Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat über die Berufung des Herrn Rudolf L, wohnhaft in Wien, E-straße, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Josefstadt, vom 22.10.1993. Zl Pst 1659/J/93, wegen Übertretung des §23 Abs2 StVO entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird die Berufung als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung:
Mit Straferkenntnis vom 22.10.1993, Zl Pst 1659/J/93, erkannte die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Josefstadt, den Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung nach §23 Abs2 StVO schuldig und wurde er deshalb mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, bestraft.
Dieses Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber im Postweg an dessen Wohnadresse Wien, E-straße, zugestellt und am 29.10.1993 von einem Angestellten der Kanzlei Dr W, den in der Zwischenzeit für den Berufungswerber bestellten mittlerweiligen Stellvertreter, übernommen.
Die mit 5.12.1993 datierte Berufung des Beschuldigten wurde am 9.12.1993 zur Post gegeben und somit eingebracht.
Gemäß §28 Abs1 lith der Rechtsanwaltsordnung kann durch den Ausschuß der Rechtsanwaltskammer für einen verstorbenen, erkrankten oder abwesenden Rechtsanwalt ein "mittlerweiliger Stellvertreter" bestellt werden.
Wie der VwGH ua in seinem Erkenntnis vom 17.9.1991, Zl 91/05/0079, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des OGH ausgeführt hat, begründet die Bestellung zum mittlerweiligen Stellvertreter durch den Ausschuß der Rechtsanwaltskammer kein Vollmachtsverhältnis zwischen dem Vertreter und dem Klienten des vertretenen Anwaltes. Da dieses aber nicht bloß für die Klienten des vertretenen Anwaltes allein, sondern vielmehr auch für den Anwalt selbst in Angelegenheiten, die ihn persönlich betreffen, gelten muß, begründete die Bestellung eines mittlerweiligen Stellvertreters kein Vollmachtsverhältnis zwischen dem Berufungswerber und dem mittlerweiligen Vertreter. In seiner Eigenschaft als mittlerweiliger Vertreter des Berufungswerbers konnte daher Dr W nicht rechtswirksam als Empfänger von ihrem Inhalt nach für den Berufungswerber bestimmten Sendungen auftreten.
Am 29.10.1993, dem Tag der Zustellung des Straferkenntnisses an den mittlerweiligen Vertreter, war dieser auch nicht iSd §9 Abs1 ZustellG zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt. Anhaltspunkte, daß dem Berufungswerber das Straferkenntnis tatsächlich zugekommen wäre, haben sich im Ermittlungsverfahren nicht ergeben.
Mangels rechtswirksamer Zustellung richtet sich die Berufung gegen ein nichterlassenes Straferkenntnis. Aus diesen Gründen war die Berufung als unzulässig zurückzuweisen.