Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.
Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, S 320,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen zwei Wochen zu zahlen.
Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, am 13.9.1992 um 18.05 Uhr auf der LH ** im Gemeindegebiet von G, nächst Strkm 24,7 den durch Kennzeichen näher bezeichneten PKW gelenkt zu haben und
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überholt zu haben, obwohl er nicht einwandfrei erkennen konnte, daß er das Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen könne, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern (Punkt 1),
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auf einer unübersichtlichen Straßenstelle (im Bereich einer Rechtskurve und Fahrbahnkuppe) überholt zu haben, obwohl die Fahrbahn nicht durch eine Sperrlinie geteilt gewesen sei (Punkt 2).
Hiefür wurden über den Beschuldigten Geldstrafen in der Höhe von je S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 22 Stunden) verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte Berufung und führte darin im wesentlichen aus, daß es richtig sei, daß er zwei vor ihm fahrende Fahrzeuge überholt habe. Dies sei jedoch bereits weit vor der in den Lichtbildern des Gendarmerieaktes ersichtlichen Fahrbahnkuppe bzw Rechtskurve beendet gewesen. Bereits etwa 700 bis 800 m vor dieser Fahrbahnkuppe bzw Rechtskurve ende eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h. Sofort nach Beendigung dieser Geschwindigkeitsbeschränkung habe er mit seinem rasch beschleunigenden Fahrzeug das Überholmanöver begonnen, wobei dieses Überholmanöver nach etwa 200 bis 250 m bereits vollendet gewesen sei. Beantragt wurde die Feststellung der Länge der Strecke zwischen dem Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung und der sich aus den Lichtbildern ergebenden Fahrbahnkuppe bzw Rechtskurve sowie Ausforschung der beiden überholten Fahrzeuglenker und Einvernahme dieser. Im Hinblick darauf, daß das gegenständliche Überholmanöver auf einer mehr als 700 m schnurgerade verlaufenden Straße gesetzt worden sei und somit bereits vor der gegenständlichen Fahrbahnkuppe bzw Rechtskurve stattgefunden habe, sei es auch nicht möglich gewesen, Gegenverkehr zu gefährden oder zu behindern.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:
Nach §16 Abs1 litc StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.
Nach §16 Abs2 litb StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges auf unübersichtlichen Straßenstellen zB vor und in unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen nicht überholen, es sei denn, daß die Fahrbahn durch eine Sperrlinie geteilt ist und diese Linie vom überholenden Fahrzeug nicht überragt wird.
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der Einvernahme des Zeugen BezInsp M im Zuge der mündlichen Verhandlung am 25. Mai 1994 ist erwiesen, daß der Berufungswerber nicht - wie von ihm vorgebracht - auf der längeren Geraden vor der gegenständlichen Fahrbahnkuppe und Rechtskurve überholt hat, sondern vielmehr erst an der in den vorliegenden Lichtbildern angeführten Stelle, somit unmittelbar vor einer unübersichtlichen Fahrbahnkuppe und Rechtskurve. Aufgrund dieser Zeugenaussage und der vorhandenen Lichtbilder über den Tatort ist unzweifelhaft erwiesen, daß der Berufungswerber damit zu einem Zeitpunkt ein Überholmanöver von zwei vor ihm fahrenden Fahrzeugen eingeleitet hat, ohne daß von dieser Stelle aus unter Berücksichtigung der Fahrgeschwindigkeit der beiden vor ihm fahrenden Fahrzeuge von ca 70 km/h und seiner eigenen Überholgeschwindigkeit von ca 100 km/h er einwandfrei erkennen hätte können, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern. Auch handelt es sich dabei unzweifelhaft um eine unübersichtliche Fahrbahnkuppe. Dies wird vom Berufungswerber auch gar nicht bestritten. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß möglicherweise, wie vom Beschuldigten vorgebracht, sich der Sichtbereich über den in den Lichtbildern scheinbar endenden Stellen entsprechend verlängere, je mehr man auf die Kurve zukomme. Entscheidend ist nämlich, daß bereits zu Beginn des Überholmanövers eine ausreichende Sichtweite gegeben sein muß, um den gesetzlichen Erfordernissen zu entsprechen. Wenn sich daher im Zuge des gesetzten Überholmanövers die Sichtweite entsprechend verlängert, so ändert dies nichts mehr an der Tatsache, daß jedenfalls zu Beginn des Überholmanövers nicht einwandfrei zu erkennen war, ob das Fahrzeug nach dem Überholvorgang problemlos in den Verkehr wieder eingeordnet werden könne.
Die örtlichen Gegebenheiten waren für sämtliche Verhandlungsteilnehmer aufgrund der vorhandenen Lichtbilder unzweifelhaft und unstrittig. Eine Feststellung der Länge der Strecke zwischen dem Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung und der aus den Lichtbildern ersichtlichen Fahrbahnkuppe bzw Rechtskurve konnte unterbleiben, da diese Länge für die Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht von Bedeutung ist. Entscheidend ist nämlich nicht die Länge der übersichtlichen Geraden zwischen dem Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung und der Fahrbahnkuppe. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist nämlich erwiesen, daß der Berufungswerber das Überholmanöver eben nicht auf dieser langen Geraden gesetzt hat, sondern erst unmittelbar vor der Fahrbahnkuppe an dem in den Lichtbildern ausgewiesenen Standort. Auch die Ausforschung der beiden überholten Fahrzeuglenker konnte unterbleiben, da aufgrund der schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben des vernommenen Meldungslegers, an deren Richtigkeit die Berufungsbehörde zu zweifeln keinen Anlaß findet, die Übertretung mit ausreichender Sicherheit erwiesen ist. Auch kommt der Beurteilung der Frage, ob im Zuge des Überholmanövers tatsächlich andere Verkehrsteilnehmer gefährdet oder behindert wurden, keine Bedeutung zu, da eine tatsächliche Gefährdung oder Behinderung nicht Bestandteil des Tatbildes ist.
Zur Strafbemessung ist festzustellen:
Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen.
Eine Gefährdung der gesetzlich geschützten Interessen ist deshalb erfolgt, da durch die Nichtbeachtung der gesetzlichen Bestimmungen - auch wenn es tatsächlich zu keiner Gefährdung gekommen sein sollte - der Berufungswerber dennoch die Möglichkeit einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer in Kauf genommen hat. Erschwerende Umstände liegen nicht vor, mildernd ist die bisherige Unbescholtenheit. Dem Beschuldigten ist zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.
Folgende persönliche Verhältnisse sind maßgeblich:
Einkommen ca S 12.000,-- monatlich netto, kein Vermögen, keine Sorgepflichten.
Der Strafrahmen sieht für die gegenständlichen Übertretungen nach §99 Abs3 lita eine Geldstrafe bis zu S 10.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit Arrest bis zu zwei Wochen vor.
Im Hinblick auf die dargelegten Strafzumessungsgründe sind die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen, die sich im untersten Bereich des bestehenden Strafrahmens bewegen, durchaus angemessen und keineswegs überhöht, weshalb die Berufung abzuweisen war. Gemäß §64 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe.