Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Frey über die fristgerecht eingebrachte Berufung des Herrn Ronald S gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Neubau vom 28.7.1993, Pst 1949/N/92, wegen Übertretung des §103 Abs2 KFG, entschieden:
Gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß §45 Abs1 Z1 (2. Fall) des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG eingestellt.
Demnach entfällt der erstinstanzliche Kostenbeitrag. Gemäß §65 VStG wird dem Berufungswerber kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
Begründung:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der nunmehrige Berufungswerber (BW) bestraft, weil er es als verantwortlicher und somit als zur Vertretung des Zulassungsbesitzers des KKW mit dem KZ W-MO der Fa Gerlinde S nach außen Berufener unterlassen habe, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 30.4.1992, zugestellt am 5.5.1992, innerhalb der Frist von 2 Wochen eine dem Gesetz entsprechende Auskunft in deutscher Sprache darüber zu erteilen, wer dieses KKW am 10.3.1992 um 16.43 h auf der A-straße, gelenkt hat, da die erteilte Auskunft in griechisch gegeben wurde. Wegen Übertretung des §103 Abs2 KFG wurde über ihn eine Geldstrafe von S 1.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, verhängt. Ferner wurde ihm gemäß §64 VStG ein Beitrag von S 100,-- zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
In der dagegen gerichteten rechtzeitigen Berufung bringt der BW im wesentlichen vor, er habe die Lenkerauskunft in griechischen Buchstaben abgefaßt, da ihm die Formvorschriften der Behörden nicht geläufig seien. Es habe sich bei der Lenkerauskunft um Eigennamen gehandelt, die in deutscher Schrift und Sprache lediglich phonetisch wiedergegeben werden könnten. Wenn dies erforderlich sei, um der Auskunftspflicht nachzukommen, so sei es nicht so erklärt worden, daß er es hätte verstehen können. Auch der gegenständlichen Gesetzesstelle sei nicht zu entnehmen, daß Eigennamen einer fremden Sprache phonetisch wiedergegeben werden müßten.
Aus der Aktenlage ergibt sich, daß die Lenkerauskunft vom 11.5.1992 in griechischen Buchstaben gegeben wurde. Anläßlich seiner Vernehmung vom 20.8.1992 im erstinstanzlichen Verfahren gab der BW den Namen des angeblichen Lenkers phonetisch mit "Papadopulos P" wieder. Bezüglich der Adresse gab er damals an, daß der Genannte in Saloniki wohne, er aber die Adresse nur in griechischer Schreibweise habe. Weiters gab der BW an, er werde zu Hause nachschauen, ob er irgendwelche Belege habe, aus denen sich der Aufenthalt des Genannten in Österreich ergebe bzw werde er mit dem Genannten Kontakt aufnehmen. Es wurde ihm eine Frist von 4 Wochen eingeräumt, um Unterlagen vorzuweisen, aus denen sich die Richtigkeit seiner Aussage ergibt.
Hiezu wurde erwogen:
Gemäß ArtVIII B-VG ist die deutsche Sprache unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte die Staatssprache der Republik.
Nach §13 Abs3 AVG ermächtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß schriftliche und mündliche Anbringen grundsätzlich in deutscher Sprache (ArtVIII B-VG) zu formulieren sind. Bei unleserlichen oder auch fremdsprachigen Eingaben kann die Behörde nach §13 Abs3 AVG vorgehen (VwGH 20.9.1989, 89/01/0299).
In gleicher Weise ist das vorliegende Anbringen zu beurteilen, in dem die Lenkerauskunft nicht in der der deutschen Sprache eigenen lateinischen Schrift, sondern in griechischen Schriftzeichen erteilt wurde. Die erstinstanzliche Behörde hätte also den nunmehrigen BW auffordern müssen, binnen einer angemessenen Frist die genaue Adresse des Genannten in lateinischer Schreibweise bekanntzugeben, wie der BW dies hinsichtlich des Namens des Genannten sowie des angeblichen Wohnortes ja bereits anläßlich der Vernehmung vom 20.8.1992 getan hatte. Da die erstinstanzliche Behörde eine solche auf §13 Abs3 AVG gestützte Aufforderung unterlassen hat und dem BW lediglich eine Frist für den Nachweis der inhaltlichen Richtigkeit der Lenkerauskunft erteilt hat, kann der Vorwurf einer Verletzung des §103 Abs2 KFG, wie er im angefochtenen Straferkenntnis umschrieben ist, nicht aufrecht erhalten werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.