TE UVS Niederösterreich 1995/02/07 Senat-LF-94-003

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Veröffentlicht am 07.02.1995
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Ebenso Senat-LF-94-004 Spruch

Der Berufung wird keine Folge gegeben und wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51, AVG, iVm §24 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52, VStG.

 

Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Geldstrafe, somit S 140,--, zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlage:

§64 Abs1 und 2 VStG.

 

Der Gesamtbetrag in der Höhe von S 910,-- (Geldstrafe: S 700,--, Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Bezirksverwaltungsbehörde: S 70,--, Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens: S 140,--) ist binnen 2 Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlage:

§59 Abs2 AVG.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 15. Dezember 1993, Zl 3-****-93, wurde über die Berufungswerberin wegen Übertretung des §103 Abs2 KFG 1967 gemäß §134 Abs1 leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden) verhängt.

Im Spruch dieses Straferkenntnisses wurde folgendes als erwiesen angesehen:

"Sie haben als Zulassungsbesitzer folgende Verwaltungsübertretung begangen:

 

Zeit: v. 16.8.1993 bis 30.8.1993

Ort: R*******, G***** 11

 

Fahrzeug: PKW, Kennz **.***

Tatbeschreibung:

 

Tatbild

Der Bezirkshauptmannschaft xx

über deren schriftliche Anfrage vom 11. August 1993 nicht innerhalb von 2 Wochen darüber Auskunft erteilt, wer dieses Kfz am 23.3.1993 um 15,02 Uhr in H*******, Bundesstraße **, bei km 42,0 in Fahrtrichtung K******* gelenkt hat."

 

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung, mit welcher das Straferkenntnis zur Gänze angefochten wurde, brachte die Berufungswerberin vor, daß ihr am 16.8.1993 zwei Anfragen betreffend die Auskunftserteilung, wer am 23.2.1993 um 15.02 Uhr und um 15.07 Uhr ihren PKW N **.*** im Ortsgebiet H******* auf der B ** gelenkt habe, zugestellt wurden. Die Berufungswerberin habe am 23.8.1993 diese beiden Anfragen ihrem Rechtsfreund Dr M***** zur Bearbeitung weitergegeben, welcher dieselben am 24.8.1993 an die Berufungswerberin mit dem Hinweis rückübersendet habe, daß diese auszufüllen seien und an die Bezirkshauptmannschaft xx umgehend bei sonstiger verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortung zu retournieren seien. Diesen Brief habe die Berufungswerberin jedoch nicht bekommen. Bis zum Zeitpunkt des Erhaltes der Strafverfügung sei sie der Meinung gewesen, daß die Sache erledigt sei. Die Strafverfügungen seien am 17.9.1993 dem Rechtsfreund übergeben worden, die Umstände aufgeklärt und sofort die Auskunft an die Bezirkshauptmannschaft xx nachträglich erteilt worden.

 

Nach Meinung der Berufungswerberin scheine dieser Sachverhalt entscheidungswesentlich und aufgrund der vorliegenden Urkunden evident.

Auch das Verwaltungsstrafverfahren kenne keine Erfolgshaftung, sondern sei nur der schuldhaft Handelnde zu bestrafen. Die Erstbehörde habe zu Recht nicht Vorsatz angenommen, es liege jedoch im gegenständlichen Fall auch nicht leichteste Fahrlässigkeit vor. Es stelle kein fahrlässiges Handeln dar, wenn Anfragen zur Lenkererhebung an den Rechtsfreund weitergeleitet werden, damit dieser eben dem Rechtssuchenden Information erteilt. §5 Abs2 VStG schließe ja weitgehend die Unkenntnis der Verwaltungsvorschriften als Entschuldigungsgrund aus. Die Berufungswerberin habe sich daher berechtigterweise über die Konsequenzen ihres Handelns erkundigen müssen.

Im Umstand, daß die entsprechende Rechtsbelehrung schriftlich an die Berufungswerberin rückgesendet und offensichtlich im Postweg in Verstoß geraten sei, könne ein fahrlässiges Handeln der Berufungswerberin nicht gesehen werden. Darüberhinaus lägen jedenfalls die Voraussetzungen des §21 Abs1 VStG vor. Die Behörde hätte ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen sollen. Die Erstbehörde habe es übersehen, daß die Berufungswerberin zu dem Zeitpunkt, als sie in Erfahrung brachte, daß sie ihrer Auskunftsverpflichtung nicht nachgekommen sei, umgehend Auskunft erteilt habe. Allein daraus ergebe sich, daß die Berufungswerberin es nicht beabsichtigt oder versäumt habe, hier ihrer Auskunftsverpflichtung nicht nachkommen zu wollen, sondern daß Umstände vorlagen, die dies verhindert hätten.

 

Die Berufungswerberin stellte den Antrag, in Stattgebung der vorliegenden Berufung das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben, in eventu von der Verhängung einer Strafe abzusehen und eine Ermahnung auszusprechen.

 

Die Berufungsbehörde hat hierüber in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Nach §103 Abs2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Bestitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilten, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen 2 Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Aus dem der Berufungsbehörde vorliegenden Verwaltungsstrafakt der Bezirksverwaltungsbehörde ergibt sich, daß die der Berufungswerberin als Zulassungsbesitzerin zugestellte Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft xx vom 11.8.1993 zur Bekanntgabe des Lenkers ihres Kraftfahrzeuges N **.*** im vorletzten und letzten Absatz dieses Schreibens genau und unmißverständlich angibt, welche Verhaltensweise von der nunmehrigen Berufungswerberin erwartet wurde.

 

Wie die Berufungswerberin in ihrem Berufungsantrag bereits richtig ausgeführt hat, stellt die Unkenntnis der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nicht einen Schuldausschließungsgrund dar. Weiters ist im gegenständlichen Fall festzustellen, daß eine Anfrage um Auskunftserteilung nicht eine derart komplexe Rechtsmaterie darstellt, die einer Beiziehung eines Rechtsanwaltes bedürfte. Da eine Auskunftserteilung über den Lenker eines bestimmten Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt nur jeweils vom Zulassungsbesitzer höchstpersönlich erfolgen kann, da Normadressat der Bestimmung nach §103 Abs2 KFG der Zulassungsbesitzer selbst und nicht eine andere Person ist, war die Beiziehung eines Rechtsanwaltes im gegenständlichen Fall nicht nur aufgrund der allgemein und für jedermann verständlichen Aufforderung zur Auskunftserteilung an die Zulassungsbesitzerin, sondern auch mangels eines entsprechenden Wissensstandes des rechtsfreundlichen Vertreters der Berufungswerberin in keiner Weise erforderlich und zweckmäßig.

Selbst wenn man der Berufungswerberin diese unzweckmäßige Vorgangsweise zubilligen kann, so stellt es in keiner Weise einen Schuldausschließungsgrund dar, wenn sich die Berufungswerberin in der Folge nicht mehr um die Rechtsangelegenheit kümmert und, ohne auf das Ende der Frist zu achten und irgendwelche Rückfragen bei ihrem Anwalt oder bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde vorzunehmen, inaktiv blieb.

Die Berufungswerberin hätte knapp vor Ablauf der ihr von der Bezirksverwaltungsbehörde im Schreiben vom 11.8.1993 gewährten Frist bei Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt eine entsprechende Rückfrage bei ihrem rechtsfreundlichen Vertreter oder bei der Bezirksverwaltungsbehörde (in der Sache selbst) halten müssen, sodaß sie der ihr obliegenden Verpflichtung nach §103 Abs2 KFG entsprechen hätte können.

Das Verlangen der Bezirkshauptmannschaft xx vom 11.8.1993 um Auskunfterteilung binnen der der Berufungswerberin zur Verfügung stehenden Frist von 2 Wochen nach Zustellung der Aufforderung war so verständlich und klar gefaßt, daß es jede Person, die des Lesens mächtig ist und die über die volle Dispositionsfähigkeit verfügt, auch ohne Beiziehung eines rechtsfreundlichen Vertreters verständlich sein mußte.

Die von der Berufungswerberin geltend gemachte Verspätung des Schreibens ihres rechtsfreundlichen Vertreters war somit rechtsunerheblich und in keiner Weise geeignet, den der Berufungswerberin selbst obliegenden gesetzlichen Handlungsbedarf auszuschließen.

 

Zur Strafhöhe wurde erwogen:

 

Gemäß §19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Weiters haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

§134 Abs1 KFG 1967 sieht für eine Übertretung des §103 Abs2 leg cit die Verhängung einer Geldstrafe bis zu S 30.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit Arrest bis zu 6 Wochen vor.

Der Berufungswerberin ist grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, zumal sie in Kenntnis einer allgemein verständlichen und an sie höchstpersönlich adressierten Aufforderung unter gleichzeitiger klarer Fristsetzung nicht die geeigneten erforderlichen Schritte zur Bekanntgabe des Lenkers unternommen hat. Bei Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt hätte die Berufungswerberin sich nicht auf die weitere Bearbeitung der Angelegenheit durch ihren Rechtsanwalt verlassen dürfen, sondern wäre vielmehr, wie oben bereits dargestellt, vor Ablauf der ihr bekannten Frist verhalten gewesen, sich durch Rückfrage bei ihrem Anwalt oder durch Kontaktnahme mit der Behörde selbst pflichtgemäß, weil fristgerecht, zu verhalten. Schutzzweck der Norm nach §103 Abs2 KFG ist es, zu gewährleisten, daß die Behörde umgehend binnen der gesetzlich vorgesehenen Frist vom Zulassungsbesitzer Auskunft darüber erhalten kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Fahrzeug gelenkt hat. Die fristgerechte Auskunftserteilung durch den Zulassungsbesitzer ermöglicht der Bezirksverwaltungsbehörde die fristgerechte Ahndung von Verwaltungsübertretungen.

 

Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin, erschwerend war kein Umstand zu werten.

 

Die Tatsache, daß der Berufungswerberin vorsätzliches Verhalten nicht anzulasten ist, stellt nicht einen Milderungsgrund dar, da die Form des Verschuldens neben den Erschwerungs- und Milderungsgründen eine der Beurteilungskriterien für die Bemessung der Strafhöhe darstellt.

 

Die Berufungsbehörde konnte selbst bei Zugrundelegung tristester Einkommensverhältnisse, keines Vermögens und von Sorgepflichten im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat, das Verschulden der Berufungswerberin und unter gleichzeitiger Berücksichtigung des gesetzlichen Strafrahmens, der eine Geldstrafe bis zu S 30.000,-- vorsieht, nicht finden, daß die von der Bezirksverwaltungsbehörde verhängte Geldstrafe unangemessen hoch wäre. Die verhängte Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- befindet sich ohnedies im untersten gesetzlich möglichen Strafrahmen, berücksichtigt das Vorliegen eines Milderungsgrundes und soll gleichzeitig geeignet sein, spezial- und generalpräventive Wirkung zu erzeugen. Auch die von der Bezirksverwaltungsbehörde angedrohte Ersatzfreiheitsstrafe war als durchaus angemessen und nieder gewählt zu bewerten.

 

Eine Anwendung des §21 VStG hatte nicht zu erfolgen, da das Verschulden der Berufungswerberin als nicht gering zu werten war, keinesfalls aber als hinter dem typisierten Unrechtsgehalt der Tat zurückbleibend einzustufen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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