TE UVS Niederösterreich 1994/11/07 Senat-MI-93-473

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Veröffentlicht am 07.11.1994
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Spruch

Dr.F H hat gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft M vom **.*.199*, Zl. 3-****-9*, betreffend die Zurückweisung seines Einspruches gegen die Strafverfügung vom *.*.199* als verspätet fristgerecht Berufung erhoben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat durch das Mitglied Mag. P über diese Berufung wie folgt entschieden:

 

 

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

 

Dem Berufungswerber fallen Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht zur Last.

Text

 

Die Bezirkshauptmannschaft M bestrafte den Berufungswerber mit Strafverfügung vom *.*.199* Zl. 3-****-9* wegen Verwaltungsübertretung nach den §§ 99(3)a und 52 lit.a Z.10a StVO.

 

Gegen die Strafverfügung, welche mittels sog. "internationalen Rückscheines" als Einschreibsendung an "H F E, geb.19**, c/o F***** GmbH DT, P*** S****- Straße **/*, D-**** H****** **" versandt und durch eine Person, bei der es sich angeblich um den Vater des Adressaten handelt, am **.*.199* übernommen worden ist, erhob Dr.F H mit Schriftsatz vom **.*.199* Einspruch.

 

Der Einspruch ist seitens der Behörde als verspätet eingebracht zurückgewiesen worden und zwar mit der Begründung, die Zustellung sei mit **.*.199* bewirkt worden. Daraus ergebe sich eine Einspruchsfrist, welche mit **.*.199* geendet habe.

 

Gegen den Zurückweisungsbescheid wendet sich der Berufungswerber mit dem Argument, die Strafverfügung sei von seinem Vater H H übernommen worden und ihm selbst erst im innerdeutschen Postweg per Einschreibebrief am **.*.199* zugekommen. Die Einspruchsfrist sei daher aus seiner Sicht gewahrt worden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Aufgrund des durchgeführten, im Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft M ,Zl. 3-****-9* dokumentierten Ermittlungsverfahrens ist erwiesen, daß die gegen den Berufungswerber erlassene Strafverfügung vom *.*.199* am *.*.199* der Post zur Beförderung übergeben worden ist. Als Versendungsform ist die Einschreibesendung mittels des postalischen "C5"-Formulars, dem sog. "internationalen Rückschein" gewählt worden. Als Bedingungen für den Zustellnachweis ist hier angeführt: "Dieser Schein ist möglichst vom Empfänger, andernfalls von einer anderen gemäß den Vorschriften des Bestimmungslandes hiezu ermächtigten Person oder, wenn es diese Vorschriften anordnen, vom Beamten des Bestimmungsamtes zu unterzeichnen und mit nächster Post unmittelbar an den Absender zurückzusenden."

 

Die Zustellung erfolgte zunächst an die bereits oben angeführte Adresse in H******. Dort ist die Übernahme des Briefes mit **.*.199* von einer Person mit unleserlicher Unterschrift bestätigt worden. Es soll sich hiebei um den Vater des Berufungswerbers handeln. Dieser hat offensichtlich das Schriftstück an seinen Sohn nach B***** weitergesandt, wo es nach Angaben des Dr.F H am **.*.199* beim Postamt P********* B*** behoben worden ist.

 

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 48(2) VStG Strafverfügungen zu eigenen Handen zuzustellen sind. Aus dem Gesetzestext ergibt sich schon bei grammatikalischer Interpretation, daß die Zustellung zu eigenen Handen bei Strafverfügungen zwingend vorgeschrieben ist und kein Raum für andere Zustellformen bleibt

 

Gemäß § 21(1) ZustellG. dürfen dem Empfänger zu eigenen Handen zuzustellende Sendungen nicht an einen Ersatzempfänger zugestellt werden.

 

Unterlaufen bei einer Zustellung Mängel, so gilt sie als in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem  das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist, tatsächlich zugekommen ist (§ 7 ZustellG.)

 

Gemäß § 11(1) ZustellG. sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg , den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

 

Aus dieser Gesetzesstelle ergibt sich, daß bei Vorhandensein von internationalen Vereinbarungen diese als Zustellnorm Priorität haben und daher gemäß diesen Vereinbarungen vorzugehen ist.

 

Für Zustellungen von Schriftstücken im Verwaltungsstrafverfahren an einen Empfänger in der Bundesrepublik Deutschland sind die Bestimmungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr.526/1990 maßgeblich. Dieser Vertrag bestimmt in Art. 10, daß Schriftstücke in Verfahren nach Art.1(1) -dazu gehört auch das österreichische Verwaltungsstrafverfahrenunmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt werden. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und "Rückschein" zu versehen. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen.

 

Bei der im vorliegenden Fall gewählten Zustellungsform mit internationalem Rückschein fehlt auf dem Zustellschein jeder Hinweis auf das Erfordernis der eigenhändigen Zustellung der übermittelten Strafverfügung. Darüberhinaus läßt die Textierung auf dem Zustellschein erkennen, daß postseitig auch eine Ersatzzustellung vorgesehen ist. In der vorliegenden Form stellt der internationale Rückschein somit kein taugliches Mittel zur Zustellung von Strafverfügungen im österreichischen Verwaltungsstrafverfahren an einen ausländischen Empfänger dar. Sollte nicht sichergestellt werden können, daß mit entsprechenden Vermerken eine ausschließliche Zustellung zu eigenen Handen bewirkt werden kann, so bietet nur die Zustellung im Amtshilfeweg Gewähr, daß die zwingende Norm des § 48(2) VStG. eingehalten werden kann.

 

Im vorliegenden Fall hätte die Zustellung über das Landesverwaltungsamt B*****, F*********** Platz , B**** ** durchgeführt werden können.

 

Die am **.*.199* erfolgte Ersatzzustellung in H****** entspricht nicht dem Gesetz. Der Zustellmangel ist zwar durch die Tatsache, daß dem Berufungswerber die Strafverfügung tatsächlich zugekommen ist, geheilt, allerdings kann nicht vom **.*.199* als Zustellungsdatum ausgegangen werden. Es wird vielmehr im fortzusetzenden erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren zu prüfen sein, ob als Zustellungsdatum tatsächlich der behauptete **.*.199* in Frage kommt.

 

Der Berufung des Dr.F H war aus den genannten Gründen stattzugeben.

 

Aufgrund der stattgebenden Entscheidung fallen dem Berufungswerber die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht zur Last.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 51e Abs.2 VStG. unterbleiben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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