daß es für seine Familie egal sei, ob er am Leben sei oder nicht. Auf Grund eines Anrufes in das Hotel, wobei die in W lebende Ehegattin des Beschwerdeführers mitteilte, daß man auf den Beschwerdeführer im Hinblick auf familiäre Probleme "aufpassen" sollte, wurde dem Beschwerdeführer von der Zeugin K und anderen Personen nahegelegt, sich zu Bett zu begeben. Dem kam der Beschwerdeführer insoferne nach, als er vorerst sein Hotelzimmer aufsuchte, jedoch um ca. 01.00 Uhr wieder verließ und zu seinem Fahrzeug ging, welches er am Hauptplatz abgestellt hatte. Daraufhin wurde von der Zeugin D der Gendarmerieposten Mariazell verständigt. Die Organe des Gendarmeriepostens Mariazell trafen sodann den Beschwerdeführer beim Fahrzeug an, und nahmen diesem den Fahrzeugschlüssel ab, da der Beschwerdeführer im Begriffe war, die Fahrzeugtüre des Pkw aufzusperren und zuvor im Hotel die Äußerung abgegeben hatte, nach W zu fahren. Die Außentemperatur zu diesem Zeitpunkt betrug minus 20 Grad, sodaß auf den Beschwerdeführer eingeredet wurde, sich wiederum in das Hotel zu begeben. Der Beschwerdeführer war für diese Temperaturen keinesfalls bekleidet, sondern er hatte laut Angaben der Zeugin K, keine Handschuhe, keine Haube, keinen Schal. Die Jacke war geöffnet. Der Beschwerdeführer begab sich wiederum in die Hotelhalle, und erklärte dort, daß er nicht sein Zimmer aufsuchen werden und ein "freier Mensch sei und wenn er erfrieren würde, sei es egal". Hiebei warf sich der Beschwerdeführer auch auf den Boden. Auch nach Intervention der beiden Gendarmeriebeamten ließ der Beschwerdeführer von dieser Absicht nicht ab, sodaß der Distriktsarzt Dr. L telefonisch verständigt wurde. Um ca. 02.00 Uhr des 2.2.1993 traf Dr. L im Hotel ein und wurde über den Sachverhalt informiert, wonach er den Beschwerdeführer aufforderte, mit ihm in das Hotelzimmer zu gehen. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer freiwillig nach. Im Hotelzimmer legte sich der Beschwerdeführer auf sein Bett und als im der Distriktsarzt erklärte, daß er "eine kleine Spritze bekommen würde" und "morgen sei die Welt wieder in Ordnung" sprang der Beschwerdeführer auf, und wurde sofort von den Gendarmeriebeamten niedergehalten, wobei ihm eine Injektion verabreicht wurde. Bei dem zuvor geführten Gespräch zwischen Distriktsarzt und dem Beschwerdeführer, äußerte dieser, daß er keine Injektion wolle. Nach Verabreichung der Injektion schlief der Beschwerdeführer innerhalb von einer kurzen Zeitspanne ein. Dem Beschwerdeführer wurde eine Ampulle Gewacalm, eine Ampulle Effortil, eine Ampulle Tebonin und eine Ampulle Solu Dacortin verabreicht. Mittels Funk wurde sodann das Rote Kreuz herbeigerufen und der Beschwerdeführer in das Krankenhaus Mariazell gebracht. Der Distriktsarzt informierte das Krankenhaus Mariazell telefonisch, wobei im Aufnahmeblatt als Einweisungsdiagnose "Hypertone Krise" aufscheint und die Verabreichung von "zwei Ampullen Gewacalm".
Am 2.2.1993 um ca. 16.00 Uhr wachte der Beschwerdeführer im Gitterbett der geschlossenen Abteilung des Krankenhauses Mariazell auf und wurde, nachdem seine Frau verständigt war, von dieser abgeholt.
2. Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Zeugen, sowie des Beschwerdeführers. Die Aussage des Beschwerdeführers konnte jedoch nur teilweise herangezogen werden, da er aufgrund der Alkoholisierung nur eine lückenhafte Erinnerung an den Vorfall hatte. Auf Grund der Aussage der Zeugin Ch K als auch des Revierinspektor B und des Beschwerdeführers steht fest, daß sich der Beschwerdeführer bei der Untersuchung des Distriktsarztes, erst renitent gezeigt hat, als dieser ihm eine Injektion verabreichen wollte. In diesem Punkte wird diesen Zeugen mehr Glauben geschenkt, als der Aussage des Distriktsarztes der angab, daß der Beschwerdeführer bereits ein renitentes Verhalten am Beginn der Untersuchung im Hotelzimmer gezeigt hat. Die Zeugenaussagen sind auch deshalb schlüssig, da selbst der Distriktsarzt angibt, daß der Beschwerdeführer freiwillig einer Aufforderung folgend, mit in sein Hotelzimmer gekommen ist und sich freiwillig auf sein Bett begeben hat. Unter diesen Umständen ist es naheliegend, daß das auslösende Moment der Agressionshandlung des Beschwerdeführers, die Androhung der Verabreichung einer Injektion gewesen ist.
II. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes:
1. Gemäß § 67c Abs 1 AVG wurde der Verwaltungsakt am 2.2.1993 gesetzt und lange die Beschwerde beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 16.3.1993 ein, wodurch die Beschwerdefrist gewahrt ist. Auch die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark ist gegeben, da die von den Organen des Gendarmeriepostens Mariazell als auch vom Distriktsarzt in Mariazell vorgenommenen Handlungen im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für Steiermark veranlaßt wurden.
Die in der Beschwerde bekämpfte Einlieferung des Beschwerdeführers in das Landeskrankenhaus Mariazell, die Verabreichung der Injektion und das gewaltsame Niederdrücken zuvor stelle Akte der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person dar, deren Rechtswidrigkeit vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat geltend gemacht werden kann.
Der einweisende Distriktsarzt war als Organ der Bezirkshauptmannschaft Bruck a.d. Mur tätig. Die Gendarmeriebeamten, die den Beschwerdeführer niedergedrückt haben um die Injektion zu ermöglichen, handelten als Hilfsorgane der Bezirkshauptmannschaft. Alle bekämpften Akte sind danach der belangten Behörde zuzurechnen.
Die Zuständigkeit für die Beschwerde ist somit nach Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG für den Unabhängigen Verwaltungssenat gegeben. Als Ausübung solcher unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt stellt sich der gesamte Vorgang der Unterbringung ohne Verlangen vom Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach § 9 UbG über die Aufnahme nach § 10 und § 11 leg cit bis zu der Beschränkung der Behandlung dar. Die Entscheidungsbefugnis des Unabhängigen Verwaltungssenates ist zwar auf jene Vorgänge beschränkt, hinsichtlich der dem Unterbringungsgericht eine Kontrollbefugnis nicht, und zwar nicht einmal abstrakt, zukommt. Im konkreten Fall ist die Einschaltung eines Unterbringungsgerichtes unter dem zeitlichen (im Hotel) und sachlichen (Einweisung in ein LKH, also eine Anstalt nicht im Sinne des § 2 UbG) Aspekt der Setzung der Zwangsakte zu sehen und war daher ausschließlich der Unabhängige Verwaltungssenat zur Prüfung der Frage der Rechtmäßigkeit der Einweisung in das LKH und der vor Ort gesetzten Zwangsbehandlung zuständig.
2. Gemäß § 3 Z 1 und 2 Unterbringungsgesetz, BGBl. Nr. 155/1990 (im folgenden UbG) darf in einer Anstalt nur untergebracht werden, wer an einer psychischen Krankheit leidet oder in Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer Anstalt, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann.
Der medizinische Sachverständige gab in seinem Gutachten vom 10.1.1994 nach Durchführung der Beweiserhebung zur Frage, ob die Voraussetzung der Unterbringung aus medizinischer Sicht gegeben waren, nachfolgende Stellungnahme ab:
1.) Psychische Krankheit: Alle Zeugen waren durchwegs der Meinung, daß sich der Beschwerdeführer am Vorfallstag in einem mehr oder weniger starken Alkoholisierungszustand befand. Dafür sprechen neben den von den Zeugen beschriebenen körperlichen Trunkenheitszeichen und psychischen Ausfallserscheinungen auch die vom Beschwerdeführer bestätigten selbst erlebten mnestischen Störungen (Erinnerungslücken) vor der Injektion. Über einen sogenannten normalen bzw. einfachen Alkoholrausch hinaus lassen aber einzelne vorgelegene psychopathologische Auffälligkeiten den Schluß auf eine psychiatrische Relevanz zu. Der Beschwerdeführer meint im Zustand einer Alkoholisierung leutselig und lustig zu werden. Am Vorfallstag kam es aber offenbar zu einer erheblichen Wesensveränderung, die nicht mit dem sonstigen Verhalten des Betroffenen in Einklang zu bringen ist. Er reagierte gereizt, war teilweise verbal aggressiv, warf sich unmotiviert zu Boden und schrie hiebei "erschlagt mich oder erschießt mich" usw. Die gezeigten inadäquaten Affekthandlungen muten wesensfremd an und bestanden laut eigener Angabe für den Handlungsablauf - zumindest teilweise - Gedächtnislücken. Neben dem zu beobachtenden auffälligen Affektverhalten bestanden eindeutig gleichzeitig Situationsverkennungen und wahnhafte Einfälle bzw. Wahnideen. Darauf hinweisen das wiederholte Fotografieren von Gegenständen, das zwanghafte Bestreben ins Freie gehen zu müssen und das immer wieder geäußerte, an Nihilismus grenzende Wurschtigkeitsgefühl. Zusätzlich lagen auch formale und inhaltliche Denkstörungen beim Beschwerdeführer vor, die zeitweise einen sinnvollen verbalen Kontakt nicht herstellen ließen.
Bei Betrachtung des Gesamtverhaltens ist ein pathologischer Rauschzustand mit psychotischen Symptomen zu attestieren.
2.) Ernstliche und erhebliche Gefährdung: Von der objektiven Beobachtung aus muß beim vorgelegenen psychopathologischen Zustandsbild des Beschwerdeführers davon ausgegangen werden, daß die vorgelegene Perseveration im Handeln und Denken, nämlich das zwanghafte Streben ins Freie gehen zu wollen, verbunden mit dem oftmals geäußerten "mir ist wurscht ob ich erfriere oder von einem Auto überfahren werde, ich kann tun was ich will", eine erhebliche Selbstgefährdung bedingt, d.h. die vom Obgenannten ausgegangene Gefahr hatte ein erhebliches Ausmaß erreicht.
Eine ernstliche Selbstgefährdung muß ebenfalls am Vorfallstag angenommen werden, zumal ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes bei Außentemperaturen von ca. -
20 Grad Celsius, nicht entsprechender Bekleidung, und durch die psychische Störung bedingte hochgradige Einschränkung (wahnhafte, falsche Auffassung von der Realität) bis Aufhebung des Realitätsbezuges und somit auch einer Gefahrerkrankung, gegeben war.
Die o.a. drohende Gefährdung stand natürlich, wie schon erwähnt, im direkten Zusammenhang mit der psychischen Krankheit des Beschwerdeführers.
3.) Welche Alternativen zur Unterbringung wurden versucht: Wie aus den gegenständlichen Zeugenaussagen ersichtlich, wurde von seiten der Beteiligten stundenlang Versuche unternommen, den Beschwerdeführer für eine Kooperation zu gewinnen. Das ging sogar soweit, daß ein Chauffeur einer Reisegruppe sich bereit erklärte, im Zimmer beim Genannten zu schlafen. Trotz der vorgenommenen Beruhigungsversuche war es infolge des bei J bestandenen psychotischen Zustandsbildes nicht möglich, ihn zu calmieren.
Als Behandlungs- oder Betreuungsalternativen scheinen zum gegenständlichen Zeitpunkt und nach Beurteilung von Suizidalität und psychotischen Symptomen keine weiteren in Betracht gekommen zu sein. Zusammenfassend muß somit attestiert werden, daß die Voraussetzungen der Unterbringung gemäß § 3 UbG, gegeben waren."
Es lag somit laut medizinischen Gutachten Symptome einer psychischen Erkrankung vor. Von der Ernstlichkeit der Gefährdung des Lebens des Beschwerdeführers kann im Hinblick darauf, daß dieser ständig das Hotel verlassen wollte, ausgegangen werden. Der Beschwerdeführer hat durch sein Verhalten vor Eintreffen der Gendarmerie bereits gezeigt, daß er ohne ausreichende Bekleidung in der Nacht bei minus 20 Grad das Freie aufgesucht hat. Trotz Zuredens der Zeuginnen D und K sowie der Gendarmeriebeamten konnte die Gefahr, daß der Beschwerdeführer sich wieder aus dem Hotel begibt, nicht gemindert werden, da dieser immer wieder äußerte, "er sei ein freier Mensch und wenn er erfrieren würde, sei es egal". Durch die Verhaltensweise des Beschwerdeführers lag ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes vor. Von einer Erheblichkeit der Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit kann jedenfalls ausgegangen werden, wenn eine alkoholisierte Person unzureichend bekleidet in der Nacht bei minus 20 Grad sich im Freien aufhalten will.
Wie auch im medizinischen Gutachten ausgeführt, konnte bei vorliegendem Sachverhalt nicht davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer in einer anderen Weise außerhalb der Anstalt ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden konnte. Keinesfalls kann als Alternative eine medikamentöse Ruhigstellung gegen den Willen der betroffenen Person und der nachfolgenden Einweisung in ein allgemeines Krankenhaus angesehen werden.
Die Voraussetzungen der Unterbringung im Sinne des § 3 UbG in eine Anstalt (§ 2 UbG) sind somit vorgelegen. Zu diesem Schluß kam auch der Distriktsarzt und wurde dies auch im ärztlichen Gutachten bestätigt.
Gemäß § 8 UbG darf eine Person gegen oder ohne ihren Willen nur dann in eine Anstalt gebracht werden, wenn ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt oder ein Polizeiarzt sie untersucht und bescheinigt, daß die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen. In der Bescheinigung sind im Einzelnen die Gründe anzuführen, aus denen der Arzt die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachtet. Laut Zeugenaussage des Distriktsarztes wurde der Beschwerdeführer nicht gefragt, ob er ins Krankenhaus wolle, da eine Kontaktaufnahme nicht möglich gewesen wäre. Sehr wohl jedoch hat das Ermittlungsverfahren ergeben (siehe Zeugenaussage von K, Revierinspektor B und Einvernahme des Beschwerdeführers) daß der Beschwerdeführer sich gegen Verabreichung einer Injektion gewehrt hat, in dem er plötzlich Abwehrhandlungen d.h., Treten mit den Füßen, gesetzt hat. Ob sich der Beschwerdeführer auch verbal gegen diese Behandlung ausgesprochen hat, konnte nicht mehr nachvollzogen werden, jedoch ist aus dem übrigen Verhalten des Beschwerdeführers konkludent eine Ablehnung der Behandlung zu ersehen.
Zudem wurde an den medizinischen Sachverständigen die Frage gestellt, ob eine therapeutische Behandlung im Hotelzimmer indiziert war. Dem am 10.1.1994 abgegebenen Gutachten ist hierüber nachfolgendes zu entnehmen:
Dem Beschwerdeführer wurde laut Angabe des beigezogenen Distriktsarztes in die linke Ellenbogenvene eine Ampulle Gewacalm (ein stark wirksames Sedativum), eine Ampulle Solu Dacortin zu 50 mg (ein Cortisonpräparat), eine Ampulle Tebonin (ein Durchblutungsmittel) und eine Ampulle Effortil (ein Kreislaufmittel) verabreicht.
Wenn nun der Distriktarzt weiter angibt, daß er die aufgezählten Medikamente nur deshalb verabreicht habe, da beim Beschwerdeführer Symptome eines beginnenden Delerium tremens und eines drohenden Schockgeschehens vorlagen, kann nach Analyse des Gesamtverhaltens ein Schockgeschehen im eigentlichen medizinsichen Sinne nicht attestiert werden. Vielmehr zeigte der Beschwerdeführer die typischen Zeichen eines Erregungszustandes und es fehlte auch eine Ursache, die einen Schockzustand hätte auslösen können.
Desweiteren ist auch die gestellte Diagnose eines beginnenden Delirium tremens nach Angaben des Distriktsarztes nicht nachvollziehbar, da typische Symptome wie eine delirante Verwirrtheit, Halluzinationen und eine auffallende psychomotorische Unruhe fehlten.
Im übrigen ist auch bei den oben angeführten Diagnosen die Verabreichung der aufgezählten Präparate obsolet und das Medikament Effortil sowie Gewacalm kontraindiziert. Die Beurteilung einer psychiatrischen Notfallsituation hat in erster Linie von den vorliegenden psychopathologischen Phänomenen auszugehen, aus denen sich die unmittelbaren Maßnahmen ergeben.
Der vorgenommene Eingriff, nämlich die Injektion und die damit verbundene Sedierung, überschreitet nicht nur den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sondern war auch in keiner Weise medizinisch indiziert.
Der Fluchtgefahr wäre mit einer mechanischen Beschränkung zu begegnen gewesen."
Auf Grund des ärztlichen Gutachtens war somit die Verabreichung der vom Destriktsarzt aufgezählten Präparate unnotwendig, vielmehr "das Medikament Effortil sowie Gewacalm kontraindiziert". Einer eventuellen Fluchtgefahr wäre mit einer mechanischen Beschränkung
Annahme scheint auch deshalb gerechtfertigt, da der Beschwerdeführer während der ganzen Zeit keine aggressiven Handlungen tätigte, freiwillig auf Anordnung des Distriktsarztes mit auf sein Hotelzimmer kam und zudem noch zwei Gendarmeriebeamten zugegen waren.
Das Injizieren eines Medikamentes gegen den Willen des Beschwerdeführers war wegen der fehlenden medizinischen Notwendigkeit rechtswidrig. Zum Kreis der im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Ärzte (§ 61 Abs 1 erster Satz Ärztegesetz 1984) zählt auch der Distriktsarzt (§ 105a Ärztegesetz 1984). Ein somit vom Personenkreis des § 8 UbG umfaßter Arzt darf jedenfalls bei seinem Einschreiten nur dann eine therapeutische Maßnahme - in concreto Verabreichung eine Injektion - gegen den Willen des Betroffenen vornehmen, wenn eine derartige Therapie aus medizinischen Gründen indiziert ist. Dies könnte zum Beispiel bei Gefahr im Verzug gegeben sein. Eine derartige Situation lag jedoch nicht vor. In diesem Zusammenhang war auch das gewaltsame Niederdrücken des Beschwerdeführers zur Verabreichung der Injektion durch Organe des Gendarmeriepostenkommandos Mariazell der belangten Behörde zuzurechnen und somit als rechtswidrig zu erklären. Der Distriktsarzt hätte somit bei Vorliegen der im § 3 UbG genannten Voraussetzungen und mangels einer Alternative im Sinne des § 3 Z 2 leg cit die Unterbringung des Beschwerdeführers in eine Anstalt im Sinne des § 2 UbG anzuordnen gehabt. Diese Vorgangsweise hätte auch eine Bescheinigung im Sinne des § 8 UbG erfordert. Eine derartige Bescheinigung wurde nicht ausgestellt, sodaß über die Gründe der Einweisung in das LKH Mariazell unterschiedliche Versionen gibt. Laut Krankengeschichte des LKH lautete die Einweisungsdiagnose "Hypertone Krise", laut Angabe des Distriktsarztes lagen Delirium tremens mit Schockzustand vor. Auch gab es unterschiedliche Angaben über die verabreichten Injektionen, da in der Krankengeschichte aufscheint, daß der Distriktsarzt zwei Ampullen Gewacalm verabreichte, laut Zeugenaussage des Distriktsarztes jedoch nur eine Ampulle Gewacalm u.a. medikamentöse Mittel verabreicht wurden. Diese Divergenzen hätten im Falle einer Bescheinigung im Sinne des § 8 UbG vermieden werden können und sind laut Aussage des Distriktsarztes aufgrund von fernmündlichen Übermittlungsfehlern zustande gekommen. Die Vorgangsweise des Distriktsarztes kann auch nicht damit entschuldigt werden, daß er den Beschwerdeführer ohne seinen Willen nur deshalb in das LKH eingewiesen habe, da dies das "schonendste" Mittel gewesen war, da er "eine Einweisung in das LNKH möglichst vermeiden wollte". Dem kann schon neben dem oben Angeführten deshalb nicht zugestimmt werden, da bei einer Einweisung in eine Anstalt im Sinne des § 2 UbG der Beschwerdeführer die Möglichkeit gehabt hätte, sich einer Aufnahmeuntersuchung gemäß § 10 Abs 1 UbG zu unterziehen. Auch wären dem Beschwerdeführer sämtliche Rechtsschutzmöglichkeiten, die das UbG für solche Fälle vorsieht, zur Verfügung gestanden. Die Einweisung des Beschwerdeführers vom 2.2.1993 um ca. 02.00 Uhr in das Krankenhaus Mariazell war daher rechtswidrig.
III. Gemäß § 79a AVG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 waren dem Beschwerdeführer die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von
S 18.721,-- zuzusprechen (VwGH 29.9.1991, 91/19/0162, VwGH 22.10.1991, 91/11/0071 u.a.). Dem Beschwerdeführer gebühren S 7.413,-- an Schriftsatzaufwand, S 9.276,-- an Verhandlungsaufwand, S 120,-- an Stempelgebührenersatz (S 120,-- für den Beschwerdeschriftsatz), S 375,-- Verpflegungskostenpauschale (S 250,-- für die Verhandlung am 16.9.1993 und S 125,-- für die Verhandlung am 22.2.1994) und S 1.572,-- an Fahrtkosten (für die Verhandlung am 16.9.1993 S 684,-- und für die Verhandlung am 22.2.1994 S 888,--). Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem oben zitierten Erkenntnis ausgesprochen, daß sich die Entscheidung über den Kostenersatz gemäß § 79a AVG an der Bestimmungen der §§ 47 VwGG über den Kostenersatz vor dem Verwaltungsgerichtshof in Verbindung mit der auf § 49 VwGG gestützten Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze BGBl. Nr. 104/1991 zu orientieren hat und daß eine Kürzung der verordneten Pauschalsätze (rund) 1/3 vorzunehmen ist. Wenn der Beschwerdeführer hiebei jedoch zweimalig den Verhandlungsaufwand in der Höhe von S 9.277,-- in seiner Kostenote begehrt, so ist dem entgegenzuhalten, daß im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Höhe des Ersatzes des "sonstigen Aufwandes, der für den Beschwerdeführer als obsiegende Partei mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgerichtshof verbunden war (Verhandlungsaufwand)" von der Zahl der Verhandlungen nicht abhängt (vergleiche § 48 Abs 1 Z 4 VwGG i.V.m. Art. I A Z 2 der zitierten Verordnung sowie VwGH 21.10.1992, 92/02/0148). Schon der Wortlaut der Bestimmung spricht gegen die Zuerkennung eines mehrfachen Pauschalbetrages für Verhandlungsaufwand. Es entspricht auch dem Wesen einer Pauschalierung, daß es auf die Dauer der Verhandlung und auf die Zahl der Verhandlungstermine nicht ankommt. Die einmalige Vertagung der mündlichen Verhandlung rechtfertigte im Beschwerdefall somit einen mehrfachen Ansatz von Verhandlungsaufwand nicht. Sehr wohl waren dem Beschwerdeführer die Reisekosten in der ersten Tarifklasse der Eisenbahn zum jeweiligen Verhandlungsort zuzuerkennen. Das Mehrbegehren von S 8.816,-- war daher abzuweisen, wobei bemerkt wird, daß dem Beschwerdeführer bei der Verhandlung in Bruck a.d.M. eine Verpflegungskostenpauschale von S 250,--, in Graz von S 125,-- zugestanden wurde.
Der Kostenersatz gemäß § 76 Abs 2 AVG resultiert daraus, daß zum einen offensichtlichen ein Kausalzusammenhang besteht und zum anderen, ein Verschulden im Sinne des § 1294 ABGB der Behörde, insbesondere ihrer Hilfsorgane vorlag. Ein Verschulden des Distriktsarztes wird darin gesehen, daß ein faktisches Verhalten infolge Rechtsunkenntnis als fahrlässig zu beurteilen ist und einem Distriksarzt zumutbar ist, mit den einschlägigen Vorschriften des Unterbringungsrechtes insbesondere dem Aufgabenkreis eines Distriktsarztes betreffend vertraut zu sein. Die Kosten der Barauslagen von S 12.864,-- waren daher der belangten Behörde aufzuerlegen.