Herr Mag W G. M, vertreten durch Herrn Dr C H, Rechtsanwalt in **** W***,
T********* **, hat gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom .
S******* 199*, 3-****-9*, betreffend Bestrafung wegen Übertretung gemäß §§ 7 Abs 1 lit c iVm 74 Abs 1 Lebensmittelgesetz 1975 (LMG 1975) fristgerecht
Berufung
erhoben.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat durch das Mitglied
Dr. W B über
diese Berufung wie folgt entschieden:
Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, insoweit Folge gegeben, als das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben wird,
die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens wird hingegen nicht verfügt.
Mit dem in Anfechtung gezogenen Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft S
über Herrn Mag. W G. M gestützt auf § 74 Abs 1 LMG 1975 eine Geldstrafe in Höhe
von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt und überdies die Verpflichtung zur Tragung der Verfahrenskosten in Höhe von S 500,-- (§ 64 Abs 2 VStG) und der Untersuchungskosten in Höhe von S 1.219,-- (§ 45 Abs 2 LMG 1975)
ausgesprochen. Angelastet wurde der Umstand, daß es Herr Mag W G. M als
verantwortlicher Beauftragter der Österreichischen B***-A*****************
(Unternehmenssitz L***) zu verantworten habe, daß am M** 199* in der Brauerei
W********* Flaschenbier mit der Etikettenbezeichnung Brauerei S********,
Geburtsstätte des untergärigen Bieres, S********** Festbock zum Verkauf
bereitgehalten und somit in Verkehr gebracht worden wäre, das wegen der Angabe
Brauerei S********, S********** Festbock, als falsch bezeichnet im Sinne des § 8
lit f LMG 1975 zu beurteilen wäre, da dieses Bier entgegen der Hinweise auf der Etikette in W********* gebraut und abgefüllt worden sei.
Dagegen richtet sich die Berufung des Beschuldigten mit dem Vorbringen, daß die Bezeichnung S********** eine Marke sei. Die Eintragung dieser Marke in das Österreichische Markenregister unter Erbringung eines Verkehrsgeltungsnachweises
besage zwingend, daß die ursprüngliche Herkunftsangabe S********** entlokalisiert wurde und als Phantasiebezeichnung gelte. Der Gebrauch einer Markenbezeichnung könne aber keine Falschbezeichnung bewirken, soferne das so
bezeichnete Produkt mit Zustimmung des Markeninhabers und nach der von ihm
vorgegebenen Rezeptur erzeugt werde. Dies treffe im vorliegenden Fall zu.
Weiters sei nicht jede zur Irreführung geeignete Angabe als Falschbezeichnung zu
qualifizieren, sondern nur solche Angaben, die nach der Verkehrsauffassung
wesentliche Umstände betreffen. Es wäre daher rechtsirrig, Falschbezeichnung
stets dann anzunehmen, wenn eine Bezeichnung mit einem äußeren Sachverhalt nicht
übereinstimme. Eine zur Irreführung geeignete Angabe liege unter Berücksichtigung der Judikatur nur dann vor, wenn die Bezeichnung gegenüber der Wirklichkeit eine bessere Beschaffenheit vortäusche. Im vorliegenden Fall habe
der Verbraucher jedoch genau das bekommen, was er erwarte und worauf er aufgrund
der Bezeichnung Anspruch habe, nämlich ein Markenerzeugnis der Brauerei
S********, und zwar einen nach der Originalrezeptur gebrauten S**********
Festbock. Die Annahme einer Falschbezeichnung würde voraussetzen, daß der Verbraucher etwas schlechteres als das von ihm erwartete Erzeugnis erhalten
habe. Dies sei jedoch auszuschließen. Dem angefochtenen Bescheid könne nicht im
entferntesten entnommen werden, inwieweit der in Rede stehende S**********
Festbock von einem Bier derselben Marke, welches in S********
gebraut wurde,
abweiche.
Beantragt wurde die Behebung des angefochtenen Bescheides, sowie die Einstellung
des Verwaltungsstrafverfahrens.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:
Ohne auf das Berufungsvorbringen näher einzugehen ist grundsätzlich folgendes
festzustellen:
Gemäß § 27 Abs 1 VStG ist jene Behörde örtlich zur Strafverfolgung zuständig, in
deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.
Gemäß § 2 Abs 2 legcit ist als Tatort jener Ort anzunehmen, an dem der Täter
gehandelt hat oder hätte handeln sollen, oder wo der zum Tatbestand
gehörende
Erfolg im Inland eingetreten ist.
Im gegenständlichen Fall ist der Berufungswerber gemäß § 9 Abs 2 VStG
verantwortlicher Beauftragter der Österreichischen
B***-A*****************, die
ihren Sitz in **** L***, P*********straße **, hat.
Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ ist bei Filialen
bzw. einzelnen Produktionsstätten gegliederten Unternehmungen als Tatort
grundsätzlich der Ort des Unternehmenssitzes anzusehen. Für den Bereich des VStG
kommt es nämlich in Sachen, die sich auf dem Betrieb einer Unternehmung beziehen
(und dies trifft auch in Filialen bzw. Produktionsstätten gegliederte
Unternehmungen zu), für die örtliche Zuständigkeit der einschreitenden
Strafbehörden grundsätzlich nicht auf den Ort an, an dem das Unternehmen
betrieben wird (also insbesondere nicht auf den Ort des Filialbetriebes bzw. der Produktionsstätte); vielmehr ist gemäß § 27 Abs 1 VStG örtlich die Behörde
zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist,
auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel
eingetreten ist (vgl VwGH 3.5.1993, 93/18/0070 ua). Somit ist als Tatort der Unternehmenssitz (L***) anzusehen. Wenngleich sich das zitierte Judikat auf eine Übertretung der allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung bezieht, gibt es nach
Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ keinen Grund, diese
Rechtsansicht nicht auch für den Bereich des Lebensmittelrechtes anzuwenden.
Wenngleich im gegenständlichen Fall die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung
nicht bei einem Vorstandsmitglied der Österreichischen B***-A*****************,
sondern bei einem verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 VStG liegt, so
ändert dieser Umstand an der Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit insoferne
nichts, als der Berufungswerber nicht bloß verantwortlicher Beauftragter für den
örtlichen Bereich der Brauerei W********* mit Dienstort W********* ist, sondern
laut Bestellungsurkunde die Verantwortung hinsichtlich der Flaschenetikettengestaltung für alle Biermarken der Österreichischen B***-
A***************** trägt. Mangels gegenteiliger Hinweise ist somit auch
offensichtlich L*** grundsätzlicher Dienstort des Berufungswerbers.
Es ist daher davon auszugehen, daß die Bezirkshauptmannschaft S zur Erlassung
des angefochtenen Straferkenntnisses örtlich unzuständig war,
weshalb
spruchgemäß entschieden werden mußte.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51
VStG abgesehen werden, da bereits aus der Aktenlage die Notwendigkeit der Bescheidbehebung zu ersehen war.