TE UVS Wien 1995/01/19 04/26/930/93

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Veröffentlicht am 19.01.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Fridl über die Berufung des Herrn Franz Ö vom 24.11.1993 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 28.10.1993, Zahl MBA 20-S/3464/93, wegen Übertretung des §368 Z10 iVm §157 GeWO 1973 und §1 Abs1 lith der Sperrstundenverordnung 1982, entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß §45 Abs1 Zif2 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß §65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgenden Spruch:

"Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer der B W Handelsgesellschaft mbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 13.2.1993 um 05.30 Uhr die Betriebsräume des Gastgewerbebetriebes (Kaffeehaus) in Wien K-Gasse 1) nicht geschlossen gehalten und 2) 20 Personen ein weiteres Verweilen in diesen Betriebsräumen gestattet hat.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§368 Z10 in Verbindung mit §157 GeWO 1973 und §1 Abs1 lith der Sperrstundenverordnung 1982, LGBl Nr 15/1982 in der Fassung der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien vom 30.5.1989, LGBl Nr 30/1989.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

2 Geldstrafen von je Schilling S 3.000,--, zusammen S 6.000,-- falls diese uneinbringlich sind, Ersatzfreiheitsstrafen von 2 x 3 Tagen, zusammen 6 Tagen, gemäß §368 Einleitungssatz in Verbindung mit §370 Abs2 leg cit. Ferner haben Sie gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

je S 300,- zus S 600,- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 6.600,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, die im wesentlichen damit begründet wird, daß der Berufungswerber sowohl gegenüber dem Alleineigentümer der GesmbH als auch gegenüber dem Handelsgericht Wien seine Funktion als Geschäftsführer zurückgelegt habe. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren hatte der nunmehrige Berufungswerber ein an das Handelsgericht Wien adressiertes und mit dem Einlaufstempel dieses Gerichtes vom 16.12.1992 versehenes Schreiben vom 16.12.1992 in Kopie mit folgendem Inhalt vorgelegt:

"Als bisheriger Geschäftsführer der oben angeführten Gesellschaft muß ich das Handelsgericht informieren, daß ich mangels Möglichkeit Unterlagen der Gesellschaft zu erhalten, wirtschaftliche Dispositionen zu treffen und damit meine Obliegenheiten im Sinne der geltenden Gesetze zu erfüllen. In einer ordnungsgemäß zum Zwecke der Bekanntgabe meines Rücktrittes einberufenen Generalversammlung am 12.12.92, 10.00 Uhr wollte ich auch dem Alleingesellschafter gegenüber dieses Faktum mitteilen, doch ist dieser nicht erschienen.

Ich Bitte daher um Kenntnisnahme meines sofortigen Rücktrittes und bitte die entsprechenden Eintragungen im Firmenbuch zu veranlassen."

Überdies ist - wie sich aus einem Auszug mit historischen Daten aus dem Hauptbuch des Firmenbuches zum Stichtag 5.7.1994 ergibt - als gemäß §15a GmbHG seit 16.12.1993 selbständig vertretender Notgeschäftsführer Dr Wilhelm F eingetragen.

Unbestritten steht fest, daß der Berufungswerber zum Tattag sowohl als handelsrechtlicher (im Firmenbuch) als auch als gewerberechtlicher Geschäftsführer (im Zentralgewerberegister) eingetragen war.

Dazu wurde erwogen:

Im vorliegenden Fall wird die Verwirklichung der objektiven Tatseite nicht bestritten; es wird lediglich die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung als Geschäftsführer in Abrede gestellt.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die ordnungsgemäße Abberufung des (nach §9 Abs1 VStG verantwortlichen) Geschäftsführers sofort wirksam und von der Eintragung im Handelsregister unabhängig (VwGH 5.6.1984 Slg 11460 A u 23.5.1989, 88/08/0140). In analoger Anwendung dieses Rechtssatzes ist davon auszugehen, daß auch der vom Gechäftsführer selbst erklärte Rücktritt unabhängig von der Eintragung im Handelsregister (nunmehr Firmenbuch) sofort wirkt. Im vorliegenden Fall konnte der Berufungswerber seinen Rücktritt gegenüber dem Alleingesellschafter mangels Teilnahme an der Generalversammlung nicht erklären, worauf er dies gegenüber dem Handelsgericht tat. Nun wurde im vorliegenden Fall der Berufungswerber nicht als handelsrechtlicher sondern als gewerberechtlicher Geschäftsführer belangt. Dazu ist zu sagen, daß es Sache des Gewerbeinhabers ist, die Tatsache des Ausscheidens des Geschäftsführers der Behörde (unter Strafdrohung) anzuzeigen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 22.12.1992, 92/04/0203) endet die strafrechtliche Verantwortung des Geschäftsführers schon mit dessen Ausscheiden (wobei das Tatbestandsmerkmal dieses Begriffes auch durch faktisches Ausscheiden oder Entfernen erfüllt wird) und nicht erst mit der Anzeige des Gewerbeinhabers über das Ausscheiden.

Im vorliegenden Fall gibt es zwar nach der Aktenlage keinen Hinweis, daß ein Ausscheiden des Berufungswerbers gegenüber der Behörde als gewerberechtlicher Geschäftsführer zeitgerecht erfolgt sei. Nach Auffassung der erkennenden Behörde hat der Berufungswerber aber mit seinem Streben, aus der Verantwortlichkeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer entlassen zu werden, auch ausreichend dokumentiert, daß er sich auch aus seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer zurückgezogen hatte. Dabei fallen die im Schreiben an das Handelsgericht vom 16.12.1992 umschriebenen Gründe (Verweigerung von Unterlagen, Nichtteilnahme an der Generalversammlung durch den Geschäftsinhaber) besonders ins Gewicht. Es wird daher als erwiesen angesehen, daß den Berufungswerber zur angelasteten Tatzeit die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit als gewerberechtlichen Geschäftsführer nicht mehr traf. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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