TE UVS Wien 1995/02/03 03/26/3746/93

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.02.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Fridl über die Berufung des Herrn Richard J, vertreten durch RA, vom 27.12.1993 gegen das Straferkenntnis der BPD Wien vom 17.11.1993, AZ: Pst 1916/93/Ha, wegen Übertretung ad 1) §97(5) StVO, ad 2) §5(8) StVO, ad 3) §38(5) StVO, ad 4) §38(5) StVO und ad 5) §20(2) StVO in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 3.2.1995 entschieden:

Zu Punkt 1:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich gemäß §45 Abs1 Z1 VStG eingestellt wird.

Zu Punkt 2:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abgeändert, daß der Spruchpunkt 2) wie folgt zu lauten hat: "von 14.10 Uhr bis 14.12 Uhr dieses KFZ von der L-gasse über die G-gasse/G-straße/B-gasse/W-zeile in einem durch Konsum des Suchtgiftes Heroin beeinträchtigtem Zustand gelenkt."

Die Zitierung der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, wird dahingehend abgeändert, daß der Passus "§5/8 StVO" durch "§99 Abs1 lita StVO" ersetzt wird. Im übrigen wird der Berufung gegen Punkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß §64 Abs1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 1.600,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Zu den Punkten 3, 4 und 5:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung gegen die Punkte 3, 4 und 5 des angefochtenen Straferkenntnisses insoweit Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen von je S 1.000,-- auf je S 500,-- herabgesetzt werden. Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens diesbezüglich auf je S 50,--, ds 10 % der verhängten Geldstrafen, reduziert. Im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Text

Begründung:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgenden Spruch:

"Sie haben am 23.9.1993 als Lenker des PKW W-78

1) um 14.09 in L-gasse die Aufforderung eines SWB aus dem KFZ auszusteigen mißachtet

2) lenkten Sie anschließend dieses KFZ von der L-gasse über die G-gasse/G-straße/B-gasse/W-zeile in einem durch Suchtgift beeinträchtigtem Zustand

3) mißachteten Sie in G-straße/L-platz das Rotlicht der dort befindlichen VLSA sondern fuhren ohne anzuhalten durch den Kreuzungsbereich

4) mißachteten Sie unmittelbar danach an der Kreuzung G-straße/S-gasse abermals das Rotlicht der VLSA

5) überschritten Sie als Lenker des genannten KFZ's auf der Strecke G-straße/L-platz - G-straße/S-gasse die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit um ca 30 km/h

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1)

§97/5 StVO, 2) §5/8 StVO, 3) §38/5 StVO, 4) §38/5 StVO,

5)

§20/2 StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von Schilling 1) 1.000,--, 2) 8.000,--, 3) 1.000,--, 4) 1.000,--, 5) 1.000,--,

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1), 3), 4), 5) je 36 Stunden, 2) 7 Tagen

gemäß ad 1), 3), 4), 5). §99/3a StVO ad 2) §99/1a StVO Ferner haben Sie gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG zu zahlen:

ad 1), 3), 4), 5) je 100,-- S, ad 2) 800,--, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 13.200,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Die dagegen erhobene Berufung wird wie folgt begründet:

Ad 1) Der Einschreitende SWB habe mit der Hand in das Fahrzeug hineingelangt. Eine Aufforderung aus dem Fahrzeug auszusteigen, sei nie an den Berufungswerber ergangen.

Ad 2) Der untersuchende Amtsarzt habe den Berufungswerber nur auf einer vorgezeichneten Linie gehen lassen; trotz Ersuchens sei keine Harn- oder Blutprobe abgenommen worden. Der Berufungswerber habe sich nicht in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden.

Die Punkte 3) bis 5) des Straferkenntnisses wurden eingestanden, diesbezüglich jedoch die Strafhöhe bekämpft, da die Strafen mit den Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht in Einklang stünden.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 24.6.1994 und 22.9.1994 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Berufungswerber bei Anwesenheit seines Vertreters als Partei und die Zeugen Werner Z und BzI Harald T vernommen wurden. Der Vertreter des Berufungswerbers führte zu den Punkten 3 bis 5 des erstinstanzlichen Bescheides aus, daß diese nur hinsichtlich der Strafhöhe bekämpft würden. Diesbezüglich legte der Berufungswerber ausdrücklich ein Geständnis ab.

Zu Punkt 2) führte der Berufungswerber ergänzend aus, es sei richtig, daß er vor dem Betreten durch Polizei in seinem Fahrzeug, nachdem er etwas gegessen habe, geschlafen habe. Er sei von einem SWB aufgefordert worden, die Ärmel hochzukrempeln, dies habe er verweigert. Er habe dem SWB Einsicht in Führerschein und Ausweis angeboten. Er habe die Tür mit dem Ellenbogen zugesperrt. Der Polizist habe in das Auto gegriffen, daraufhin habe der Bw das Fenster hochgekurbelt und sei weggefahren. Später auf dem Kommissariat sei er dem Amtsarzt vorgeführt worden. Diesem habe er seinem Arm gezeigt. Der Arzt habe rote Flecken von früheren Einstichen festgestellt. Der Bw habe den Arzt um eine Harnabnahme ersucht. Der Arzt habe gesagt, das werde nicht gebraucht, da die Einstiche offensichtlich seien. Der Führerschein sei ihm abgenommen worden. Bei der Einvernahme durch einen Beamten der BPDion Wien seien ihm zwei Briefchen unter der Fußmatte seines Autos vorgehalten worden. Der Bw habe dazu ausgeführt, daß sei unmöglich. Es sei ihm eine 48stündige Anhaltung angedroht worden. Die Briefchen seien ihm nicht gezeigt worden. Durch Zeitdruck, da er seine Arbeit in P um 17.30 Uhr erreichen mußte, habe er schließlich die Niederschrift vom 23.9.1993 (Seite 5 des erstinstanzlichen Aktes) unterfertigt. Über Vorhalt der auf der Niederschrift festgehaltenen Beginnzeit 17.30 Uhr führte der Berufungswerber aus, er habe die erste Filmvorführung ausfallen lassen und um 20.00 Uhr und 20.15 Uhr vorführen können. Er habe diese Erklärung nur abgegeben, um nicht festgenommen zu werden. Es sei nicht richtig, daß er wie in oa Niederschrift festgehalten, kurz vorher Heroin gespritzt habe und das Fahrzeug in dadurch beeinträchtigtem Zustand gelenkt habe.

Der erstinstanzliche Akt wurde verlesen.

Laut Niederschrift der Bundespolizeidirektion Wien, vom 23.9.1993, Zl Kr 1355-Mh/93/Ha hatte der nunmehrige Berufungswerber folgendes angegeben:

"Ich fuhr heute gegen 13.00 Uhr, mit meinem Fahrzeug in den 8. Bezirk, zur U-Bahnstation G-Straße. Ich hatte die Absicht, mir dort um ÖS 500,-, Heroin aufzustellen. Ich stellte mein Fahrzeug glaublich in der L-gasse ab und ging ich dann zu Fuß zur U-Bahnstation. Mir ist die G-Straße als Umschlagplatz für Suchtgift bekannt und habe ich bereits des öfteren dort Heroin gekauft. Dort wurde ich dann von Personen angesprochen, welche mir Heroin zum Kauf anboten. Von einem Mann, ich beschreibe ihn wie folgt: ca 20 - 25 Jahre alt, ca 170 cm groß, ausländischer Typ, schwarzes kurzes Haar, Dreitagebart, bekleidet mit einer braunen Rauhlederjacke und schwarzer Jeanhose, Name ist mir unbekannt, kaufte ich dann 1 Briefchen Heroin um 500.-.

Nachdem ich das Suchtgift gekauft hatte, ging ich zurück zu meinem Fahrzeug. Im Fahrzeug hatte ich schon eine Einwegspritze zurechtgelegt und ich setzte mir gleich im Auto einen Schuß. Die Wirkung des Heroins setzte sofort ein und ich fuhr daher mit dem Auto nicht mehr weg. In der Folge muß ich durch den Schuß eingeschlafen sein. Glaublich habe ich ca eine 1 Stunde im Fahrzeug geschlafen, bis ich von zwei Polizisten geweckt wurde. Diese wollte eine Fahrzeugkontrolle durchführen. Ich bekam plötzlich eine Panik und startete das Auto und fuhr davon. Die Polizisten verfolgten mich mit dem Polizeiauto und hielten mich nach kurzer Verfolgung, in der W-zeile, an. Ich möchte dazu aber sagen, daß ich freiwillig stehengeblieben bin. Anschließend wurde ich festgenommen und auf das Kommissariat gebracht.

Zu meinem Suchtproblem möchte ich noch angeben:

Ich bin seit ca 1 Jahren heroinabhängig und benötige ich im Monat ca sieben bis acht Tausend Schilling. Bis vor ca vier Monaten hatte ich einen Therapieplatz beim Grünen Kreis in Aspang. Seitdem wurde ich wieder viermal rückfällig, befinde mich aber nach wie vor in Therapie. Ich habe auch einen Betreuer und versuche gegen mein Drogenproblem anzukämpfen.

Die Angaben entsprechen der Wahrheit. Mehr habe ich nicht anzugeben."

Der Vertreter des Bw wies darauf hin, daß im Fahrzeug keine Spritze vorgefunden worden sei und auch keinen diesbezüglichen Feststellungen die im Akt seien.

Über Vorhalt der Niederschrift vom 23.9.1993 bestätigte der Bw seine Unterschrift.

Der Berufungswerber gab zu allseitigen Verhältnissen befragt an:

derzeit kein Einkommen, eineinhalbjährige Therapie im grünen Kreis seit Dezember 1993, kein Vermögen, keine Sorgepflichten.

Der Zeuge T sagte folgendes aus:

"...Ich bin Beamter im Koat Kriminalabteilung. Ich kann mich an die Vernehmung des Bw erinnern. Ich weiß, daß er festgenommen worden war. Ich führte die Vernehmung bezüglich Suchtgiftmißbrauch bzw Besitz durch. Der verwaltungsstrafrechtliche Tatbestand liegt nicht in meinem Aufgabenbereich, sondern wurde von mir der gerichtlich strafbare Tatbestand herausgearbeitet. Nach meiner Erinnerung war der Bw lethargisch, müde und körperlich in einer schlechten Verfassung. Die Vernehmung erfolgte so, daß der nunmehrige Bw bei der Vernehmung auf dem Bildschirm mitlesen konnte. Vor der Unterschrift wird das Protokoll nochmals verlesen. Über Vorhalt des Protokolls vom 23.9.1993, des Passus Seite 2 'Im Fahrzeug ....': Es wurde so protokolliert, wie er es gesagt hatte. Wenn der Bw nichts gesagt hätte, wäre auch nichts protokolliert worden. Es wird exakt das protokolliert, was der Beschuldigte angibt. Es wäre möglich gewesen, daß er sagt: Ich verweigere die Aussage, oder ähnliches."

Über Befragen durch den Vertreter des Berufungswerbers (VBw): "Ob der Bw im Falle einer Verweigerung der Aussage freigelassen wird oder nicht, entscheidet der zuständige Jurist nach Rücksprache mit der StA. Ich nehme an, daß in diesem Fall Rücksprache gehalten worden ist. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob damals darüber gesprochen wurde, daß der Bw unter Zeitdruck stand, da er am Abend einen Kinobetrieb in P zu führen und zu eröffnen habe. Wenn Suchtgift vorgefunden wird, wird es sichergestellt und es wird eine Anzeige erstattet. Es wird ein Sicherstellungsprotokoll angefertigt. Dieses kommt in den Akt."

Über Vorhalt, daß es sich im gegenständlichen Verfahren lediglich um eine Verwaltungsübertretung handelt:

"Ob es einen Parallelakt gibt, weiß ich nicht. Ich kann mich nicht erinnern, daß mir von den SWB mitgeteilt wurde, daß eine Einwegspritze und zwei Suchtgiftbriefchen vorgefunden wurden: Ich muß diesbezüglich auf die den Vorfall zugrundeliegende Anzeige durch die SWB verweisen. Ich machte nur die Einvernahme bezüglich Suchtgift.

Außerhalb des Protokolls wurde dem Bw nicht angedroht, daß er für den Fall, daß er die Anlastung nicht zugibt, in Haft genommen wird.

Die Vernehmung wurde von mir alleine durchgeführt."

Dazu führte der Bw aus: Dies stimme nicht. Im konkreten Fall handelte es sich um zwei Beamte, die sich bei der Vernehmung abwechselten.

Dazu führte der Zeuge aus:

"Der Beschuldigte wird bei uns im Gruppenzimmer, in dem fünf Beamte sitzen, vernommen. Auf beiden Seiten sind Türen. Es kommen und gehen ständig Leute. Die Vernehmung wurde von mir allein durchgeführt. Es ist nicht auszuschließen, daß ein anderer Beamter Zwischenfragen gestellt hat."

Der Zeuge Dr Z sagte folgendes aus:

"...Ich kann mich an ihn eigentlich nicht mehr erinnern. Ich kann mich auch an den Vorfall nicht mehr erinnern. Es handelt sich bei derartigen Vorfällen für mich um eine Routineangelegenheit. Ich habe ca einmal die Woche oder innerhalb von vierzehn Tagen mit Suchtgiftangelegenheiten zu tun. Wenn der Verdacht einer Suchtgiftbeeinträchtigung vorliegt, werde ich geholt. Es ist möglich, daß irgendeine Auffälligkeit vorliegt oder daß der Beschuldigte selbst zugibt, Suchtgift genommen zu haben. Wenn der Untersuchte, obwohl Auffälligkeiten von mir festgestellt werden, einen Suchtgiftabusus ableugnet, dann halte ich das fest, was ich objektivierbar wahrnehmen kann: zB Enge Pupillen, daß er agitiert ist, daß die Nase rinnt. Ich kann in einem derartigen Fall nicht einen klinischen Befund, die Art des Suchtgiftes mit Sicherheit feststellen. Dazu bräuchte ich einen Hilfsbefund, das wäre die Harnuntersuchung. Wenn hingegen der Untersuchte angibt, Heroin gespritzt zu haben und meine Wahrnehmungen, zB enge Pupillen und ein Einstich damit nicht im Widerspruch stehen, dann halte ich das im Gutachten fest oder formuliere, daß es glaubwürdig ist."

Über Vorhalt des Gutachtens und des Vorbringens des Bw: "Zunächst einmal schreibe ich hinein, was mir der Untersuchte sagt. Wenn der Untersuchte angibt, Heroin gespritzt zu haben, meine Untersuchung dies jedoch nicht bestätigt, würde ich in das Gutachten hineinschreiben: Aufgrund der klinischen Untersuchung ist eine Applikation eher unwahrscheinlich."

Über weiteren Vorhalt des Gutachtens: "Auch im nachhinein stellte es sich für mich so dar, daß ich höchstwahrscheinlich keine Zweifel an einem Heroinabusus hatte. Ich müßte allerdings auch den klinischen Befund sehen."

Über Vorhalt des Schriftstückes: "Dieses wurde von mir verfaßt. Es handelt sich dabei um eine grob klinische Untersuchung, in der sich ein Widerspruch befindet, nämlich die Pupillenreaktion wurde mit prompt angekreuzt. Daraus kann nicht eindeutig ein Heroinabusus festgestellt werden. Ich kann nicht ausschließen, daß der Untersuchte kein Heroin genommen hat."

Dazu führte der Bw aus, daß er eine Harnprobe verlangt habe. "Es ist nicht denkbar, daß ich den ersten Satz des Gutachtens geschrieben habe, ohne daß dies der Untersuchte selbst gesagt hat. Er ist schließlich nicht mein Feind. Den klinischen Befund und das anschließende Gutachten wird immer von mir selbst getippt. Nur den Kopf schreibe ich nicht. Das Gutachten ist nur von mir alleine unterschrieben."

Der Bw wiederholte, daß er keine Aussage im Sinne des ersten Satzes des Gutachtens gemacht habe.

Der VBw beantragte die Einholung des Sicherstellungsprotokolles und die Einvernahme der beiden SWB, BzI S und Insp P zum Beweis dafür, daß die behaupteten Suchtgiftbriefchen und die Einwegspritze nicht im Fahrzeug waren.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wird folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

ad 1: Der Berufungswerber war um 14.09 Uhr in L-gasse der Aufforderung eines SWB, aus dem geparkten KFZ auszusteigen, nicht gefolgt.

ad 2: Der Berufungswerber hatte sich am 23.9.1993 um ca 13.00 Uhr Heroin injiziert und das verfahrensgegenständliche Fahrzeug zu den im angefochtenen Straferkenntnis inkriminierten und im Spruch dieses Bescheids modifizierten Tatumständen in durch das Suchtgift Heroin beeinträchtigtem Zustand gelenkt.

Dazu wurde erwogen:

ad 1: Gemäß §97 Abs4 StVO sind Organe der Straßenaufsicht berechtigt, zum Anhalten aufzufordern. Da sich der Berufungswerber jedoch in einem geparkten Fahrzeug befunden hatte, hatte er die angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen.

ad. 2: Diese Feststellung stützt sich auf den Inhalt des Aktes der BPDion Wien AZ Pst 1916 Mh/93 Ha, insbesondere den Inhalt der Niederschrift vom 23.9.1993 mit dem nunmehrigen Berufungswerber, sowie auf die glaubwürdigen und und im wesentlichen schlüssigen Angaben der Zeugen Dr Werner Z und BzI Harald T.

Die Verantwortung des Berufungswerbers lief im Berufungsverfahren im wesentlichen darauf hinaus, daß ihm eine 48stündige Anhaltung angedroht worden sei und er daher unter dem Druck, seinen Arbeitsplatz in P zeitgerecht zu erreichen, die Niederschrift vom 23.9.1993 unterfertigt habe.

In dieser Niederschrift hatte der Berufungwerber die Begleitumstände, nämlich den Erwerb des Suchtgiftes, dessen Konsum und sein Suchtproblem so detailgetreu, schlüssig und nachvollziehbar dargestellt, daß schon alleine diese Niederschrift keine Zweifel offenläßt.

Zieht man die Ereignisse nach dem Kontakt mit zwei Sicherheitswachebeamten (nämlich laut Anzeige vom 23.9.1993 einer Verfolgungsjagd mit einem Streifenkraftwagen, anläßlich der die unter den Punkten 3 - 5 des Straferkenntnisses festgestellten Verwaltungsübertretungen durch den Berufungswerber gesetzt wurden) ins Kalkül, zeigt sich, daß diese ohne begründete Angst vor behördlicher Verfolgung keinen Sinn ergeben. Hätte der Berufungswerber nämlich - wie er es im Berufungsverfahren darzustellen versucht - lediglich nach einer Mahlzeit in seinem Fahrzeug geschlafen, hätte es keinen nachvollziehbaren Grund gegeben, vor den Sicherheitswachebeamten in derart drastischer Art und Weise die Flucht zu ergreifen. Er hatte damit ein Verhalten gesetzt, mit dem er andere und auch sich selbst massiv gefährdete. Allein dieser Umstand, der sich als durch das Suchtgift herbeigeführte Reduktion der Hemmschwelle deuten läßt, ist schon ein deutlicher Hinweis auf die durch das Suchtgift eingetretene Beeinträchtigung.

Wenn der Berufungswerber den Tatvorwurf schließlich dadurch zu entkräften sucht, daß weder eine Einwegspritze noch ein weiteres Briefchen mit Heroin festgestellt wurden, so ist dem folgendes entgegenzuhalten: Der Berufungwerber hatte anläßlich seiner Einvernahme selbst angegeben, glaublich eine Stunde in seinem Fahrzeug geschlafen zu haben. Er hatte also genügend Zeit, sich der Einwegspritze zu entledigen, zumal es im Wesen von Einwegspritzen liegt, nach ihrer Verwendung entsorgt zu werden. Ob weitere Briefchen gefunden wurden oder nicht ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Es erübrigt sich daher, darauf näher einzugehen.

Für den Standpunkt des Berufungswerbers sprach einzig die Aussage des Dr Z, der in seinem Gutachten einen Widerspruch, nämlich die Feststellung einer prompten Pupillenreaktion ausgemacht hatte. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß das Gutachten im übrigen den Angaben, die der Berufungswerber gegenüber dem Zeugen T gemacht hatte, entspricht. Der Zeuge Dr Z hatte in seinem Gutachten neben alten Einstichen auch eine frische Einstichstelle festgestellt. Schließlich hatte der Berufungswerber auch seine (damalige) Heroinabhängigkeit einschließlich seines finanziellen Bedarfs dafür (S 7.000,-- bis S 8.000,-- pro Monat) anläßlich der Einvernahme durch die Behörde erster Instanz einbekannt. Der Widerspruch im Gutachten des Dr Z vermag daher die obige Feststellung nicht zu entkräften.

Abschließend ist zu sagen, daß das Argument des Berufungswerbers, er habe das Protokoll nur deswegen unterfertigt, um seinen Arbeitsplatz in P zu erreichen, schon deswegen nicht überzeugen konnte, da er die erste Vorführung bereits versäumt hatte. Er hatte also ohnehin bereits einen Nachteil im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit erlitten. In Anbetracht dessen ist keine sinnvolle Relation zwischen dem möglichen momentanen Vorteil, der sich aus einer Selbstbelastung ergeben hätte, und einem andernfalls drohenden Nachteil zu erkennen.

Die erkennende Behörde ist daher zur Überzeugung gelangt, daß der Berufungswerber etwa eine Stunde vor der inkriminierten Tatzeit Heroin in einem Ausmaß konsumiert hatte, das seine Fahrtüchtigkeit wesentlich beeinträchtigt hatte. Die beantragte Einholung des Sicherstellungsprotokolles und die Einvernahme der beiden SWB, BzI S und Insp P zum Beweis dafür, daß die behaupteten Suchtgiftbriefchen und die Einwegspritze nicht im Fahrzeug waren, erschienen daher entbehrlich.

§99 Abs1 lita StVO in der anzuwendenden Fassung bestimmt, daß, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, mit einer Geldstrafe von S 8.000,-- bis S 50.000,-- im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen ist. Der Gesetzgeber hat bei Suchtgift - anders als bei Alkohol - keine Grenzwerte normiert, bei deren Erreichen ein Fahrzeuglenker unwiderlegbar als beeinträchtigt zu gelten hat; dies bedeutet aber, daß jede Beeinträchtigung eines Lenkers die im Zusammenhang mit nachgewiesenem Suchtgiftmißbrauch steht, die Strafbarkeit gemäß §99 Abs1 lita StVO nach sich zieht. Dem Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung kommt daher unter dem Blickwinkel der Tatbestandsmäßigkeit nur untergeordnete Bedeutung zu. Die Behörde erster Instanz hat im vorliegenden Fall die im Gesetz vorgesehene Mindeststrafe verhängt; als mildernd wurde die bisherige einschlägige Unbescholtenheit gewertet, als erschwerend das Zusammentreffen höchst gefährlicher Verwaltungsübertretungen. Wenngleich nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates das Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen keinen Erschwerungsgrund darstellt, kommt eine Herabsetzung unter die Mindeststrafe schon begrifflich nicht in Betracht. Auch konnte nicht gemäß §21 VStG von der Strafe abgesehen werden, sind doch die Folgen der Übertretung, die im vorliegenden Fall durch schwere Gefährdung des Berufungswerbers selbst, anderer Verkehrsteilnehmer und der Sicherheitswachebeamten und das Begehen weiterer Verwaltungsübertretungen besonders deutlich zu Tage traten, keineswegs als unbedeutend einzustufen. Da auch kein beträchtliches Überwiegen von Milderungsgründen vorliegt, kommt auch eine außerordentliche Strafmilderung gemäß §20 VStG nicht in Betracht.

Die Abänderung des Spruches hinsichtlich der Tatumschreibung war zur Konkretisierung der Tat und deswegen erforderlich, da sich dieser Spruchpunkt hinsichtlich der Tatzeit auf den nunmehr weggefallenen Punkt 1) bezogen hatte. Die Abänderung des Zitats der verletzten Verwaltungsvorschrift erfolgte, da die von der Behörde erster Instanz zitierte Bestimmung des §5 Abs8 StVO in der zur Tatzeit anzuwendenden Fassung offenbar irrtümlich erfolgte.

Ad 3-5:

§19 VStG bestimmt folgendes:

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Geldstrafen waren im Hinblick auf die als sehr ungünstig anzusehenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Berufungswerbers spruchgemäß herabzusetzen. Da die Herabsetzung der Geldstrafen ausschließlich wegen der allgemeinen Verhältnisse des Berufungswerbers herabgesetzt wurden, waren die Ersatzfreiheitsstrafen nicht herabzusetzen.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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