Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, keine Folge gegeben und die Punkte 1 - 17 sowie 23 des erstinstanzlichen Bescheides vollinhaltlich bestätigt.
Der Kostenbeitrag für das Verfahren erster Instanz beträgt für diese Punkte S 2.540,--.
Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, S 5.080,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.
Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten in den Spruchteilen 1 bis 15 Übertretungen des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kinder und Jugendlichen (KJBG) vorgeworfen. In den Punkten 16 und 17 wurden Übertretungen des Berufsausbildungsgesetzes (BAG) vorgeworfen. Der Punkt 23 enthält eine Übertretung des Mutterschutzgesetzes. Die Strafhöhen betragen zu Punkt 1 und 2 je S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 3 Tage), zu den Punkten 3 - 15 je S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 2 Tage) zu den Punkten 16 und 17 je S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 5 Tage) und zum Punkt 23 S 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden).
In der gegen das Straferkenntnis erhobenen Berufung bringt der Beschuldigte im wesentlichen vor, daß es anläßlich der Überprüfung durch das Organ der Arbeiterkammer zu einer heftig gebührten Debatte gekommen sei, und er daher aufgrund seiner Erzürnung auf die Fragen des Organes der Arbeiterkammer absichtlich falsche Antworten erteilt hätte. Er habe außerdem zu diesem Zeitpunkt gerade viel zu tun gehabt und daher das Überprüfungsorgan ersucht, eine Stunde später zu kommen. Arbeitszeitüberschreitungen habe er nie angeordnet, weshalb ihm diese Verwaltungsübertretungen nicht angelastet werden könnten. Die Beschäftigung der Arbeitnehmerin vor 06.00 Uhr sei auf deren eigenen Wunsch zurückzuführen bzw durch verkürzte Arbeitstage ausgeglichen worden. Ebenso seien berufsfremde Arbeiten nicht aufgetragen worden. Bei Anschuldigungen derartigen Umfanges sei es üblich, das zuständige Arbeitsinspektorat oder die Bezirksverwaltungsbehörde an Ort und Stelle bei der Überprüfung mitwirken zu lassen, weshalb eine Kompetenzüberschreitung des Organes der Arbeiterkammer anläßlich der Überprüfung vorgelegen habe.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:
Die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen sind aufgrund des vorliegenden Beweisergebnisses, insbesondere der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21. Juli 1994 als erwiesen anzusehen. Dies ergibt sich nicht nur aus den glaubwürdigen Aussagen des Organes der Arbeiterkammer, der unter Wahrheitspflicht als Zeuge aussagte und an deren Richtigkeit daher die Berufungsbehörde zu zweifeln keinen Anlaß findet, sondern auch aus der Tatsache, daß die Jugendlichen selbst die Übertretungen sowohl schriftlich gegenüber dem Organ der Arbeiterkammer als auch mündlich im Zuge ihrer Vernehmungen im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens (als Zeuginnen unter Wahrheitspflicht) bestätigten.
Grundsätzlich ist der Betriebsinhaber für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen verantwortlich. Auch wenn er daher Arbeitszeitüberschreitungen nicht angeordnet hat, berufsfremde Arbeiten nicht aufgetragen hat oder Überschreitungen gar auf eigenen Wunsch von Dienstnehmern zustandegekommen sind, so entlastet ihn dies keinesfalls von seiner Verantwortung. Der Dienstgeber hat nämlich durch geeignete Maßnahmen, insbesondere Kontrollmechanismen sicherzustellen, daß die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Da er dies im konkreten Fall nicht getan hat, ist ihm fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Auch die Verkürzung des Arbeitstages rechtfertigt nicht die Arbeitsaufnahme vor 06.00 Uhr früh.
Richtig ist zwar die Auffassung des Berufungswerbers, daß der §5 Abs1 Arbeiterkammergesetz 1992 die Arbeiterkammern lediglich dazu beruft, Besichtigung von Arbeitsstätten aller Art bei den Arbeitsinspektoraten und sonstigen zuständigen Behörden zu beantragen und daran teilzunehmen.
Jedoch sieht §5 Abs2 Arbeiterkammergesetz 1992 vor, daß die Arbeiterkammern Lehrlings- und Jugendschutzstellen einrichten und durch diese insbesondere die Arbeitsverhältnisse von Lehrlingen und jugendlichen Arbeitnehmern überprüfen und die Abstellung gesetzwidriger Zustände bei der zuständigen Behörde beantragen. Eine inhaltlich gleichartige Regelung sah auch der §2 litj Z2 des Arbeiterkammergesetzes 1954 vor, das bis zum 31. Dezember 1991 und somit auch zum Tatzeit noch in Geltung stand.
Das Überprüfungsorgan war zum Tatzeitpunkt Jugendschutzbeauftragter der Kammer für Arbeiter und Angestellte bei der Bezirksstelle T. Unzweifelhaft erwiesen ist, daß zum Tatzeitpunkt am gegenständlichen Betriebsstandort Jugendliche beschäftigt wurden. Das Organ der Arbeiterkammer war daher als Jugendschutzbeauftragter zweifellos berechtigt, den gegenständlichen Betriebsstandort selbständig - dh auch ohne entsprechende Beteiligung des Arbeitsinspektorates oder einer anderen Behörde - zu überprüfen. Eine Kompetenzüberschreitung des Organes der Arbeiterkammer liegt daher nicht vor. Abgesehen davon, daß die vorgeworfenen Delikte 1 bis 17 ohnehin die Beschäftigung von Jugendlichen betreffen, kann dem Überprüfungsorgan aus der bloßen Tatsache, daß es anläßlich dieser Überprüfung allenfalls auch andere Übertretungen wahrgenommen hat, kein Vorwurf gemacht werden.
Zur Strafbemessung ist festzustellen:
Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Im ordentlichen Verfahren sind überdies die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen.
Für die Übertretungen 1 bis 15 beträgt der Strafrahmen nach §30 KJBG Geldstrafe von S 1.000,-- bis S 15.000,--. Für die Übertretungen 16 und 17 sieht §32 Abs1 BAG eine Geldstrafe bis zu S 10.000,-- oder Arrest bis zu 3 Wochen vor. Nach §37 Abs1 Mutterschutzgesetz betrug der Strafrahmen zum Tatzeitpunkt Geldstrafe bis S 15.000,--.
Dem Beschuldigten ist zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Eine Gefährdung der gesetzlich geschützten Interessen ist deshalb erfolgt, weil durch Nichtauflage eines aushangpflichtigen Gesetzes allenfalls berechtigten Personen entsprechende Informationen vorenthalten werden, und andererseits die Jugendlichen in ihren gesetzlichen Ansprüchen auf gewährleistete Dienstzeit, ausreichende Ruhezeit, Wochenendfreizeit und Beschäftigung mit ausbildungsadäquaten Tätigkeiten verletzt wurden.
Da keine verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit vorliegt, ist kein Umstand als mildernd zu werten. Erschwerende Umstände liegen ebenfalls nicht vor (eine rechtskräftige Vorstrafe nach dem BAG, jedoch nicht einschlägig).
Folgende persönliche Verhältnisse sind zu berücksichtigen:
Einkommen monatlich netto S 15.000,--, Vermögen: Betriebsstätte mit Wohnung, keine Sorgepflichten.
Hinsichtlich sämtlicher Verwaltungsübertretungen liegen die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen im unteren Bereich der bestehenden Strafrahmen und sind im Hinblick auf die dargelegten Strafzumessungsgründe durchaus angemessen und keinesfalls überhöht, weshalb die Berufung abzuweisen war.
Gemäß §64 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren 20 Prozent der verhängten Strafen.