TE UVS Wien 1994/09/27 03/21/935/94

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Veröffentlicht am 27.09.1994
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat über die Berufung der Frau Hannelore K, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 23. Bezirk, vom 10.12.1993, Zl MBA 23 - S 1437/92, wegen Verwaltungsübertretung gemäß §99 Abs3 litd iVm §82 Abs1 der StVO 1960, BGBl Nr 159/1960 iddgF entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Die Berufungswerberin hat daher gemäß §64 Abs1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 200,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Begründung:

Das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 23. Bezirk, Zl MBA 23 - S 1437/92, vom 10.12.1993, hat folgenden Spruch:

"Sie haben als verantwortlicher Beauftragter gemäß §9 VStG der L GesellschaftmbH  zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 28.11.1991 um 10.00 Uhr in Wien, D-platz zwei Europaletten mit Transportbehältern, Leerkartons und Schachteln vor dem Haus D-platz, vor dem Geschäft, auf der Straße abgestellt, und diese somit zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs benützt hat, ohne daß die hiefür erforderliche Bewilligung vorlag.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§99 Abs3 litd in Verbindung mit §82 Abs1 der Straßenverkehrsordnung - StVO 1960, BGBl Nr 159/1960 in der derzeit geltenden Fassung.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von S 1.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden gemäß §99 Abs3 litd StVO 1960 in der derzeit geltenden Fassung.

Ferner haben Sie gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG, in der geltenden Fassung, zu zahlen:

S 100,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten) beträgt daher S 1.100,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§54 d VStG).

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung der Beschuldigten, in welcher diese im wesentlichen die Auffassung vertritt, daß eine Bewilligung für die ihr zur Last gelegte Übertretung in der Straßenverkehrsordnung nicht vorgesehen sei. Die Behörde erhebe, im Gegensatz zur ursprünglichen Tatanlastung, lediglich zum Vorwurf, daß sie um 10.00 Uhr diese Gegenstände auf der Straße abgestellt habe, nicht jedoch, daß diese dort verweilt hätten. Es sei daher von keiner Benützung im Sinne des §82 StVO die Rede. Sie selbst sei grundsätzlich für die Einhaltung der verwaltungsbehördlichen Bestimmungen verantwortlich. Ihre Verantwortung erstrecke sich aber nicht auf die Befugnisse, behördliche Bewilligungen einzuholen, weil eine solche nur von den zur Vertretung nach außen berufenen Organen beantragt werden könnten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 27.9.1994 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher ein rechtsfreundlicher Vertreter für die Beschuldigte erschien und der Zeuge B einvernommen wurde.

Der Beschuldigtenvertreter gab zunächst an:

"Meiner Auffassung nach handelt es sich um kein Abstellen im Sinne der StVO, da die Kartons lediglich bereitgestelt wurden, um dann mit einem Lastwagen abtransportiert zu werden. Bei sämtlichen L Filialen besteht die selbe Vorgangweise, nämlich daß in der Früh die Kartons vor das Geschäft gestellt werden, damit sie dann abtransportiert werden. Sie werden keineswegs auf der Straße gelagert. Soviel ich weiß, ist dies auch die erste und einzige Beschwerde, wo uns vorgeworfen wird, daß Kartons auf der Straße gelagert werden".

Herr B gab zeugenschaftlich einvernommen folgendes an:

"Zu dem Zeitpunkt meiner Kontrolle hatte ich in meinem Zuständigkeitsbereich die gegenständliche Filiale am D-platz. Ich konnte beobachten, wie 2x in der Woche dort Paletten gelagert werden und zwar bis zu 3 Paletten mit Leerkartons, Schachteln, Abfall und Retourware. Diese Paletten werden laufend von der Früh wann die Filiale aufsperrt, bis gegen 10.00 Uhr oder 11.00 Uhr vor der Filiale auf die Straße gestellt und dann von einem Lkw abgeholt. Es wurde mit der Filiale und auch mit der Zentrale selbst vor der Anzeige Kontakt aufgenommen und auch wegen dieses Abstellens eine Verwarnung ausgesprochen. Da sich aber nichts änderte wurde Anzeige erstattet. In der Zwischenzeit hat sich ebenfalls nichts geändert, das heißt daß die Kartons ect nach wie vor auf den Gehsteig gestellt werden, ohne daß eine Gebrauchsabgabenbewilligung für den öffentlichen Grund vorliegt. Der Lieferanten-Lkw mit der Frischlieferung kommt regelmäßig 2x in der Woche zwischen 10.00 und 11.00 Uhr und nimmt nach Lieferung die Kartons ect mit. Diese stehen somit von 8.00 Uhr bis zu diesem Zeitpunkt auf dem Gehsteig.

Meiner Auffassung nach würde eine Gebrauchserlaubnis sicher erteilt werden, da der Gehsteig vor der Filiale genügend breit ist.

In seinen Schlußausführungen gab der Beschuldigtenvertreter folgendes zu Protokoll:

"Nach wie vor bin ich der Auffassung, daß im gegenständlichen Fall eine Bewilligung nach der StVO nicht erforderlich ist, da die Kartons ect lediglich zum umgehenden Abtransport auf der Straße bereitgestellt waren. Des weiteren wird der Berufungswerberin lediglich das Abstellen zu einem Zeitpunkt (10.00 Uhr) vorgeworfen, nicht aber das Lagern zu einem längeren Zeitraum. Weiters ist die Berufungswerberin zwar für die Einhaltung der verwaltungsrechtlichen Bestimmungen zuständig, nicht jedoch fällt es in ihren Aufgabenbereich und ihre Zuständigkeit Bewilligungen nach der StVO einzuholen. Dies würde der Geschäftsführung obliegen."

Gemäß §82 Abs1 StVO ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, zB zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, unbeschadet von sonstigen Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen. Gemäß §99 Abs3 litd StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer Straßen ohne Bewilligung zu verkehrsfremden Zwecken (X. Abschnitt) benützt, insbesondere ohne Bewilligung eine nach §82 bewilligungspflichtige Tätigkeit oder Herstellung vornimmt oder ohne Bewilligung sportliche Veranstaltungen nach §64 abhält. Unbestritten ist, daß die im Spruch des Straferkenntnisses genannten Gegenstände (Transportbehälter, Leerkartons, Schachteln) zumindest zum Tatzeitpunkt 8.11.1991, 10.00 Uhr, vor dem Geschäft der L-Filiale in Wien, D-platz auf der Straße abgestellt waren, obwohl für diese Benützung der Straße zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, eine Bewilligung nicht vorlag. Auf Grund der schlüssigen und widerspruchsfreien Zeugenaussage des B ergibt sich, daß diese Gegenstände nicht bloß kurzfristig auf der Straße bereitgestellt waren, um umgehend von einem Lastwagen abtransportiert zu werden, sondern wurden diese vielmehr nach Aufsperren der Filiale in der Früh von ca 8.00 Uhr bis eben 10.00 Uhr auf der Straße abgestellt. Durch dieses Verhalten wurde jedoch der Tatbestand des §82 Abs1 iVm §99 Abs3 litd StVO verwirklicht, ist es doch für die Tatbestandsmäßigkeit unerheblich, ob diese Gegenstände nun auf der Straße "gelagert" wurden, oder ob diese lediglich "abgestellt" wurden, wird doch die "Benützung von Straßen" ohne eine erforderliche Bewilligung, unter Strafe gestellt. Unter eine "Benützung" fällt aber selbstverständlich nicht nur ein Lagern, sondern auch ein Abstellen von Gegenständen. Unbestritten ist weiters, daß die Berufungswerberin als verantwortliche Beauftragte gemäß §9 Abs2 VStG auch zur Einhaltung der in der Straßenverkehrsordnung normierten Verwaltungsbestimmungen verantwortlich ist. Eine Übertretung nach §99 Abs3 litd iVm §82 Abs1 StVO ist ein sogenanntes Ungehormsamsdelikt, bei dem das Gesetz das Verschulden des Täters als gegeben ansieht, aber die Glaubhaftmachung, daß den Beschuldigten kein Verschulden trifft, zuläßt (§5 Abs1 2. Satz VStG). Diesbezüglich hat der Beschuldigte selbst initiativ zu werden (vergleiche VwGH vom 11.11.1992, Zl 92/02/0188). Eine solche Initiative hat die Berufungswerberin aber nicht einmal in der mündlichen Verhandlung ergriffen. Sie hat nämlich nicht einmal behauptet, daß das in Rede stehende Abstellen der im Spruch des Straferkenntnisses genannten Gegenstände ohne ihr Wissen oder gar gegen ihren Willen erfolgt sei. Die Berufungswerberin hat weiters nicht einmal vorgebracht, geschweige denn glaubhaft machen können, daß sie ausdrücklich angeordnet hätte, die Gegenstände nicht auf der Straße abzustellen und zum Abtransport bereitzuhalten. Die Berufungswerberin wäre aber verpflichtet gewesen, alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, damit verhindert wird, daß die Gegenstände auf der Straße abgestellt werden, solange bis von der Geschäftsführung die erforderlichen Bewilligung eingeholt und auch von der Behörde erteilt wäre.

Der Berufung war daher in der Schuldfrage keine Folge zu geben und

das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse an der Hintanhaltung einer nicht bewilligten Benützung öffentlicher Verkehrsflächen zu verkehrsfremden Zwecken und weiters das Interesse an der Vermeidung von Verkehrsbeeinträchtigungen. Der Unrechtsgehalt der Tat war daher an sich beträchtlich. Das Verschulden der Berufungswerberin kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Die sich aus den vorgelegten Akten ergebende verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin wurde mildernd gewertet.

Mangels Bekanntgabe mußten die allseitigen Verhältnisse der Berufungswerberin geschätzt werden. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien geht auf Grund des Alters und der beruflichen Stellung der Berufungswerberin von einem durchschnittlichen Einkommen und von Vermögenslosigkeit aus. Sorgepflichten konnten mangels Hinweises bei der Strafbemessung keine Berücksichtigung finden.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis zu S 10.000,-- reichenden Strafsatz, ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe im Verfahren nicht hervorgekommen sind. Eine Herabsetzung der Geldstrafe kam daher nicht in Betracht. Zum Vorbringen der Berufungswerberin, es wäre nach §21 VStG vorzugehen gewesen, ist folgendes auszuführen:

Gemäß §21 Abs1 VStG kann die Behörde ohne weitere Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann dem Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Voraussetzung für ein Vorgehen nach §21 Abs1 VStG wäre somit einerseits ein geringes Verschulden der Beschuldigten, andererseits müßten die Folgen der Übertretung unbedeutend sein. Nun aber hat das Verfahren ergeben, daß das Verschulden der Berufungswerberin keinesfalls als geringfügig einzustufen ist, hat die Berufungswerberin doch überhaupt nichts vorgebracht, was sie unternommen hätte, um das strafbare Verhalten hintanzuhalten. Aber auch von unbedeutenden Folgen kann nicht gesprochen werden, kommt es doch durch das Abstellen der Kartons bzw Schachteln etc auf dem Gehsteig und auf der Straße zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung des übrigen Verkehrs, insbesondere des Fußgängerverkehrs.

Von der Verhängung einer Strafe konnte somit nicht abgesehen werden.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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