TE UVS Stmk 1994/03/21 UVS 30.6-144/93

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Veröffentlicht am 21.03.1994
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied

Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn H O, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Alfred Lind & Dr. Klaus Rainer, Kaiserfeldgasse 22, 8010 Graz, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 1.10.1993, GZ.:

15.1-1993/4799, ohne Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und daher gemäß § 9 VStG Verantwortlicher der Firma J O Transport Ges.m.b.H., diese sei Zulassungsbesitzer des Sattelkraftfahrzeuges St 102.426 (Motorwagen) und St 788 (Anhänger), nicht dafür Sorge getragen, daß der Zustand bzw. die Ladung des obigen Kraftfahrzeuges den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspräche.

Das oben angeführte Fahrzeug sei am 5.3.1993, um 14.55 Uhr, in Graz 5, auf dem Eggenberger Gürtel - Steinfeldgasse von F P gelenkt worden, obwohl der linke Reifen der ersten Hinterachse des Sattelkraftfahrzeuges St 102.426 nicht mehr die erforderliche Profiltiefe aufgewiesen habe.

Hiedurch habe er eine Übertretung des § 103 Abs 1 Z 1 KFG iVm § 4 Abs 4 KDV begangen und wurde hiefür eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Mit Schreiben vom 19.10.1993 erhob der Berufungswerber innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu nachfolgendes fest:

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung  a l l e r   Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich. Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG wird somit dann Rechnung getragen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF 11894/A). Entscheidend dafür, welche Tathandlung die Behörde der Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, ist daher die Bezeichnung im Spruch des Erkenntnisses. Die objektive Tatseite einer Verwaltungsübertretung ist das vom Tatbestand erfaßte, äußere menschliche Verhalten. Dieses Verhalten kann in einem Tun oder in einem Unterlassen bestehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist es nach der zitierten Gesetzesstelle rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Umstände so genau zu umschreiben, daß

1.) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2.) die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13.6.1984, Slg. NF 11.466/A). Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn a.) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und

b.) der Spruch geeignet ist, dem Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu beschützen,

wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF 11.894/A). In dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Berufungswerber eine Übertretung des § 103 Abs 1 Z 1 KFG iVm § 4 Abs 4 KDV zur Last gelegt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und daher gemäß § 9 VStG Verantwortlicher der Firma J O Transport Ges.m.b.H., die Zulassungsbesitzer des gegenständlichen

Sattelkraftfahrzeuges

St 102.426 (Motorwagen) und St 788 (Anhänger) sei, zu verantworten habe, daß der linke Reifen der ersten Hinterachse des Sattelkraftfahrzeuges St 102.426 nicht mehr die erforderliche Profiltiefe aufgewiesen habe.

Aus der Formulierung, ... nicht mehr die erforderliche Profiltiefe  aufwies ..., geht nicht hervor, welche vorgeschriebene Mindestprofiltiefe bei dem in Rede stehenden Sattelkraftfahrzeug in Betracht kommt, da dies aus den von der belangten Behörde zitierten Vorschriften, insbesondere § 4 Abs 4 KDV, ohne die Beschreibung der Art des Fahrzeuges sowie des Anhängers nicht zu entnehmen ist. Darin liegt jedoch ein Verstoß gegen das sich aus § 44a Z 1 VStG ergebende Konkretisierungsgebot (VwGH 10.7.1986, 86/02/0054). Auf Grund dieses Mangels war ein weiteres Eingehen auf die in der Berufung vorgebrachten Einwände bzw. ein Ermittlungsverfahren hinsichtlich des tatsächlichen Zustandes der Reifen bzw. der Verantwortlichkeit des Berufungswerbers nicht mehr notwendig.

Bemerkt wird noch, daß die erforderlichen Sachverhaltselement innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG durch die von der Behörde vorzunehmende Verfolgungshandlung erfaßt sein müssen (VwGH 10.12.1982, 82/02/0172), wodurch eine Sanierung dieses Mangels im numehrigen Verfahrensstand ausgeschlossen war.

Es war daher dem Berufungsantrag Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das gegen den Berufungswerber eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Schlagworte
Kraftfahrgesetz Reifen Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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