TE UVS Niederösterreich 1995/01/16 Senat-MD-94-430

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Veröffentlicht am 16.01.1995
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) 1991, BGBl Nr 51/1991, keine Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat dem Land NÖ gemäß §64 Abs1 und Abs2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 1991, BGBl Nr 52/1991, einen Betrag von S 300,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung zu bezahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind die Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens der Behörde erster Instanz zu bezahlen

(§59 Abs2 AVG).

Text

Mit Straferkenntnis vom 28.12.1993, Zl 3-*****-93, erkannte die Bezirkshauptmannschaft xx den nunmehrigen Berufungswerber schuldig, als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges PKW ** **AS der BPD Wien, Strafamt, über deren schriftliche Anfrage vom 24.05.1993 nicht innerhalb von zwei Wochen darüber Auskunft erteilt zu haben, wer dieses Kraftfahrzeug am 27.03.1993, um 21.21 Uhr, in Wien **., auf dem S*********platz in Richtung stadteinwärts gelenkt hat (Tatzeit:

01.06.1993 binnen zwei Wochen; Tatort: M******, J*******steig 8/**).

 

Aufgrund dieser Verwaltungsübertretung nach §§ 134 Abs1, 103 Abs2, jeweils KFG verhängte die Erstbehörde gemäß §134 Abs1 KFG eine Geldstrafe von S 1500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 34 Stunden) und schrieb gemäß §64 Abs2 VStG einen Kostenbeitrag von S 150,-- vor.

 

Gegen dieses Straferkenntnis brachte der Beschuldigte fristgerecht im wesentlichen mit der Begründung Berufung ein, daß der Betrag von S 1.650,-- (verhängte Geldstrafe zuzüglich festgesetzter Kosten) aufgrund seiner derzeitigen finanziellen Lage (es verblieben ihm nur monatlich netto ca S 3.500,--) eine äußerst hohe, kaum aufbringbare Belastung darstelle.

Außerdem habe der Beschuldigte die Lenkerauskunft zwar umgehend abgefaßt, jedoch nicht eingeschrieben zur Post gegeben.

 

Abschließend ersuchte er für den Fall, daß eine Ermäßigung des vorgeschriebenen Betrages nicht möglich sei, um Ratenzahlung.

 

Mit Schreiben vom 27.01.1994 teilte die Bezirkshauptmannschaft xx mit, von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung keinen Gebrauch zu machen und um Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses zu ersuchen.

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

1. SCHULDBERUFUNG:

 

Der Beschuldigte bestritt nicht, zur Tatzeit Zulassungsbesitzer des Tatfahrzeuges gewesen zu sein und die Aufforderung der Bundespolizeidirektion Wien, Strafamt, vom 24.05.1993 (zugestellt durch Hinterlegung am 01.06.1993), innerhalb von zwei Wochen darüber Auskunft zu erteilen, wer das Tatfahrzeug am 27.3.1993, um 21.21 Uhr, in Wien **., auf dem S*********platz in Richtung stadteinwärts gelenkt hat, erhalten zu haben.

 

Der Berufungswerber wendete lediglich ein, zwar die Lenkerauskunft umgehend erteilt, allerdings nicht eingeschrieben zur Post gegeben zu haben, bestritt jedoch nicht, daß bei der anfragenden Behörde bis zum 23.9.1993 (siehe diesbezügliche Stellungnahme der BPD Wien, Strafamt, vom 23.9.1993) keine Lenkerauskunft einlangte.

 

Der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens befreit nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, wobei die Erklärung des Beschuldigten im Strafverfahren, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse seien unrichtig (hier: Lenkerauskunft umgehend erteilt), nicht ausreicht, wenn diesen nicht ebenso konkrete Behauptungen entgegengesetzt und entsprechende Beweise angeboten werden. Fehlt es, wie im gegenständlichen Fall, an einem solchen konkreten Vorbringen, liegt kein Verfahrensmangel vor, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführt.

 

Auf unbestimmt und allgemein gehaltene Einwendungen des Beschuldigten braucht nicht eingegangen zu werden.

 

Feststeht - vom Beschuldigten selbst zugestanden -, daß der Berufungswerber nicht in der Lage war und ist, durch Vorlage einer öffentlichen Urkunde einen objektiven Nachweis für das tatsächliche Absenden der Lenkerauskunft zu erbringen, weil die Lenkerauskunft - seinen Angaben zufolge - nicht eingeschrieben zur Post gegeben wurde.

 

Aber selbst unter der Annahme, daß der Beschuldigte tatsächlich die Lenkerauskunft (gewöhnlich) zur Post gegeben hätte und die Lenkerauskunft in weiterer Folge auf dem Postwege in Verstoß geraten wäre, wäre für ihn nichts gewonnen, weil die Weiterleitung einer gewöhnlichen Briefsendung im Postwege auf Gefahr des Absenders erfolgt, was zur Folge hat, daß der Absender die mit dem Nichteinlangen des die Lenkerauskunft beinhaltenden Poststückes beim Empfänger verbundenen rechtlichen Nachteile zu tragen hat.

 

Insbesondere bei fristgebundenen und qualifizierten Handlungen (das gegenständliche Aufforderungsschreiben weist ausdrücklich darauf hin, daß die Nichterteilung der verlangten Auskunft strafbar ist) besteht eine erhöhte Sorgfaltspflicht und obliegt es dem Auskunftsgeber, dafür Sorge zu tragen und sämtliche Vorkehrungen zu treffen, daß die Lenkerauskunft bei der anfragenden Behörde auch tatsächlich einlangt.

 

Bedient sich der Auskunftsgeber bei der Übermittlung der Lenkerauskunft in der Weise der Post, daß die Briefsendung unter Mißachtung dieser besonderen Sorgfaltspflicht nicht eingeschrieben, sondern nur gewöhnlich aufgegeben wird, läuft der Postweg auf Gefahr des Absenders und ist das Nichteinlangen der Briefsendung beim Empfänger seiner Sphäre zuzurechnen, somit zu Lasten des Absenders gehend, zumal gewöhnliche Briefsendungen von der Post nicht einzeln (insbesondere nach Postaufgabedatum, Empfänger und Absender) erfaßt werden, somit keine Möglichkeit besteht, den Weg und Verbleib eines in Verlust geratenen gewöhnlichen Poststückes nachzuvollziehen und nachzuforschen.

 

Der bloße Umstand, daß eine gewöhnlich zur Post gegebene Lenkerauskunft auf dem Postweg in Verstoß geriet und deshalb nicht bei der anfragenden Behörde einlangte, reicht somit nicht zur Glaubhaftmachung aus, daß den Täter an der Nichterteilung der Lenkerauskunft kein Verschulden trifft.

 

Der Beschuldigte hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand in objektiver und subjektiver Hinsicht verwirklicht, sodaß der erstinstanzliche Schuldspruch zu Recht erfolgte und der Schuldberufung keine Folge zu geben war.

 

Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, daß sich die diesbezügliche Beschuldigtenverantwortung im gesamten gegenständlichen Verfahren auf die globale Behauptung, die Lenkerauskunft gewöhnlich zur Post gegeben zu haben beschränkte, ohne jedoch nähere Angaben zum konkreten Aufgabedatum und konkreten Aufgabeort zu tätigen oder irgendwelche Bescheinigungsmittel namhaft zu machen, sodaß aufgrund dieses unbestimmten Vorbringens weitere Erhebungen nicht durchzuführen waren und überdies auch gar nicht möglich gewesen wären.

 

2. STRAFBERUFUNG:

 

Der Bestimmung des §103 Abs2 KFG liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Fahrzeuges jederzeit ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen von der Behörde festgestellt werden kann und schützt diese Norm das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerung möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung.

 

Eine Verwaltungsübertretung nach §103 Abs2 KFG weist einen nicht geringen Unrechtsgehalt auf (VwGH 23.9.1988, 88/002/0006).

 

Eine erschwerende Schädigung von Interessen liegt insbesondere dann vor, wenn, wie im gegenständlichen Fall, aufgrund der Nichterteilung der Lenkerauskunft, eine Verwaltungsübertretung (hier: §§ 38 Abs1 lita, 99 Abs3 lita, jeweils StVO) ungeahndet bleiben mußte.

 

Die Strafbestimmung des §134 Abs1 KFG sieht die Verhängung einer Geldstrafe bis zu S 30.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit Arrest bis zu 6 Wochen, vor.

 

Per Stand vom 08.11.1993 bestanden bei der Wohnsitzbehörde des Beschuldigten (Bezirkshauptmannschaft xx) keine den Berufungswerber betreffenden verwaltungsbehördlichen Vorstrafen.

 

Die Berufungsbehörde wertet daher mildernd die Unbescholtenheit, erschwerend keinen Umstand.

 

In Anwendung der im §19 VStG normierten Strafbemessungskriterien, somit im Hinblick darauf, daß der Beschuldigte durch sein rechtswidriges Verhalten den Schutzzweck der übertretenen Norm verletzt hat, der Unrechtsgehalt der Tat nicht unwesentlich ist, sowie unter Berücksichtigung des Verschuldensausmaßes, des Milderungsgrundes, der bis zu S 30.000,-- reichenden Strafdrohung, der allseitigen Verhältnisse des Beschuldigten (laut eigenen schriftlichen Angaben vom 17.12.1993: monatliches Bruttoeinkommen S 14.070,--, kein Vermögen, keine Sorgepflichten, monatliche Kreditbelastung S 3.706,--; eine Änderung dieser Verhältnisse wurde vom Berufungswerber nicht behauptet), der oben dargestellten erschwerenden Schädigung von Interessen und general- und spezialpräventiver Erfordernisse, erscheint die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe von S 1.500,-- (ebenso wie die Ersatzfreiheitsstrafe) tat- und schuldangemessen.

 

Eine außerordentliche Milderung der Strafe (§20 VStG) kam bei der keine Mindestgrenze enthaltenden Strafdrohung nicht in Betracht, die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe (§21 VStG) lagen aufgrund der nicht unbedeutenden Folgen der Übertretung (wegen der Nichterteilung der Lenkerauskunft mußte eine Verwaltungsübertretung ungeahndet bleiben) nicht vor.

 

Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß die verhängte Geldstrafe lediglich 5 % der Strafobergrenze entspricht, somit ein Überschreiten des Ermessensspielraumes bei der Strafbemessung (selbst für den Fall, daß der Beschuldigte nur ein mtl Nettoeinkommen von S 3.500,-- beziehen würde) nicht zu erkennen ist und eine Geldstrafe in dieser Höhe auch in keiner Weise existenzbedrohend ist, zumal dem Beschuldigten eine Antragstellung auf Gewährung von Zahlungserleichterungen (Ratenzahlung, Stundung) offensteht, wobei anzumerken ist, daß der Berufungsbehörde keine Kompetenz zur Entscheidung über einen derartigen Antrag zukommt.

 

Der Rechtsmittelwerber ist bezüglich des in der Berufungsschrift enthaltenen Eventualantrages (Ersuchen um Ratenzahlung) gemäß §6 Abs1 AVG an die hiefür nach §54b Abs3 VStG iVm §1 Abs1, §3, jeweils Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG) 1991, BGBl Nr 53/1991, sachlich und örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft xx zu weisen.

 

Außerdem ist anzumerken, daß der Strafbemessung das Einkommen ohne Abzug von Lebenshaltungskosten (zB Miete, Strom, Telefon, etc) zugrundezulegen ist.

 

Der Strafberufung war aus diesen Gründen keine Folge zu geben und war das erstinstanzliche Straferkenntnis hinsichtlich des Straf-, folglich auch des Kostenausspruches vollinhaltlich zu bestätigen.

 

3. SONSTIGES:

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e Abs2 VStG abgesehen werden.

 

Sämtliche in dieser Entscheidung zitierten gesetzlichen Bestimmungen des AVG gelten gemäß §24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren und waren deshalb anzuwenden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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