TE UVS Niederösterreich 1995/01/25 Senat-NK-92-064

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.01.1995
beobachten
merken
Beachte
VwGH vom 19. Oktober 1995, Zl. 95/09/0067: Behandlung der Beschwerde abgelehnt. Spruch

Der Berufung wird soweit sie die Einstellung des Strafverfahrens wegen Beschäftigung der Ausländer M***** R****, J******* S****, M***** F*****, L**** H*****, P**** S*****, J******* P******** und J******* Sp**** betrifft, gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, Folge gegeben.

 

Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird dahingehend abgeändert, als er zu lauten hat:

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß §9 VStG (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der *.*. G****** GesmbH mit dem Sitz in **** T******, H*** C****** Platz, zu verantworten, daß diese Gesellschaft als Arbeitgeber die ausländischen Staatsbürger

1.

M***** R****, geb. 20.12.196*

2.

J******* S****, geb. 7.4.196*

3.

M***** F*****, geb. 25.7.197*

4.

L**** H*****, geb. 5.1.196*

5.

P**** S*****, geb. 29.3.196*

6.

J******* P********, geb. 13.9.196*

7.

J******* Sp****, geb. 1.6.197*

am 3.2.1992 im Ortsgebiet von **** E*****, Bezirk W*. N*******, mit der Verteilung von Prospekten beschäftigt hat, obwohl weder der Gesellschaft für diese Ausländer Beschäftigungsbewilligungen erteilt waren noch die Ausländer im Besitz von Arbeitserlaubnissen oder Befreiungsscheinen waren.

 

Übertretungsnorm: §28 Abs1 Z1 lita in Verbindung mit §3 Abs1 Ausländerbeschäftigungsgesetz

 

Strafnorm: §28 Abs1 Z1 lita AuslBG

 

Über Sie werden folgende Geldstrafen verhängt:

ad 1. S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage)

ad 2. S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage)

ad 3. S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage)

ad 4. S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage)

ad 5. S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage)

ad 6. S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage)

ad 7. S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage)

 

 

Die Berufung wird soweit sie die Beschäftigung des Ausländers I** M***** betrifft, gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, abgewiesen und diesbezüglich das Verfahren gemäß §45 Abs1 Z3 VStG, BGBl Nr 52/1991, eingestellt.

 

Gemäß §59 Abs2 AVG ist der Gesamtbetrag in Höhe von S 70.000,-- binnen 2 Wochen nach Zustellung des Bescheides zu zahlen.

Text

Gegen den Beschuldigten wurde mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9.3.1992 ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des §28 Abs1 Z1 lita Ausländerbeschäftigungsgesetz eingeleitet, indem ihm vorgeworfen wurde, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der *.*. G****** GesmbH mit dem Sitz in **** T******, H*** C****** Platz, zu verantworten, daß über diese Firma am 3.2.1992 im Ortsgebiet von **** E*****, Bezirk W*. N*******, folgende acht tschechische Staatsbürger als Prospektverteiler beschäftigt waren, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, noch eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt waren:

-

M***** R****, geb. 20.12.196*

-

I** M*****, geb. 25.7.197*

-

J******* S****, geb. 7.4.196*

-

M***** F*****, geb. 25.7.197*

-

L**** H*****, geb. 5.1.196*

-

P**** S*****, geb. 29.3.196*

-

J******* P********, geb. 13.9.196*

-

J******* Sp****, geb. 1.6.1971.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx vom 1.4.1992, Zl 3-****-92, wurde dieses gegen den Beschuldigten eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretungen nach §3 Abs1 in Verbindung mit §28 Abs1 Z1 lita Ausländerbeschäftigungsgesetz gemäß §45 Abs1 Z1 VStG 1991 eingestellt, im wesentlichen mit der Begründung, es liege ein reiner Werkvertrag vor, die Ausländer stünden in keinem Beschäftigungsverhältnis oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zur *.*. G****** GesmbH, weshalb sie den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht unterlägen.

 

Gegen diesen Bescheid hat das Landesarbeitsamt NÖ fristgerecht Berufung erhoben, im wesentlichen mit der Begründung, das Parteiengehör sei im gegenständlichen Fall dadurch verletzt worden, als dieser Behörde der festzustellende maßgebende Sachverhalt nicht zur Kenntnis gebracht wurde und das Ermittlungsverfahren somit nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Das Landesarbeitsamt NÖ habe erstmals mit der Zustellung des angefochtenen Bescheides Kenntnis über das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten erhalten, wobei aus dem Spruch dieses Bescheides weder der Zeitpunkt und der Ort der strafbaren Handlung noch die Namen der dabei angetroffenen Ausländer ersichtlich seien. Es werde daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

Aufgrund dieser Berufung des Landesarbeitsamtes NÖ, mit welcher Mangelhaftigkeit des Verfahrens infolge Verletzung des Parteiengehörs eingewendet wurde, hatte die Berufungsbehörde in die Prüfung in der Sache einzugehen und hat in der am 19. Jänner 1995 durchgeführten mündlichen Verhandlung durch Einvernahme des Zeugen Rev Insp G****** T**** Beweis erhoben. Der Beschuldigtenvertreter verwies in der mündlichen Verhandlung auf ein Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 10.11.1994 folgenden Inhaltes:

 

"Die ausländischen Werbemittelverteiler der Firma *.*. G****** GesmbH, die einen Werkvertrag mit dem genannten Unternehmen vorweisen können, unterliegen vorbehaltlich einer Änderung der Rechtslage, nicht den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, wohl aber den Vorschriften des Aufenthaltes - bzw Fremdengesetzes. Die Gruppenleiterin: N******"

 

Demnach liege ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Herrn W****** G****** nicht vor, da selbst nach Ansicht des Bundesministeriums für soziale Verwaltung die Werkverträge der *.*. G****** GesmbH dem AuslBG nicht unterlägen und auch aus dem übrigen Akt sich nicht entnehmen ließe, daß Arbeitsverhältnisse vorlägen, die über den Inhalt des Werkvertrages hinausgingen. Zur Vorgangsweise der Firma G****** bei Eingehen des Rechtsverhältnisses mit den Ausländern führte der Beschuldigtenvertreter aus, daß diese Vorgangsweise in allen Fällen gleich gelagert sei, doch sei im Einzelfall zu prüfen, ob zum schriftlich abgeschlossenen Werkvertrag Abweichungen bestünden. Zur grundsätzlichen Vorgangsweise verwies der Beschuldigtenvertreter jedoch auf die vom Beschuldigten selbst in den bisher durchgeführten Verfahren gemachten Angaben.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, daß alle acht Ausländer am 3. Februar 1992 im Ortsgebiet von E***** aufgrund einer mit der *.*. G****** GesmbH als Werkvertrag überschriebenen Vereinbarung mit der Verteilung von Werbematerial beschäftigt waren und daß Beschäftigungsbewilligungen, Arbeitserlaubnisse oder Befreiungsscheine nicht vorlagen. Die Verteilungstätigkeit aller acht Ausländer zur Tatzeit am festgestellten Ort ist durch die Aussagen des Zeugen T**** eindeutig erwiesen. Der Zeuge verwies auf die von ihm verfaßte Anzeige, der gemäß die Ausländer bei der Befragung angegeben hatten, im Auftrag der Firma G****** tätig zu sein. Auch wenn es zutrifft, daß der Zeuge bei seiner Einvernahme auch eine Firma F***** erwähnt hat, ändert das nichts an der als erwiesen anzusehenden Tatsache, daß an diesem Tag diese Ausländer im Auftrag der Firma G****** tätig waren, zumal die Firma F***** vom Zeugen nur im Zusammenhang mit seinen Schilderungen bezüglich der allgemein üblichen Vorgangsweise bei den Identitätskontrollen der Ausländer erwähnt wurde. Daß die spruchgegenständlichen Ausländer der Firma G****** zuzuordnen waren, ergibt sich somit eindeutig aus den Angaben des Zeugen im Zusammenhalt mit seiner Anzeige sowie weiters aus dem Umstand, daß alle Ausländer schriftliche Werkverträge mit der Firma G****** abgeschlossen hatten, weshalb auch dem Umstand, daß bei der Befragung der Ausländer an Ort und Stelle kein Dolmetscher anwesend war und der Zeuge der tschechischen Sprache nicht mächtig ist, keine Bedeutung zukommt. Der Zeuge verwies überdies darauf, daß ihn irgendeiner der Ausländer verstanden haben muß, da er sonst solche Angaben in der Anzeige nicht gemacht hätte.

 

Was die Vorgangsweise bei Eingehen des Rechtsverhältnisses zwischen der *.*. G****** GesmbH und den einzelnen Ausländern anlangt, konnte die Berufungsbehörde von den in gleichgelagerten Verfahren von Beschuldigten gemachten Angaben ausgehen, wobei der Beschuldigtenvertreter auf die Gleichartigkeit dieser Vorgangsweise in allen Fällen sowie darauf verwies, daß die Vorgangsweise jener vom Beschuldigten in den bisher durchgeführten Verfahren dargestellten entspricht. Eine nähere Präzisierung des Vorbringens, es sei im Einzelfall zu prüfen, ob Abweichungen zum schriftlich abgeschlossenen Vertrag bestünden, erfolgte nicht, weshalb darauf nicht näher einzugehen war, zumal von dem Umstand, daß von den Ausländern die Tätigkeiten de facto ausgeübt wurden, aufgrund obiger Ausführungen auszugehen ist.

 

Diese, in allen Fällen gleichartige und vom Beschuldigten in gleichgelagerten Verfahren bestätigte Vorgangsweise stellt sich wie folgt dar:

 

Es werden zwischen der *.*. G****** GesmbH und dem jeweiligen Ausländer als Werkverträge überschriebene Vereinbarungen im wesentlichen des Inhaltes abgeschlossen, die Auftragsvergabe erfolge an selbständige Werbemittelverteiler bzw Kontrollore (Handelsvertreter, sogenannte Erfüllungsgehilfen, die selbständige Werbemittelverteiler kontrollieren) mit Weiterbeschäftigungsrecht und ohne Konkurrenzverbot, für deren Verschulden dieser wie für sein eigenes hafte. Das Entgelt könne erst nach Vollendung des dritten Werkes (ein Werk kann mehrere Ortschaften beinhalten) beansprucht werden. Das Entgelt werde am 15. des darauffolgenden Monats entrichtet, gleichgültig ob der Kontrollor noch weiterarbeite oder nach dem dritten Werk seine Zusammenarbeit mit der Firma aufkündige. Sollte die Zusammenarbeit vor dem dritten Werk aufgekündigt werden wegen mangelhafter Kontrolle, Nichtfertigstellung eines erteilten Auftrages oder aus Gründen des Kontrollors, so entfalle der Entgeltanspruch zur Gänze. In dieser Vereinbarung wird auch darauf aufmerksam gemacht, daß der Ausländer als selbständiger Handelsvertreter den Bestimmungen des Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuergesetzes unterliege und seitens der Firma bezüglich Sozialversicherung nicht meldepflichtig sei, da keine Bindung laut dem Arbeitsrecht bestehe.

 

Der einmal schriftlich abgeschlossene Werkvertrag wird mündlich immer wieder verlängert. Die Tätigkeit gestaltet sich derart, daß das für ein bestimmtes Gebiet vorgesehene Werbematerial dem Verteiler übergeben wird und von diesem innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens zu bearbeiten ist. Dem Verteiler steht es frei, die Verteilung alleine oder unter Zuhilfenahme von Gehilfen durchzuführen. Die Verteilung wird stichprobenartig durch vom Beschuldigten eigens dafür eingesetzte Personen überprüft. Für den Fall der mangelhaften Verteilung erwächst dem Verteiler kein Entgeltanspruch. Über die Anzahl des verteilten Materials werden vom Verteiler Aufzeichnungen geführt, welche als Verrechnungsgrundlage dienen. Die Entlohnung erfolgt nach verteilter Stückzahl. Der Zeitpunkt der Zahlung bestimmt sich nach der Höhe des aushaftenden Betrages in der Form, daß dann bar ausbezahlt wird, wenn dem Verteiler ein Anspruch in Höhe von S 2.000,-- bis S 3.000,-- erwachsen ist. Eine Zahlungspflicht trifft den Beschuldigten nur gegenüber dem Verteiler, nicht gegenüber allfälligen Gehilfen.

 

Ausgehend davon erachtet die Berufungsbehörde diese Vorgangsweise und diesen Ablauf auch als für die konkrete Verteilungstätigkeit der spruchgegenständlichen Ausländer für zutreffend.

 

Die Berufungsbehörde folgt bezüglich der Darstellung der Ausgestaltung der Tätigkeit diesen vom Beschuldigten in gleichgelagerten Fällen gemachten Angaben, insbesondere auch dahingehend, daß die Entlohnung nach verteilter Stückzahl erfolgt. Die Angaben M***** R***** dem Erhebungsorgan B*** gegenüber, daß sein tägliches Einkommen bei der Firma G****** ca S 400,-- betrage und jenes der Helfer S 200,-- bis S 300,--, stehen der Annahme, daß die Ausländer nach Stückzahl entlohnt wurden, nicht entgegen.

 

Infolge des Umstandes, daß den Angaben des Beschuldigten diesbezüglich gefolgt wird, war auch von der beantragten Einvernahme aller Ausländer als Zeugen abzusehen, da aus diesen Angaben nichts weiteres oder anderes zu erwarten gewesen wäre.

 

Was die Beschäftigung des M***** R**** betrifft, ist noch auszuführen, daß diesem am 12. November 1991 von der *.*. G****** GesmbH eine Werksvertragsbestätigung ausgestellt wurde, in welcher festgehalten wurde, daß der Bezeichnete mit der genannten Firma einen Werksvertrag abgeschlossen habe. In dieser Bestätigung lautet es weiters:

 

"Arbeitsbeginn: 26.8.1991

Leistungen im Monat 09/91:            öS   750,--

                    10/91:            öS 5.899,--

              Gesamtsumme:            öS 6.649,--"

 

Der mit M***** R**** abgeschlossene Werkvertrag ist mit 19.8.1991 datiert und wurde darin die selbständige Tätigkeit als Kontrollor vereinbart.

 

Der festgestellte Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

 

Gemäß §3 Abs1 Ausländerbeschäftigungsgesetz darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder Befreiungsschein besitzt. Als Beschäftigung gilt gemäß §2 Abs2 AuslBG die Verwendung

a.

in einem Arbeitsverhältnis,

b.

in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,

c.

in einem Ausbildungsverhältnis,

d.

nach den Bestimmungen des §18 oder

e.

überlassener Arbeitskräfte im Sinne des §3 Abs4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl Nr 196/1988.

Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind laut §2 Abs3 lita AuslBG in den Fällen des Abs2 litb die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist.

Den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1451 der Beilagen, XIII GP) ist ua zu entnehmen, daß dem Zweck der vollständigen Erfassung des umschriebenen Personenkreises vor allem die Umschreibung der Beschäftigung im §2 Abs2 dient. Bei der Erfassung der Ausländer kommt es vornehmlich nicht darauf an, in welchem Rechtsverhältnis die Vertragspartner zueinander stehen, sondern auf die Verwendung unter bestimmten Umständen. Aus §2 Abs2 und Abs3 AuslBG folgt, daß der Begriff "Beschäftigung" im AuslBG nicht nur Arbeitsvertragsverhältnisse umfaßt, und daß unter Arbeitgeber nicht nur der Vertragspartner eines Arbeitsvertrages zu verstehen ist. Die Verpflichtung zur Einholung einer Beschäftigungsbewilligung vor der Beschäftigung eines Ausländers trifft daher nach §3 Abs1 AuslBG auch einen "Werkvertragsgeber", wenn die Grundlage für den Vertrag nicht in gewerberechtlichen oder sonstigen Normen liegt, und der Werkvertrag so beschaffen ist, daß der "Werkvertragsnehmer" zwar nicht in der Frage seiner persönlichen, aber in der Frage der wirtschaftlichen Abhängigkeit einem Arbeitnehmer nahezu gleichkommt. Bezüglich arbeitnehmerähnlicher Verhältnisse sind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften, insbesondere §2 Abs1 Arbeitsgerichtsgesetz und die dazu ergangene Judikatur heranzuziehen. Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgeführt hat (vgl zB VwGH vom 2.9.1993, Zl 92/09/0322) kann das Rechtsverhältnis der arbeitnehmerähnlichen Person zu ihrem Auftraggeber auch ein Werkvertragsverhältnis, aber auch ein sogenannter "freier Dienstvertrag" sein. Gegenstand dieser Verpflichtung im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses kann demgemäß jede Art von Arbeitsleistung sein. Die Rechtsnatur der Vertragsbeziehung zwischen der arbeitnehmerähnlichen Person und dem Arbeitsempfänger ist nicht entscheidend. Entscheidend für die Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit ist vielmehr die wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen eine Person, die im Auftrag und für Rechnung einer anderen Person Arbeit leistet, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, sich in einer einem Arbeitnehmer ähnlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit befindet. Entscheidend ist - so der Verwaltungsgerichtshof - der "organisatorische" Aspekt der wirtschaftlichen Abhängigkeit. Diesbezüglich bedarf es bei der Arbeitnehmerähnlichkeit einer Person im Verhältnis zu einer anderen der Prüfung, ob das konkrete Gesamtbild der Tätigkeit, die diese Person im Auftrag und für Rechnung eines anderen leistet, so beschaffen ist, daß sie aufgrund der Art und Weise, in der sie für ihn tätig ist, trotz fehlender persönlicher Abhängigkeit nicht mehr in der Lage ist, ihre Arbeitskraft, insoweit sie durch das konkrete Rechtsverhältnis in der Verfügung über ihre Arbeitskraft gehindert ist, anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen und daher als unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie der persönlich abhängige Arbeitnehmer anzusehen ist.

 

Unter einem Arbeitsverhältnis ist ein Rechtsverhältnis zu verstehen, das die Leistung abhängiger, fremdbestimmter Arbeit zum Inhalt hat und durch Arbeitsvertrag begründet wird. Charakteristisches Merkmal für den Arbeitsvertrag ist nach der Rechtsprechung vor allem die dauernde Verpflichtung zu persönlicher Arbeit unter Leitung und mit den Mitteln des Arbeitgebers neben persönlicher und wirtschaftlicher Einordnung des Arbeitnehmers in den Unternehmensorganismus des Arbeitgebers. Für das Arbeitsverhältnis als schuldrechtliches Verhältnis ist die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Erbringung der Arbeit und die damit gegebene Pflicht des Arbeitgebers zur Entgeltzahlung typisch.

 

Demgegenüber verpflichtet sich der Werkunternehmer zu einer Leistung, deren Erfolg nach eigenem Plan zu bewerkstelligen und mit eigenen Mitteln, auch durch Gehilfen und Substituten, aber unter Haftung nicht nur für Sorgfalt, sondern Gewährleistung für Mängel der Arbeit und Übernahme der Gefahr des Mißlingens zu erbringen ist. Kurz gesagt erfüllt der Werkunternehmer das Geschäft eines selbständigen Unternehmens. Demnach verpflichtet ein Werkvertrag zur Erbringung einer schon im Vertrag individualisierten bzw konkretisierten Leistung als einer in sich geschlossenen Einheit. Der Werkvertrag ist ein Vertragstyp, der die Erbringung eines in sich geschlossenen Werkes, nicht aber einer Mehrheit bloß gattungsmäßig umschriebener Leistungen zum Inhalt hat.

 

Das zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Rechtsverhältnis enthält sowohl Elemente eines Dienst- als auch eines Werkvertrages. Da die Bezeichnung des Vertrages nach der Judikatur nicht entscheidend ist, sondern der Vertragsinhalt, ist dieser im Hinblick auf §1151 ABGB und auf die dazu in der Judikatur entwickelten Kriterien zu prüfen.

 

Das zwischen dem Beschuldigten und den Ausländern einmal schriftlich eingegangene Rechtsverhältnis wurde mündlich immer wieder verlängert. Diese Vorgangsweise ist nicht als eine jeweils zu individualisierende Verpflichtung im Sinne einer Werkbestellung anzusehen, die jeweils mit Erfüllung des Auftrages erlischt, sondern ist darin ein Dauerschuldverhältnis zu erblicken, in dessen Rahmen der Beschuldigte vereinbarungsgemäß die von den Ausländern zur Verfügung gestellte Arbeitskraft einsetzen konnte. Aus dem Umstand, daß die Ausländer über einen immer wieder verlängerten Zeitraum ihre Arbeitskraft für lediglich gattungsmäßig bestimmten Einsatz zur Verfügung gestellt haben, ergibt sich, daß diese in ihrer wirtschaftlichen Stellung der eines abhängigen Arbeitnehmers ähnlicher waren als der eines selbständigen Unternehmers. Die Annahme eines Dauerschuldverhältnisses ergibt sich auch daraus, daß für die Beendigung des Rechtsverhältnisses vertragsgemäß sogar eine Aufkündigung in Betracht kam. Vereinbarungsgemäß schuldete der Beschuldigte das Entgelt erst nach Vollendung des dritten "Werkes" und nach Ablauf des darauffolgenden Monates. Abgerechnet wurde nach verteilter Stückzahl. Daraus ergibt sich eine, in regelmäßigen Zeitabschnitten vorgenommene, leistungsbezogene Entlohnung. Außerdem mangelte es den Ausländern an einer eigenen Betriebsstätte und haben sie - zumindest teilweise - auch die Betriebsmittel des Beschuldigten (Firmenfahrzeug, das sie zum Ort der Verteilung brachte) in Anspruch genommen.

 

Im Hinblick auf diese Feststellungen ergibt sich, daß das zwischen den Vertragsparteien bestehende Rechtsverhältnis unter Zugrundelegung der von der Rechtsprechung anerkannten Kriterien als arbeitnehmerähnliches Verhältnis zu qualifizieren ist, weshalb die *.*. G****** GesmbH gemäß §2 Abs3 lita AuslBG als Arbeitgeber anzusehen, und der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft für die Beschäftigung der Ausländer ohne Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder Befreiungsschein zur Verantwortung zu ziehen ist.

 

Wenn sich der Beschuldigte zum Ausschluß seines Verschuldens auf ein von ihm vorgelegtes Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales beruft, wonach die ausländischen Werbemittelverteiler der Firma *.*. G****** GesmbH, die einen Werkvertrag mit dem genannten Unternehmen vorweisen können, vorbehaltlich einer Änderung der Rechtslage nicht den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes unterliegen, ist darauf hinzuweisen, daß es sich dabei um eine Rechtsansicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales handelt, die dem Beschuldigten am 10.11.1994 mitgeteilt wurde. Daß dem Beschuldigten zur Tatzeit eine entsprechende Auskunft vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales oder von Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung erteilt worden wäre, hat er nicht vorgebracht und ist daher davon nicht auszugehen.

 

 

Dem Beschuldigten ist bei Begehung der ihm zu den Spruchpunkten 1. bis 7. angelasteten Verwaltungsübertretungen schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen, da er nicht dargetan hat, daß eine vor dem Tatzeitpunkt erteilte unrichtige amtliche Rechtsauskunft zu seinem objektiv rechtswidrigen Verhalten geführt hat und ist er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der *.*. G****** GesmbH deshalb für diese Verwaltungsübertretungen zu bestrafen.

 

Zur Strafhöhe ist auszuführen, daß über den Beschuldigten jeweils die nach §28 Abs1 Z1 (dritter strafsatzbestimmender Fall) AuslBG vorgesehene Mindeststrafe verhängt wurde. Milderungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen, sodaß sich für die Anwendung des außerordentlichen Strafmilderungsrechtes im Sinne des §20 VStG kein Hinweis ergab.

 

Die Berufungsbehörde war auf Grund ihrer Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache selbst bezüglich der in den Punkten 1. bis 7. genannten Ausländer zu einem Schuld- und Strafausspruch gehalten, da sie anders als die Unterbehörde auf Grund ihrer Beurteilung der Tat nicht zu einer Einstellung des Strafverfahrens gelangt ist. Daran ändert auch der Einwand des Beschuldigten, die Berufung sei durch das Landesarbeitsamt NÖ lediglich aufgrund einer behaupteten Verletzung des Parteiengehörs erhoben worden, nichts. Da im gegenständlichen Fall ein begründeter Berufungsantrag vorlag und die Berufung somit als zulässig erachtet wurde, hatte die Berufungsbehörde in die Sache einzugehen und in der Sache selbst zu entscheiden. Sache ist immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Bescheides der Unterbehörde bildet. Im Fall einer Einstellung des Verfahrens durch die Behörde erster Instanz, wie im gegenständlichen Fall, hatte daher die Berufungsbehörde aufgrund der durch das Landesarbeitsamt NÖ erhobenen Berufung die Voraussetzungen für die Einstellung des Verfahrens vollinhaltlich zu prüfen. Eine Verletzung des Parteiengehörs ist ein Verfahrensmangel, der im Berufungsverfahren sanierbar ist. Es darf jedoch darauf hingewiesen werden, daß das Arbeitsmarktservice NÖ als Berufungswerber auch an der mündlichen Verhandlung des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ nicht teilgenommen hat.

 

Zu der Einstellung des Strafverfahrens gegen den Beschuldigten wegen Beschäftigung des Ausländers I** M***** gemäß §45 Abs1 Z3 VStG gelangte die Berufungsbehörde aus folgenden Gründen:

 

Der Ausländer I** M***** wurde nach Vertragsabschluß mit der *.*. G****** GesmbH am 27.1.1992 durch diese Gesellschaft jedenfalls am 3.2.1992 und am 24.3.1992 beschäftigt. Das wegen Beschäftigung des Ausländers am 3.2.1992 eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx vom 1.4.1992 eingestellt. Wegen der am 24.3.1992 erfolgten Beschäftigung dieses Ausländers wurde durch die Bezirkshauptmannschaft xx am 27.1.1993 ein Straferkenntnis erlassen. Da somit das strafbare Verhalten des Beschuldigten, in welchem aufgrund des Vertragsabschlusses auf Dauer und der Tatzeiten ein Fortsetzungszusammenhang zu erblicken ist, erstmals am 27.1.1993 durch einen verwaltungsbehördlichen Schuldspruch gesühnt wurde und von einem verwaltungsbehördlichen Schuldspruch alle bis zur Zustellung eines Straferkenntnisses erster Instanz gesetzten Einzeltathandlungen erfaßt sind, konnte wegen der vom Beschuldigten am 3.2.1992 gesetzten Tat nicht neuerlich eine Strafe verhängt werden, da dies gegen das Verbot der mehrfachen Bestrafung verstoßen würde. Eine gesonderte Verfolgung des Täters wegen dieser Tat war daher unzulässig und war daher das Verfahren in diesem Spruchpunkt gemäß §45 Abs1 Z3 VStG einzustellen.

 

Der Beschuldigte hat daher insgesamt S 70.000,-- zu bezahlen.

 

Kosten des Strafverfahrens waren nicht aufzuerlegen, da diese dem Beschuldigten nur aufzuerlegen sind, wenn er auch selbst Berufungswerber ist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten