TE UVS Niederösterreich 1995/02/14 Senat-B-94-026

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Veröffentlicht am 14.02.1995
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Spruch

Die Beschwerde wird gemäß §67c Abs3 AVG, BGBl Nr 51/1991, in Verbindung mit §52 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl Nr. 838/1992, als unbegründet abgewiesen.

 

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß §74 Abs1 AVG in Verbindung mit §79a AVG abgewiesen.

 

Der Beschwerdeführer hat dem Bund gemäß §79a AVG die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in der Höhe von S 377,-- innerhalb von zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Wie dem fremdenpolizeilichen Akt der Bezirkshauptmannschaft xx (im folgenden: belangte Behörde), Zl 11-F/93, zu entnehmen ist, wurde der Beschwerdeführer - er ist ungarischer Staatsangehöriger - am 5. November 1993 in H********* bei einer Baustellenkontrolle durch Beamte des Arbeitsamtes K********* bei einer Beschäftigung betreten, die er nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht hätte ausüben dürfen. Er hatte überdies weder eine Aufenthaltsbewilligung noch einen Sichtvermerk.

 

Mit Bescheid vom 5. November 1993 ordnete die Bezirkshauptmannschaft K********* gegen den Beschwerdeführer gemäß §41 Abs1 und 2 des Fremdengesetzes, BGBl Nr 838/1992 (FrG), die Schubhaft unter anderem zur Sicherung der Abschiebung an. Eine Beschwerde, worin unter anderem die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft behauptet wurde, hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ mit Bescheid vom 8. November 1993, Zl Senat-F-93-637, als unbegründet abgewiesen; einer Beschwerde gegen diesen Bescheid hat der Verwaltungsgerichtshof bezüglich der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Schubhaft in seinem Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl 93/18/0624, nicht stattgegeben.

 

Am 9. November 1993 wurde der Fremde unter Beiziehung einer gerichtlich beeideten Dolmetscherin für Ungarisch von einem Organ der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dem Beschwerdeführer wurde im Rahmen dieser Amtshandlung mitgeteilt, daß über ihn ein Aufenthaltsverbot verhängt werde, weil er bei einer Beschäftigung betreten wurde, die er nicht hätte ausüben dürfte. Er gab damals an, keine Verwandten in Österreich zu haben. Insbesondere nahm er zur Kenntnis, daß ein von einem namentlich bezeichneten Rechtsanwaltsbüro eingebrachter Antrag auf Durchsetzungsaufschub abgewiesen werde, weil die erwähnten Anwälte die Interessen des Fremden ohnehin wahrnehmen könnten und einem Durchsetzungsaufschub wichtige öffentliche Interessen entgegenstünden. Der Fremde erklärte ausdrücklich, daß er nach seiner am 5. November 1993 erfolgten Festnahme keinerlei Vollmacht an einen Rechtsanwalt unterschrieben hatte. Er habe früher etwas unterschrieben, ob dies eine Vollmacht war, könne er aber nicht sagen, weil er den Inhalt nicht verstanden hätte. Die Niederschrift endet mit der Passage: "Ich habe dieser Niederschrift, die mir durch die gerichtlich beeidete Dolmetscherin übersetzt wurde, vollinhaltlich verstanden und nichts näher hinzuzufügen. Meine Angaben entsprechen der Wahrheit."

 

Mit Bescheid vom 9. November 1993 (den Vertretern des Beschwerdeführers um spätestens 14,01 Uhr zugestellt) erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein befristetes Aufenthaltsverbot. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß §64 Abs2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Da mit diesem Bescheid gleichzeitig auch ein Antrag auf Durchsetzungsaufschub abgewiesen wurde, war das Aufenthaltsverbot vollstreckbar. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Fremde sei bei einer Beschäftigung, die er nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht hätte ausüben dürfen, betreten worden. Es liege somit gemäß §18 Abs2 Z8 leg cit eine bestimmte Tatsache im Sinne des §18 Abs1 Z2 leg cit vor, weshalb ein Aufenthaltsverbot zu erlassen ist. Der Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt, weil es im Interesse des öffentlichen Wohles und der öffentlichen Ordnung (illegale Beschäftigung bzw rechtswidriger Aufenthalt) wegen der Gefahr einer weiteren illegalen Beschäftigung und wegen des Fortdauerns des illegalen Aufenthaltes dringend geboten erschien. Dem Antrag auf Durchsetzungsaufschub wurde nicht stattgegeben, weil der Fremde bereits über einen ausgewiesenen Vertreter verfügte, der die Regelung persönlicher Interessen jederzeit hätte wahrnehmen können. Das öffentliche Interesse an einer sofortigen Ausreise sei wegen der schwerwiegenden Verstöße gegen die fremdenrechtlichen Bestimmungen (rechtswidriger Aufenthalt) und gegen die Bestimmungen über einen geregelten Arbeitsmarkt (illegale Beschäftigung) höher zu bewerten gewesen, als das private Interesse an der Regelung der persönlichen Verhältnisse. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland NÖ hatte die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Aufenthaltsverbot abgewiesen (Bescheid vom 17. März 1994, Zl Fr ****/93). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof in einem Erkenntnis vom 1. Juni 1994, Zl 94/18/0258, nicht stattgegeben.

 

Der Fremde wurde am 9. November 1993 um 16,20 Uhr über den Grenzübergang N********** nach Ungarn abgeschoben.

 

In seiner rechtzeitig beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ eingebrachten Beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt beantragt der Beschwerdeführer die Feststellung, seine am 9. November 1993 erfolgte Abschiebung sei rechtswidrig gewesen; an Kosten werden S 7.655,-- verzeichnet.

 

In der Sachverhaltsdarstellung weist er darauf hin, seit 1992 als atypisch stiller Gesellschafter Mitunternehmer einer namentlich bezeichneten Bau- und Steinmetz GesmbH mit wesentlichen Mitbestimmungsmöglichkeiten und Geschäftsführungsbefugnissen zu sein. Laut dem beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien angezeigten Gesellschaftsvertrag, welcher seit 1. Oktober 1992 rechtswirksam ist, beträgt die Höhe seiner Einlage S 6.395,--, Gewinn- und Substanzbeteiligung: 6,4 %. Im Hinblick auf die Verpflichtung der Gesellschafter zur persönlichen Mitarbeit habe sie das Recht zur Entnahme von jeweils S 96.000,-- pro Gesellschaftsjahr, die Entnahme ist mit dem Gewinnanteil zu verrechnen.

 

Die Festnahme am 5. November 1993 sei während der Ausübung seiner Tätigkeit als atypisch stiller Gesellschafter erfolgt.

 

Er begründet seine Beschwerde insbesondere damit, daß "in Wahrheit am 9.11.1993 ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot noch nicht vorlag", weil der Berufung dagegen die aufschiebende Wirkung rechtswidriger Weise aberkannt worden sei, und daß er sich am 9.11.1993 rechtswidriger Weise in Schubhaft befunden habe. Überdies wäre er bereit gewesen, in Befolgung des Aufenthaltsverbotes unverzüglich auszureisen.

 

Durch den angefochtenen Verwaltungsakt sei er wie folgt in seinen Rechten verletzt: "Durch diese Abschiebung bin ich in meinem Recht auf Freiheit sowie auf Freizügigkeit der Person, mithin in einem Menschenrecht betroffen; ich bin in meinem Recht verletzt worden, daß ich nicht ohne hinreichende gesetzliche Grundlage zwangsweise zur Ausreise verhalten werde, mithin nicht im Rahmen der Ausreise in meiner Dispositionsfreiheit, etwa hinsichtlich Wahl der Grenzkontrollstelle, bei der ich ausreise etc, beeinträchtigt und verletzt werde; mithin bin ich im Recht verletzt, ausschließlich unter den gesetzlichen Voraussetzungen von der Behörde zur Ausreise verhalten zu werden, ausschließlich unter den gesetzlichen Voraussetzungen also im Rahmen der Ausreise in der persönlichen Freiheit beschränkt zu werden."

 

Hinsichtlich der rechtlichen Qualifikation der Abschiebung als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt beruft er sich auf Ewald Wiederin, "Aufenthaltsbeendende Maßnahmen im Fremdenpolizeirecht", Seite 136.

 

Die belangte Behörde gab keine Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen ab; sie stellt den Antrag, dem Beschwerdeführer die Bezahlung der in den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen Kostenersätze vorzuschreiben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat die Beschwerde mit Bescheid vom 18. Februar 1994, Zl Senat-B-93-033, zurückgewiesen.

 

Einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde gegen diese Entscheidung hat das Höchstgericht mit Erkenntnis vom 23. September 1994, Zl 94/02/0139, ua mit der Begründung stattgegeben, daß Abschiebungen als faktische Amtshandlungen bei den unabhängigen Verwaltungssenaten angefochten werden können. Es ist mit diesem Erkenntnis von seiner ständigen Judikatur abgegangen, daß Abschiebungen keine faktischen Amtshandlungen sind.

 

Begründet wird diese Entscheidung damit, daß die bisherige Judikatur zum Fremdenpolizeigesetz ergangen ist und aus der zu diesem Gesetz ergangenen Rechtsprechung nichts zu gewinnen sei. Die Abschiebung werde im §40 FrG als Akt der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt bezeichnet. Hinzu komme, daß nach §36 FrG für die Rechtmäßigkeit einer Abschiebung zusätzlich zum durchsetzbaren Aufenthaltsverbot noch weitere Voraussetzungen treten müssen.

 

Exkurs: Zur Rechtsnatur der Abschiebung nach dem FrG und ihrer Einordnung in das Verfahrensrecht

 

Tatsache ist, daß die Abschiebung im §40 FrG nicht als Akt der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt bezeichnet wird, sondern daß diese Bestimmung lediglich normiert, daß (ua) die Abschiebung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen ist, wenn dies auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat sich in der Begründung seines nunmehr aufgehobenen Bescheides zum normativen Gehalt des §40 FrG wie folgt geäußert:

 

"Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ normiert diese Bestimmung aber nur, daß den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes für die Durchführung unter anderem der Abschiebung kein förmliches Verfahren vorgeschrieben ist und daß deren zwangsweise Durchsetzung nur zulässig ist, wenn sie auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist. Der Abschiebung wird dadurch jedoch keineswegs die Qualifikation als Vollstreckungshandlung genommen. Die Regelung des §40 FrG schreibt vielmehr jene Judikatur fest, welche die rechtliche  Wertung der Abschiebung als faktische Amtshandlung stets abgelehnt hat. So hat zB der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 9999/1984 unter Zitierung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1961, Zl 2488/60, bekräftigt, daß die Abschiebung "die Anwendung unmittelbaren Zwanges in der Form einer bestimmten Maßnahme tatsächlicher Art ist, also eine der Vollstreckung der vorangegangenen Bescheide (mit denen das Aufenthaltsverbot und die Schubhaft verhängt wurden) dienende Maßnahme". Im Lichte dieser Judikatur, welche die Abschiebung hinsichtlich ihrer Modalitäten als die Anwendung unmittelbaren Zwanges bezeichnet, ohne ihr die Qualifikation einer "faktischen Amtshandlung" zuzubilligen, bleibt daher auch aus dem Blickwinkel des §40 FrG für eine Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nur insoweit Raum, als im Zuge der mit einer Abschiebung einhergehenden Anwendung unmittelbaren Zwanges Rechtsverletzungen stattfinden, zB Mißhandlungen des Abzuschiebenden. Derartige Eingriffe in die Rechtsphäre des Fremden wurden aber nicht behauptet und sind aufgrund der Aktenlage auch nicht anzunehmen."

 

Zutreffend ist, daß nach §36 FrG für die Rechtmäßigkeit einer Abschiebung zusätzlich zum durchsetzbaren Aufenthaltsverbot nocht weitere Voraussetzungen treten müssen (wobei der Verwaltungsgerichtshof anläßlich dieser Feststellung nicht berücksichtigt hat, daß im gegenständlichen Fall außerdem ein vollstreckbarer Schubhaftbescheid vorlag und der Fremde rechtmäßig in Schubhaft angehalten wurde). Diesbezüglich ist ein Vergleich mit der Rechtslage nach dem Fremdenpolizeigesetz angebracht.

 

§13 Fremdenpolizeigesetz lautete: "Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot erlassen oder die Ausweisung verfügt worden ist, können durch zwangsweise Beförderung unter Begleitung von Sicherheitsorganen abgeschoben werden (Schub), wenn sie das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verlassen oder wenn eine Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit notwendig erscheint."

 

Auch unter dem Regime des Fremdenpolizeigesetzes mußten also für die Rechtmäßigkeit einer Abschiebung zusätzlich zum durchsetzbaren Aufenthaltsverbot bzw zur durchsetzbaren Ausweisung noch weitere Voraussetzungen treten. Wenn also die Auffassung zuträfe, daß es sich bei der Abschiebung um die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handelt, dann hätte die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes durch einen gemäß §13 Abs1 Z1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 gebildeten Senat ergehen müssen, weil das Argument mit der geänderten Rechtslage wohl formell, nicht aber materiell zutrifft.

 

Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß für Maßnahmenbeschwerden laut ständiger höchstgerichtlicher Judikatur der Grundsatz der Subsidiarität solcher Beschwerden gilt. Wird der Abzuschiebende - wie im gegenständlichen Fall - in Schubhaft angehalten, dann ist die Zulässigkeit der Abschiebung ohnedies im Schubhaftbeschwerdeverfahren zu prüfen, außerdem besteht die Möglichkeit einer Beschwerde nach dem Sicherheitspolizeigesetz.

 

Zu dieser einläßlichen Auseinandersetzung mit dem verfahrensgegenständlichen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sah sich der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ durch ein jüngst ergangenes Judikat des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1994, Zl B 75/94, veranlaßt, in welchem der Standpunkt des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ bestätigt wurde. Der Verfassungsgerichtshof vertritt in dieser Entscheidung die Auffassung, daß seine Rechtsprechung zum Fremdenpolizeigesetz, wonach die Abschiebung als bloße Maßnahme zur Vollstreckung vorangegangener Bescheide zu qualifizieren war, grundsätzlich auch auf Grundlage des FrG Geltung beanspruchen kann. Weder dem FrG noch den diesbezüglichen Materialien lasse sich Gegenteiliges entnehmen. Wie nach dem Fremdenpolizeigesetz stelle daher auch eine Abschiebung gemäß §36 FrG keine (bescheidmäßig zu verfügende) Vollstreckungsverfügung dar.

 

In prozessualer Hinsicht hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem

Erkenntnis nicht klar zum Ausdruck gebracht, ob §51 FrG zur

Anwendung gelangt oder nicht. Der Unabhängige Verwaltungssenat im

Land NÖ neigt eher der Ansicht zu, dies zu bejahen. Das

Höchstgericht begründet seine Entscheidung nämlich hinsichtlich der

Einheitlichkeit der Abschiebung auch mit Aspekten der Zweckmäßigkeit

(die örtliche Zuständigkeit soll sich nicht über mehrere unabhängige

Verwaltungssenate erstrecken), und beruft sich in seinen rechtlichen

Erwägungen überdies auf Ewald Wiederin, Aufenthaltsbeendende

Maßnahmen im Fremdenpolizeirecht. Dieser hiezu auszugsweise: "Gegen

die Abschiebung kann sich der Fremde ..... zur Wehr setzen: ......,

während und nach Durchführung der Abschiebung durch eine Beschwerde

nach §51 FrG." (Seite 147) und "Als Akt unmittelbarer Befehls- und

Zwangsgewalt ist die Abschiebung nach Art129a Abs1 Z2 B-VG durch

Beschwerde an den UVS bekämpfbar. Weil sie gleichzeitig einen

Freiheitsentzug aufgrund des FrG darstellt, kommen die

Verfahrensbestimmungen der §§ 51 bis 53 FrG zur Anwendung. ......

Örtlich zuständig ist demnach gemäß §52 Abs1 FrG jener UVS, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde." (Seite 149/150).

 

Für diese Interpretation sprechen auch die vom Höchstgericht selbst angesprochenen Aspekte der Zweckmäßigkeit, weil nur durch die Verfahrensbestimmungen des FrG gewährleistet ist, daß ausschließlich ein unabhängiger Verwaltungssenat sowohl über die Rechtmäßigkeit der Schubhaft als auch der Abschiebung entscheidet. Leitet man dagegen die örtliche Zuständigkeit ausschließlich aus §67c Abs1 AVG ab, dann hat dies zur Folge, daß zB im Falle einer Festnahme in NÖ und einem Wohnsitz in Wien für die Schubhaftbeschwerde (wo die Zulässigkeit der Abschiebung immer dann zu prüfen ist, wenn die Anhaltung der Sicherung der Abschiebung dient) der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ, für die Beschwerde gegen die Abschiebung aber der Unabhängige Verwaltungssenat Wien zuständig wäre. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß ein unabhängiger Verwaltungssenat eine Schubhaft zwecks Sicherung der Abschiebung wegen Unzulässigkeit der Abschiebung für rechtswidrig erklärt, der andere unabhängige Verwaltungssenat hingegen in der Abschiebung keine Rechtswidrigkeit erblicken kann. Divergierende Entscheidungen können daher nur vermieden werden, wenn über die Rechtmäßigkeit von Schubhaft und Abschiebung ein und derselbe unabhängige Verwaltungssenat zu befinden hat.

 

Daß gemäß §52 Abs2 Z1 FrG eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, wäre im "Abschiebungsprüfungsverfahren" für den Fremden kaum nachteilig, weil er sich ohnedies bereits außer Landes befindet und nichts zur Wahrheitsfindung beitragen kann. Die Nichtanwendbarkeit der Verfahrensbestimmungen des FrG wäre dagegen sogar ein erhebliches Manko für den Beschwerdeführer. Er käme dann nicht in den Genuß der speziell auf den mit der österreichischen Rechtsordnung kaum vertrauten, sowie der deutschen Sprache häufig nicht mächtigen Fremden abgestellten Begünstigung des §52 Abs3 FrG, wonach Beschwerden, bei denen §67c Abs2 AVG nicht eingehalten wurde, zur Mängelbehebung zurückzustellen sind.

 

Zur Frage der Rechtmäßigkeit der gegenständlichen Abschiebung

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hielt am 31. Oktober 1994 eine öffentliche mündliche Verhandlung ab. Der Vertreter des Beschwerdeführers brachte ergänzend vor, die belangte Behörde hätte dem Fremden die Möglichkeit geben müssen, freiwillig auszureisen. Außerdem sei die Schubhaft nur zur Sicherung des Verfahrens der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, nicht aber zur Sicherung der Abschiebung verhängt worden.

 

Das in der Verhandlung zeugenschaftlich einvernommene Organ der belangten Behörde gab an, sich nach so langer Zeit an die damaligen Vorgänge nur mehr in groben Zügen erinnern zu können. Der Zeuge hat aber glaubwürdig dargelegt, daß er einen vom Fremden geäußerten Wunsch, freiwillig auszureisen bzw persönliche Dinge abzuholen, protokolliert hätte. In der Praxis werde jemandem, der seine persönlichen Dinge abholen will, Gelegenheit dazu gegeben. Eine derartige Maßnahme erfolge unter Gendarmeriebegleitung. Fremde, durch deren Anwesenheit die öffentliche Ordnung gestört ist, würden in der Regel auch dann abgeschoben, wenn sie zur freiwilligen Ausreise bereit sind. Es kämen aber auch Fälle vor, wo die freiwillige Ausreise gestattet wird. Dies sei zB am 22. Oktober 1994 der Fall gewesen, wo man vier tschechischen und einem slowakischen Staatsbürger die freiwillige Ausreise ermöglicht hätte. Sie seien erst am selben Tag in Österreich eingereist und von der Person, welche die fünf Fremden von zu Hause abgeholt hatte, wieder ins Ausland gebracht worden.

 

Abschließend beantragte der Vertreter des Beschwerdeführers dessen Einvernahme. Auf Vorhalt, dieser würde naturgemäß behaupten, zur freiwilligen Ausreise bereit gewesen zu sein, entgegnete der Rechtsfreund, der Fremde sei ja weder über seine Wünsche befragt noch entsprechend belehrt worden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die am 9. November 1993 erfolgte Abschiebung des Beschwerdeführers.

 

Gemäß §36 Abs1 FrG können Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar ist, ua abgeschoben werden, wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint oder

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind oder

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen.

 

§40 FrG ermächtigt die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die Zurückweisung, die Transitsicherung, die Zurückschiebung, die Abschiebung und die Durchbeförderung von Fremden mit unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen, wenn dies auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist.

 

Wird ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt (§48 Abs3 FrG).

 

Ein Ausländer darf eine Beschäftigung gemäß §3 Abs1 AuslBG, BGBl Nr 218/1975, grundsätzlich nur antreten, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt. Eine Beschäftigung liegt gemäß §2 Abs4 AuslBG in der Fassung BGBl Nr 502/1993 (in Kraft getreten mit 1. August 1993) insbesondere auch dann vor, wenn

1. ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder

2. ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 % Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, das Arbeitsamt stellt auf Antrag fest, daß ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird.

 

Fremde, welche sich zur Ausübung einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten (§1 Abs2 Z2 des Aufenthaltsgesetzes, BGBl Nr 466/1992), bedürfen einer Bewilligung gemäß §1 Abs1 des Aufenthaltsgesetzes.

 

Gegen Fremde ist gemäß §18 Abs1 FrG ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt

1.

die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder

2.

anderen im Art8 Abs2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs1 hat gemäß Abs2 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

..................

7. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und sei innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen; 8. von einem Organ eines Landesarbeitsamtes oder eines Arbeitsamtes bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach den Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht ausüben hätte dürfen.

 

Vorweggenommen sei, daß die in der Beschwerde vertretene Ansicht, daß "in Wahrheit am 9.11.1993 ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot noch nicht vorlag", weil der Berufung dagegen die aufschiebende Wirkung rechtswidriger Weise aberkannt worden sei, nicht zutrifft. Daß der Berufung gegen das Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung nach Meinung des Einschreiters rechtswidrigerweise aberkannt worden sei, ändert nichts am Faktum der Vollstreckbarkeit dieses Bescheides. Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat sich an objektiv vorliegenden Normen und nicht an subjektiven Einschätzungen der Parteien zu orientieren.

 

Das Aufenthaltsverbot wird damit begründet, daß der Fremde durch Beamte eines Arbeitsamtes bei einer Beschäftigung betreten wurde, die er nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht hätte ausüben dürfen. Dieser Vorwurf ist nunmehr als erwiesene Tatsache anzusehen, weil die Sicherheitsdirektion für das Bundesland NÖ die Berufung gegen das Aufenthaltsverbot abwies und auch der Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerde gegen diese Berufungsentscheidung mit Erkenntnis vom 1. Juni 1994, Zl 94/18/0258, als unbegründet abgewiesen hat. Folglich lag im Hinblick auf §1 Abs1 in Verbindung mit §1 Abs2 Z2 des Aufenthaltsgesetzes ein rechtswidriger Aufenthalt vor.

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ war durch den Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung aus der Sicht des Interesses an einem geordneten Arbeitsmarkt wie auch an einem geordneten Fremdenwesen erheblich gefährdet, sodaß die Abschiebung jedenfalls in §36 Abs1 Z1 FrG ihre Deckung findet.

 

Ergänzend wird darauf hingewiesen, daß die Ausreisewilligkeit des Fremden erst in der Beschwerde behauptet wurde, und der Beschwerdeführer während der Schubhaft keinerlei Bereitschaft erkennen ließ, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen. Zu diesem Ergebnis kommt der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ unter Berücksichtigung der Tatsachen, daß der Fremde auch bei einer Einvernahme unter Beiziehung einer gerichtlich beeideten Dolmetscherin nicht einmal eine Andeutung in dieser Richtung gemacht hat, sowie aufgrund der zeugenschaftlichen Einvernahme des Organes der belangten Behörde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Dieser Frage kommt jedoch insofern ohnedies keine Bedeutung zu, weil der Tatbestand des §36 Abs1 Z1 FrG erfüllt war. Es konnte daher auch auf die Einvernahme des Beschwerdeführers verzichtet werden, weil eine Aussage über eine allfällige Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise nur dann relevant gewesen wäre, wenn die belangte Behörde die Abschiebung ausschließlich auf §36 Abs1 Z3 gestützt hätte.

 

Die belangte Behörde konnte daher vor allem im Hinblick auf §36 Abs1 Z1 FrG zu Recht von der Zulässigkeit der Abschiebung ausgehen, sodaß die Beschwerde abzuweisen war.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ zur Fällung einer Sachentscheidung gründet sich im gegenständlichen Verfahren auf §63 Abs1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985.

 

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz war abzuweisen, weil gemäß §79a AVG nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zusteht.

 

Hinsichtlich des Kostenausspruches zugunsten des Rechtsträgers der belangten Behörde verweist der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1991, Zl 91/19/0162. Demnach hat sich der Kostenersatz gemäß §79a AVG an den Bestimmungen der §§ 47ff VwGG über den Kostenersatz in Verbindung mit der auf §49 VwGG gestützten Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandsersätze vor dem Verwaltungsgerichtshof, BGBl Nr 416/1994, zu orientieren. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet einen um ein Drittel dieser Pauschalsätze gekürzten Betrag für angemessen. Es war somit der beantragte Vorlageaufwand in der Höhe von S 377,-- (S 565,-- minus gerundet S 188,--) zuzusprechen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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