TE UVS Niederösterreich 1994/10/10 Senat-SB-93-058

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Veröffentlicht am 10.10.1994
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Spruch

Herr Mag W G. M, vertreten durch Herrn Dr C H, Rechtsanwalt in **** W***,

T********* **, hat gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom .

S******* 199*, 3-****-9*, betreffend Bestrafung wegen Übertretung gemäß §§ 7 Abs 1 lit c iVm 74 Abs 1 Lebensmittelgesetz 1975 (LMG 1975) fristgerecht

Berufung

erhoben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat durch das Mitglied

Dr. W B über

diese Berufung wie folgt entschieden:

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, insoweit Folge gegeben, als das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben wird,

die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens wird hingegen nicht verfügt.

Text

Mit dem in Anfechtung gezogenen Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft S

über Herrn Mag. W G. M gestützt auf § 74 Abs 1 LMG 1975 eine Geldstrafe in Höhe

von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt und überdies die Verpflichtung zur Tragung der Verfahrenskosten in Höhe von S 500,-- (§ 64 Abs 2 VStG) und der Untersuchungskosten in Höhe von S 1.219,-- (§ 45 Abs 2 LMG 1975)

ausgesprochen. Angelastet wurde der Umstand, daß es Herr Mag W G. M als

verantwortlicher Beauftragter der Österreichischen B***-A*****************

(Unternehmenssitz L***) zu verantworten habe, daß am  M** 199* in der Brauerei

W********* Flaschenbier mit der Etikettenbezeichnung Brauerei S********,

Geburtsstätte des untergärigen Bieres, S********** Festbock zum Verkauf

bereitgehalten und somit in Verkehr gebracht worden wäre, das wegen der Angabe

Brauerei S********, S********** Festbock, als falsch bezeichnet im Sinne des § 8

lit f LMG 1975 zu beurteilen wäre, da dieses Bier entgegen der Hinweise auf der Etikette in W********* gebraut und abgefüllt worden sei.

 

Dagegen richtet sich die Berufung des Beschuldigten mit dem Vorbringen, daß die Bezeichnung S********** eine Marke sei. Die Eintragung dieser Marke in das Österreichische Markenregister unter Erbringung eines Verkehrsgeltungsnachweises

besage zwingend, daß die ursprüngliche Herkunftsangabe S********** entlokalisiert wurde und als Phantasiebezeichnung gelte. Der Gebrauch einer Markenbezeichnung könne aber keine Falschbezeichnung bewirken, soferne das so

bezeichnete Produkt mit Zustimmung des Markeninhabers und nach der von ihm

vorgegebenen Rezeptur erzeugt werde. Dies treffe im vorliegenden Fall zu.

 

Weiters sei nicht jede zur Irreführung geeignete Angabe als Falschbezeichnung zu

qualifizieren, sondern nur solche Angaben, die nach der Verkehrsauffassung

wesentliche Umstände betreffen. Es wäre daher rechtsirrig, Falschbezeichnung

stets dann anzunehmen, wenn eine Bezeichnung mit einem äußeren Sachverhalt nicht

übereinstimme. Eine zur Irreführung geeignete Angabe liege unter Berücksichtigung der Judikatur nur dann vor, wenn die Bezeichnung gegenüber der Wirklichkeit eine bessere Beschaffenheit vortäusche. Im vorliegenden Fall habe

der Verbraucher jedoch genau das bekommen, was er erwarte und worauf er aufgrund

der Bezeichnung Anspruch habe, nämlich ein Markenerzeugnis der Brauerei

S********, und zwar einen nach der Originalrezeptur gebrauten S**********

Festbock. Die Annahme einer Falschbezeichnung würde voraussetzen, daß der Verbraucher etwas schlechteres als das von ihm erwartete Erzeugnis erhalten

habe. Dies sei jedoch auszuschließen. Dem angefochtenen Bescheid könne nicht im

entferntesten entnommen werden, inwieweit der in Rede stehende S**********

Festbock von einem Bier derselben Marke, welches in S********

gebraut wurde,

abweiche.

 

Beantragt wurde die Behebung des angefochtenen Bescheides, sowie die Einstellung

des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Ohne auf das Berufungsvorbringen näher einzugehen ist grundsätzlich folgendes

festzustellen:

 

Gemäß § 27 Abs 1 VStG ist jene Behörde örtlich zur Strafverfolgung zuständig, in

deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Gemäß § 2 Abs 2 legcit ist als Tatort jener Ort anzunehmen, an dem der Täter

gehandelt hat oder hätte handeln sollen, oder wo der zum Tatbestand

gehörende

Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

Im gegenständlichen Fall ist der Berufungswerber gemäß § 9 Abs 2 VStG

verantwortlicher Beauftragter der Österreichischen

B***-A*****************, die

ihren Sitz in **** L***, P*********straße **, hat.

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ ist bei Filialen

bzw. einzelnen Produktionsstätten gegliederten Unternehmungen als Tatort

grundsätzlich der Ort des Unternehmenssitzes anzusehen. Für den Bereich des VStG

kommt es nämlich in Sachen, die sich auf dem Betrieb einer Unternehmung beziehen

(und dies trifft auch in Filialen bzw. Produktionsstätten gegliederte

Unternehmungen zu), für die örtliche Zuständigkeit der einschreitenden

Strafbehörden grundsätzlich nicht auf den Ort an, an dem das Unternehmen

betrieben wird (also insbesondere nicht auf den Ort des Filialbetriebes bzw. der Produktionsstätte); vielmehr ist gemäß § 27 Abs 1 VStG örtlich die Behörde

zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist,

auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel

eingetreten ist (vgl VwGH 3.5.1993, 93/18/0070 ua). Somit ist als Tatort der Unternehmenssitz (L***) anzusehen. Wenngleich sich das zitierte Judikat auf eine Übertretung der allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung bezieht, gibt es nach

Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ keinen Grund, diese

Rechtsansicht nicht auch für den Bereich des Lebensmittelrechtes anzuwenden.

 

Wenngleich im gegenständlichen Fall die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung

nicht bei einem Vorstandsmitglied der Österreichischen B***-A*****************,

sondern bei einem verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 VStG liegt, so

ändert dieser Umstand an der Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit insoferne

nichts, als der Berufungswerber nicht bloß verantwortlicher Beauftragter für den

örtlichen Bereich der Brauerei W********* mit Dienstort W********* ist, sondern

laut Bestellungsurkunde die Verantwortung hinsichtlich der Flaschenetikettengestaltung für alle Biermarken der Österreichischen B***-

A***************** trägt. Mangels gegenteiliger Hinweise ist somit auch

offensichtlich L*** grundsätzlicher Dienstort des Berufungswerbers.

 

Es ist daher davon auszugehen, daß die Bezirkshauptmannschaft S zur Erlassung

des angefochtenen Straferkenntnisses örtlich unzuständig war,

weshalb

spruchgemäß entschieden werden mußte.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51

VStG abgesehen werden, da bereits aus der Aktenlage die Notwendigkeit der Bescheidbehebung zu ersehen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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