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35 ZollrechtNorm
VfGG §88Leitsatz
Abtretung einer Beschwerde gegen die Abweisung einer Berufung durch ein Zollamt an den seit dem EU-Beitritt Österreichs und der Geltung des Zollrechts-Durchführungsgesetzes zuständigen Berufungssenat; Neuregelung des Rechtsschutzes im Bereich des Zollverfahrens; kein KostenzuspruchSpruch
Die Beschwerde wird an den zuständigen Berufungssenat der Region Innsbruck bei der Finanzlandesdirektion für Tirol abgetreten.
Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Begründung:
1. a) Mit seiner auf Art144 B-VG gestützten, am 19. Juni 1998 zur Post gegebenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bekämpft der Einschreiter einen Bescheid der Finanzlandesdirektion (FLD) für Wien, Niederösterreich und Burgenland. Durch diesen wurde die Berufung gegen einen Bescheid des Hauptzollamtes Wien abgewiesen, mit dem Aussetzungszinsen in bestimmter Höhe für den Zeitraum 3. Juli 1995 bis 17. September 1997 vorgeschrieben worden waren.
Die belangte Behörde legte die bezughabenden Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie ausführt, daß nach ihrer (nunmehrigen) Auffassung die Voraussetzungen für eine Abtretung der Beschwerde an den zuständigen Berufungssenat (s. dazu gleich unten, Pkte. 2 und 3) gegeben seien.
b) Der Beschwerdeführer vertritt in einem von ihm erstatteten Schriftsatz unter Verweis auf seine diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde den gleichen Standpunkt. Er meint weiters, daß er Anspruch auf Ersatz der Kosten im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof habe (s. dazu unten, Pkt. 4).
2. In den §§85a bis 85f Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG), BGBl. 659/1994, idF der 3. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle, BGBl. I Nr. 13/1998, wurde der Rechtsschutz im Bereich des Zollverfahrens einer Neuregelung unterzogen:
a) Gemäß §85a Abs1 Z1 ZollR-DG steht im Rahmen des Geltungsbereichs des §2 Abs1 und 2 leg.cit. (dazu zählt auch die hier vorliegende Abgabensache) gegen Entscheidungen von Zollbehörden als Rechtsbehelf der ersten Stufe (Art243 Abs2 lita Zollkodex - ZK) die Berufung zu (soweit nicht in Abgabenvorschriften ein Rechtsbehelf für unzulässig erklärt wird). Über die Berufung hat gemäß §85b Abs2 ZollR-DG die Behörde, welche die betreffende Entscheidung erlassen hat, mit Berufungsvorentscheidung zu entscheiden.
Nach §85c Abs1 ZollR-DG ist gegen solche Berufungsvorentscheidungen als Rechtsbehelf der zweiten Stufe (Art243 Abs2 litb ZK) die Beschwerde an den örtlich und sachlich zuständigen Berufungssenat (§85d Abs5 ZollR-DG) zulässig.
b) In organisatorischer Hinsicht wird gemäß §85d Abs1 ZollR-DG zwecks Bildung der Berufungssenate das Anwendungsgebiet in drei Regionen unterteilt: Die Region Wien umfaßt den Bereich der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland; die Region Linz umfaßt die Bereiche der Finanzlandesdirektionen für Oberösterreich, Steiermark und Kärnten; die Region Innsbruck umfaßt die Bereiche der Finanzlandesdirektionen für Salzburg, Tirol und Vorarlberg.
Bei der FLD für Wien, Niederösterreich und Burgenland in Wien, der FLD für Oberösterreich in Linz und der FLD für Tirol in Innsbruck ist für die zugehörige Region je eine Berufungskommission zu bilden.
Gemäß §85d Abs5 ZollR-DG hat der Vorsitzende der Berufungskommission aus den Mitgliedern der Berufungskommission die für die Behandlung der Beschwerden jeweils erforderliche Anzahl von Berufungssenaten zu bilden, wobei die Berufungssenate der Region Wien für die Behandlung der Beschwerden aus der Region Linz, die Berufungssenate der Region Linz für die Behandlung der Beschwerden aus der Region Innsbruck und die Berufungssenate der Region Innsbruck für die Behandlung der Beschwerden aus der Region Wien örtlich zuständig sind. Weiters enthält §85d Abs5 ZollR-DG Regelungen für die Zuständigkeitsverteilung zwischen mehreren Berufungssenaten einer Region.
c) §120 Abs1c ZollR-DG lautet auszugsweise:
"..., die §§... 85a bis 85f, ..., 120 ... in der Fassung des
BGBl. I Nr. 13/1998 treten mit 1. Jänner 1998 in Kraft. ... Die
§§85a bis 85f sind auf Sachverhalte anzuwenden, die sich nach
dem EU-Beitritt ereignet haben. Diese Bestimmungen sind auf
solche Sachverhalte nicht anzuwenden, wenn vor ihrem
Inkrafttreten eine Berufung nicht erhoben wurde oder aber eine
Berufungsvorentscheidung erlassen und ein zulässiger
Vorlageantrag (§276 Abs1 BAO) nicht gestellt wurde; das gleiche
gilt, wenn vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmungen eine
Entscheidung einer Finanzlandesdirektion oder des Bundesministers
für Finanzen nicht beim Verwaltungsgerichtshof oder
Verfassungsgerichtshof angefochten wurde ... Wurde in Fällen, in
denen die §§85a bis 85f anzuwenden sind, gegen eine Entscheidung
einer Finanzlandesdirektion oder des Bundesministers für Finanzen
Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder
Verfassungsgerichtshof erhoben, dann gilt diese als Rechtsbehelf
gemäß den §§85a oder 85c und ist an die zuständige
Rechtsbehelfsinstanz abzutreten."
3. Nach dem letzten Satz des §120 Abs1c ZollR-DG gilt die vorliegende Beschwerde, die einen nach dem EU-Beitritt Österreichs eingetretenen Sachverhalt betrifft (der Verfassungsgerichtshof teilt diesbezüglich die vom Beschwerdeführer sowie von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretene Auffassung), somit als Rechtsbehelf zweiter Stufe im Sinne des §85c ZollR-DG. Sie war daher an den zur Entscheidung zuständigen Berufungssenat (§85d Abs1 und Abs5 ZollR-DG) abzutreten (vgl. z.B. VfGH 9.6.1998 B2488/97-7).
Erst der vom Berufungssenat zu erlassende Bescheid wäre beim Verfassungsgerichtshof bekämpfbar.
4. Da für die vorliegende Abtretung der (Verfassungsgerichtshof-)Beschwerde weder nach dem ZollR-DG noch nach dem VerfGG eine Verpflichtung zum Ersatz von Kosten vorgesehen ist, waren solche - entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers im Schriftsatz vom 2. November 1998 - nicht zuzusprechen.
Schlagworte
Behördenzuständigkeit, Zollrecht, EU-Recht, VfGH / Kosten, VfGH / AbtretungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B1114.1998Dokumentnummer
JFT_10018870_98B01114_00