TE UVS Niederösterreich 1994/07/19 Senat-MI-93-030

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Veröffentlicht am 19.07.1994
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr 51/1991, (AVG) Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z3 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991 (VStG), eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis vom 13.5.1993, Zl 3-****-93, erkannte die Bezirkshauptmannschaft xx den Berufungswerber schuldig, am 4.2.1993 in **** G********dorf, W*****straße **, eine Übertretung nach §16 Abs1 Z1 iVm §3a Abs2 Güterbeförderungsgesetz (GBefG) begangen zu haben. Gemäß §16 Abs2 Güterbeförderungsgesetz wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt.

 

Gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) wurde der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz mit S 500,-- festgesetzt.

 

In der Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegt, daß er es als gemäß §9 VStG nach außen hin zur Vertretung berufenes Organ der Firma K G, GmbH, **** G*** E****dorf, W***** Straße ** in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten habe, daß am 4.2.1993, Nachmittag, durch den Kraftfahrer G G aus M******dorf eine gewerbsmäßige Güterbeförderung von der Fa F******-*, W*** zur Fa M*********, W*******/Polen durchgeführt worden sei, obwohl das Zugfahrzeug und der Anhänger lediglich zum Werksverkehr zugelassen seien. Somit sei die Anzahl der Kraftfahrzeuge, mit denen die Beförderung von Gütern im Fernverkehr durchgeführt werden dürfe, ohne Genehmigung vermehrt worden.

 

Gegen diesen Bescheid wurde gegen Schuld und Strafe Berufung erhoben.

 

Ohne näher auf das Vorbringen in der Berufung einzugehen, wird festgestellt:

 

Gemäß §44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

§44a Z1 VStG enthält das sogenannte "Konkretisierungsgebot".

 

Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß eine Zuordnung des Täters zum Tatverhalten möglich ist und die Identität der Tat nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

 

"Unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat bedeutet, daß im Spruch eines Straferkenntnisses, genauer in der Tatumschreibung, dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muß, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch muß geeignet sein, den Bestraften rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Ist im Spruch eines Straferkenntnisses die Tat so umschrieben, daß eine Zuordnung zu mehreren Tatbeständen möglich ist, so verstößt der Spruch gegen §44a Z1 VStG (vgl VwGH vom 29.1.1987, Zl 86/08/0208 ua).

Gemäß §3 Abs1 GBefG hat die Konzession für die Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im Fernverkehr auf eine bestimmte Anzahl von Kraftfahrzeugen zu lauten.

 

Gemäß §3a Abs2 GBefG bedarf die Vermehrung der Kraftfahrzeuge einer Genehmigung, für die, ausgenommen das Erfordernis der Erbringung des Befähigungsnachweises, die selben Voraussetzungen, wie für die Erteilung der Konzession gelten.

 

Gemäß §16 Abs1 Z1 GBefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die gemäß §16 Abs1 Einleitungssatz GBefG mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu ahnden ist, wer die Anzahl der Kraftfahrzeuge ohne Genehmigung gemäß §3a Abs2 GBefG vermehrt.

 

Die Verwirklichung des Ungehorsamsdeliktes der Vermehrung der Anzahl von Kraftfahrzeugen ohne Genehmigung im Sinne des §16 Abs1 GBefG, welche Übertretungsnorm eine sogenannte Blankettstrafnorm darstellt, da auf §3a Abs2 GBefG verwiesen wird, welche Bestimmung damit Teil des gesetzlichen Tatbestandes wird, setzt voraus, daß eine aufrechte Konzession für die Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes vorliegt, die auf eine bestimmte Anzahl von Kraftfahrzeugen lautet.

 

Tatbestandsmerkmal ist sohin, daß durch die Verwendung von Fahrzeugen der Konzessionsrahmen überschritten wird und hätte es, somit im Hinblick auf das Erfordernis der konkreten Anführung der Tat, der Anführung des Konzessionsumfanges der K G GesmbH bedurft. Desweiteren hätte es der Anführung bedurft, mit wievielen Fahrzeugen zur Tatzeit tatsächlich gewerbliche Güterbeförderungen durchgeführt wurden. Die Konzession für das Güterbeförderungsgewerbe bezieht sich nur auf eine bestimmte Anzahl von Kraftfahrzeugen, mit welchen dieses Gewerbe ausgeübt werden darf, nicht jedoch auf eine bestimmte Zulassung derselben, oder daß diese auf den Konzessionsinhaber auch zugelassen sind.

 

Da das GBefG eine gewerberechtliche Vorschrift darstellt, ist primär der gewerberechtliche Geschäftsführer für die Einhaltung der in diesem Gesetz enthaltenen Bestimmungen verantwortlich und käme eine strafrechtliche Verantwortung des handelsrechtlichen Geschäftsführers nur dann in Betracht, wenn die aufrechte Genehmigung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers nicht gegeben ist oder der Gewerbetreibende eine Verwaltungsübertretung offensichtlich duldet oder er bei der Auswahl des Geschäftsführers es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen, obgleich bei Personenidentität eine Auswechslung der Tätereigenschaft durch die Berufungsbehörde möglich ist.

 

Da der Aktenlage nach innerhalb der Frist des §31 Abs2 VStG - Verfolgungsverjährungsfrist - keine taugliche Verfolgungshandlung erfolgt ist, darunter ist eine nach außen hin in Erscheinung tretende Amtshandlung zu verstehen, die gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet ist und all jene Sachverhaltselemente enthält, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind, ist im Gegenstand Verfolgungsverjährung eingetreten und hätte eine Bestrafung nicht mehr erfolgen dürfen.

 

Da bereits der Aktenlage nach erkennbar war, daß der angefochtene Bescheid zu beheben ist, war ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im Sinne des §51e Abs1 VStG spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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