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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §10 Abs8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Dr. A in W, vertreten durch Dr. Karl Claus, Rechtsanwalt in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 12. August 1998, Zl. MA 15-II-K 20/98, betreffend Beitragsgrundlage gemäß § 25 GSVG (mitbeteiligte Partei:
Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84 - 86), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-
- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 22. März 1998 wurde die monatliche Beitragsgrundlage des Beschwerdeführers in der Pensionsversicherung für Jänner bis März 1995 mit S 39.410,-- und für April bis Dezember 1995 mit S 41.218,-- festgestellt. Nach der Begründung weise der Einkommensteuerbescheid des Beschwerdeführers für das Jahr 1992 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von S 395.852,-- aus. Unter Berücksichtigung des Aktualisierungsfaktors und der im Jahre 1992 vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge von S 22.960,-- ergebe dies die im Spruch genannten Beträge.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer (einen als Berufung bezeichneten) Einspruch mit der Begründung, die Einkünfte aus seiner versicherungspflichtigen Tätigkeit seien für das Jahr 1992 mit Null anzusetzen. Von den Einkünften aus Gewerbebetrieb sei ein "IFB-Wartetastenverlust" aus Vorjahren in der Höhe von S 395.825.-- abzuziehen gewesen; die Verrechnung dieses Verlustes zu einem späteren Zeitpunkt sei wegen der Aufgabe des Gewerbebetriebes im Jahre 1992 nicht möglich gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab der Landeshauptmann von Wien dem Einspruch keine Folge und führte in der Begründung nach Darstellung der Gesetzeslage aus, die Einkünfte des Beschwerdeführers hätten im Jahre 1992 laut Einkommensteuerbescheid S 395.852,-- betragen. Ausgangspunkt für die Berechnung der Beitragsgrundlage seien die Einkünfte, aber nicht das Einkommen. Bei der Verrechnung der "IFB-Wartetastenverluste" von S 395.852,-- handle es sich um eine Maßnahme der Einkommensermittlung, die die Einkünfte unberührt lasse.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer die Meinung vertritt, ein "IFB-Wartetastenverlust" sei schon bei den Einkünften zu berücksichtigen. Die Höhe der Einkünfte und des Verlustes sei im Jahre 1992 gleich gewesen, weshalb die Einkünfte mit Null anzusetzen seien. Unzutreffend gehe die belangte Behörde bei der Verrechnung des Verlustes als von einer Maßnahme der Einkommensermittlung aus.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer im Jahre 1992 gemäß § 2 Abs. 1 GSVG pflichtversichert war. Für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für nach § 2 Abs. 1 GSVG Pflichtversicherte sind nach § 25 Abs. 1 GSVG die durchschnittlichen Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeit in dem Kalenderjahr, in das der Beitragsmonat fällt, drittvorangegangenen Kalenderjahr heranzuziehen, die auf die Zeiten der Pflichtversicherung in diesem Kalenderjahr entfallen; hiebei sind die für die Bemessung der Einkommensteuer herangezogenen Einkünfte des Pflichtversicherten zu Grunde zu legen.
Der so ermittelte Betrag bildet gemäß § 25 Abs. 2 GSVG die Beitragsgrundlage, zuzüglich der auf eine Investitionsrücklage und auf einen Investitionsfreibetrag entfallenden Beträge.
Die von § 25 Abs. 1 GSVG angesprochenen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes (EstG) lauten auszugsweise:
"§ 2. (1) Der Einkommensteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.
(2) Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten,...
(3) Der Einkommensteuer unterliegen nur:
...
3. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23), ...
(4) Einkünfte im Sinne des Abs. 3 sind:
1. der Gewinn (§§ 4 bis 14) bei Land- und Forstwirtschaft, selbstständiger Arbeit und Gewerbebetrieb.
§ 10. (1) Bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren Anlagegütern kann der Steuerpflichtige einen Investitionsfreibetrag von höchstens 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd geltend machen. ...
(8) Entsteht oder erhöht sich durch
gewinnmindernd geltend gemachte Investitionsfreibeträge ein Verlust, so ist der Verlust insoweit weder ausgleichs- noch gemäß § 18 Abs. 6 und 7 vortragsfähig. Ein solcher Verlust ist mit späteren Gewinnen (Gewinnanteilen) aus diesem Betrieb frühestmöglich zu verrechnen."
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Feststellung der Beitragsgrundlage nach § 25 GSVG eine Bindung an das Einkommensteuerrecht in der Weise normiert, dass die für die Bemessung der Einkommensteuer maßgebenden Einkünfte des Pflichtversicherten aus dem drittvorangegangenen Kalenderjahr heranzuziehen sind und dass daher für die Beurteilung, welche Beträge die Einkünfte nach § 25 GSVG bilden und somit auch dafür, welche Beträge diese Einkünfte mindern, das im drittvorangegangenen Kalenderjahr geltende Einkommensteuerrecht maßgeblich ist. Grundlage für die Bemessung der Beiträge bilden daher die Einkünfte aus der die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit und nicht das Einkommen (vgl. die Erkenntnisse vom 16. März 1993, 92/08/0115 und vom 21. Februar 1995, 95/08/0003).
Im Beschwerdefall ist strittig, ob der "Wartetastenverlust" die die Bemessungsgrundlage bildenden Einkünfte schmälert oder erst bei der Ermittlung des Einkommens zu berücksichtigen ist.
Bei einem "Wartetastenverlust" (§ 10 Abs. 8 EstG) handelt es sich um einen durch gewinnmindernd geltend gemachte Investitionsfreibeträge entstandenen oder erhöhten Verlust, der zum frühestmöglichen Zeitpunkt mit Gewinnen "zu verrechnen" ist. Mit einem solchen Verlust im Verhältnis zu Einkünften aus einem Notariat und der sich daraus ergebenden Konsequenz für die Berechnung der Beitragsgrundlage für Beiträge zur Pensionsversicherung nach dem Notarversicherungsgesetz (NVG) hat sich der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 20. September 2000, 97/08/0489, auseinander gesetzt und ist in der hier interessierenden Frage zum Ergebnis gekommen, die Verrechnung des "Wartetastenverlustes" mit späteren Gewinnen sei - ungeachtet ihrer (auch im Beschwerdefall gewählten) Bezeichnung im Einkommensteuerbescheid als "verrechenbare Verluste der Vorjahre" -
eine Maßnahme der Einkommens- und nicht der Gewinnermittlung. Die Einkünfte sind nach diesem Erkenntnis nicht mit dem Einkommen gleichzusetzen, woran auch die Beifügung "versteuerbar" nichts ändere. Ausgangspunkt für die Berechnung der Beitragsgrundlage seien daher die Einkünfte, von denen der "Wartetastenverlust" mangels einer dies vorsehenden Anordnung des Gesetzgebers nicht abzuziehen sei.
Auch das NVG geht bei der Berechnung der Beitragsgrundlage von "nach den Vorschriften über die Einkommensteuer versteuerbaren Einkünfte" bzw. "Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aus dem Notariat, die sich nach dem vorzulegenden Einkommensteuerbescheid für das betreffende Kalenderjahr ergeben" (§ 10 Abs. 1 bzw. § 14 Abs. 1 Z 2) aus, sodass die dem genannten Erkenntnis zugrunde liegende Rechtslage in allen relevanten Punkten mit jener im Beschwerdefall vergleichbar ist, weshalb die dort angestellten Erwägungen, die mehrfach genannten Verluste erst nach Ermittlung, nicht jedoch schon bei der Feststellung der Einkünfte zu berücksichtigen, weshalb sie das Einkommen, nicht jedoch die Einkünfte mindern, auch für den Beschwerdefall gelten.
Die Beschwerdeargumente vermochten an diesem Ergebnis keine Zweifel aufkommen zu lassen, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt war der Schriftsatzaufwand nicht zu ersetzen, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war.
Wien, am 4. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998080325.X00Im RIS seit
22.01.2002