TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/4 98/08/0037

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Veröffentlicht am 04.10.2001
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ABGB §1091;
ABGB §509;
BSVG §2 Abs1 Z1;
BSVG §2 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner, Dr. Walter Müller, Dr. Wolfgang Graziani-Weiss, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. Dezember 1997, Zl. SV(SanR)-1157/7-1997-Ru/Ma, betreffend Höhe der Beitragsgrundlage (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Ghegastraße 1, 1031 Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-

- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat die elterliche landwirtschaftliche Liegenschaft im Ausmaß von rund 20 ha und weitere Grundstücksflächen gepachtet und führt einen landwirtschaftlichen Betrieb. Er ist nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 559/1978 - BSVG, unter anderem in der Pensionsversicherung pflichtversichert.

Mit Bescheid vom 6. Februar 1997 stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt die monatlichen Beitragsgrundlagen für die Bemessung der Beiträge in der Pensionsversicherung ziffernmäßig fest. In der Begründung wird auf die vom Beschwerdeführer insgesamt gepachteten Flächen verwiesen, die Grundlage für die Berechnung des Versicherungswertes seines landwirtschaftlichen Betriebes seien, woraus sich die monatliche Beitragsgrundlage ergäbe. Zu den gepachteten Flächen zähle auch ein Grundstück der Stadt L. im Ausmaß von 1,28 ha, das der Beschwerdeführer in Subpacht von R. H. bearbeite.

Dagegen hat der Beschwerdeführer Einspruch erhoben, der sich zufolge der Ausführungen im angefochtenen Bescheid - der Einspruch findet sich nicht im Verwaltungsakt - gegen die Einbeziehung der genannten Grundstücksfläche von 1,28 ha in die Bemessungsgrundlage richtet.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab der Landeshauptmann mit Ausnahme einer Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides in einem im Beschwerdefall nicht mehr relevanten Punkt dem Einspruch keine Folge. Dabei ging er von folgenden Feststellungen aus: R. H. habe die näher individualisierte Grundfläche im Ausmaß von 1,28 ha im Jahre 1988 an die Stadt L. verkauft, die darauf Betriebsgebäude errichten habe wollen. In der Folge hätten die Vertragsparteien vereinbart, dass die Verkäuferin die Liegenschaft einer landwirtschaftlichen Nutzung zuführe. Dieses Nutzungsverhältnis könne jederzeit aufgelöst werden, wobei diesfalls keine Ernteentschädigung oder Ablöseansprüche hinsichtlich des Fruchtstandes gebührten. Nach Widerruf der Nutzungsvereinbarung sei der Urzustand des Grundstückes herzustellen. Dieses dürfe nicht gedüngt, nicht mit Schädlingsbekämpfungsmittel bearbeitet und nicht eingefriedet werden. Die Fläche sei als Betriebsgrundstück ausgewiesen. Auf Grund einer Vereinbarung mit R. H. werde die Grundfläche vom Beschwerdeführer bearbeitet, der darauf vornehmlich Getreide anbaue, das er nach der Ernte seinem Betrieb zuführe. Der Beschwerdeführer ersetze R. H. die von dieser für die Liegenschaft an die Stadt L. abzuführenden Kostenbeiträge und erhalte auch Förderungen für die Grundfläche. Rechtlich wertete die belangte Behörde die Vereinbarung des Beschwerdeführers mit R. H. als (Unter)Pacht, weil das Grundstück auf seine Rechnung und Gefahr bewirtschaftet werde, während R. H. daraus weder Nutzen ziehe, noch ihr Kosten erwüchsen. Auf dem Grundstück werde eine landwirtschaftliche Tätigkeit mit dem Ziel ausgeübt, bestimmte Arbeitsergebnisse in der landwirtschaftlichen Produktion zu erreichen, sodass unabhängig von der Widmung als Betriebsgrundstück ein landwirtschaftlicher Betrieb vorliege. Das Grundstück sei auch in allen für den Zeitraum vom 1. Juli 1991 bis laufend maßgeblichen Einheitswertbescheiden landwirtschaftlich bewertet worden. Das Grundstück sei daher dem landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers zuzuordnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des BSVG

lauten auszugsweise:

"§ 2. (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

1. Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird ...

             (2) Die Pflichtversicherung ... besteht ...  nur,

wenn der ...  Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen

Betriebes ... übersteigt.

§ 23. (1) Grundlage für die Bemessung der Beiträge in der Kranken- und Pensionsversicherung ist für die gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und Z 3 Pflichtversicherten, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der Versicherungswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes (monatliche Beitragsgrundlage).

(2) Der Versicherungswert ist ein Hundertsatz des Einheitswertes des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes. Hiebei ist von dem zuletzt im Sinne des § 25 des Bewertungsgesetzes festgestellten Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes auszugehen. Der Versicherungswert ist jeweils zum 1. Jänner eines jeden Kalenderjahres neu festzustellen und auf volle Schilling zu runden. ...

(3) Bei Bildung des Versicherungswertes gemäß Abs. 2 sind in den nachstehenden Fällen folgende Werte als Einheitswerte zugrundezulegen: ...

d) bei Zupachtung einer land(forst)wirtschaftlichen Fläche ein um zwei Drittel des anteilsmäßigen Ertragswertes der gepachteten Fläche erhöhter Einheitswert; ...

(4) Kann ein Versicherungswert im Sinne des Abs. 2 nicht ermittelt werden, weil von den Finanzbehörden für den land(forst)wirtschaftlichen Betrieb ein Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Vermögens gemäß den § 29 bis 50 des Bewertungsgesetzes nicht festgestellt wird, so sind für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die durchschnittlichen Einkünfte aus jeder die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeit in dem dem Kalenderjahr, in das der Beitragsmonat fällt, drittvorangegangenen Kalenderjahr heranzuziehen, die auf die Zeiten der Pflichtversicherung in diesem Kalenderjahr entfallen ...

§ 30. (2) Den ... Betriebsbeitrag schuldet der Betriebsführer. Hiebei ist anzunehmen, dass der Eigentümer des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes (der land(forst)wirtschaftlichen Fläche) diesen Betrieb (diese Fläche) auf seine Rechnung und Gefahr führt (bewirtschaftet). ..."

Die im § 2 BSVG genannte Bestimmung des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287 - LAG, lautet auszugsweise:

"§ 5. (1) Betriebe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Betriebe der land- und forstwirtschaftlichen Produktion und ihre Nebenbetriebe, soweit diese in der Hauptsache die Verarbeitung der eigenen Erzeugnisse zum Gegenstand haben und sich nicht als selbständige, von der Land- und Forstwirtschaft getrennt verwaltete Wirtschaftskörper darstellen, ferner die Hilfsbetriebe, die der Herstellung und Instandhaltung der Betriebsmittel für den land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb dienen. In diesem Rahmen zählen zur land- und forstwirtschaftlichen Produktion die Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte einschließlich des Wein- und Obstbaues, des Gartenbaues und der Baumschulen, das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse sowie die Jagd und Fischerei ..."

Ohne Bedeutung für den konkreten Fall ist der in der Beschwerde erwähnte und im § 23 BSVG genannte § 25 des Bewertungsgesetzes, weil er lediglich Bestimmungen über die Abrundung von Einheitswerten und die Nichtfeststellung geringfügiger Einheitswerte enthält.

Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass er auf seine Rechnung und Gefahr einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der soeben zitierten Bestimmungen führt. Die in Rede stehende Fläche von 1,28 ha gehöre seiner Ansicht nach jedoch nicht zu diesem Betrieb, weil sie als Industriegrundstück ausgewiesen sei. Es liege auch kein Pachtvertrag vor, zumal das Merkmal der Nachhaltigkeit fehle. Sowohl die Versicherungspflicht im Sinne des § 2 BSVG als auch die Beitragspflicht im Sinne des § 23 BSVG seien auf land- und forstwirtschaftlich bewertete Grundstücksflächen ausgerichtet, weshalb auf Bauland oder Industriegrundstücken, die der landwirtschaftlichen Nutzung infolge Umwidmung entzogen seien, niemals Beitrags- oder Versicherungspflicht nach den genannten Bestimmungen entstehen könne.

Meint der Beschwerdeführer mit dem zuletzt geäußerten Argument, dass eine als Betriebsgrundstück gewidmete Liegenschaft nicht Teil eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes sein könne, so ist ihm zu erwidern, dass nach § 2 Abs. 2 BSVG die Pflichtversicherung auf den Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes abstellt, wobei die jeweilige Widmung der dem Betrieb dienenden Grundstücke nicht von Bedeutung ist (vgl. das Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, 91/08/0085). Auch ist der Beschwerdeführer nicht im Recht, wenn er in diesem Zusammenhang meint, Bauland und Industriegrundstücke seien der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen; es kommt nämlich nicht auf die allfällige raumordnungsrechtliche Widmungswidrigkeit der Nutzung, sondern darauf an, ob bzw. in welcher Form die Liegenschaft tatsächlich bewirtschaftet wird. Davon abgesehen blieb unbestritten , dass die Liegenschaft für die Einheitsbewertung dem landwirtschaftlichen Vermögen zugeordnet worden ist. Die Bewirtschaftung der Liegenschaft besteht im Anbau und der Ernte von Getreide, worin eine Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte, somit eine land- und forstwirtschaftliche Produktion im Sinne des § 5 Abs. 1 LAG zu sehen ist.

Liegt nach dem Gesagten die Führung eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes auf der in Rede stehenden Liegenschaft vor, bleibt zu klären, ob der Beschwerdeführer als Betriebsführer zu qualifizieren ist, somit ob die Bewirtschaftung auf seine Rechnung und Gefahr erfolgt, in deren Folge die Liegenschaft dem von ihm geführten landwirtschaftlichen Betrieb zuzuordnen wäre (vgl. § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG).

Mangels Eigentums an der Liegenschaft verbleiben für die Beurteilung der Betriebsführerschaft des Beschwerdeführers die ihm von R.H. eingeräumten Befugnisse, wobei für die Beantwortung der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb geführt wird, maßgeblich ist, ob jene Person, deren Versicherungs- und/oder Beitragspflicht zu beurteilen ist, aus der Betriebsführung im Außenverhältnis (also im Verhältnis zu Dritten) berechtigt und verpflichtet wird. Wer aus der Betriebsführung in diesem Sinne berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die nicht bloß nach tatsächlichen Gesichtspunkten, sondern letztlich nur auf Grund rechtlicher Gegebenheiten beantwortet werden kann (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 20. Oktober 1992). Die bloße Überlassung der Bewirtschaftung bzw. der Arbeitsführung bewirkt noch keine Änderung der rechtlichen Zurechnung der Führung des Betriebes auf Rechnung und Gefahr des Dritten (vgl. das Erkenntnis vom 16. März 1993, 91/08/0082), während etwa der Fruchtgenussberechtigte und der Pächter eines landwirtschaftlichen Betriebes diesen auf eigene Rechnung und Gefahr führen können (vgl. das Erkenntnis vom 11. März 1970, 1115/69 und 367/70).

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde von einem (Sub)Pachtvertrag mit dem Beschwerdeführer als (Sub)Pächter der der Stadt L. gehörigen Liegenschaft ausgegangen. Es kann nun dahin stehen, ob diese Einschätzung zutrifft, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Nutzungsüberlassung und Übertragung der damit verbundenen Lasten an eine dritte Person wirtschaftlich gesehen insofern einem Pachtverhältnis gleich kommt, als das wirtschaftliche Zurechnungssubjekt des Betriebes wechseln soll (vgl. das Erkenntnis vom 26. November 1991, 89/08/0347). Dabei ist es gleichgültig, ob der Vertrag als Pachtvertrag oder entgeltliche Nutzungsvereinbarung zu deuten ist (vgl. das Erkenntnis vom 21. April 1998, 97/08/0541). Nach dem Inhalt der hier vorliegenden und unbestrittenen "Nutzungsvereinbarung" zwischen R.H. und der Stadt L. übernimmt R.H. das Grundstück auf bestimmte Zeit zum Zwecke der landwirtschaftlichen Nutzung gegen Bezahlung einer Nutzungsentschädigung. Im Tatsächlichen erfolgt die Nutzung durch Anbau und Ernte von Getreide, das der Beschwerdeführer seinem Betrieb zuführt. Nach Inhalt und Zweck zielt diese Vereinbarung auf die Übertragung aller R.H. aus der Nutzungsvereinbarung mit der Stadt L. zustehenden Rechte und Pflichten an den Beschwerdeführer ab, womit sie ihn in jene Rechtsposition versetzt hat, zufolge der er Betriebsführer (auch) dieser Liegenschaft geworden ist.

Schließlich sei noch zum Beschwerdeargument der vom Gesetz ohnehin nicht geforderten Nachhaltigkeit (für ein Pachtverhältnis) angemerkt, dass von dieser bei einer zumindest siebenjährigen Dauer ausgegangen werden kann.

Zusammengefasst ist die belangte Behörde nach dem Gesagten zutreffend von einer Bewirtschaftung des in Frage stehenden Grundstückes auf Rechnung und Gefahr des Beschwerdeführers ausgegangen und hat es ohne Rechtsirrtum als Teil seines landwirtschaftlichen Betriebes gewertet. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Schriftsatzaufwand einer nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen mitbeteiligten Partei ist nicht zu ersetzen, weshalb das darauf gerichtete Begehren abzuweisen war (vgl. das Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, 96/08/0269).

Wien, am 4. Oktober 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998080037.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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