Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51, (AVG) F o l g e gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52, (VStG) eingestellt.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 24.3.1993, 3-****-92, wurde über die Beschuldigte E K, wegen Übertretung nach §196a Abs1 Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, idF vor der Gewerberechtsnovelle 1992, (GewO 1973) gemäß §368 Z17 GewO 1973 eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt und ihr die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages für das erstinstanzliche Verfahren in Höhe von S 50,-- auferlegt.
Im Spruch dieses Strafbescheides wird der Beschuldigten angelastet, es am 22. Juni 1992, 13.25 Uhr, "als Gastgewerbetreibende, die zur Ausübung einer Konzession mit Berechtigungen gemäß §189 Abs1 Z3 und 4 Gewerbeordnung berechtigt ist, unterlassen zu haben, in F, Hauptplatz *, mindestens zwei Sorten kalter nichtalkoholischer Getränke zu einem nicht höheren Preis auszuschenken, als das am billigsten angebotene kalte alkoholische Getränk (ausgenommen Obstwein). Als billigstes alkoholisches Getränk sei Bier um S 48,-- pro Liter und Cola, Fanta, Almdudler, Cappy, Apfelsaft um S 80,-- pro Liter angeboten worden".
In der dagegen erhobenen Berufung wird die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt und begründend ausgeführt, daß zur Tatzeit bzw laufend im Gastgewerbebetrieb in F Hauptplatz *, die folgenden Getränke zu den nachstehend angeführten Liter-Preisen ausgeschenkt werden:
"1 Liter Bier, ......... S 48,--
1 Liter Gespritzter .....S 48,--
billigste nichtalkoholische Getränke:
1 Liter Cappy gespritzt ........ S 44,--
1 Liter Apfelsaft gespritzt .... S 44,--
1 Liter Fanta, Cola, Sprite gespritzt .... S 44,--
1 Liter Mineralwasser .... S 28,--
1 Liter Sodawasser ....... S 28,--"
Somit seien mehrere nichtalkoholische Getränke zu einem günstigeren Preis als das billigste alkoholische Getränk angeboten worden. Die Ansicht der Bezirkshauptmannschaft xx, daß Sodawasser und Mineralwasser im Zusammenhang mit der Bestimmung des §196a GewO 1973 nicht zu einem Preisvergleich herangezogen werden dürfen, sei nicht haltbar. Vielmehr sei, wenn es um die Feststellung der Sorte gehe, auf das durchschnittliche Konsumentenbedürfnis abzustellen. Da von den Gästen die Getränke "Mineralwasser", "Sodawasser", "Apfelsaft gespritzt" und "Cappy gespritzt" ausdrücklich verlangt werden, seien diese Getränke auch als Sorten nichtalkoholischer Getränke im Sinne des §196a GewO 1973 anzusehen. Diesbezüglich wird auch auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahre 1992 (Zl 91/04/0309) verwiesen.
Zu dem im Straferkenntnis erhobenen Tatvorwurf bzw zum Vorbringen der Berufungswerberin wird in rechtlicher Hinsicht folgendes festgestellt:
Gemäß §196a Abs1 GewO 1973 (idF vor der Gewerberechtsnovelle 1992) sind Gastgewerbetreibende, die zur Ausübung einer Konzession mit Berechtigungen gemäß §189 Abs1 Z3 und 4 berechtigt sind, verpflichtet, mindestens zwei Sorten kalter nichtalkoholischer Getränke zu einem nicht höheren Preis auszuschenken als das am billigsten angebotene kalte alkoholische Getränk (ausgenommen Obstwein). Der Preisvergleich hat jeweils auf der Grundlage des hochgerechneten Preises für einen Liter der betreffenden Getränke zu erfolgen.
Aus der Tatbeschreibung des angefochtenen Straferkenntnisses geht hervor, daß im gegenständlichen Fall als billigstes alkoholisches Getränk Bier zu einem Literpreis von S 48,-- ausgeschenkt worden ist, während die billigsten nichtalkoholischen Getränke (Cola, Fanta, Almdudler, Cappy, Apfelsaft) um S 80,-- pro Liter angeboten worden sind. Der Begründung des angefochtenen Strafbescheides ist in diesem Zusammenhang noch zu entnehmen, "daß für den Preisvergleich die Preise der Getränke pur und nicht gespritzt heranzuziehen und Mineralwasser und Sodawasser überhaupt ausgenommen sind". Gleichzeitig werden die von der Berufungswerberin angegebenen Literpreise für Cappy, Fanta, Cola, Sprite, Obi, (jeweils gespritzt) von S 44,-- und der Literpreis von S 28,-- für Mineralwasser bzw Sodawasser nicht in Zweifel gezogen.
Damit steht fest, daß im gegenständlichen Gastgewerbebetrieb mit den Getränken Cappy - gespritzt, Fanta - gespritzt, Cola - gespritzt, Sprite - gespritzt, Obi - gespritzt, Mineralwasser und Sodawasser insgesamt 7 Getränke vorliegen, deren Literpreis unter jenem für einen Liter Bier (als dem billigsten alkoholischen Getränk) liegt. Ob diese nichtalkoholischen Getränke im Sinne des §196a Abs1 GewO 1973 als Sorten kalter nichtalkoholischer Getränke anzusehen sind, hängt von folgenden Überlegungen ab:
Nach dem Sinn und Wortlaut der Bestimmung des §196a Abs1 GewO 1973 und in Übereinstimmung mit dem auch den Erläuternden Bemerkungen zu entnehmenden Gesetzeszweck bedeutet das Wort "Sorten" im gegebenen Zusammenhang, daß zumindest zwei, unterschiedliche Konsumentenbedürfnisse befriedigende, kalte nichtalkoholische Getränke angeboten werden müssen. Dabei ist, orientiert am Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift, auf jene durchschnittlichen Konsumentenbedürfnisse abzustellen, wie sie an einen Gastgewerbebetrieb gestellt werden (VwGH vom 19.5.1992, 91/04/0309).
Hievon ausgehend ist wohl unter Berücksichtigung der für jedermann leicht erkennbaren Wirklichkeit festzustellen, daß zumindest der Ausschank von Mineralwasser einem eigenen Konsumentenbedürfnis entspricht. Darüberhinaus sind aber auch die Getränke "Cappy - gespritzt" und "Obi - gespritzt" in den Gastgewerbebetrieben Niederösterreichs so weit verbreitet, daß auch hier ein eigenes Konsumentenbedürfnis angenommen werden kann. Ob die Getränke "Cola gespritzt, Fanta gespritzt und Sprite gespritzt ebenfalls einem solchen "durchschnittlichen Konsumentenbedürfnis" entsprechen, braucht im vorliegenden Zusammenhang nicht mehr untersucht werden, da in dem in Rede stehenden Gastgewerbebetrieb somit mit Mineralwasser, Cappy - gespritzt und Obi - gespritzt bereits drei kalte nichtalkoholische Getränke, die billiger als Bier sind, angeboten werden.
Da sohin die von der Behörde erster Instanz vorgenommene Auslegung des §196a Abs1 Gew0 1973 weder auf den Wortlaut dieser Bestimmung noch auf den daraus erkennbaren Sinn und Zweck der Vorschrift gestützt werden kann, wurde - nicht zuletzt auch im Hinblick auf das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes - der in Rede stehenden Tatvorwurf zu Unrecht erhoben.
Da sich diese Einschätzung bereits aus dem der Berufungsbehörde vorliegenden Verwaltungsstrafakt der Behörde erster Instanz ergibt, war gemäß §51e Abs1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand zu nehmen, der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.