Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Schöbinger über die fristgerecht eingebrachte Berufung des Herrn Alfred R, vom 27.8.1993 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6./7.Bezirk, vom 28.7.1993, Zahl MBA 6/7 - S 04751/93, wegen Übertretung des §366 Abs1 Z1 Gewerbeordnung 1973, entschieden:
Gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG wird das angefochtene Straferkenntnis in der Schuldfrage und hinsichtlich des Ausspruches der Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafvollzuges mit der Maßgabe bestätigt, daß die Strafnorm richtig "§366 Abs1, Einleitungssatz im Zusammenhalt mit Z1 GewO 1973" zu lauten hat.
Der Berufung wird jedoch insoferne Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von S 4.000,-- auf S 1.000,-- und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen auf 1 Tag herabgesetzt werden.
Der erstinstanzliche Kostenbeitrag beträgt demnach gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG S 100,--.
Dem Berufungswerber wird gemäß §65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vorgeschrieben.
Begründung:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der nunmehrige Berufungswerber (BW) für schuldig erkannt, vom 2.1.1993 bis 8.5.1993, jeweils an Samstagen, in Wien, Flohmarkt, Dauerverkaufsplatz, durch den Verkauf von Altwaren verschiedenster Art, wie Teller, Gläser, Bilder etc, das Gewerbe: Handelsgewerbe gemäß §103 Abs1 litb Z25, beschränkt auf den Kleinhandel mit Altwaren, ausgeübt zu haben, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Dadurch habe er §366 Abs1 Z1 GewO 1973 verletzt und wurde deshalb über ihn eine Geldstrafe von S 4.000,--, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen, gemäß §366 Abs1 GewO 1973 Einleitungssatz, verhängt.
In der dagegen erhobenen Berufung führte der BW im wesentlichen folgendes aus:
"Da es sich um einen Befähigungsnachweis handelte, versuchte ich Unterlagen über mein Altwarengeschäft in Deutschland beizubringen. Da aus Datenschutzgründen dieses nicht möglich war, wollte ich ein Nachsichtsgutachten bei der Kammer einholen. In dieser Phase machte mich der zuständige Referent darauf aufmerksam, daß ab 1. Juli 1993 aufgrund der neuen Gesetzeslage der Marktfahrerschein als freies Gewerbe eingestuft wird. Es wurde vereinbart, nach in Kraft treten der neuen Gesetze, denselben zu beantragen. Auch dieser Ladung bin ich nachgekommen, doch wurde mir mitgeteilt, daß in diesem Fall das MBA 10 - Gewerbereferat zuständig ist. Ich glaube daher nicht, daß mich durch diesen ständigen und dauernden Kontakt mit der Verwaltungsbehörde eine Schuld an der vorgeworfenen Verletzung trifft.
Ferner wage ich zu behaupten, daß die Höhe der Strafe in keinem Verhältnis zu meinem Einkommen (S 6.000,--/mtl) steht. Ich ersuche daher die Berufungsbehörde das oa Straferkenntnis aufzuheben."
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
Gemäß §366 Abs1 Z1 leg cit begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Anmeldungsgewerbe (§5 Z1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Da der BW das Vorliegen des objektiven Tatbestandes der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung nicht bestreitet, war dieser auf Grund der Anzeige der Magistratsabteilung 59 - Marktamtsabteilung für den 4. bis 7. Bezirk vom 10.5.1993 als erwiesen anzunehmen.
Gemäß §5 Abs1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Da zum Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, genügt somit iS der vorzitierten gesetzlichen Bestimmung für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.
Das Berufungsvorbringen ist deshalb nicht geeignet, mangelndes Verschulden des BW an der Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung darzutun, da §339 Abs1 GewO 1973 in der vor dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992 am 1.7.1993 geltenden Fassung normierte, daß derjenige, der ein Anmeldungsgewerbe (§5 Z1) ausüben will, die Gewerbeanmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten hat.
§339 Abs1 GewO 1973 in der Fassung des BGBl Nr 29/1993 (Gewerberechtsnovelle 1992) bestimmt, daß derjenige, der ein Gewerbe ausüben will, soweit es sich nicht um ein bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe handelt, die Gewerbeanmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten hat.
An der gesetzlichen Verpflichtung, das Gewerbe bei der hiefür zuständigen Behörde anzumelden, hat sich demnach nichts geändert. Ebensowenig trat eine Änderung hinsichtlich der bezughabenden Strafandrohung ein.
In der vorzitierten Anzeige der Marktamtsabteilung für den 4. bis 7. Bez wird ausdrücklich festgestellt, daß der BW das Gewerbe bis zum heutigen Tage - di der 8.5.1993 - nicht angemeldet hat. Da der BW die Unterlassung der Anmeldung nicht in Abrede stellt, sondern sein mangelndes Verschulden lediglich damit zu begründen versucht, daß er ab dem 1.7.1993, wenn der Marktfahrerschein als freies Gewerbe gilt, denselben beantragen wollte, muß Verschulden zumindest in Form von Fahrlässigkeit angenommen werden, zumal der BW aufgrund zweier einschlägiger Verwaltungsvorstrafen (von denen im Entscheidungszeitpunkt allerdings bei der Strafbemessung nur mehr eine zu berücksichtigen ist) von den gesetzlichen Bestimmungen zur Erlangung von Gewerbeberechtigungen in Kenntnis sein mußte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist derjenige, der ein Gewerbe betreibt, verpflichtet, sich vor der Ausübung über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten. Das Vorbringen, mit den Behörden ständig Kontakt gehalten zu haben, vermag den BW ebenfalls nicht zu entschuldigen, da er es offensichtlich unterließ, sich über die gesetzlichen Vorschriften bei der Behörde ausreichend zu informieren.
Jede unbefugte Gewerbeausübung schädigt in nicht unerheblichem Maße das an der Ausübung von Gewerben ausschließlich durch hiezu befugte Personen bestehende öffentliche Interesse, dem die Strafdrohung dient. Der objektive Unrechtsgehalt war daher im gegenständlichen Fall, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als gering anzusehen.
Daß die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift vom BW besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder die Verwirklichung des hergestellten Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen. Das Verschuldensausmaß war demnach nicht gering zu werten.
Laut Auskunft der Magistratsabteilung 63 - Zentralgewerberegister vom 18.5.1993 ist im Entscheidungszeitpunkt das Vorliegen einer einzigen Verwaltungsvorstrafe als erschwerend zu werten; mildernde Umstände kamen nicht hervor.
Der BW gab selbst an, monatlich ca S 6.000,-- zu verdienen; Sorgepflichten bestünden nicht. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des BW sind demnach als ungünstig zu bewerten.
Laut Mitteilung der anzeigelegenden Marktamtsabteilung vom 14.9.1993, GZ MAA 4-7/R219/93, werde nun auf Grund einer Marktfahrerberechtigung betrieben; das Gewerbe sei im MBA 10 angemeldet worden.
Unter Bedachtnahme auf dem Umstand, daß der BW nunmehr über eine Gewerbeberechtigung verfügt, sowie seine ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse, konnte die Strafe auf das im Spruch ersichtliche Ausmaß herabgesetzt werden.
Eine weitergehende Strafherabsetzung kam jedoch im Hinblick auf die übrigen vorangeführten Strafzumessungsgründe, insbesondere den Erschwerungsgrund des Vorliegens einer einschlägigen Verwaltungsvorstrafe, nicht in Betracht.
Die Spruchänderung war zur Richtigstellung der Strafnorm erforderlich.