TE UVS Stmk 1994/02/24 UVS 30.14-76/93

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Veröffentlicht am 24.02.1994
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied

Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung des Herrn P M, wohnhaft in R-straße 11, T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 3.12.1992, GZ.: 15.1 Mo 26-92, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung teilweise Folge gegeben, und das Straferkenntnis dahingehend abgeändert, daß hinsichtlich Punkt 2. des Spruches im Straferkenntnis gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren 1. Instanz auf den Betrag von S 40,--; dieser ist binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigem Zwang zu leisten.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 3.12.1992 wurde dem Berufungswerber unter Punkt 1. im Spruch des Straferkenntnisses zur Last gelegt, er habe am 13.4.1992, um 15.50 Uhr, als Lenker des PKW, Kennzeichen St. 228.797, das in Rede stehende Fahrzeug in 8700 Leoben, Parkstraße, gegenüber dem Objekt Max-Tendler-Straße Nr. 28 insofern vorschriftswidrig abgestellt, als daß Fahrzeug mit den beiden rechten Fahrzeugreifen am Gehsteig abgestellt gewesen sei, obwohl das Befahren von Gehsteigen mit Fahrzeugen aller Art verboten ist; im Punkt 2. des Spruch des Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber vorgehalten, er habe entgegen den Bestimmungen der Kurzparkzonenüberwachungsverordnung 1983 eine Folienparkuhr mit gelben Zeigern verwendet, obwohl die genannte Verordnung vorschreibt, daß der Zeiger und die Darstellung des Ziffernblattes in dunkler Farbe, der Untergrund des Ziffernblattes in heller Farbe auszuführen ist.

Wegen Übertretung der Rechtsvorschriften des § 8 Abs 4 StVO und § 2 Abs 2 Kurzparkzonenüberwachungsverordnung 1983 wurde über den Berufungswerber zu Punkt 1. eine Geldstrafe von S 400,-- (10 Stunden Ersatzarrest), zu Punkt 2. des Spruches eine Geldstrafe von S 100,-- (6 Std. Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

In der rechtzeitig erhobenen Berufung gegen das Straferkenntnis führt der Berufungswerber nachstehende Berufungsgründe an:

Er bekenne sich dazu, seinerzeit sein Fahrzeug vorschriftswidrig am Gehsteig abgestellt zu haben. Müßig finde er die Beanstandung einer im KFZ-Handel erhältlichen Folienparkuhr. Wenn im Gesetz nur eine normale Parkuhr mit dunklen Zeigern vorgesehen sei, so heiße dies noch nicht, daß eine aufgeklebte Folienparkuhr verboten sei. Er fühle sich als verantwortungsbewußter KFZ-Lenker, indem er eine Parkuhr verwende und dort anbringe, wo sie hingehöre (an die Windschutzscheibe).

Weiter erhebe er Einspruch gegen die Höhe des Straferkenntnisses, weil seines Erachtens bei der Strafbemessung auf seine Einkommens-, Vermögen- und Familienverhältnisse nicht Bedacht genommen worden sei. Als mittelloser Langzeitarbeitsloser habe er einen Tagessatz von S 433,--; er habe monatlich S 8.000,-- an fixen Ausgaben; es blieben ihm für eine dreiköpfige Familie monatlich S 5.000,--. Die Berufungsbehörde ist von nachstehenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51e Abs 2 VStG ist, wenn in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung oder die Strafhöhe in Berufung gezogen wird, eine öffentliche, mündliche Verhandlung vor der Berufungsbehörde nur dann anzuberaumen, wenn dies in der Berufung ausdrücklich verlangt wurde. Da in der Berufungsbegründung zum einen eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht, zum anderen die Herabsetzung der Strafe beantragt worden ist, der Sachverhalt, den die belangte Behörde festgestellt hat, im wesentlichen nicht bestritten und auch keine Verhandlung beantragt wurde, konnte eine öffentliche, mündliche Verhandlung im Sinne des § 51 e Abs 2 VStG entfallen.

Zu Punkt 1. des Straferkenntnisses:

Die wegen Abstellen eines Fahrzeuges unter Benützung eines Gehsteiges verhängte Strafe war unter Anwendung der Strafbemessungskriterien des § 19 VStG nicht herabzusetzen. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die übertretene Rechtsvorschrift verbietet die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art. Mit diesem Verbot wird der Zweck verfolgt, den Fußgängern als Verkehrsteilnehmern einen geschützten Bereich vorzubehalten. Durch das vorschriftswidrige Abstellen seines Fahrzeuges hat der Berufungswerber fahrlässig gegen den Schutzzweck dieser Norm verstoßen.

§ 19 Abs 2 VStG normiert, daß bei der Bemessung der Strafhöhe nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommende Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen sind, wobei auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen ist.

Im Sinne dieser Bestimmung hat die Berufungsbehörde als erschwerend nichts, als mildernd die Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet.

Auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers (Arbeitslosengeld von täglich S 433,--, Sorgepflichten, kein Vermögen) sind nicht geeignet, die Strafhöhe herabzusetzen, zumal sie sich ohnehin schon im untersten Bereich des Strafrahmens (hier S 10.000,--) befindet und die Strafe grundsätzlich einen spürbaren Nachteil darstellen soll, um der neuerlichen Begehung derartiger Übertretungen wirksam vorzubeugen.

Zu Punkt 2. des Straferkenntnisses:

§ 2 Abs 2 der Kurzparkzonenüberwachungsverordnung 1983 ordnet an, daß Parkscheiben nach dem in der Anlage der Verordnung gezeigten Muster auszuführen sind. Demnach hat der Durchmesser des Ziffernblattes mindestens 10 cm zu betragen. Der Zeiger oder das Ziffernblatt ist verstellbar anzubringen. Der Zeiger und die Darstellung des Ziffernblattes sind in dunkler Farbe (schwarz, dunkelblau oder dgl.), der Untergrund des Ziffernblattes in heller Farbe (weiß, gelb oder dgl.) auszuführen. Auf den Parkscheiben dürfen Aufdrucke angebracht werden, sofern dadurch die Kontrolle der richtigen Einstellung nicht erschwert wird.

Der Berufungswerber gibt zu erkennen, daß er offenbar die Vorschriften der Kurzparkzonenüberwachungsverordnung zum Aussehen der Parkuhren nicht kannte und er daher eine Parkscheibe in Verwendung hatte, die der oben zitierten Bestimmung nicht genügt. Es war daher die Frage zu prüfen, ob und wenn ja in welchem Ausmaß dem Berufungswerber Verschulden an dieser Verwaltungsübertretung vorgeworfen werden kann.

§ 5 Abs 2 VStG bestimmt, daß die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Die Unkenntnis einer Vorschrift kann aber nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemand die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (z.B.: VwSlg 7528 A/1969, VwSlg 2435/1976) und das selbst guter Glaube den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht herstellt, wenn der Partei fahrlässiges Handeln im Nichterkennen der Verwaltungsvorschrift vorzuhalten ist. Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber nur angegeben, sich darauf verlassen zu haben, daß die im KFZ-Handel erhältlichen Parkscheiben auch den Bestimmungen der Kurzparkzonenverordnung entsprechen. Dieser Rechtfertigungsgrund alleine war nicht geeignet, von der Berufungsbehörde als Schuldausschließungsgrund gewertet zu werden. Die Bestimmung zum Aussehen der Kurzparkzonen sind schon seit 1983 gleichlautend in Kraft; über die Jahre hin hätte es einem aufmerksamen Fahrzeuglenker nicht verborgen bleiben können, daß bestimmte Parkscheiben aus dem Verkehr kommen. Dem Berufungswerber ist damit zumindest leichte Fahrlässigkeit an der Unkenntnis der übertretenen Bestimmungen vorzuhalten. Gemäß § 21 Abs 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Diese Bestimmung ist auch vom Unabhängigen Verwaltungssenat anzuwenden. Trotz der festgestellten Rechtswidrigkeit des Verhaltens konnten aus den Angaben des Beschwerdeführers geschlossen werden, daß er sich in gutem Glauben befunden hat, eine den Vorschriften entsprechende Parkscheibe verwendet zu haben.

Auch sind die Folgen der vorliegenden Übertretung unbedeutend; die Parkscheibe konnte vom Überwachungsorgan an der Windschutzscheibe unschwer erkannt werden. Daher lagen die Voraussetzungen des § 21 Abs 1 VStG vor; nach ständiger Judikatur des VwGH besteht demnach ein Rechtsanspruch auf ein Absehen von der Strafe.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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