TE UVS Niederösterreich 1994/10/10 Senat-NK-93-485

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Veröffentlicht am 10.10.1994
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Spruch

Herr R G, vertreten durch Dr. K L, Rechtsanwalt in **** N**********, T*******

Straße **, hat gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft N vom **

S******** 199*, Zl 3-****-9*, betreffend Bestrafung nach dem Kraftfahrgesetz

1967 - KFG, fristgerecht Berufung erhoben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat durch

das Mitglied

Mag K über diese Berufung wie folgt entschieden

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen

Verwaltungsverfahrensgesetzes

1991, BGBl Nr 51 - AVG, keine Folge gegeben. Der Spruch des erst erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird jedoch insofern ergänzt, als der Übertretungsnorm § 103 Abs 1 Ziff 1 KFG nachfolgendes angefügt wird in Verbindung mit § 101 Abs 1 lit a KFG.

 

Der Berufungswerber hat gemäß § 64 Abs 1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes

1991, BGBl Nr 52 - VStG, S 600,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen zwei Wochen zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens

erster Instanz zu bezahlen (§ 59 Abs 2 AVG).

Text

Mit dem Straferkenntnis vom ** S******** 199*, Zl 3-****-9*, erkannte die Bezirkshauptmannschaft N den Rechtsmittelwerber für schuldig, als nach außen zur Vertretung berufenes Organ der Firma S P und Co, dem Zulassungsbesitzer, in

G********, W***** Straße ***, dem dauernden Standort des Fahrzeuges, nicht dafür

gesorgt zu haben, daß der LKW mit dem behördlichen Kennzeichen N ***.***, am **

J*** 199*, um *** Uhr, auf der B*****straße **, nächst dem Straßenkilometer

**,*, im Gemeindegebiet von S**********, in Fahrtrichtung

S**********,

ordnungsgemäß beladen war.

 

Das von E M gelenkte Fahrzeug hat nämlich zu diesem Zeitpunkt nicht den § 101 Abs 1 lit a KFG entsprochen, da durch die Beladung des Fahrzeuges das

höchstzulässige Gesamtgewicht überschritten worden ist.

 

Gemäß § 134 Abs 1 KFG verhängte die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz

deswegen eine Geldstrafe in Höhe von S 3.000,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe

von 72 Stunden.

 

Den Beitrag für die Kosten des Strafverfahrens erster Instanz setzte

die Behörde

gemäß § 64 Abs 2 VStG in Höhe von S 300,-- fest.

 

Dagegen erhob der Beschuldigte fristgerecht Berufung.

 

Als Berufungsgründe wendet der Rechtsmittelwerber ein, er habe mit den LKWLenker

seines Unternehmens eine Betriebsvereinbarung geschlossen, wonach die Lenker

bestätigen, die Verantwortung für Überladungen zu übernehmen.

 

Außerdem habe er wiederholt mündlich und in gewissen Abständen auch schriftlich,

die Lenker auf ihre Verpflichtung zur Einhaltung der Bestimmungen

des KFG

aufmerksam gemacht.

 

Im übrigen wäre es ihm nicht möglich weder beim Be- noch beim

Entladen jedes

seiner Fahrzeuge dabeizusein.

 

Ferner handle es sich bei dem gegenständlichen Lenker um einen verläßlichen,

gewissenhaften Mitarbeiter von dem er erwarten könne, daß sich

dieser seinen

Belehrungen gemäß verhalte.

 

Zum Beweis seines Vorbringens ersuche er um die Einvernahme des Zeugen E M und

beantrage den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, daß das Strafverfahren eingestellt werde, in eventu die Strafhöhe schuldund

tatangemessen herabzusetzen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat dazu

rechtlich

erwogen:

 

Das Berufungsvorbringen des Beschuldigten ist ausschließlich auf eine unrichtige

rechtliche Beurteilung im Zusammenhang mit der Verantwortlichkeit des

Beschuldigten für die nachgewiesene Überladung eines seiner Fahrzeuge gerichtet.

Mangels ausdrücklichen Antrages auf Durchführung einer öffentlich mündlichen

Verhandlung konnte daher gemäß § 51 e Abs 2 VStG von der Anberaumung einer

öffentlich mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

 

Gemäß § 103 Abs 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung den Vorschriften

dieses Bundesgesetzes und den, aufgrund dieses Bundesgesetzes

erlassenen

Verordnungen entspricht.

 

Eine dieser Vorschriften des KFG ist im § 101 Abs 1 lit a KFG normiert. Dort

heißt es, die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern ist unbeschadet der Bestimmungen der Abs 2 und 5 nur zulässig, wenn das höchste zulässige

Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten sowie die Summe der höchsten

zulässigen Gesamtgewichte eines Fahrzeuges mit Anhänger durch die Beladung nicht

überschritten werden.

 

Diese gesetzlich aufgetragene Sorgfaltspflicht kann laut herrschender Judikatur

nicht schlichtweg delegiert werden (VwGH 15. November 1976, ZvR 1977/293).

 

Gemäß § 9 Abs 2 und Abs 3 VStG ist die zur Verantwortung nach außen berufene

Person berechtigt, einen verantwortlichen Beauftragten zu bestellen,

der seine

Pflicht gemäß § 101 Abs 1 lit a KFG wahrnimmt.

 

Hiezu bedarf es entsprechend dem § 9 Abs 4 VStG bestimmter formeller Voraussetzungen. Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit dem Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann und diese ihrer

Bestellung nachweislich zugestimmt hat, wobei der für den ihrer Verantwortung

unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende

Anordnungsbefugnis

zuzuweisen ist.

 

Zum Beweis dessen, daß die Verantwortung hinsichtlich der eigenen Beladungsvorgänge auf den jeweiligen Lenker übertragen worden ist, legte der Beschuldigte eine Betriebsvereinbarung vom 5. April 1993 vor.

 

Die da lautet:

 

G********                            G********, am **199*

 

Betr.: Betriebsvereinbarung

 

Herr E M, geb. **** 19**, wohnhaft in St E*****, S********str **, nimmt zur Kenntnis, daß er für etwaige Mehrtonagen an der Ladung selbst

verantwortlich

ist.

 

E M e.h.

 

Vorliegende Betriebsanweisung ist keine rechtswirksame Bestellung zum

verantwortlich Beauftragten.

 

Wesensmerkmal einer Bestellung zum verantwortlich Beauftragten ist die

Übertragung entsprechender Anordnungsbefugnisse. Wie oben vollinhaltlich

wiedergegebenen Betriebsvereinbarung zu entnehmen ist, obliegt dem vermeintlichen Verantwortlichen keinerlei Anordnungsbefugnisse im Unternehmen.

 

Mit der hier vorgelegten Betriebsvereinbarung soll letztlich nur die strafrechtliche Verantwortung für Mehrtonagen, die vom Lenker herbeigeführt

worden sind, übertragen werden.

Eine derartige Übertragungsmöglichkeit sieht jedoch der Gesetzgeber

nicht vor.

 

Zumal aus vorgenannten Erwägungen die vorgelegte Betriebsvereinbarung keine

Bestellung von E M zum verantwortlichen Beauftragten darstellt,

haftet der zur Vertretung nach außen Berufene wie bisher.

 

Des weiteren handelt es sich bei der vorgelegten Betriebsanweisung keinesfalls

um die Erteilung einer schriftlichen Dienstanweisung, die Kraftfahrer mögen die Bestimmungen des KFG einhalten.

 

Aus dem dreizeiligen Schreiben ergibt sich vielmehr, daß sich das nach außen

berufene Organ der Firma Bauunternehmen S P mit der Unterfertigung dieses

Schreibens durch E M seiner vom Gesetz aufgetragenen Verpflichtung zur

Einhaltung der Beladungsvorschriften zu entziehen suchte, indem er

die

Verantwortung dem Lenker zu übertragen versucht.

 

Keinesfalls ist damit der Auftrag verbunden, gesetzmäßig bei der Beladung der LKWs vorzugehen.

 

Resümierend hat daher das nach außen berufene Organ der Firma S P und Co seine

Verpflichtung gemäß § 103 Abs 1 KFG nicht rechtswirksam an einen verantwortlichen Beauftragten übertragen und zudem keine Dienstanweisung

getroffen, die geeignet wäre, ihn der Verpflichtung gemäß § 103 Abs 1 KFG zu

exkulpieren.

 

Vielmehr hat sich der Rechtsmittelwerber schuldig gemacht, als Verantwortlicher

des Zulassungsbesitzers keine entsprechenden Kontroll- und Überwachungstätigkeiten durchgeführt zu haben, um eben Überladungen im Sinne der Anschuldigung zu verhindern.

 

Zur subjektiven Tatseite ist weiters festzustellen, dem Beschuldigten ist, als

einen mit den natürlichen Werten verbundenen Menschen, trotz seines Unvermögens

bei allen Beladungsvorgängen von LKWs persönlich dabei zu sein,

zumutbar, daß er

seine Kontroll- und Überwachungspflicht nachkommt.

 

In Kenntnis der geltenden Rechtslage hat dieser daher durch das Fehlen einer

entsprechenden Handhabe eine Überladung ernstlich für möglich müssen und somit

auch subjektiv die angeschuldigte Tat zu verantworten.

 

Von der Durchführung der beantragten Vernehmung konnte Abstand genommen werden,

da zum einen der Inhalt der Betriebsvereinbarung nicht zweifelhaft war und zum

anderen das Beweisthema nicht geeignet die Schuldlosigkeit des Rechtsmittelwerbers darzutun.

 

Zu der Strafbemessung im Sinne des § 19 VStG hat die erkennende Behörde

befunden:

 

Der 33jährige, ledige Beschuldigte hat keine Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen vorgenommen. Der Strafbemessung werden daher unterdurchschnittliche Einkommensverhältnisse, dh ein monatliches Nettoeinkommen

von unter S **000,-- und kein Vermögen zugrunde gelegt.

 

Der Berufungswerber ist seiner gesetzliche auferlegten Pflicht gemäß § 103 Abs 1

Ziff 1 KFG in Verbindung mit § 101 Abs 1 lit a KFG nicht nachgekommen.

Er hat damit in Kauf genommen, daß durch die Überladung des Fahrzeuges eine

erhöhte Gefährdung der Straßenbenützer durch das geänderte Bremsverhalten des Fahrzeuges und damit ein überhöhtes Unfallsrisiko besteht.

 

Darüber hinaus wird durch das Überladen eines Fahrzeuges eine ungleich höhere

Belastung der Wege herbeigeführt, sodaß letztlich die Allgemeinheit dadurch zu

Schaden kommt, als diese einerseits schlechte Straßen vorfindet - rasches

Entstehen von Fahrrinnen mit einer damit verbundenen erhöhten Aquaplaninggefahr

bei Regen - und andererseits durch die in kürzeren Abständen erforderliche

Sanierung der Straßen vermehrt zu Abgabenleistungen herangezogen wird.

 

Es ist daher geboten in aller Strenge derartige Vergehen zu ahnden.

 

Das Verschulden des Rechtsmittelwerbers ist in Ansehung dessen, daß dieser

offensichtlich über die geltende Rechtslage sehr gut informiert ist und dennoch

keine glaubwürdigen Maßnahmen zur Verhinderung der Überladung

getroffen hat, als

schwerwiegend zu beurteilen.

 

Außerdem lassen die laufenden Wiederholungen des Deliktes darauf schließen, daß

die bisher ausgesprochenen Strafaussprüche nicht geeignet waren, den Beschuldigten von der Begehung dieser Straftat abzuhalten und entsprechende

Vorkehrungen zu treffen.

 

Wenn der Berufungswerber sein Verschulden dadurch zu entkräften versucht, daß er

behauptet, den Kraftfahrern mittels mündlicher Anweisung die Einhaltung der

einschlägigen Vorschriften aufgetragen zu haben, so verkennt der Beschuldigte,

daß dieser Äußerung keine Glaubwürdigkeit beizumessen ist.

 

Arbeiter und Angestellte des Betriebes stehen in einem Arbeitsverhältnis zu der

von ihm vertretenen Firma und haben als solche den Anordnungen ihres Arbeitgebers Folge zu leisten.

 

Es ist daher aus den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht damit zu rechnen,

daß diese durch Nichtbefolgung von Weisungen seitens des Arbeitgebers den Verlust des Arbeitsplatzes riskieren, ohne persönliche Vorteile zu gewinnen.

 

Vielmehr liegt der Verdacht nahe, daß das Gewinnstreben des Arbeitgebers

derartige Übertretungen direkt oder indirekt fördert.

 

Eine Vorstrafenabfrage durch die Bezirkshauptmannschaft N ergab, daß der

Beschuldigte vielfach verwaltungsstrafbehördlich vorbestraft ist.

Einschlägige rechtskräftige Vormerkungen liegen zu

Zl 3-****-9* vom ** A**** 199*; Zl 3-*****-9* vom  F**** 199*; Zl

3-****-9* vom

F***** 199*; Zl 3-****-9* vom  F***** 199*; Zl 3-****-9* vom  F*****

199*;

Zl 3-****-9* vom  A*** 199*; Zl 3-****-9* vom  A*** 199* und Zl

3-*****-9* vom

**. D******* 199* auf.

 

Als mildernd war bei der Strafbemessung folglich kein Umstand als erschwerend

demgegenüber acht einschlägige Vorstrafen zu werten.

 

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Strafzumessungsgründe ist die von der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz festgesetzte Geldstrafe bei einem

Strafrahmen gemäß § 134 Abs 1 KFG von bis zu S 30.000,-- gerade noch als schuld- und tatangemessen anzusehen, um den Täter und Dritte zukünftig von

der Begehung

dieser Straftat abzuhalten.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 64 Abs 2 VStG, wonach als Beitrag zu

den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Geldstrafe

obligatorisch

festzusetzen sind.

 

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Eine Ergänzung der rechtlichen Beurteilung im Spruch des Straferkenntnisses war

im Sinne der herrschenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorzunehmen.

 

Hienach ist die Bestimmung des § 103 Abs 1 Ziff 1 KFG alleine keine verletzte

Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44 a Ziff 2 VStG; es ist vielmehr

erforderlich, im Spruch eines Straferkenntnisses anzuführen, welche bestimmte

Vorschrift des KFG oder einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen

im Einzelfall verletzt wurde (VwGH vom 22. Jänner 1988, 87/18/0057).

 

Zumal aufgrund der im Spruch des Straferkenntnisses und in sämtlichen

Verfolgungshandlungen Tatumschreibung eine rechtsgültige, umfassende Verfolgungshandlung vorliegt, war im Sinne des § 66 Abs 4 letzter Satz AVG eine Abänderung des angefochtenen Bescheides zulässig.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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