TE UVS Niederösterreich 1995/02/08 Senat-KS-94-042

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Veröffentlicht am 08.02.1995
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

Text

Der Magistrat der Stadt xx erkannte den Berufungswerber mit Strafverfügung vom 4.5.1994 der Verwaltungsübertretung nach §§ 38 Abs5, 99 Abs3 lita StVO 1960 schuldig.

 

Diese Strafverfügung wurde mittels internationalem Rückschein versandt und am 14.6.1994 von der Gattin des Berufungswerbers übernommen.

 

Am 29.6.1994 brachte der Berufungswerber beim Magistrat der Stadt xx gegen diese Strafverfügung das Rechtsmittel des Einspruches ein.

 

Mit Bescheid vom 21. Juli 1994 wies die Behörde erster Instanz den Einspruch als verspätet zurück.

 

Gegen diesen Zurückweisungsbescheid erhob der Berufungswerber fristgerecht das als Einspruch bezeichnete Rechtsmittel und führte - neben Ausführungen zum Vorwurf der Verwaltungsübertretung gemäß §38 Abs5, 99 Abs3 lita StVO 1960 - aus, daß die Strafverfügung am 14.6.1994 durch seine Ehefrau übernommen worden sei und er wegen eines Auslandsaufenthaltes diese erst am 29.6.1994 habe beantworten können.

 

Im ergänzenden Ermittlungsverfahren legte der Berufungswerber eine Bestätigung vor, wonach er vom 13. bis zum 27. Juni 1994 in Spine Surgery gewesen sei.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Gemäß §48 Abs2 VStG sind Strafverfügungen zwingend zu eigenen Handen zuzustellen. Gemäß §21 Abs1 Zustellgesetz dürfen dem Empfänger zu eigenen Handen zuzustellende Sendungen nicht an einen Ersatzempfänger zugestellt werden. Unterlaufen bei einer Zustellung Mängel, so gilt sie als in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist, tatsächlich zugekommen ist (§7 Zustellgesetz).

 

Gemäß §11 Abs1 Zustellgesetz sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstige Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen. Aus dieser Gesetzesstelle ergibt sich, daß bei Vorhandensein von internationalen Vereinbarungen diese als Zustellnorm Priorität haben und daher gemäß diesen Vereinbarungen vorzugehen ist.

 

Für Zustellungen von Schriftstücken im Verwaltungsstrafverfahren an einen Empfänger in der Bundesrepublik Deutschland sind die Bestimmungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl Nr 526/1990 maßgeblich. Dieser Vertrag bestimmt in Art 10, daß Schriftstücke im Verfahren nach Art 1 (1) - dazu gehört auch das österreichische Verwaltungsstrafverfahren - unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt werden. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftsstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen.

 

Die Versendung der Strafverfügung vom 4.5.1994 erfolgte als Einschreibsendung mit dem Formular der österreichischen Postverwaltung "C5" (internationaler Rückschein), welcher als Bedingung für die Zustellung anführt:

 

"Dieser Schein ist möglichst vom Empfänger, anderernfalls von einer anderen gemäß den Vorschriften des Bestimmungslandes hiezu ermächtigten Person oder, wenn es diese Vorschriften anordnen, vom Beamten des Bestimmungsamtes zu unterzeichnen und mit nächster Post unmittelbar an den Absender zurückzusenden."

 

Auf dem Zustellschein fehlt jeder Hinweis auf das Erfordernis der eigenhändigen Zustellung der übermittelten Strafverfügung und läßt darüberhinaus erkennen, daß auch eine Ersatzzustellung vorgesehen ist. In der vorliegenden Form stellt der internationale Rückschein somit kein taugliches Mittel zur Zustellung von Strafverfügungen zu eigenen Handen an einen ausländischen Empfänger dar.

 

Die am 14.6.1994 erfolgte Ersatzzustellung an die Gattin des Berufungswerbers stellt keine rechtswirksame Zustellung an den Empfänger dar und ist somit mit einem Zustellmangel behaftet.

 

Dieser Zustellmangel wurde durch die tatsächliche Übernahme des Schriftstückes durch den Empfänger geheilt. Diese tatsächliche Übernahme erfolgte jedoch frühestens am 27. Juni 1994, sodaß mit diesem Zeitpunkt die Rechtsmittelfrist zu laufen begann und frühestens am 11. Juli 1994 endete.

 

Der am 29. Juni 1994 eingebrachte Einspruch war somit rechtzeitig, sodaß der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

 

Auf das die bekämpfte Strafverfügung betreffende Vorbringen war nicht einzugehen, da Gegenstand dieses Verfahrens lediglich die Frage der verspäteten Einbringung des Einspruches war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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