Frau S T, geb 19**, vertreten durch Hrn Mag M E, H*****gasse **, **** W***, hat
gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft W vom ***199*, Zl 3-*****-
9*, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen nach dem Arbeitsinspektionsgesetz
(ArbIG), BGBl Nr 143/1974 fristgerecht Berufung erhoben.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat durch das Mitglied Dr P
entschieden wie folgt
Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 AVG, BGBl Nr 51/1991 keine Folge
gegeben und
das erstinstanzliche Straferkenntnis in seinen Schuld-, Straf- und Kostenaussprüchen vollinhaltlich bestätigt.
Die Berufungswerberin hat gemäß § 64 Abs 1 und Abs 2 VStG, BGBl Nr 52/1991 idgF
insgesamt S 2.400,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2
Wochen zu zahlen.
Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag von S 12.000,-- und die Kosten des Strafverfahrens erster Instanz in der Höhe von S 1.200,-- zu bezahlen (§ 59 Abs 2 AVG).
Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft W vom ***199*, Zl 3-*****-9*, wurde über Frau S T in ihrer Eigenschaft als Inhaberin ihres
Gewerbebetriebes, F T, Transportunternehmen und Silotransporte in ****
M*********, wegen Unterlassung der fristgerechten Vorlage der vom Arbeitsinspektorat für den 7. Aufsichtsbezirk angeforderten Verzeichnisse über
die ausgegebenen Fahrtenbüchern von allen Lenkern - Punkt 1 des Straferkenntnisses - und der Nichtvorlage der Fahrtenbücher bzw. Fahrtenbuchdurchschläge von allen Lenkern für August 1992 - wie im Punkt 2 des
erstinstanzlichen Bescheides angelastet - und somit wegen Übertretung der Bestimmungen des § 5 Abs 2 ArbIG eine Geldstrafe in der Höhe von insgesamt S
12.000,--, 2 x S 6.000,--, im Nichteinbringungsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe
von 2 x je 120 Stunden, zusammen 240 Stunden, gemäß § 18 Abs 1 ArbIG verhängt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschuldigte durch ihren ausgewiesenen
Rechtsvertreter fristgerecht Berufung und begründete vorliegendes Rechtsmittel
einerseits damit, daß die Strafbehörde erster Instanz von einem fortgesetzten
Delikt ausgehen hätte müssen, da durch so einen angelasteten Verstoß gegen die Verwaltungsvorschriften lediglich die Kontrolle der Einhaltung der den
gesundheitlichen Schutz der Arbeitnehmer dienenden Vorschriften erschwert werde
und somit die Voraussetzungen für die Annahme eines Vorliegens des
fortgesetzten
Deliktes gegeben seien.
Die Nichtvorlage der angeführten Arbeitszeitaufzeichnungen für August 1992
stellten somit eine Fortsetzung der Nichtvorlage der Arbeitszeitaufzeichnungen
für Juli 1992 dar und sei eine neuerliche Bestrafung wegen dieses Deliktes
rechtswidrig.
Im übrigen sei es unrichtig, daß wegen der Nichtvorlage der Verzeichnisse über
die ausgegebenen Fahrtenbücher sowie der Fahrtenbücher bzw. Fahrtenbuchdurchschläge je eine Geldstrafe verhängt worden sei.
Weiters wäre die Bestrafung wegen der Nichtvorlage der Verzeichnisse gemäß § 18
ArbIG rechtswidrig und wäre die richtige Strafnorm die Bestimmung des § 28 Abs 1
AZG, welche die spezielleren Bestimmungen hinsichtlich der Nichtvorlage der
angeforderten Unterlagen aufweise, weshalb die Nichtvorlage dieser Aufzeichnungen auch ausschließlich nach dem AZG zu bestrafen sei.
Aus all diesen Gründen werde daher der Antrag auf ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Einstellung des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens gestellt, in eventu die Abänderung des Straferkenntnisses dahingehend begehrt, daß allenfalls eine Bestrafung nach § 28 Abs 1 AZG erfolge, und daß wegen der Nichtvorlage der Verzeichnisse über die ausgegebenen Fahrtenbücher sowie die Fahrtenbücher bzw. Fahrtenbuchdurchschläge nur eine Geldstrafe verhängt werde.
Im Rahmen des erteilten Parteiengehörs hat das am Verfahren mitbeteiligte
Arbeitsinspektorat nach Kenntnis des Berufungsvorbringens den gestellten
Strafantrag vollinhaltlich aufrecht gehalten und die Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses beantragt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat daher wie folgt erwogen:
Die Berufung erweist sich als nicht berechtigt.
Vorweg ist festzuhalten, daß von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen
Verhandlung gemäß der Bestimmung des § 51 e Abs 2 VStG abgesehen werden konnte.
Ferner wurde der dem Straferkenntnis der Behörde erster Instanz zugrundeliegende
Sachverhalt von der Rechtsmittelwerberin der Richtigkeit nach nicht bestritten.
I
Die Ausführungen der Einschreiterin, im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren wären die Voraussetzungen für das Vorliegen eines
fortgesetzten Delikes gegeben, sind rechtsirrig.
Die einzelnen Übertretungen wegen Nichtvorlage des Verzeichnisses über die
ausgegebenen Fahrtenbücher sowie wegen Nichtvorlage der Fahrtenbücher bzw dieser Durchschläge, stellen kein fortgesetztes Delikt dar.
Unter einem fortgesetzten Delikt versteht man eine Reihe von gesetzwidrigen
Einzelhandlungen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform, sowie der
äußeren Begleitumstände im Rahmen eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges
sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit
zusammentreten (vgl VwGH vom 19.5.1980 Slg 10.138A verstärkter Senat uva).
Das bedeutet, daß eine Mehrheit von an sich selbständigen, nacheinander
gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Deliktes
erfüllt, durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden sein
muß und dann rechtlich als ein einziges Delikt zu behandeln ist. Alle Teilakte
der Handlungsreihe stellen somit rechtlich nur eine einzige Handlung
dar (VwGH 5.7.1982, 3593/80).
So sich die Einschreiterin darauf beruft, daß wegen der Nichtvorlage dieser
Aufzeichnungen für andere Monate des Jahres 1992 sowie für Jänner 1993
Verwaltungsstrafverfahren anhängig seien und darauf basierend argumentiert, daß
somit ein fortgesetzes Delikt anzunehmen ist, ist sie darauf hinzuweisen, daß
die schriftlichen Aufforderungen des Arbeitsinspektorates, die Aufzeichnungen
für einen bestimmten Zeitraum vorzulegen, den Fortsetzungszusammenhang auf jeden
Fall unterbrechen, da die hinsichtlich jeder gesonderten Aufforderung folgende
Nichtentsprechung einen speziellen Willens- und Tatentschluß der Arbeitgeberin
hervorrufen mußte und es somit an dem für die Annahme des Vorliegens eines
fortgesetzten Deliktes notwendigen einheitlichen Willensentschlusses mangelt.
Das von der Berufungswerberin zum Beweis ihres Vorbringens zitierte Erkenntnis
des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.3.1988, Zl 88/08/0087, kann vorliegendenfalls nicht zum Tragen kommen, da in diesem Erkenntnis nur die Frage
behandelt wird, ob je Arbeitnehmer eine eigene Übertretung oder aber eine
einheitliche Übertretung vorliegt, wenn einer einzigen Aufforderung, Arbeitszeitaufzeichnungen vorzulegen, nicht nachgekommen wird.
II
So die Täterin weiters vermeint, durch den Ausspruch einer Geldstrafe sowohl
wegen der Nichtvorlage der Verzeichnisse über die ausgegebenen Fahrtenbücher als
auch wegen der Nichtvorlage der Fahrtenbücher bzw. der Fahrtenbuchdurchschläge
sei eine unzulässige Doppelbestrafung erfolgt, irrt sie über den Geltungsbereich
des § 22 VStG, welche Norm vorsieht, daß, wenn jemand durch verschiedene
selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat, oder eine Tat
unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt,
die Strafen
nebeneinander zu verhängen sind.
Von unechter Idealkonkurrenz spricht man dann, wenn der Täter zwar nur eine
deliktische Handlung begangen hat, die jedoch Merkmale mehrere Deliktstypen
aufweist, wobei aber mit der Unterstellung unter einen Deliktstypus
der
Unrechtsgehalt voll erfaßt wird.
Die beiden gegenständlichen Übertretungen können nicht als einheitliches Delikt
angesehen werden, das Verzeichnis über die ausgegebenen Fahrtenbücher wird zu
einem anderen Zweck, von einer anderen Person, und zu einer anderen Zeit
erstellt als die Eintragungen in die Fahrtenbücher selbst. Hinsichtlich der Fahrtenbücher ist der Arbeitgeber zur Kontrolle verpflichtet,
während er das Verzeichnis als Beweis für die Ausgabe der Fahrtenbücher selbst
zu erstellen hat und erfolgte daher eine gesonderte Bestrafung zu
den Punkten 1
und 2 des Straferkenntnisses zurecht.
III
Die Heranziehung der Strafnorm der Bestimmung des § 18 ArbIG im vorliegenden
Fall ist zulässig.
§ 5 Abs 2 des ArbIG 1974 zählt demonstrativ die Unterlagen auf, die den
Arbeitsinspektionsorganen zur Einsicht vorgelegt werden müssen. Nach dem zweiten
Satz des § 5 Abs 2 gilt dies auch für Unterlagen, die nach Arbeitnehmerschutzvorschriften zu führen sind.
Diese Bestimmung erfaßt alle Unterlagen, die mit dem Arbeitnehmerschutz im Betrieb zusammenhängen, um es dem Arbeitsinspektor zu ermöglichen, sich
jederzeit und umfassend über das zu unterrichten, was er in Hinblick auf seine
Aufgabenstellung in einem konkreten Fall benötigt. Diese Norm beinhaltet auch
die Verpflichtung, jene Unterlagen zur Einsichtnahme freizugeben, die ansonsten
versperrt aufbewahrt werden und nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich
sind, und gilt dies auch für Papiere, die über ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis Auskunft geben können.
Bspw. besteht eine Vorlageverpflichtung der Lohn- und Gehaltslisten nicht nur
nach dieser Bestimmung des § 5 Abs 2 sondern auch nach § 26 Abs 2
AZG.
Die Strafbestimmungen hinsichtlich der Nichtbefolgung der Vorlageverpflichtung
nach § 5 Abs 2 ArbIG sind in § 18 Abs 1 legcit enthalten. Diese Norm enthält
zwei Straftatbestände, wobei zur Zuordnung zu einem dieser beiden nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die klare, unmißverständliche
und
ausreichend konkretisierte Tatumschreibung genügt.
Da im Spruch des Straferkenntnisses der Beschuldigten die Tat insoweit in
konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht worden ist, daß sie in die Lage
versetzt wurde, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren auf den konkreten
Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen,
und der Spruch geeignet ist, sie rechtlich davor zu schützen, wegen desselben
Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden, ist sowohl der
zwingenden Bestimmung des § 44 a VStG Genüge getan worden, als auch durch die Textierung und durch die Anführung der richtigen Strafbestimmung eine klar
erkennbare Zuordnung der Tat unter den in § 18 Abs. 1 ArbIG enthaltenen
Tatbestand der Vereitelung der Erfüllung der Aufgaben der Arbeitsinspektion
erfolgt ist (vgl Geppert, Arbeitsinspektion und Arbeitnehmerschutz,
Seiten 360
ff).
IV
Die seitens der Beschuldigten behauptete Spezialität des AZG gegenüber der Bestimmung des § 5 ArbIG ist nicht gegeben.
Spezialität liegt vor, wenn der eine Delikttypus zunächst alle Merkmale des
anderen enthält, darüberhinaus aber auch noch andere, durch die der Sachverhalt
in einer spezifischen Weise erfaßt wird, wodurch die beide Deliktstypen
zueinander im Verhältnis von Gattung und Art stehen. Dabei geht das spezielle
Delikt dem allgemeinen Delikt vor, letzteres wird durch ersteres verdrängt.
Der Straftatbestand des § 18 Abs 1 in Verbindung mit § 5 Abs 2 ArbIG unterscheidet sich vom Straftatbestand des § 17 Abs 2 AZG letzter Satz in Verbindung mit § 28 AZG, weshalb der Fall der Spezialität in dieser Verwaltungsstrafsache nicht zum Tragen kommen kann.
Da vorliegendenfalls von einer Vereitelung der Aufgaben der Arbeitsinspektion
ausgegangen werden muß, da der Erfolg einer Amtshandlung durch das Verhalten der Arbeitgeberin in Frage gestellt wird, kommt auch die höhere
Strafdrohung des § 18 ArbIG zum Tragen.
Der VwGH hat im Erkenntnis vom 28.1.1991, Zl 90/19/0247 einen Bescheidspruch,
der den Arbeitgeber aufgrund der Nichtvorlage der Arbeitszeitaufzeichnungen eine Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs 2 AZG vorwarf und gemäß § 18 Abs 1 ArbIG
bestrafte, als nicht rechtswidrig erkannt.
Da § 28 AZG nur dann anzuwenden ist, wenn die Tat nicht nach anderen
Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, ist die Anwendung
des § 18 Abs 1 ArbIG gesetzeskonform.
Die Beschuldigte hat im gegenständlichen Fall die angelasteten Verwaltungsübertretungen sowohl in subjektiver als auch in objektiver Hinsicht
und in der Schuldform des bedingten Vorsatzes verwirklicht, da die Täterin den
tatbildmäßigen Erfolg nicht bezweckte, sie seinen Eintritt auch nicht als gewiß
voraussah, ihn aber für möglich hielt und sich mit ihm abfand.
Das Vorliegen weiterer Schuld- bzw. Strafausschließungsgründe wurde von der Bestraften weder behauptet noch waren solche aus dem gesamten
Akteninhalt
ersichtlich.
Hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafen wurde vom Senat
entschieden wie
folgt:
Unter Zugrundelegung der in § 19 VStG normierten Strafzumessungsgründe
erscheinen die von der Strafbehörde erster Instanz im Rahmen des ihr zustehenden
Ermessens verhängten deliktsbezogenen Geldstrafen, welche im unterdurchschnittlichen Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegen, sowohl als
tat- und schuldangemessen als auch persönlichkeitsadäquat und sogar unter
Berücksichtigung unterdurchschnittlicher allseitiger finanzieller und
wirtschaftlicher Verhältnisse der Beschuldigten notwendig, der Einschreiterin
die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens klarzumachen und sie in Hinkunft von der Setzung gleichgelagerter Verhaltensweisen abzuhalten, wobei bei der Höhe der Strafzumessung zusätzlich ein generalpräventiver Zweck zu berücksichtigen war,
keine Milderungsgründe, wohl aber der Umstand des Nichtvorliegens der
Unbescholtenheit und der mehrmaligen Bestrafung aus dem Bereich des Arbeitnehmerschutzes zu werten war, und das Ausmaß der Bestrafung sowohl mit den Intentionen des Gesetzgebers als auch mit der ständigen Judikatur des
Verwaltungsgerichtshofes, der Übertretungen, die sich direkt oder auch indirekt
gegen die höchstpersönlichen Rechte der Arbeitnehmer richten, oder die Kontrolle
der Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften vereiteln oder
erschweren, einen erheblichen Unrechtsgehalt beimißt, in Einklang.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch genannten Gesetzesstellen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Berufung ein Erfolg zu versagen.