Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung der Frau Uta L, vertreten durch RA gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./.8. Bezirk, vom 11.1.1995, Zl MBA 1/8-S 18973/94, wegen Übertretung des §82 Abs1 und 2 iVm §99 Abs3 litd StVO, entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß §45 Abs1 Z2 VStG eingestellt.
Gemäß §65 VStG hat der Berufungswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk, vom 11.1.1995, Zl MBA 1/8-S 18973/94, enthält folgenden Spruch:
"Sie haben es zu verantworten, daß Sie am 26.5.1993 im Rahmen der nicht angemeldeten Kundgebung "m" in Wien, D-Ring, auf der Fahrbahn der R-straße 2 Zeltaufbauten und eine ca 70 qm große Rasenfläche, sowie 2 Lebensmittelstände aufgestellt haben, ohne im Besitze einer entsprechenden Bewilligung gewesen zu sein.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§82 Abs1 und 2 iVm §99 Abs3 litd der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl Nr 159/60 in der derzeit geltenden Fassung.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von S 1.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden gemäß §99 Abs3 litd leg cit Ferner haben Sie gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
S 100,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 1.100,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung der Beschuldigten, welcher aus folgenden Gründen der Erfolg nicht zu versagen war:
Gemäß §82 Abs1 StVO ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, zB zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen. Gemäß §86 StVO sind, sofern eine Benützung der Straße hiefür in Betracht kommt, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften, Versammlungen unter freiem Himmel, öffentliche oder ortsübliche Umzüge, volkstümliche Feste, Prozessionen oder dergleichen, von den Veranstaltern drei Tage, Leichenbegräbnisse vor der Leichenbestattung 24 Stunden vorher der Behörde anzuzeigen. Unbestritten handelte es sich bei der gegenständlichen Veranstaltung um eine Versammlung iSd §86 StVO. Die Benützung einer Straße zur Durchführung einer Versammlung (das ist das Zusammenkommen - nicht bloß zufällige Zusammentreffen - von Menschen zum gemeinsamen Zweck der Erörterung von Meinungen oder der Kundgabe von Meinungen an andere) unterliegt aber nicht der Bewilligungspflicht nach §82 StVO, sondern der bloßen Anzeigepflicht nach §86 StVO (VfGH 12.3.1988, B 970/87). Eine Bestrafung der Berufungswerberin nach §82 Abs1 iVm §99 Abs3 litd StVO kam daher nicht in Betracht.
Bemerkt wird noch, daß die Pflicht, eine Veranstaltung anzuzeigen - wie die Berufungswerberin richtig ausführt - den Veranstalter trifft, daher nur der Veranstalter gemäß §86 iVm §99 Abs4 litc StVO bestraft werden kann, die Aktenlage bis dato aber keinen Hinweis dafür abgibt, daß die Berufungswerberin Veranstalterin gewesen wäre.
Abschließend wird noch auf die in dieser Sache bereits ergangenen Entscheidungen des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien verwiesen (Berufungsbescheide vom 14.1.1994, UVS-03/15/3566/93, vom 10.2.1994, UVS-03/21/3430/93, vom 24.11.1994, UVS-03/28/412/94 und vom 10.1.1995, UVS-03/14/3710/93).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.