Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch die Mitglieder Mag Werner Romano als Vorsitzender, Frau Dr Irene Hollinger als Berichterin und Dr Ernst Schopf als Beisitzer über die Berufung des Herrn Ludwig St, vertreten durch RA gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk, vom 22.4.1994, Zl MBA 4/5-S 4553/92, wegen Übertretung des §366 Abs1 Z1 Gewerbeorodnung 1994 entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, daß die Übertretungsnorm "§366 Abs1 Z1 iVm §142 Abs1 Z1 GewO 1994" lautet.
In der Straffrage wird der Berufung jedoch Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe in der Höhe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen) auf S 10.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 5 Tage Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt. Dementsprechend verringert sich der erstinstanzliche Strafkostenbeitrag von S 3.000,-- auf S 1.000,--.
Der Berufungswerber hat daher gemäß §65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Mit angefochtenem Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk, vom 22.4.1994, Zl MBA 4/5 - S 4553/92, wurde dem Beschuldigten zur Last gelegt wie folgt:
"Sie haben gemeinsam mit Ihrem Sohn Gerhard St in der Zeit von 24.08.1990 bis 23.04.1992 in Wien, S- Straße das Gastgewerbe in der äußeren Erscheinungsform einer Arbeiterherberge durch das Vermieten von Schlafstellen, Zuverfügungstellung von Duschen im Keller und von Bettwäsche, ausgeübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§366 Abs1 Z1 Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Schilling 30.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Wochen gemäß §366 Abs1 Einleitungssatz leg cit Ferner haben Sie gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
Schilling 3.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 33.000,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten, in welcher dieser im wesentlichen bestreitet, daß im gegenständlichen Fall die Ausübung des Gastgewerbes vorliege.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 11.10.1994, 30.11.1994 und 23.1.1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Zu dieser Verhandlung erschien jeweils der rechtsfreundliche Vertreter des Berufungswerbers und wurde dieser selbst persönlich einvernommen (23.1.1995) und erfolgte die zeugenschaftliche Einvernahme folgender Personen:
Herr VO Robert M (11.10.1994), Ing Peter T, Dipl-Ing Paul T, Frau Friederike G als informierte Vertreterin der Firma B GesmbH, Herr Ing Rudolf H als informierter Vertreter der Hausverwaltung F & P GesmbH (alle 30.11.1994), Herr Ing Josef W und Frau Margarete K (beide 23.1.1995).
Weiters wurde Herr Gerhard St in der Verhandlung am 30.11.1994 einvernommen und nahm dieser auch an der Verhandlung am 23.1.1995 teil.
Die oben Genannten gaben folgendes zu Protokoll:
VO Robert M:
"Ich kann mich auf Grund des Zeitablaufes seit den Vorkommnissen nur mehr in etwa erinnern. Bezüglich Details muß ich in die Anzeige oder in den Handakt einsehen. Ich weiß nur so viel, daß ich damals auf Grund einer Anzeige der Polizei in das Haus gekommen bin und habe dort auch Leute angetroffen. Ich fragte diese Leute ob sie dort wohnen. Es waren 10 Zimmer in etwa belegt, mit inländischen und ausländischen Personen. Diese Personen konnten auf Aufforderung Meldezettel vorlegen, auf denen gestanden ist: "Arbeiterquartier G & L St" als Unterkunftsgeber. Ich fragte nach der Bezahlung und erhielt ich als Auskunft, daß von den Firmen, Baufirmen, bezahlt wird. Es wird 60,-- + MwSt pro Person pro Tag von den Baufirmen bezahlt. Ich fragte bezüglich der Bettwäsche und wurde mir gesagt, daß diese regelmäßig gereinigt wird. Bettwäsche wurde zur Verfügung gestellt, ebenso war Strom im Preis inbegriffen. Auch wurden die Zimmer teilweise gereinigt. Im Keller waren Duschen und wurden diese zum Zeitpunkt der Revision von Arbeitern benützt. Ob diese auch gereinigt wurden, weiß ich nicht. Ich kann auch jetzt nicht mehr sagen ob die Handtücher zur Verfügung gestellt wurden oder gereinigt wurden.
Ich habe nach der Revision nur telefonisch einmal Kontakt mit einem der Herrn St aufgenommen und habe ihn von der Erstattung der Anzeige in Kenntnis gesetzt. Er hat dies damals nur zur Kenntnis genommen. Und ich habe nach Verträgen mit den Baufirmen gefragt, es wurden mir aber keine vorgewiesen. Die Sache kam damals so ins Laufen, daß Herr St selbst auf die Polizei ging um zu melden, daß eine Person, die ihm unbekannt ist, in einer Wohnung wohnt und wollte er diese Person herausbekommen. Die Polizei stellte dann fest, daß zahlreiche Personen in diesem Haus wohnen und auch gemeldet sind. Der Akt wurde dann dem Bezirksamt zwecks Überprüfung bezüglich des Vorhandenseins einer Arbeiterherberge übermittelt.
Ich habe keine persönlichen Wahrnehmungen über die - teilweise - Reinigung der Zimmer. Es wurde mir gesagt, daß diese von einer Putzfrau gereinigt werden.
Bezüglich des Risikos, wenn Wohnungen leer bleiben und bezüglich des Risikos, wenn Schlafstellen nicht vergeben werden, kann ich nicht mehr sagen ob ich mit Herrn St darüber gesprochen habe und was mir dieser gesagt hat."
Ing Peter T
"Ich weiß über Anmietung von Räumlichkeiten des Hauses Sch-Straße für die Firma bzw für unsere Arbeiter nichts. Ich kann daher nicht sagen, ob unsere Firma im Tatzeitraum des Straferkenntnisses Wohnungen angemietet hat."
Dipl-Ing Paul T
"Ende 1990/Anfang 1991 habe ich für tschechische Arbeiter ein Quartier in Wien gesucht. Ich bin aufgrund eines Inserates zu Herrn St gekommen. Ich bin eigentlich nur als Organisator bzw Vermittler zwischen Herrn St und den tschechischen Arbeitern aufgetreten. Ein schriftlicher Vertrag wurde zwischen mir und Herrn St Gerhard nicht abgeschlossen. Es war so, daß ich anfänglich für das Quartier bezahlt habe und zwar handelte es sich um eine Wohnung mit mehreren Betten und wurde von mir pro Arbeiter bezahlt. Dies war nur anfänglich, später haben die Arbeiter selbst bezahlt. Ich kann anhand der Unterlagen der Arbeiter sehen, daß diese für das Visa den benötigten Unterkunftgeber mit Herrn St angeben. Es wurde der Gesamtpreis ermittelt aufgrund der Anzahl der Arbeiter die dort Quartier bezogen haben. Ob andere Leistungen außer dem zur Verfügung stellen der Wohnung erbracht wurden von seiten Herrn St, weiß ich nicht.
Ich habe mir die Wohnung einmal angeschaut anläßlich des Umstandes, daß ich die Leute dort eingewiesen habe. Es hat sich um eine Wohnung im Erdgeschoß gehandelt, es war eine Abwäsche, Kühlschrank und Gastherme drinnen. Ob ein Duschraum ebenfalls vorhanden war, weiß ich nicht.
Ich betrachte mich eigentlich nur als Organisator und zwar jetzt. Anfänglich bin ich selbst als Mieter aufgetreten, bin aber dann daraufgekommen, daß dieser Umstand zu einer Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge führt. Ich gebe den Leuten ein Nächtigungsgeld, habe ihnen das damals auch schon gegeben und daher trete ich jetzt nicht mehr als "Mieter" auf, sondern müssen die Arbeiter selbst die Miete an Herrn St entrichten. Ich bin damals, Ende 1990/Anfang 1991, aufgrund einer Annonce in der Bauzeitung zu Herrn St gekommen. Den genauen Text in der Annonce weiß ich jetzt nicht mehr, glaube aber, daß mit "Arbeiterquartieren" annonciert wurde.
Der Mietvertrag wurde zeitlich unbegrenzt abgeschlossen."
Friedrike G, inf Vertreterin der Firma B GmbH:
Ich bin im Wiener Büro der Firma B leitende Angestellte. Wir haben Quartiere für unsere Arbeiter beim Zuwandererfonds. Wenn es die Auftragslage erfordert und wir Leute aufnehmen müssen und die Quartiere im Zuwandererfonds dazu nicht ausreichen, müssen wir wo anders Quartiere suchen. So war es im Mai 1991 und kam ich aufgrund einer Annonce in einer Zeitung zu Herrn Gerhard St. Wir haben dann mündlich eine Vereinbarung beschlossen und habe ich eine Wohnung im Haus Sch-Straße angemietet. Die Wohnung habe ich mir angeschaut, sie war frei und habe ich sie genommen. In der Wohnung sind 10 Betten und haben wir eine monatliche Miete für die Wohnung einen Betrag von S 18.000,-- plus 10 % MWSt vereinbart. Die Miete ist noch immer aufrecht. Wir können bis zu 10 Arbeiter in dieser Wohnung unterbringen, manchmal sind weniger Arbeiter drinnen, manchmal eben diese 10. Die Miete bleibt immer gleich, auch wenn weniger Arbeiter in der Wohnung wohnen. Die Arbeiter bekommen Bettwäsche und Putzmittel werden bereit gestellt. Verpflegung bekommen die Arbeiter nicht. Im Erdgeschoß oder im Keller ist ein Duschraum mit gemauerten Duschen vorhanden. An und für sich reinigen die Arbeiter selbst die Wohnung. Wenn etwas gröberes sein sollte, zB Fenster putzen, so fahren von unserer Firma zwei angestellte Bedienerinnen dorthin und erledigen diese Arbeit."
Ing Rudolf H:
"Das Haus in der Sch-Straße wird von der Firma F & P als Hausverwalter verwaltet. Ich bin in dieser Firma als Bautechniker angestellt. Für einige Wohnungen liegen in unserer Kanlzei gängige Mietverträge auf, damit meine ich, Mietverträge aufgrund von normalen üblicherweise verwendeten Mietverträgen. Das Haus wurde 1985 von unserer Kanzlei übernommen, einige von diesen normalen Mietverträgen haben wir übernommen. Dann gibt es noch Wohnungen im Haus, die nicht über die Hausverwaltung vergeben werden, sondern vom Hauseigentümer, Herrn Ludwig St, persönlich. Über diese Wohnungen kann ich nichts sagen, in den Wohnungen selbst war ich nicht drinnen, ich habe nur gehört, daß Baufirmen diese angemietet haben. Wie sich diese Anmiete mit den Baufirmen und Herrn St gestaltet, darüber kann ich nichts sagen, da die Kanzlei darüber keine Unterlagen hat.
Herr Ludwig St ist für uns der Hauseigentümer. Herr Gerhard St hat die Hausbetreuung und Hausreinigung inne. Er ist der Hausmeister. Mir ist bekannt, daß im Keller ein Duschraum ist, wann die Duschen und von wem die Duschen benützt werden können, darüber weiß ich nichts."
Ing Josef W:
"Ich war von 1990 bis Ende 1993 Geschäftsführer der Fa M. Diese Firma ist mittlerweile insolvent. Wir hatten unsere Zentrale in Traun. Für die Arbeiter brauchten wir für die Baustelle in Wien Quartiere und sind so zum Haus in der Sch-Straße. Dieses Haus dürfte dem Bauleiter in Wien bekannt gewesen sein. Wir haben zunächst eine Wohnung, später mehrere Wohnungen angemietet. Diese Mietverträge wurden mündlich abgeschlossen mit Herrn St jun. Die Miete war pro Wohnung/Monat. Die Wohnung wurde angemietet komplett mit Einrichtungsgegenständen, Schlafgelegenheiten und Waschgelegenheiten. Soviel ich weiß, mußten die Arbeiter selbst zusammenräumen. Ob die Bettwäsche drinnen war, weiß ich jetzt nicht, nehme aber an, daß diese die Arbeiter selbst mitnehmen haben müssen bzw wurde diese von uns beigestellt. Die Bettwäsche wurde bei Bedarf zusammengetragen und von unseren Arbeitern in die Wäscherei getragen und wurde der Betrag der Reinigungskosten mit der Firma verrechnet. Wir hatten maximal 20 bis 25 Arbeiter, diese waren auf mehrere Wohnungen verteilt. Die Miete pro Wohnung war jedenfalls immer gleich, egal wie viele Arbeiter drinnen gewohnt haben.
Die Mietverträge waren auf Dauer abgeschlossen. Auch wenn kein Arbeiter in den Wohnungen gewohnt hat, wurde trotzdem die Miete weiterbezahlt. Die Miete wurde vom Unternehmen bezahlt. Sonstige Dienstleistungen (wie zB Frühstück, Abendessen) wurden nicht beigestellt."
Margarete K:
"Ich habe vom 12.7.1971 bis zum Ausgleich am 3.11.1992 in der Firma Karl L & Co GesmbH gearbeitet und zwar war ich dann auch ab 1981 mit der Leitung der kaufmännischen Angelegenheiten betraut. Nach dem Ausgleich bin ich bis dato sporadisch bei dem Masseverwalter Dr B beschäftigt. Die Wohnungen in der Sch-Straße wurden als Arbeiterquartiere angemietet. Angemietet wurden sie vom jeweiligen zuständigen Bauleiter in Wien. Mit der Bezahlung der Miete war dann ich betraut. Die Mietverträge waren meistens schriftlich abgefaßt, der sich im Akt befindliche schon vorgelegte Mietvertrag wurde von Dir St unterfertigt, dieser war Bauleiter in Wien bei einem größeren Kanalprojekt. Ein Exemplar wurde an mich an die Zentrale geschickt. Die Bauleiter waren angewiesen, die Quartiere so günstig wie möglich zu besorgen. Im vorgelegten Mietvertrag wurden Miete pro Bett und Kalendertag berechnet. Dies war aber eher die Ausnahme und wurden sonst meistens ganze Wohnungen angemietet. Von unserer Firma wurden den Arbeitern Strom und Gas und Wasser zur Verfügung gestellt. Was drüber hinausgeht, haben die Arbeiter selbst bezahlen müssen. Sie haben auch dafür zu sorgen gehabt, daß die Wohnung sauber gehalten wird. Einer von den Arbeitern wurde dazu bestimmt, zu schauen, daß die Wohnung sauber ist. Der Betriebsrat schaute sporadisch in den Wohnungen vorbei, ob das auch geschehen ist. Die Bettwäsche nahmen die meisten Arbeiter von zu Hause mit und haben sie zur Reinigung auch wieder nach Hause zurück genommen. In den Wohnungen selbst war keine Bettwäsche. Sollte ein Arbeiter eine solche brauchen, dann sind in unserer Firma Bettwäsche aufgelegen, diese wurde den Arbeitern kostenlos von der Firma L zur Verfügung gestellt und wurde diese auch kostenlos für die Arbeiter gereinigt. Es wurde eine Wohnung jeweils mit einer bestimmten Bettenzahl angemietet. Wenn nicht alle Betten ausgelastet waren, ist die Miete gleichgeblieben und hat sich nicht verringert. Verpflegung wie Frühstück war in der Miete nicht inkludiert. Es ist mir auch nicht bekannt, daß Verpflegung vom Vermieter bereitgestellt worden wäre. Die Bauleiter haben die Wohnungen nach Bedarf für die auf den Baustellen beschäftigten Leute angemietet. Die Bauleiter wurden angehalten regelmäßig in der Zentrale zu berichten, welche Leute in welcher Wohnung wohnen. Sollte es vorgekommen sein, daß in einer Wohnung mit zB 5 Betten längere Zeit lediglich 2 Leute gewohnt haben, so habe ich mich mit den Bauleitern in Verbindung gesetzt, um eventuell andere Arbeiter in diese Wohnung einzuweisen. Die Wohnung wurde mit einer bestimmten Anzahl von Betten von den Bauleitern angemietet. Wir haben in die Wohnungen keine zusätzlichen Betten aufgestellt. Die Wohnungen wurden unter "angemietete Räumlichkeiten für Arbeiterquartiere" verbucht. Den Arbeitern wurde von der Firma L dafür, daß sie in den Wohnungen wohnen können, nichts verrechnet.
Verbucht wurde die Miete für die Wohnungen als "Miete" genauso wie auch die Miete zB für die Zweigstelle in Graz. Strom, Gas und Wasser war in der Pauschalmiete enthalten und war auch für die Arbeiter kostenlos."
Herr Gerhard St führte aus:
"Meinem Vater, Herrn Ludwig St, gehört das Haus in Wien Sch-Straße, ich bin dort als Hauswart angestellt und zwar bei der Kanzlei F & P. Mein Vater und ich wir vermieten die Wohnungen in diesem Haus an Baufirmen. Diese Baufirmen mieten die Wohnungen an, damit ihre Arbeiter unter der Woche dort Quartier beziehen können. In den Wohnungen sind Betten, Spinde, Küche bzw Kochgelegenheit, Kühlschränke, WC. Die Bettwäsche wird von uns zur Verfügung gestellt und sie wird auf unsere Kosten gereinigt. Handtücher müssen die Arbeiter selbst mitbringen. Die Wohnungen werden von den Arbeitern gereinigt, es gibt keine Putzfrau. Ich selbst reinige in den Wohnungen auch nichts, ich bin tagsüber beschäftigt in der PVA der Arbeiter und hätte dazu gar keine Zeit. Auf Vorhalt des von der Firma L bzw dessen Masseverwalter vorgelegten Mietvertrages gebe ich an, daß ich diesen unterschrieben habe. Er stimmt jedoch insofern nicht, als es zwar ursprünglich vorgesehen war, daß wir die Wohnung reinigen lassen, aber in der Folge davon abgesehen wurde und die Arbeiter selbst die Wohnungen reinigen mußten. Darüber kann Frau K, die Prokuristin der Firma L war, Auskunft geben.
Üblicherweise werden die Mietverträge bei uns mündlich abgeschlossen, der vorgelegte Mietvertrag ist eher eine Ausnahme. Die Verträge schließen mein Vater und ich insofern gemeinsam ab, als mein Vater, wenn es sein Gesundheitszustand erlaubt, auch Verträge mit den Firmen abschließt. Dh einmal gehe ich, einmal geht er, oder wir gehen gemeinsam. Das kommt aber eher selten vor, denn es handelt sich um keine Kurzvermietungen, sondern mieten die Baufirmen längerfristig die Wohnungen.
Die Wohnungen sind mit zwei Waschbecken ausgestattet. Wir haben im Keller einen Duschraum installiert, dieser steht allen Wohnungsinhabern zur Verfügung. Die Baufirmen verwenden die Wohnungen um sie ihren Arbeitern, die unter der Woche nach Wien zum Arbeiten kommen, zur Verfügung zu stellen. Die Miete inkludiert keine Verpflegung für die Arbeiter. In der Miete der Wohnung sind wie in den Geschäftsbedingungen im Mietvertrag enthalten die Leistungen, bis auf die Reinigung der Wohnung einmal wöchentlich, ich stelle aber Putzmittel zur Verfügung.
Über Befragen des BV gebe ich an:
Ich stelle keine Verpflegung zur Verfügung, man kann bei mir auch keine Verpflegung kaufen. Andere Dienstleistungen stelle ich nicht zur Verfügung."
Der Berufungswerber Ludwig St führte aus:
"Ich bin Hausbesitzer der Sch-Straße. Mit den Vermietungen der Wohnungen habe ich fast nichts zu tun. Die Mietverträge mit den Baufirmen schließt zu 95 % mein Sohn ab. Es wird eine Wohnung in Pauschalmiete vermietet. Die Pauschalmiete beinhaltet Strom- und Gasverbrauch. In der Wohnung sind Waschgelegenheit und Kochgelegenheit. Die Bettwäsche wird üblicherweise von den Arbeitern selbst überzogen und selbst zur Reinigung gebracht, wenn notwendig. Es kann vorkommen, daß wir auf Kosten der Baufirmen die Bettwäsche in die Reinigung geben. Dieser Betrag für die Reinigung wird aber den Baufirmen nicht extra verrechnet. Es ist in der Miete einkalkuliert. Die Wohnungen werden von den Arbeitern selbst gereinigt. Mein Sohn ist Hausmeister und hat nur die Reinigung der Gänge über. Die Wohnungen sind teilweise ohne Dusche. Daher können die Arbeiter, die in diesen Wohnungen wohnen, die im Keller installierten Duschen verwenden, die Benützung dieser Duschen ist ebenfalls inkludiert. Sonstige Leistungen wie Frühstück oder anderwertige Verpflegung sind in der Miete nicht inkludiert und werden auch nicht bereitgestellt.
Die Bettwäsche wird zur Verfügung gestellt. Es kann jedoch sein, daß ein Arbeiter seine eigene Bettwäsche verwenden will und kann er das selbstverständlich machen. Die Duschen im Keller werden von den Arbeitern selbst gereinigt.
Mein Sohn und ich bilden eine Gesellschaft nach bürgerlichen Recht. Mein Sohn ist mit meinem Einverständnis als Hausmeister bei der Verwaltung F & P angestellt. Ich habe nie einen Meldezettel für einen der wohnenden Arbeiter unterfertigt. Die Baufirmen erfahren durch Mundpropaganda von den Wohnungen. Selten mußten von uns Annoncen zur Ankündigung aufgegeben werden. Die Verträge mit den Baufirmen werden längerfristig geschlossen.
Die Pauschalmiete wird nach Überlegungen festgelegt, wie viele Arbeiter in der Wohnung sein werden. Wir nehmen einen Durchschnittswert was den Verbrauch an Strom, Gas und Putzmitteln fürs Abwaschen betrifft."
Gemäß §366 Abs1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Gemäß §142 Abs1 Z1 leg cit bedarf es einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§124 Z9) für die Beherbung von Gästen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem - zur diesbezüglich inhaltlich gleichen Rechtslage nach der GewO 1859 ergangenen - Erkenntnis vom 29. Nobember 1963, Zl 1758/62, dargetan hat, ist die Frage, ob gewerbsmäßige Fremdenbeherbergung anzunehmen ist, unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles zu beantworten, und zwar im besonderen unter Bedachtnahme auf den Gegenstand des Vertrages (bloß Schlafstelle und Wohnraum und dessen Umfang), Dauer des Vertrages, Verabredung in Ansehung von Kündigung und Kündigungsfristen, Nebenverabredung über Beistellung von Bettwäsche und Bettzeug, über Dienstleistungen wie Reinigung der Haupt- und der Nebenräume, der Bettwäsche, der Kleider usw des Mieters, Beheizung udgl sowie auf die Art und Weise, in welcher der Betrieb sich nach außen darstellt. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl zB das Erkenntnis vom 23. Oktober 1974, Zl 979/74), liegt eine dem Begriff der Fremdenbeherbergung zuzuordnende Tätigkeit dann vor, wenn gleichzeitig mit der Zurverfügungstellung von Wohnraum damit üblicherweise im Zusammenhang stehende Dienstleistungen erbracht werden. Dazu ist erforderlich, daß das aus dem Zusammenwirken aller Umstände sich ergebende Erscheinungsbild ein Verhalten des Vermieters der Räume erkennen läßt, das, wenn auch in beschränkter Form, eine laufende Obsorge hinsichtlich der vermieteten Räume im Sinne einer daraus resultierenden Betreuung des Gastes verrät. So ist zB die entgeltliche Vergabe von Bettstellen in einem Massenquartier selbst dann als Ausübung des Fremdenbeherbergungsgewerbes anzusehen, wenn in völlig unzureichendem Maße sanitäre Einrichtungen beigestellt werden und an Dienstleistungen dem Kunden gegenüber nur die gelegentliche Beistellung von Bettwäsche erbracht wird (vgl das - zur inhaltlich gleichen Rechtslage nach der GewO 1859 ergangene - Erkenntnis vom 8. November 1967, Slg Nr 7216/A).
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien konnte nun aber durch die Zeugenaussagen und das Berufungsvorbringen selbst feststellen, daß vom Berufungswerber sowohl die Schlafräume als auch das Bettzeug, welches auf Bedarf vom Berufungswerber in die Reinigung gegeben wurde, zur Verfügung gestellt wurden. Weiters wurden sanitäre Einrichtungen im Keller (Duschen) zur Benützung zur Verfügung gestellt und ebenso Putzmittel, um die Küche bzw die Duschen zu reinigen. Im "Mietpreis" war folgendes inkludiert: Miete der Wohnung, Reinigung der Bettwäsche, Strom, Wasser, Gas, Heizung, WC-Papier, Benützung der Spinde und des Duschraumes (siehe vorgelegten Mietvertrag vom 16.3.1988 und 21.3.1989). Die in diesem Mietvertrag noch angeführte Leistung "Reinigung der Wohnung einmal wöchentlich" wurde erwiesenermaßen nicht erbracht. Das Verhalten des Berufungswerber, nämlich die Beistellung von sanitären Einrichtungen (Duschen), WC-Papier und Putzmittel sowie die Beistellung und Reinigung von Bettwäsche stellt sich jedoch nach der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichthofes zweifelsohne als Ausübung der Beherbung von Gästen dar, für die der Berufungswerber aber die erforderliche Gewerbeberechtigung nicht erlangt hatte (vgl auch VwGH vom 15.9.1992, Zl 91/04/0041). Daran ändert auch nichts, daß einige Gäste ihre eigene mitgebrachte Bettwäsche verwendeten und auch selbst reinigen ließen. Unerheblich ist auch, daß - größtenteils - nicht die Gäste selbst für ihre Beherbergung bezahlten, sondern die jeweiligen Baufirmen die Wohnungen "anmieteten".
Das Straferkenntnis war daher in der Schuldfrage zu bestätigen.
Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:
Die Strafe konnte spruchgemäß herabgesetzt werden, weil dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien die im Straferkenntnis verhängte Geldstrafe im Hinblick auf die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers und der daraus resultierenden erstmaligen Bestrafung bei einem gesetzlichen Strafsatz von S 50.000,-- zu hoch erschien. Eine weitere Herabsetzung der Geldstrafe kam jedoch aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse, daß eine Beherbergung von Gästen nur von dazu geeigneten Personen durchgeführt wird, welche im Besitz der entsprechenden Gewerbeberechtigung sind. Der Unrechtsgehalt der Tat war einerseits aufgrund des Umstandes, daß die unbefugte Gewerbeausübung offenkundig in größerem Ausmaß stattfand und andererseits aufgrund des langen Tatzeitraumes nicht als gering zu werten.
Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde schon von der Behörde erster Instanz zutreffend als mildernd gewertet.
Auf die unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse, auf die Sorgepflicht für die Gattin aber auch auf das nicht unbeträchtliche Vermögen in Form eines Zinshauses wurde bei der Strafbemessung ebenfalls Bedacht genommen.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis zu S 50.000,- reichenden Strafsatzes erscheint die nunmehr verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal im Verfahren keine weiteren Milderungsgründe hervorgetreten sind.