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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ASchG 1994 §2 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der NR GmbH & Co KG in S, vertreten durch Dr. Nikolaus Topic-Matutin, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Getreidegasse 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 21. November 1996, Zl. 3/01- 7/13.085/4-1996, betreffend Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Gesellschaft hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 25. September 1996 schrieb das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen - Bundessozialamt der beschwerdeführenden Gesellschaft für das Kalenderjahr 1994 gemäß § 9 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) die Entrichtung einer Ausgleichstaxe in der Höhe von S 278.630,-- vor.
Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben.
Die beschwerdeführende Gesellschaft hat in ihrer Berufung im Wesentlichen vorgebracht, die von ihr verrichteten Wirschaftstätigkeiten seien zu Unrecht nach der Grundsystematik der Wirtschaftstätigkeiten (Betriebssystematik 1968) der Wirtschaftsklasse 9.431 unterstellt worden. Zielsetzung des Behinderteneinstellungsgesetzes sei es auch, die im § 1 Abs. 1 grundsätzlich vorgesehene Regel der Beschäftigung eines Behinderten auf je 25 Dienstnehmer in jenen Dienstzweigen, die aus technischen Gründen der Beschäftigungspflicht nicht nachkommen könnten, bis zu einer Höchstquote von einem Behinderten auf je 50 Dienstnehmer zu verändern. Der Gesetzgeber habe durch die Erlassung von Verordnungen gemäß § 1 Abs. 2 BEinstG ermöglicht, den tatsächlichen Gegebenheiten in einzelnen Wirtschaftszweigen Rechnung zu tragen. In der auf Grund dieser Bestimmung erlassenen Verordnung BGBl. Nr. 546/1976 sei das "Bauhilfsgewerbe" ausdrücklich genannt. Die Tätigkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft entspreche zweifelsfrei diesem Begriff, so dass auf Grundlage der genannten Verordnung die Pflichtzahl richtigerweise mit 35 zu bemessen gewesen wäre. Die Tätigkeiten eines Reinigungsunternehmens würden auch in § 2 Abs. 3 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) den Bauarbeiten zugerechnet.
Auf diese Ausführungen erwiderte die belangte Behörde in ihrer Begründung, laut Auskunft des Gewerbeamtes das Magistrates Salzburg vom 14. November 1996 sei die beschwerdeführende Gesellschaft im dortigen Gewerberegister mit einer Gewerbeberechtigung im Umfang "Zimmer- und Gebäudereinigung" seit dem 6. Februar 1975 eingetragen. In der Branche der Reinigungsunternehmen seien bei einer Durchschnittsbetrachtung die Arbeitsplätze nicht typischerweise mit körperlich besonders schweren oder besonders gefährlichen Tätigkeiten verbunden, so dass der Bundesminister für Arbeit und Soziales als Verordnungsgeber den ihm vom Gesetz eingeräumten Spielraum nicht verlassen habe, wenn er für diese Branche keine Ausnahmen von der Pflichtzahl verfügt habe und die Ausgleichstaxe für Reinigungsunternehmen daher auf der Basis der gesetzlichen Pflichtzahl zu errechnen seien. Zu der von der beschwerdeführenden Gesellschaft herangezogenen Bestimmungen des § 2 Abs. 3 ASchG sei auf die dortige Definition des Begriffes "Baustelle" zu verweisen. Baustellen seien demzufolge zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen, an denen Hoch- und Tiefbauarbeiten durchgeführt würden. Den Nachweis, dass die beschwerdeführende Gesellschaft hauptsächlich an Arbeitsstätten, die diese Bedingungen erfüllten, tätig sei, sei sie jedoch gänzlich schuldig geblieben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 BEinstG sind alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet 25 oder mehr Dienstnehmer (§ 4 Abs. 1) beschäftigen, verpflichtet, auf je 25 Dienstnehmer mindestens einen begünstigten Behinderten (§ 2) einzustellen.
Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes sind unter anderem Personen, die in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt werden (§ 4 Abs. 1 lit. a leg. cit.).
Gemäß § 9 Abs. 1 BEinstG ist vom Bundessozialamtamt die Entrichtung einer Ausgleichstaxe alljährlich für das jeweils abgelaufene Kalenderjahr mittels Bescheides vorzuschreiben, wenn die Beschäftigungspflicht nicht erfüllt ist.
Die Zahlung der Ausgleichstaxe soll den Nachteil ausgleichen, der einem Dienstgeber bei der Beschäftigung von begünstigten Behinderten durch allenfalls häufigere Krankenstände und durch die im § 6 BEinstG statuierte besondere Rücksichtnahme auf den Gesundheitszustand des Behinderten erwächst. Durch die Zahlung dieses Betrages wird ein Ausgleich zwischen jenen Dienstgebern geschaffen, die begünstigte Behinderte beschäftigen und solchen, die begünstigte Behinderte nicht beschäftigen wollen oder nicht beschäftigen können (vgl. das Erkenntnis vom 16. Mai 1995, Zl. 95/08/0051).
Das Behinderteneinstellungsgesetz sieht bei der Vorschreibung der Ausgleichstaxe nach § 9 Abs. 1 leg. cit. auch keine Bedachtnahme auf die Vermittelbarkeit begünstigter Behinderter vor. Aus welchen Gründen es zur Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht gekommen ist, ist nach dem Behinderteneinstellungsgesetz für die Pflicht zur Leistung der Ausgleichstaxe ohne Bedeutung. Gegen solche Regelungen bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 6. Mai 1997, Zl. 97/08/0123).
In der Beschwerde wird im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass der Tätigkeitsbereich der beschwerdeführenden Gesellschaft, nämlich Reinigungsarbeiten, dem Begriff des "Bauhilfsgewerbes" zuzurechnen sei. Deshalb würde gemäß § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 546/1976 die nach § 1 Abs. 1 des Invalideneinstellungsgesetzes 1969 (nunmehr: BEinstG) festgesetzte Beschäftigungspflicht insoweit abgeändert, als nur auf je 35 Dienstnehmer mindestens ein Invalider (Behinderter) zu beschäftigen sei. Für diese Auffassung führt die beschwerdeführende Gesellschaft § 2 Abs. 3 ASchG ins Treffen, wonach "Baustellen" im Sinne dieses Bundesgesetzes "zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen sind, an denen Hoch- und Tiefbauarbeiten durchgeführt werden". Zu diesen Arbeiten zählt das ASchG beispielsweise ("insbesondere") auch Reinigungsarbeiten.
Die Frage, ob mit diesen Begriffsbestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes der in § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 546/1976 verwendete Begriff des "Bauhilfsgewerbes" ermittelt werden kann, braucht im Beschwerdefall nicht weiter untersucht zu werden, da die Wirtschaftstätigkeit des Bauhilfsgewerbes nur dann § 1 der genannten Verordnung unterliegt, wenn diese Wirtschaftstätigkeit "ausschließlich oder überwiegend" betrieben wird. Dass die beschwerdeführende Gesellschaft ihre Reinigungsarbeiten aber ausschließlich oder überwiegend auf Baustellen betreibt, wurde von ihr weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet. Die Ausführung von Reinigungsarbeiten in der Definition des Begriffes "Baustelle" im § 2 Abs. 3 ASchG hat nicht zur Folge, dass eine Baustelle bereits dann vorliegt, wenn lediglich Reinigungsarbeiten durchgeführt werden. Vielmehr bleibt eine Baustelle auch dann noch bestehen, wenn nur mehr (abschließende) Reinigungsarbeiten durchgeführt werden.
Der Zweck des Behinderteneinstellungsgesetzes liegt in der Eingliederung von Behinderten in das Erwerbsleben. Der Verwaltungsgerichtshof hat hinsichtlich von Unternehmen der Wartungs- und Reinigungsdienste die Auffassung vertreten, dass auch bei diesen Unternehmen, auch wenn deren Arbeitsplätze nicht den üblichen Bedingungen entsprechen, von einem Bedarf an der Beschäftigung von behinderten Dienstnehmern auszugehen ist. Es liegt in der Gestaltungsfreiheit dieser Unternehmen, ihrer Pflicht zur Beschäftigung von begünstigten Behinderten nachzukommen (vgl. dazu das Erkenntnis vom 28. November 1991, Zl. 91/09/0025). Solcherart hätte sich auch die beschwerdeführende Gesellschaft der von ihr bekämpften Verpflichtung zur Entrichtung einer Ausgleichstaxe entziehen können.
Soweit sich die beschwerdeführende Gesellschaft unter Hinweis auf § 4 Abs. 4 BEinstG in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz, Unversehrtheit des Eigentums und Freiheit der Erwerbstätigkeit als verletzt erachtet, ist darauf zu verweisen dass die Verfolgung dieser Rechte nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fällt.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 4. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1996080400.X00Im RIS seit
22.01.2002