TE UVS Tirol 1994/06/23 16/66-7/1994

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Veröffentlicht am 23.06.1994
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Spruch

Gemäß §66 Abs4 AVG iVm §§24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung teilweise Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe von S 4.000,-- auf S 2.000,--, die Ersatzarreststrafe von 4 Tagen auf 3 Tage, herabgesetzt.

 

Entsprechend wird gemäß §64 Abs2 VStG die Beitragspflicht der Berufungswerberin zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens mit S 200,-- neu bestimmt.

 

Gemäß §64 Abs3 VStG 1991 hat die Berufungswerberin die durch die Einvernahme der Zeugen P E und J G erwachsenen Barauslagen in der Höhe von S 488,-- binnen zwei Wochen, nach Zustellung dieses Berufungserkenntnisses, bei der Bezirkshauptmannschaft K zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin aufgrund der Anzeige der Gemeindepolizei der Marktgemeinde H vom 07.02.1994 zur Last gelegt, sie habe es vorsätzlich veranlaßt, daß am 25.01.1994 P E, wohnhaft in H, ihren Abfall, und zwar Sägespäne, im Gemeindegebiet H an der linken Uferböschung des Kehlbaches, bei der Brücke zum Schwimmbad, abgelagert habe, obwohl an dieser Stelle eine Hinweistafel mit der Aufschrift "Müllablagerungen verboten" aufgestellt und unbefugtes Ablagern von Abfällen verboten ist. Wegen einer Verwaltungsübertretung nach §27 Abs1 litf Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz wurde über sie eine Geldstrafe in der Höhe von S 4.000,--, Ersatzarrest 4 Tage, verhängt. Gleichzeitig wurde sie gemäß §27 Abs6 Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz aufgefordert, binnen einer Frist von zwei Wochen, gerechnet ab Rechtskraft des Straferkenntnisses, die abgelagerten Sägespäne zu beseitigen.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol ist lediglich für die Berufung gegen den Schuldspruch nach §27 Abs1 litf Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz 1990 zuständig. Für den Auftrag nach Spruchabschnitt 2 des Straferkenntnisses ist die Tiroler Landesregierung zuständig. Dieser wurde eine Kopie des Aktes zur Entscheidung übermittelt.

 

In der fristgerecht erhobenen Berufung hat die Berufungswerberin die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens bestritten und erklärt, es würde sich um keinen Abfall handeln. Die Ablagerung habe keinen Menschen und keiner Sache geschadet. Außerdem bemängelte sie, daß die Strafe von ursprünglich S 2.000,-- (Strafverfügung) auf S 4.000,-- verdoppelt worden sei. Die sonstigen Ausführungen der Berufungswerberin sind nicht entscheidungsrelevant.

 

Zur mündlichen Verhandlung ist die Berufungswerberin nicht erschienen. Sie hat eine Fotodokumentation vorgelegt, die ihren Garten zeigt bzw. die den Ablagerungsort zeigen soll. In der mündlichen Verhandlung wurde der Zeuge P E einvernommen. Er gab folgendes zu Protokoll:

"Am 20.01.1994 beauftragte mich Frau M H, vier bis 5 Schubkarren Sägemehl in den Kehlbach (wörtlich) "umi zu leeren". Für sie sei das kein Abfall. Wie sie das genau gemeint hat, weiß ich nicht. Sie sagte jedenfalls, ich möge es dort umileeren. Der Bach hatte zu diesem Zeitpunkt eine geringe Wassermenge. Das Schild "Ablagerung verboten" des Bürgermeisters war der Berufungswerberin sicherlich bekannt. Ich selber wurde wegen der gegenständlichen Übertretung nicht gestraft. Frau M H hat persönlich den Abfall weggeräumt. Ich weiß über die Beschaffenheit der gegenständlichen Grundparzelle nicht Bescheid. Der Kehlbach ist ein Wildbach, der der Aufsicht der Wildbachverbauung unterliegt."

 

Der Zeuge machte die Busgebühr von Kelchsau und H und die Bahngebühr von H nach I und zurück geltend. Es wurden ihm S 268,-

ausbezahlt.

 

Der Gemeindebedienstete, Ing. J.G., legte Fotos vom Tatort vor. Diese zeigen zur Winterzeit, daß Sägemehl in großer Menge unterhalb der Brücke bachaufwärts des Kehlbaches, eines Wildbaches, abgelagert sind. Darüberhinaus gab der Zeuge folgendes an:

"Ich habe Frau H darauf angesprochen. Bei der Diskussion stand überhaupt nicht zur Debatte, ob sie es in den Bach leeren wollte, oder ob sie es ablagern lassen wollte. Als ich Frau H aufsuchte, hatte ich nicht die Absicht sie anzuzeigen. Ich wollte sie dazu bringen, das Sägemehl wegzuräumen. Frau H hatte aber nicht die geringste Lust dazu, weshalb ich ihr in Aussicht stellte, sie anzuzeigen. Die Grundparzelle ist im Bereich des Wildbaches. Wir wurden schon 2 bis 3 Monate vorher wegen anderer Ablagerungen von der Wildbachverbauung angeschrieben, diese seien umgehend zu entfernen, da sie eine Gefährdung der Unterlieger darstellen würden. Wir haben daher versucht, jede Ablagerung in diesem Bereich zu vermeiden. Wir haben den Holzzaun errichtet und die Tafel aufgestellt. Die Anlieferung muß auf dem Weg zur Brücke passiert sein, weshalb die Berufungswerberin vom Schild "jede Ablagerung verboten" wissen mußte. Weiters ist, nachdem wir das von der Wildbachverbauung beanstandete Gut ausgeräumt haben, ein Rundschreiben an alle Bewohner des Ortsteiles Kelchsau ergangen, wonach jede Ablagerung im Bereich des Kehlbaches zu unterlassen ist. Es war allerdings keine eingeschriebene Sendung, sondern nur eine Postwurfsendung (glaublich Mitte November 1993 versendet). Ich habe inzwischen beim letzten Lokalaugenschein den Abfall nicht mehr gesehen. Mir ist unbekannt, ob das Gut vom Bach weggeschwemmt wurde, oder ob es entsorgt wurde. Ohne eine menschliche Mithilfe könnte allerdings der Abfall nicht vom Bach weggeschwemmt werden, weil er zu wenig Wasser führen würde. Eine Gefährdung durch das Sägespanmehl ist sicher ausgeschlossen. Wenn aber sonstiges Gut dazukommt, kann man dies nicht ausschließen. Außerdem ist die Beispielswirkung fatal. Wenn jemand diese Ablagerungen sieht, wird er ermuntert, ebenfalls dort Gut abzulagern."

 

Der Zeuge machte die Bahngebühr von H nach I und retur in Höhe von S 220,-- geltend. Diese wurde in dieser Höhe anerkannt und ihm ausbezahlt.

 

Nach §2 Abs1 sind Abfälle bewegliche Sachen, deren sich der Inhaber entledigen will, oder entledigt hat oder deren geordnete Entsorgung aus den im §4 Abs2 genannten Interessen geboten ist. Abfälle, die einer Verwertung zugeführt werden sollen, bleiben so lange Abfälle, bis sie in den technischen Vorgang der Verwertung einbezogen werden. Nach §4 Abs2 lita sind Abfälle so zu entsorgen, daß das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährdet und diese nicht unzumutbar belästigt werden, insbesondere durch Geruch, Lärm und Erschütterungen; litb: Luft, Wasser und Boden sowie die Tier- und Pflanzenwelt nur in dem nach dem Stand der Technik gerinstmöglichen Ausmaß beeinträchtigt werden; litc:

keine Brand- oder Explosionsgefahr beigeführt wird; litd: das Auftreten oder die Vermehrung von schädlichen Tieren oder Plfanzen oder von Krankheitserregern nicht begünstigt wird; lite: die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht gestört wird; litf: das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild so gering wie möglich beeinträchtigt wird. Nach §27 Abs1 litf begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unbefugt Abfälle ablagert order wegwirft, soferne die Tat nicht den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung oder einer anderen Verwaltungsübertretung erfüllt. Derartige Verwaltungsübertretungen sind nach §27 Abs2 von der Bezirksverwaltungsbehörde im Fall des Tatbestandes nach litf mit Geldstrafen bis zu S 30.000,-- zu bestrafen. Es steht fest, daß sich die Berufungswerberin des Sägespänmehl entledigen wollte. Somit ist auf jeden Fall vom subjektiven Standpunkt aus davon auszugehen, daß es sich um Abfall handelt. Die Berufungswerberin hat in Kenntnis des Ablagerungsverbotes den Pensionisten E. beauftragt, das Sägespänmehl in das Bachbett zu leeren. Sie hat damit bewußt in Kauf genommen, daß Sägespänmehl unbefugt im Bachbett zum Lagern kommt, zumal der Bach zu dieser Zeit ein geringes Wasservolumen hatte. Andere Tatbestände des besonderen Verwaltungsrechtes kommen im gegenständlichen Fall nicht zur Geltung, da es sich nicht um Waldgrund handelt (Forstgesetz) und da es sich jedenfalls nicht um Ablagerungen handelt, die Wasserverheerungen erheblich vergrößern, oder die Beschaffenheit des Wassers wesentlich beeinträchtigen können. Es wurde damit auch kein Tatbestand nach §137 Abs2 litq Wasserrechtsgesetz iVm §48 Abs1 Wasserrechtsgesetz gesetzt. Daher kommt für dieses Verhalten nur eine Subsumtion unter §7 VStG iVm §27 Abs1 litf Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz in Frage. Als mildernd ist die Unbescholtenheit der Berufungswerberin zu werten, als erschwerend die große Menge des abgelagerten Gutes. Der Unrechtsgehalt der Übertretung ist wegen der Beispielsfolgen schwerwiegend. Da aber im ordentlichen Verfahren keine zusätzlichen Erschwerungsgründe hinzugekommen sind, war es nicht notwendig, den mit Strafverfügung vom 17.02.1994 verhängten Strafbetrag von S 2.000,-- zu verdoppeln. Es konnte daher mit der Geldstrafe von S 2.000,--, Ersatzarrest von 2 Tagen, das Auslangen gefunden werden. Die Strafe erscheint auch unter Zugrundelegung ungünstiger Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse angemessen.

Die durch die Auszahlung der Fahrtkosten an die Zeugen erwachsenen Barauslagen waren der Berufungswerberin nach §64 Abs3 VStG aufzuerlegen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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