TE UVS Tirol 1994/11/07 20/91-5/1994

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Veröffentlicht am 07.11.1994
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Spruch

Gemäß §66 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991 (AVG) iVm §§24, 51 Abs1 und 51e Abs2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung keine Folge gegeben.

 

Gemäß §64 Abs2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind S 80,-- zu bezahlen

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 20.1.1993 von 10.17 Uhr bis 10.32 Uhr das mehrspurige Kraftfahrzeug der Marke VW-Käfer mit dem behördlichen Kennzeichen in Innsbruck, Sterzinger Straße 8, in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone geparkt, ohne daß durch Verwendung eines Parkscheines der Stadtgemeinde Innnsbruck die Kurzparkzonenabgabe entrichtet worden wäre.

 

Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach §6 Abs1 lita des Tiroler Kurzparkzonenabgabegesetzes, LGBl52/1981 idgF, iVm §§1, 3 und 5 der Innsbrucker Kurzparkzonenabgabeverordnung, Gemeinderatsbeschluß vom 26.1.1982 idgF, begangen.

 

Aufgrund dieser Übertretung wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von S 400,-- unter gleichzeitiger Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

 

Dagegen hat der Beschuldigte innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In der Begründung wird ausgeführt, daß die Verwaltungsübertretung der Abgabenverkürzung in objektiver Hinsicht begangen wurde. Es treffe den Beschuldigten jedoch kein Verschulden an der Nichtentrichtung der Kurzparkzonenabgabe. Der Parkscheinautomat in der Sterzinger Straße 8 sei zum Tatzeitpunkt defekt gewesen. Die Erstbehörde hätte, da es sich im gegenständlichen Fall um ein Erfolgsdelikt handle, den Schuldvorwurf zu konkretisieren und in sachverhaltsmäßiger Hinsicht abzustützen gehabt. Im Hinblick darauf, daß sich in der gesamten Sterzinger Straße nur ein Parkscheinautomat befinde, könne es dem Berufungswerber nicht vorgeworfen werden, wenn dieser im Falle der Funktionsuntüchtigkeit dieses Automaten die Entrichtung der Kurzparkzonenabgabe unterlasse. Dies gelte umso mehr für einen ortsunkundigen Staatsbürger.

 

Die Erstbehörde hätte feststellen müssen, wo und in welchem Abstand sich weitere Parkscheinautomaten von dem defekten in der Sterzinger Straße befinden (befanden) und ob diese allenfalls von dort eingesehen werden können (konnten). Die Erstbehörde hätte auch Feststellungen darüber treffen müssen, ob der Parkscheinautomat in der Sterzinger Straße mit einem Hinweis auf den (die) zunächst liegenden Parkscheinautomat(en) im Defektsfalle versehen ist (war).

 

Überdies sei die Abgabepflicht nicht rechtmäßig kundgemacht worden. Nach §1 Abs3 Tiroler Kurzparkzonenabgabegesetz sei auch die Abgabepflicht für das Parken in einer Kurzparkzone auf geeignete Art hinzuweisen. Eine flächendeckende (zonenweise) Kundmachung würde keine geeignete Kundmachungsweise darstellen. Die Wendung "Kurzparkzone - ganzes Gebiet" stelle nicht sicher, daß der Kurzparkzonenbereich, in welchem Abgabepflicht bestehe, sofort zweifelsfrei ausgemacht werden könne. Es werde daher ein Verordnungsprüfungsverfahren durch den unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol beim Verfassungsgerichtshof angeregt.

 

Ergänzend verwies der Berufungswerber darauf, daß für den Fall, daß die Berufungsbehörde das Vorliegen eines Verschuldens bejahen würde, dieses so gering sei, daß nach Maßgabe des §21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden könnte.

 

Aufgrund dieser Berufung wurde am 7.11.1994 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der der Berufungswerber einvernommen wurde. Weiters wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt sowie in den Akt der Berufungsbehörde, insbesondere in das Schreiben der Stadt Innsbruck, Amt für Kurzparkzonenstrafen, vom 24.8.1994 samt angeschlossenen Aktenvermerk und Planskizze.

 

Anhand dieser Skizze ergibt sich, daß es sich beim Parkscheinautomaten nahe der Sterzinger Straße 8 um jenen mit der Nummer 103 handelt. Weiters ergibt sich, daß sich der nächstgelegene Parkscheinautomat (Nr102) in der Heiliggeiststraße in der Nähe des Hauses 19 befindet. Auch ist anhand der Planskizze ersichtlich, daß sich im Bereich der Sterzinger Straße, nämlich zwischen den Häusern Nr14 und 16 ein weiterer Parkscheinautomat mit der Nr136 befindet. Das im Akt der Berufungsbehörde befindliche Foto, welches im Vordergrund den tatgegenständlichen Parkscheinautomaten zeigt, dokumentiert, daß der vor dem Haus der Firma Adambräu gelegene Parscheinautomat Nr136 bei einem entsprechenden Maß an Aufmerksamkeit gesehen werden kann. Sowohl der Parkscheinautomat 102 als auch der Parkscheinautomat 136 können mit Sicherheit vom Kreuzungspunkt der Sterzinger Straße mit der Heiliggeiststraße gesehen werden. Auf der Grundlage des dem oben erwähnten Schreiben angeschlossenen Aktenvermerks des Amtes für Kurzparkzonenstrafen ergibt sich, daß der Abstand zwischen den Parkscheinautomaten 103 und dem Parkscheinautomaten 102 ca. 80 Meter, jener zwischen den Parkscheinautomaten 103 und jenem mit der Nummer 136 ca. 150 Meter beträgt.

 

Im Hinblick auf die durch die Planskizze des Amtes für Kurzparkzonenstrafen samt Aktenvermerk sowie der im Akt der Berufungsbehörde befindlichen Lichtbilder erscheint der entscheidungsrelevante Sachverhalt hinreichend geklärt und war daher die Durchführung eines Lokalaugenscheines entbehrlich.

 

Auf der Grundlage dieses Sachverhalts war die Erstbehörde im Recht, wenn sie in Bezug auf die subjektive Tatseite von Fahrlässigkeit ausgegangen ist. Der Berufungswerber hätte sich nicht damit begnügen dürfen die (außer Streit stehende) Funktionsuntüchtigkeit des Parkscheinautomaten mit der Nummer 102 festzustellen. Vielmehr wäre er im gegenständlichen Fall - ungeachtet des Fehlens eines Hinweises auf den Standort des nächstgelegenen Parkscheinautomaten - verpflichtet gewesen, nach einem anderen Parkscheinautomaten Ausschau zu halten und dort einen Parkschein zu lösen. Dabei scheint es - auch einem ortsunkundigen - Fahrzeuglenker zumutbar, bis zu einer nahegelegenen Kreuzung zu gehen, um sich von dort aus über das Vorhandensein weiterer Parkscheinautomaten zu überzeugen. Dies gilt umso mehr, wenn sich die gebührenpflichtige Kurzparkzone wie im gegenständlichen Fall auf ein ganzes Gebiet bezieht.

 

Nach §1 Abs2 Tiroler Kurzparkzonenabgabegesetz gilt als Parken im Sinne dieses Gesetzes das Stehenlassen eines Fahrzeuges, das nicht durch die Verkehrslage oder durch sonstige wichtige Umstände erzwungen ist, für mehr als 10 Minuten oder für die Dauer einer Ladetätigkeit hinaus. Demnach wären dem Berufungswerber 10 Minuten Zeit geblieben, um ohne Gefahr einer Abgabenverkürzung die Entrichtung der Kurzparkzonenabgabe durch Betätigung eines funktionstüchtigen Parkscheinautomaten zu bewerkstelligen.

 

Darüberhinaus wäre es dem Berufungswerber zumutbar gewesen, sein Fahrzeug an einer anderen Stelle in der Nähe eines funktionstüchtigen Parkscheinautomaten zu parken.

 

Indem der Berufungswerber sein Fahrzeug im Tatortbereich beließ, ohne - nach Feststellung der Funktionsuntauglichkeit des Parkscheinautomaten 102 - die Kurzparkzonenabgabe zu entrichten, hat der Berufungswerber sorgfaltswidrig gehandelt. Er hat daher den Tatbestand der ihm zur Last gelegte Übertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Eine Kurzparkzone ist gesetzmäßig gekennzeichnet, wenn an allen für die Ein- und Ausfahrt in Frage kommenden Stellen Vorschriftszeichen nach §52 Z13d Straßenverkehrsordnung als Anzeige des Anfanges und nach §52 Z13e legcit als Anzeige des Endes aufgestellt sind. Ist diese Kennzeichnung erfolgt, so sind von der Kurzparkzone alle Straßen in dem von diesem Vorschriftszeichen umgrenzten Gebiet umfaßt. Abgesehen davon, daß §25 Abs1 StVO von "Straßen" in der Mehrzahl spricht, sodaß auch mehrere Straßen in eine Kurzparkzone fallen können, beinhaltet auch das Wort "Kurzparkzone" schon nach seinem Inhalt, daß davon ein ganzes Gebiet und nicht eine einzige Straßenstelle erfaßt wird (vgl. VwGH 13.6.1986, 84/17/0156 die dort zitierte Vorjudikatur).

 

Es ist amtsbekannt und wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol etwa im Verfahren mit der Aktenzahl  (Erkenntnis vom 4.11.1993) ausgesprochen, daß das in §3 der Verordnung des Innsbrucker Gemeinderates vom 22.10.1992 näher umschriebene und auch den Tatortbereich umfassende Gebiet an allen für die Ein- und Ausfahrt in Frage kommenden Stellen durch die Vorschriftszeichen "Kurzparkzone" und "Ende der Kurzparkzone" gekennzeichnet ist. Abgesehen von den in §52 lita Z13d StVO 1960 angeführten Zusätzen im unteren Teil des Zeichens wird auch darauf verwiesen, daß die Regelung für das "ganze Gebiet" Gültigkeit hat.

 

Wenn nach Maßgabe des §25 Abs1 StVO 1960 eine Kurzparkzone ein ganzes Gebiet umfassen kann, so ist für eine ordnungsgemäße Kundmachung lediglich erforderlich, daß die gebietsweise Geltung der Kurzparkzonenregelung auf einer Zusatztafel bzw. auf dem unteren Teil des Zeichens hinreichend zum Ausdruck kommt (vgl. VwGH vom 12.11.1982, ZVR 1983/335). Die Berufungsbehörde sieht sich daher nicht veranlaßt, gemäß Art129a Abs3 BVG iVm §89 BVG ein Verfahren zur Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Kundmachung der Abgabepflicht für die Sterzinger Straße beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten.

 

Gemäß §19 Abs1 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Mit der dem Berufungswerber zur Last gelegten Vorgangsweise hat er dem Ziel der Parkraumbewirtschaftung in einem nicht unbeachtlichen Ausmaß zuwidergehandelt. Es ist daher von einem nicht unerheblichen Unrechtsgehalt der Tat auszugehen.

 

In subjektiver Hinsicht ist dem Berufungswerber Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Unter Verweis auf die oben dargelegten Ausführungen zum Verschulden des Berufungswerbers sei festgehalten, daß dieses jedenfalls nicht als geringfügig angesehen werden kann.

 

Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu berücksichtigen. Erschwerend fiel nichts ins Gewicht. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Berufungswerbers sind als sehr gut einzustufen.

 

Unter Bezugnahme auf den im gegenständlichen Fall zur Verfügung stehenden Strafrahmen, der eine Bestrafung bis zu S 3.000,-- vorsieht, erweist sich die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe als nicht überhöht.

 

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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