TE UVS Tirol 1994/10/13 2/26-9/1994

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Veröffentlicht am 13.10.1994
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Spruch

Gemäß §66 Abs4 iVm §§67a und 67d Abs1 AVG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Firma G GmbH, I, gemäß §87 Abs1 Z2 iVm §13 Abs3 Gewerbeordnung 1994 die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 16.3.1990, idF der Bescheide vom 22.1.1991, vom 10.11.1992 und vom 14.4.1993 erteilte Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes im Fernverkehr mit 5 Lastkraftwagen mit dem Standort in I entzogen. Die Entziehung der Gewerbeberechtigung erfolgte im Hinblick darauf, daß mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 17.11.1993, der gegen das Vermögen der G GmbH gerichtete Antrag auf Konkurseröffnung, mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde.

 

In der Bescheidbegründung führte die Erstbehörde aus, daß von der Entziehung der Gewerbeberechtigung abgesehen werden kann, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist, jedoch schriftliche Unterlagen darüber benötigt würden, welche den Nachweis des Gläubigerinteresses darlegen würde. Von Seiten der G GmbH sei jedoch keine Mitteilung über den Gesamtschuldenstand, die letzte Bilanz und Ratenvereinbarung mit sämtlichen Gläubigern anher vorgelegt worden, sodaß nicht angenommen werden könne, daß die Gewerbeausübung im Gläubigerinteresse gelegen sei.

 

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In der Begründung wird ausgeführt, daß mit dem Hauptgläubiger,der Bank, eine Ratenvereinbarung getroffen worden sei. Auch werde die Krankenkasse bis zum 15.7.1994 komplett bezahlt. Ansonsten würden nur die laufenden Verbindlichkeiten bestehen.

 

Darüber hinaus wird ausgeführt, daß die Konzession benötigt werde, um Gläubigern nicht zu schaden. Der Schaden würde sich bei einem Entzug sehr vergrößern, da sämtliche Fahrzeugleasingverträge aufgelöst werden und die Fahrzeuge bei der jetzigen schlechten Marktlage im Fahrzeughandel wiet unter ihrem Buchwert verkauft werden müßten. Damit würden die Leasinggesellschaften einen großen Schaden erleiden. Um die Berufungsfrist nicht zu versäumen und da man die Unterlagen vom Buchhalter erst erhalte, könnten noch keine Unterlagen beigelegt werden. Diese würden jedoch umgehendst nachgebracht.

 

Aufgrund dieser Berufung wurde am 13.10.1994 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Geschäftsführer der G GmbH trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist. Beweis aufgenommen wurde durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt sowie in den Akt des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 17.11.1993 wurde der gegen die Firma G GmbH, I, gerichtete Antrag

auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen. Mit Schreiben vom 15.12.1993 ersuchte die Krankenkasse unter Hinweis auf Zahlungsverzug bei Sozialversicherungsbeiträgen dringend um den Entzug der Gewerbeberechtigung. Hiebei wurde seitens der Krankenkasse ausgeführt, daß die Weiterführung des Betriebes ein Anwachsen des Beitragsrückstandes und somit eine wesentliche Schädigung der Interessen der Krankenkasse als Gläubigerin bewirke.

 

In der Folge teilte die Erstbehörde der Berufungswerberin mit Schreiben vom9.2.1994 mit, daß ein Verfahren zum Zwecke der Überprüfung des Entzuges der erteilten Gewerbeberechtigung eingeleitet werde. Gleichzeitig wurde der Berufungswerberin eine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

 

Seitens der Berufungswerberin wurde darauf mit einem Schreiben vom 9.2.1994 Bezug genommen und ausgeführt, daß von einer konzessionellen Ausgleichsvermittlungskanzlei mit den Gläubigern über eine Abschlagszahlung verhandelt werde. Für die teilweise Befriedigung der Gläubiger würde die Gewerbeberechtigung benötigt werden. Weiters seien finanzielle Unterstützungen zugesagt worden, welche über spätere Einnahmen rückgeführt werden müßten. Es sei von einer Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen, da durch die Gewerbeausübung vorwiegen im Interesse der Gläubiger Kapital erarbeitet werden könne und dieses zur Abdeckung der Schulden verwendet werden würde.

 

Mit Schreiben vom 14.3.1994 forderte die Erstbehörde die Berufungswerberin auf, daß nachfolgende Unterlagen benötigt werden würden:

 

-

eine Mitteilung des Gesamtschuldenstandes,

-

Ratenvereinbarungen mit sämtlichen Gläubigern,

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letzte Bilanz.

 

Hiefür wurde eine Frist von 4 Woche ab Zustellung des genannten Schreibens eingeräumt. Die Zustellung dieses Aufforderungsschreibens erfolgte am 17.3.1994 durch Hinterlegung. Das Schriftstück wurde jedoch, nachdem eine Abholung nicht erfolgt ist, an die Erstbehörde rückübermittelt.

 

In weiterer Folge sprach die Erstbehörde mit dem eingangs erwähnten Bescheid die Entziehung der Gewerbeberechtigung aus.

 

Mit Schreiben vom 21.6.1994 wurde die Berufungswerberin neuerlich aufgefordert, die bereits von der Erstbehörde urgierten Unterlagen innerhalb einer Frist von 3 Wochen ab Erhalt dieses Schreibens zu übermitteln. Auch dieses Schreiben langte, ohne behoben zu werden, an die Berufungsbehörde zurück. Am 14.7.1994 erfolgte seitens der Berufungsbehörde eine telefonische Kontaktaufnahme nit dem Geschäftsführer der Berufungswerberin, wobei ihm der Inhalt des vorerwähnten Aufforderungsschreibens zur Kenntnis gebracht wurde. Herr G T teilte hiebei mit, daß er selbst viel im Fernverkehr tätig sei und ihm daher das Abholen eines hinterlegten Schriftstückes nur sehr schwer möglich sei. Weiters benannte er als Zustelladresse I. Auf diese Adresse wurde das zuvor erwähnte Aufforderungsschreiben in weiterer Folge auch tatsächlich zugestellt. Seitens der Berufungswerberin wurden jedoch bis zum Verhandlungstag keinerlei Unterlagen übermittelt.

 

Die Krankenkasse teilte der Berufungsbehörde mit einem Schreiben vom 6.9.1994 mit, daß die Berufungswerberin seit geraumer Zeit pünktlich ihren Rückzahlungsverpflichtungen nachkomme. Diese Rückzahlung werde bei weiterhin ordnungsgemäßer Bezahlung noch einige Jahre in Anspruch nehmen.

Um die Deckung der Rückzahlungen aus den Betriebserträgnissen zu ermöglichen, stehe die aufrechte Gewerbeberechtigung des Unternehmens sicherlich im Interesse aller Gläubiger. In Bezug auf die Höhe der aushaftenden Verbindlichkeiten bzw. der Ratenverpflichtungen machte die Bank trotz einer entsprechenden Fragestellung der Berufungsbehörde im Schreiben vom 1.9.1994 keine Angaben.

 

Einem EDV-Ausdruck des Bezirksgerichtes Innsbruck betreffend anhängige Exekutionen sind folgende Verfahren gegen die Berufungswerberin zu entnehmen:

 

1. Betreibende Partei: Krankenkasse wegen S 98.771,40

 

2. Betreibende Partei: L GmbH wegen S 4.416,28

 

3. Betreibende Partei: Bremsendienst wegen S 29.973,72

 

4. Betreibende Partei: Mag. J J wegen S 21.680,--

 

Dieser Ausdruck stammt vom 24.6.1994.

 

Die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol, welcher im gegenständlichen Fall ebenso wie der Tiroler Wirtschaftskammer nach Maßgabe des §361 Abs2 Gewerbeordnung 1994 ein Anhörungsrecht zukommt, nahm mit einem Schreiben vom 9.9.1994 zur Entziehung der Gewerbeberechtigung Stellung und erklärte, daß diesbezüglich kein Einwand erhoben werde. Der Vertreter der Tiroler Wirtschaftskammer äußerte im Zuge der mündlichen Verhandlung einen Vorbehalt zum beabsichtigten Entzug der Gewerbeberechtigung, wobei er auf das Schreiben der Bank, welche ebenfalls Kammermitglied sei, Bezug nahm.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich für den gegenständlichen Fall folgendes:

 

Gemäß §87 Abs1 Z2 Gewerbeordnung 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der jeweils zuständigen Gewerbebehörde zu entziehen, wenn einer der im §13 Abs3 bis 5 Gewerbeordnung 1994 angeführten Umstände, die den Ausschluß von Rechtsträgern von der Gewerbeausübung zur Folge haben, vorliegt.

 

Gemäß §13 Abs3 Gewerbeordnung 1994 sind Rechtsträger,über deren Vermögen schon einmal der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende ausgeschlossen. Dies gilt auch, wenn vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.

 

Die Behörde kann gemäß §87 Abs2 Gewerbeordnung 1994 von der in Abs1 Z1 des §87 Gewerbeordnung 1994 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegens im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

 

Gemäß §87 Abs2 Gewerbeordnung 1994 ist von der Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen, wenn aufgrund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Gewerbeberechtigten erwartrt werden kann, daß er auch den mit der Ausübung des Gewerbes verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist nicht allein entscheidungsrelevant, daß das Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Die Erfüllung dieser Tatbestandsvoraussetzungen ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen, weshalb auch allfällige Erklärungen von den Gläubigern, wegen ihrer offenen Forderungen ein Interesse an der Weiterführung des Gewerbes zu haben, noch nicht ausreichen. Dies insbesonders auch, weil auch zu berücksichtigen ist, daß die mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger eintreten zu lassen (VwGH vom 26.2.1991, Zahl 90/04/0289).

 

Bei den zu berücksichtigenden Gläubigern, deren Interesse zu wahren ist, handelt es sich um alle Gläubiger des Gewerbeinhabers und zwar ohne Unterschied, ob es sich um früher entstandene oder im Zuge der Gewerbeausübung gegenwärtig oder zukünftig neu entstehende Schuldverhältnisse handelt (VwGH vom 19.3.1991, Zahl 90/04/0208).

 

Im gegenständlichen Fall besteht ein Beitragsrückstand gegenüber der Krankenkasse in der Höhe von S 608.456,97. Aufgrund der von der Krankenkasse mit Schreiben vom 29.7.1994 und 25.8.1994 mitgeteilten Beitragsrückständen ergibt sich ein ständiges Anwachsen der gegenüber diesem Sozialversicherungsträger bestehenden Verpflichtungen. Darüber hinaus bestehen Bankverbindlichkeiten gegenüber der Bank in unbekannter Höhe und sind weiters mehrere Exekutionsverfahren anhängig.

 

Die Berufungswerberin erstattete jedoch weder ei Vorbringen noch legte sie die sowohl von der Erstbehörde als auch von der Berufungsbehörde urgierten Unterlagen vor, woraus sich ergeben würde, daß sich im Hinblick auf getroffene Gläubigervereinbarungen die wirtschaftliche Lage nunmehr so darstelle, daß sowohl eine vereinbarungsgemäße Tilgung (sämtlicher) bereits entstandener Forderungen als auch die Abdeckung der laufenden Verbindlichkeiten ausreichen gesichert wären. Damit wurde jedoch seitens der Berufungswerberin der Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht entsprochen. Diese Mitwirkungspflicht besteht insbesondere dann, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiellrechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmalen faktische Grenzen gesetzt sind, was auch für die Bestimmung des §87 Abs2 Gewerbeordnung insofern zutrifft, als die damit im Zusammenhang stehenden Feststellungen notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzen (VwGH vom 13.12.1988, Zahl 88/04/0159).

 

Im gegenständlichen Fall ergibt sich insbesondere im Hinblick auf die Höhe gegenüber der Krankenkasse bestehenden Beitragsverbindlichkeiten und Nichteinbringung von entsprechenden Unterlagen zur Darlegung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens, daß kein Grund zu Annahme besteht, daß aufgrund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage der Berufungswerberin erwartet werden kann, daß sie den mit der Ausübung des Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten aufgrund vorhandener liquider Mittel entsrechend nachkommen könne, sodaß die Tatbestandsvoraussetzungen des §87 Abs2 Gewerbeordnung als nicht erfüllt anzusehen sind.

 

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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