TE UVS Niederösterreich 1994/07/07 Senat-PM-93-055

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Veröffentlicht am 07.07.1994
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein gegen Herrn Ing J G geführtes Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung gebracht. Der erhobene Tatvorwurf lautete, er habe als Verantwortlicher der E******** Baugesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in S** P*****, H*****straße *, zugelassen, daß am 5. August 1992 an der Baustelle in S** P*****, W*****straße **, der namentlich genannte Jugendliche (geb. 27.9.1975) als Ferialpraktikant eine Bauwinde mit der Tragkraft von maximal 150 kg bedient habe.

 

Gegen diesen Bescheid erhob das Arbeitsinspektorat für den 8. Aufsichtsbezirk Berufung und brachte darin vor, daß die Behörde zu Unrecht davon ausgegangen sei, daß aufgrund der Aubildung zum Bautechniker in der Höheren Technischen Bundeslehranstalt und wegen Absolvierung des zweiten Jahrganges des beschäftigten Jugendlichen, welcher zum Tatzeitpunkt als Ferialpraktikant beschäftigt gewesen sei, die Bedienung der gegenständlichen Bauwinde durch den Jugendlichen zulässig gewesen sei. Hiefür sei nämlich die Vollendung des 17 Lebensjahres erforderlich, was beim Jugendlichen jedoch noch nicht der Fall gewesen sei. Beantragt wurde unter Hinweis auf die im Verfahren gestellten Strafanträge mit Bestrafung vorzugehen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Nach §8 Abs1 Z2 lita iVm §2 Abs2 der Verordnung über die Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für Jugendliche vom 2. Oktober 1981, BGBl Nr 527, idgF dürfen Jugendliche nicht mit der Bedienung von Bau- und Bauhilfsmaschinen beschäftigt werden, soweit es sich nicht um leichte und ungefährliche Arbeiten handelt.

 

Nach §8 Abs4 der zitierten Verordnung dürfen Jugendliche nach Vollendung des 17 Lebensjahres bei Arbeiten der genannten Art beschäftigt werden.

 

Zunächst ist festzustellen, daß der beschäftigte Jugendliche zum Tatzeitpunkt das 17 Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, sondern vielmehr einige Wochen vor Vollendung des 17 Lebensjahres stand. §8 Abs4 der genannten Verordnung war daher für ihn nicht anzuwenden. Zu prüfen war allerdings, ob es sich bei der dargestellten Tätigkeit um eine leichte und ungefährliche Arbeit handelte. Wenngleich der Jugendliche das 17 Lebensjahr nämlich noch nicht vollendet hat, so war die Betätigung der gegenständlichen Bauwinde dennoch dann zulässig, wenn es sich dabei um eine leichte und ungefährliche Arbeit handelte.

 

Grundsätzlich kann bei der Beurteilung der Frage, ob eine Tätigkeit als leicht und ungefährlich einzustufen ist, nicht lediglich ein objektiver Maßstab angewendet werden. Vielmehr ist auch subjektiv zu beurteilen, ob ein Arbeitnehmer, insbesondere ein Jugendlicher, für eine Tätigkeit durch Vermittlung theoretischer Kenntnisse und durch praktische Einführung am Gerät derart auf die Aufgabe vorbereitet wurde, daß für ihn die Tätigkeit als leicht und ungefährlich einzustufen ist, wohingegen sie für einen ungeübten, nicht ausgebildeten und auf die Aufgabe nicht vorbereiteten Arbeitnehmer als schwierig und somit auch nicht ungefährlich in Erscheinung treten kann.

 

Im konkreten Fall war der beschäftigte Jugendliche Student einer Höheren Technischen Lehr- und Versuchsanstalt für Hochbau. Im Zuge der schulischen Ausbildung waren auch Baustellenpraktika vorgeschrieben. Der Jugendliche war als Ferialpraktikant tätig und stand unter Aufsicht des Beschuldigten sowie des Vorarbeiters. Bei der Bedienung der Bauwinde wurde er entsprechend eingeschult und eingewiesen. Der Ausbildungs- und Lehrplan sieht von Beginn an Grundzüge des Aufbaues, der Funktion und der Bedienung der Werkzeuge, Maschinen, Einrichtungen und Arbeitsbehelfe vor, insbesondere auch die Beachtung der einschlägigen Sicherheitsvorschriften. Im Hinblick darauf, daß der beschäftigte Jugendliche zum Tatzeitpunkt bereits zwei Jahrgänge absolviert hatte und somit aufgrund des Ausbildungsplanes bereits über sämtliche technischen Kenntnisse, insbesondere auch hinsichtlich Sicherheitsvorkehrungen verfügen mußte und der Tatsache, daß er auch praktisch vor der Bedienung der gegenständlichen Bauwinde vom Beschuldigten und vom Vorarbeiter entsprechend eingeschult und eingeführt wurde, war die Annahme der Behörde erster Instanz zweifellos gerechtfertigt, daß sich die Bedienung der gegenständlichen Bauwinde zum Tatzeitpunkt für den Jugendlichen aufgrund seines Ausbildungs- und Kenntnisstandes und seiner praktischen Fähigkeiten als leichte und ungefährliche Tätigkeit darstellte, sodaß diese Tätigkeit nicht vom Verbot des §8 Abs1 Z2 lita der zitierten Verordnung umfaßt war. Daher war die Bedienung auch schon vor Vollendung des 17 Lebensjahres zulässig.

 

Die vorgelegten Ausbildungsrichtlinien sind daher nicht erst dann von Relevanz, wenn das 17 Lebensjahr vollendet ist. Ab Vollendung des 17 Lebensjahres ist nämlich die Bedienung von Bau- und Bauhilfsmaschinen bereits grundsätzlich ohne jede weitere Einschränkung zulässig. Von der Behörde erster Instanz wurden die gegenständlichen Ausbildungsrichtlinien - neben anderen Kriterien - aber zu Recht als Indiz dafür herangezogen, daß es sich im gegenständlichen Fall um eine leichte und ungefährliche Arbeit handelte. Bedenkt man, daß die Bedienung von Bau- und Bauhilfsmaschinen ab dem 17 Lebensjahr generell zulässig ist, so ist auch die Annahme vertretbar, daß der nur wenige Wochen vor Vollendung des 17 Lebensjahres stehende und wie im gegenständlichen Fall entsprechend ausgebildete Jugendliche keine Schwierigkeiten oder Gefährdungsmomente von der gegenständlichen Tätigkeit zu erwarten hatte.

 

Daraus ergibt sich, daß die Einstellung des Strafverfahrens zu Recht erfolgt ist, weshalb die Berufung abzuweisen war.

 

Da die Entscheidung lediglich von Rechtsfragen abhängig war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß §51e VStG unterbleiben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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