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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §12 Abs3 litf;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des M in L, vertreten durch Dr. Elfgund Frischenschlager, Rechtsanwältin in 4020 Linz, Landstraße 15, gegen den Bescheid des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservices Oberösterreich vom 25. März 1998, Zl. 4/12897/Nr.E17/98-1, betreffend Anspruch auf Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 11. November 1997 (für die Zeit ab 22. November 1997) beim Arbeitsmarktservice Linz die Gewährung von Arbeitslosengeld. Er sei vom 17. April 1996 bis 21. November 1997 als Zahntechniker beim Zahntechnischen Labor O.D. in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Das Beschäftigungsverhältnis sei durch Kündigung durch den Dienstgeber beendet worden, eine Urlaubsentschädigung für 16 Werktage sei bezahlt worden.
Am 27. November 1997 gab der Beschwerdeführer niederschriftlich vor dem Arbeitsmarktservice Linz an, dass er die Ausbildung für die Meisterprüfung für Zahntechniker in Baden bei Wien, Unterrichtszeiten ganztägig, besuchen würde. Laut dem Lehrplan für das Meisterprüfungstraining 98/1 habe er am 5. Jänner 1998 Fachrechnen, am 6. Jänner 1998 Werkstoffkunde, vom
7. bis 8. Jänner 1998 Anatomie, vom 9. bis 11. Jänner 1998 Artikulation und Okklusion, vom 13. bis 14. Jänner 1998 VMK Studio, vom 15. bis 18. Jänner 1998 KFO, am 21. Jänner 1998 Fachkalkulation, vom 11. bis 13. Februar 1998 zeitgemäße Frästechnik, vom 14. bis 19. Februar 1998 K+B Teil, am 21. Februar 1998 Werkstoffkunde, vom 22. bis 25. Februar 1998 Modellgusskonstruktionen, am 14. April 1998 Prothetikstudio, am 15. April 1998 Patienteneinschulung, vom 16. bis 17. April 1998 Patientenschulung, vom 18. bis 20. April 1998 Patiententeil-Prüfung, am 21. April 1998 Patiententeil-Prüfungskommission, ebenfalls am 21. April 1998 schriftliche Arbeit, und vom 23. bis 29. April 1998 Prüfungsarbeit mit mündlicher Prüfung.
Bereits während seines letzten Beschäftigungsverhältnisses habe der Beschwerdeführer am WIFI Oberösterreich sowohl das Ausbildertraining - Allgemeine Meisterberufe als auch das Unternehmertraining absolviert. Er habe das Ausbildertraining ab 2. Juni 1997 (Veranstaltungsdauer 40 Trainingseinheiten) besucht und am 14. Juli 1997 die Ausbilderprüfung bestanden. Das Unternehmertraining habe er ab 4. November 1996 (Veranstaltungsdauer 180 Trainingseinheiten) besucht und am 17. April 1997 die Unternehmerprüfung bestanden.
Aufgrund dieses Sachverhaltes stellte das Arbeitsmarktservice Linz mit Bescheid vom 1. Dezember 1997 gemäß § 24 Abs. 1 iVm §§ 7 und 12 AlVG 1977, BGBl. Nr. 609/1977 in der geltenden Fassung das Arbeitslosengeld mangels Arbeitslosigkeit ab 5. Jänner 1998 ein. In der Begründung wurden lediglich die maßgeblichen Rechtsvorschriften abgedruckt.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er im Wesentlichen aus, dass er die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung des § 12 Abs. 4 AlVG erfüllen würde, da er während seines letzten Arbeitsverhältnisses sowohl das Unternehmens- als auch das Ausbildertraining samt den dazugehörigen Prüfungen absolviert hätte. Beides sei Voraussetzung für die Zulassung zur Meisterprüfung. Darüber hinaus habe er sich alle übrigen praktischen Fertigkeiten und theoretisches Wissen angeeignet, das notwendig sei, um überhaupt zum Meisterprüfungstraining zugelassen zu werden. Unter Berücksichtigung des gesamten zeitlichen Ausbildungsaufwandes zum Zahntechnikermeister hätte die Ausbildungszeit während des Arbeitsverhältnisses mehr als die geforderte Hälfte der gesamten Ausbildung umfasst.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens sowie der angewendeten Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde in ihrer Begründung im Wesentlichen aus, es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer das Meisterprüfungstraining im Frühjahr 1998 zum Zahntechniker ganztägig von 5. Jänner 1998 bis 29. April 1998 besuche. Laut dem Lehrplan finde der Unterricht an 28 Werktagen sowie an 13 Samstagen, Sonntagen bzw. Feiertagen statt. Dabei würden 14 verschiedene Gegenstände unterrichtet. Es handle sich bei dieser Ausbildung daher nicht um einen einzelnen Lehrkurs zur Erweiterung der fachlichen oder Allgemeinbildung, sondern aufgrund der breitgefächerten Wissensvermittlung und der vorliegenden Stundentafel um eine schulische Ausbildung im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG. Arbeitslosigkeit während des Besuches dieser Ausbildung sei daher grundsätzlich nicht anzunehmen.
Ein Fall des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1997, Zl. 97/08/0097, liege nicht vor, da der fiktive Urlaubsanspruch des Beschwerdeführers 25 Arbeitstage betragen würde (gegenüber dem Unterricht an 28 Werktagen sowie an 13 Samstagen, Sonntagen bzw. Feiertagen).
Auch eine Parallelität von Ausbildung und Erwerbstätigkeit in der Vergangenheit im Sinne des des § 12 Abs. 4 AlVG liege nicht vor, die vom Beschwerdeführer neben seiner Berufstätigkeit besuchten Kurse hätten in Form von Abendkursen stattgefunden. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 AlVG lägen nur dann vor, wenn der zur Bewertung herangezogene Lehrgang in der selben Form wie die zur Beurteilung anstehende Ausbildung besucht werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, dass es sich bei dem Meisterprüfungstraining um eine berufliche Fortbildung handle, die geradezu typischer Weise neben der Berufsausübung absolviert werde, was sich nicht zuletzt dadurch zeige, dass die Termine des Trainings so angelegt seien, dass der Besuch Berufstätigen im Allgemeinen möglich sei, wenn sie ihren Urlaub heranzögen. Unter Heranziehung des Urlaubs und unter Berücksichtigung des Resturlaubs des Vorjahres, den sich der Beschwerdeführer für dieses Meisterprüfungstraining aufgehoben hatte, der jedoch infolge Kündigung vom Arbeitgeber abgegolten worden sei, wäre dem Beschwerdeführer der Besuch der Veranstaltung ohne Unterbrechung seines Dienstverhältnisses möglich gewesen.
Der belangten Behörde ist zunächst in ihrer im bekämpften Bescheid vertretenen Rechtsauffassung insofern zu folgen, als es sich bei dem zu beurteilenden Meisterprüfungstraining vom 5. Jänner bis 29. April 1998 um einen "geregelten Lehrgang " handelt, dh um eine schulähnliche (in Schulform organisierte) Ausbildung mit einem (ein bestimmtes Ausbildungsziel einschließenden) Lehrplan, mit einer gewissen Breite der vermittelten Ausbildung, also mit einem mehrere Gegenstände (Fächer) umfassenden Lehrplan, und erst daraus folgend um eine vollständige oder doch überwiegende Inanspruchnahme der üblichen Arbeitszeit des Teilnehmers, der sich - entsprechend dem Lehrplan -
dieser Ausbildung unterzieht (vgl. das Erkenntnis vom 8. Juni 1993, Slg. Nr. 13849/A).
Die belangte Behörde hat aber - im Hinblick auf ihre von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen über Dauer und Lagerung der jeweiligen Teilveranstaltungen des Lehrganges - auch zu Recht die Frage verneint, ob die einschlägigen Ausbildungsvorschriften ergeben, dass der fragliche Lehrgang auf Berufstätige zugeschnitten ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 1993, Slg. Nr. 13.849/A, betreffend einen Meisterprüfungslehrgang in der Dauer von 5 Monaten, jeweils durchlaufend an fünf Tagen in der Woche von 7.45 Uhr bis 16.00 Uhr).
Nach der Judikatur (vgl. das Erkenntnis vom 16. September 1997, Zl. 97/08/0097) ist der Besuch eines Lehrgangs für Berufstätige ausnahmsweise für Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung unschädlich, wenn der in Beschäftigung stehenden Person eine Teilnahme "allenfalls auch unter Berücksichtigung des im Allgemeinen pro Jahr zur Verfügung stehenden Urlaubs ohne Unterbrechung des Dienstverhältnisses" möglich ist. Dies ist aber bei einer Kursdauer von 28 Werktagen (bei richtiger Rechnung: 30 Werktagen) sowie 13 Samstagen, Sonntagen bzw. Feiertagen nicht der Fall.
Gemäß § 11 Z 1 des Kollektivvertrages gültig unter anderem für angestellte Zahntechnikergesellen, gelten für den Urlaub grundsätzlich die gesetzlichen Bestimmungen des Angestelltengesetzes und das Bundesgesetz über die Vereinheitlichung des Urlaubsrechtes BGBl. Nr. 390/1976 in der jeweils gültigen Fassung. § 2 Abs. 1 des letztgenannten Gesetzes legt fest, dass dem Arbeitnehmer für jedes Arbeitsjahr ein ununterbrochener bezahlter Urlaub gebührt, wobei das Urlaubsausmaß bei einer Dienstzeit von weniger als 25 Jahren 30 Werktage (also 25 Arbeitstage) beträgt. Ob der Beschwerdeführer über (bei Beendigung seines Dienstverhältnisses entschädigte) Resturlaubstage verfügte, ist bei der gebotenen objektivabstrakten Betrachtungsweise rechtlich ohne Bedeutung. Die fehlerhafte (sich aber nicht zu Lasten des Beschwerdeführers auswirkende) Zählung der belangten Behörde über eine Kursdauer von bloß 28 Werktagen erweist sich daher als ohne Relevanz für das Ergebnis des Verfahrens.
Der Beschwerdeführer macht letztlich geltend, dass die Rechtsansicht der Behörde, ein belegter Abendkurs könne nicht zur Bewertung der Parallelität herangezogen werden, in der Judikatur keine Deckung finde. Insoweit ist ihm entgegenzuhalten, dass Lehrgänge für Berufstätige, die am Abend abgehalten werden, im Sinne der Rechtssprechung jedenfalls unschädlich, weil nicht unter § 12 Abs. 3 lit f zu subsumieren sind (vgl. das Erkenntnis vom 16. September 1997, Zl. 97/08/0097). Ist eine Ausbildung aber nicht unter § 12 Abs. 3 lit. f AlVG subsumierbar, so stellt sie auch kein "Studium bzw. praktische Ausbildung" im Sinne des § 12 Abs. 4 Z 2 AlVG dar und kann somit nicht als Ausbildungszeit, die während des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses absolviert wurde, herangezogen werden (siehe auch die Erkenntnisse vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/08/0133, und vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/08/0125).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 4. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998080131.X00Im RIS seit
22.01.2002