TE UVS Wien 1995/03/06 04/21/693/94

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Veröffentlicht am 06.03.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung des Herrn Bernhard W gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 2. Bezirk, vom 13.6.1994, Zl MBA 2 - S 7405/93, wegen Übertretung des § 366 Abs 1 Ziffer 1 in Zusammenhalt mit § 5 Abs 1 Ziffer 1 iVm § 94 Ziffer 38 der Gewerbeordnung 1994 entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge

gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, daß die verletzten Rechtsvorschriften wie folgt zu lauten haben: "§ 366 Abs 1 Z 1 in Zusammenhang mit § 5 Abs 2 Z 1 in Verbindung mit § 94 Z 37 Gewerbeordnung 1994 idgF". In der Straffrage wird der Berufung jedoch insoferne Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, auf S 1.500,--, im Uneinbringlichkeitsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

Dementsprechend verringert sich der erstinstanzliche Strafkostenbeitrag von S 300,-- auf S 150,--.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:

"Sie haben als Inhaber des Betriebes zumindest am 17.8.1993 im Standort Wien, G-gasse durch Betreiben des Handwerkes "Tischler" (zum

Zeitpunkt der Kontrolle waren Sie damit beschäftigt ein Holzkasterl mit Laden und Türen anzufertigen und in der Werkstatt befanden sich mehrere fertiggestellte Kasterln) ein anmeldungspflichtiges Gewerbe ausgeübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 366 Absatz 1 Ziffer 1 in Zusammenhang mit § 5 Absatz 1 Ziffer 1 in Verbindung mit § 94 Ziffer 38 der Gewerbeordnung 1994 in der geltenden Fassung.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von S 3.000,-- falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden gemäß § 366 der Gewerbeordnung Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 300,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher Schilling 3.300,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten, in welcher dieser im wesentlichen vorbringt, daß es sich beim Atelier "K, Wien, G-gasse" weder um einen Gewerbebetrieb, noch um eine gewerbliche Betriebsanlage handle. Im Einspruch gegen die Strafverfügung führt der Berufungswerber dazu erläuternd aus, daß er der Auffassung sei, daß die Arbeiten zwar einen Gebrauchswert hätten, daß diese aber weit darüberhinaus eine hohe künstlerische Eigenheit besitzen. Das Wesen dieses künstlerischen Charakters basiere unter anderem auf der intuitiv-kreativen Arbeitsweise beim Entwurf und der Ausführung. Dieser Prozeß führe dazu, daß die Möbel zu einer Abbildung, zu einem Porträt des jeweiligen Auftraggebers durch diesen Gestaltungsprozeß werden. Die Porträtierung beziehe sich aber nicht nur auf dessen äußere Gestalt, es würden vielmehr auch charakterliche Wesenszüge, seelische Eigenheiten, Tendenzen, Probleme und sogar mögliche Zukunftsentwicklungen der jeweiligen Persönlichkeiten von ihm intuitiv und auch bewußt zu einer Synthese mit dem Raum, Funktion und

Material gebracht. Ein weiterer Aspekt sei die bereits angeführte kosmologische Botanik. Hierbei werde die Holzartwahl, die Gestaltung folgendermaßen erweitert: durch die kosmisch-planetarischen Zusammenhänge und Wirkungskräfte der einzelnen Holzarten werde die Eigentümlichkeit ergänzt und verstärkt. Fallweise werde dadurch eine bewußte Unterstützung der jeweiligen Persönlichkeit beim Lösen ihrer Problemstrukturen beabsichtigt und verwirklicht. Aus vielen Rückmeldungen werde ihnen immer bestätigt, daß die Arbeiten und auch die Zusammenarbeit mit der Art und Weise einer Tischlerei nicht zu vergleichen seien. Daß sich der äußere Eindruck, den man vom Atelier gewinne, mit dem einer Tischlerei teilweise decke, dürfte zu der nicht zutreffenden Einschätzung geführt haben.

Unbestritten ist, daß der Berufungswerber am 17.8.1993 um 10.25 Uhr anläßlich einer Kontrolle im Betriebslokal Wien, G-gasse, angetroffen

wurde, wie dieser beschäftigt war, ein Holzkasterl mit Laden und Türen anzufertigen. In der Werkstatt selbst haben sich zum Zeitpunkt der Kontrolle mehrere fertiggestellte Kasterln befunden. Der Berufungswerber gab dem Kontrollorgan auf Befragen an, daß es sich bei der Werkstatt um ein Atelier handle, welches von ihm und den Herren S Christoph, Janusz P und Patrick K betrieben werde. Laut den Angaben des Berufungswerbers würden von K Entwürfe und Pläne für die Einrichtung von Wohnungen und Geschäftslokalen angefertigt werden, die von ihm und den Herren S und P ausgeführt würden. Weiters wurde in der Anzeige bezüglich der Betriebsanlage folgendes angeführt:

"Bei der Ba handelt es sich um eine links vom Hauseingang gelegene Werkstatt sowie ein rechts vom Hauseingang gelegenes "Atelier" mit Büro u Sozialraum. An der Eingangstür der Räumlichkeiten befindet sich jeweils eine Metalltafel mit der Aufschrift "K Atelier". In der Werkstatt sind folgende Maschinen vorhanden: Eine Montagestandkreissäge, eine Standbohrmaschine, eine Schleifmaschine und eine Staubabsaugungsanlage. Über eine Holztreppe gelangt man in den zur Betriebsanlage gehörenden Keller, der aus drei Räumen besteht. Im ersten Raum befindet sich ein Arbeitsplatz mit einem Schraubstock und drei Spindelschleifmaschinen. Außerdem werden hier auch Holzlasuren, Bienenwachs und Holzlacke gelagert. Von diesem Raum

gelangt man in die anderen beiden Kellerräume. Im links gelegenen Raum befindet sich der Staubbehälter für die Absauganlage und der rechtsgelegene Raum wird derzeit als Lager für "Gerümpel" verwendet."

Gemäß § 366 Abs 1 Z 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 5 Abs 2 Z 1 leg cit werden Handwerke, wenn der Befähigungsnachweis nach § 18 zu erbringen ist, als Gewerbe bezeichnet.

Gemäß § 94 Z 37 leg cit gehören Tischler zu der Gruppe der Holzgewerbe.

Unbestritten ist, daß der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Kontrolle

mit der Anfertigung eines Holzkasterl mit Laden und Türen beschäftigt

war. Unbestritten ist weiters, daß der Berufungswerber nicht im Besitz der erforderlichen Gewerbeberechtigung für das Betreiben des Handwerkes "Tischler" ist.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien ist nun aber zu der Auffassung gekommen, daß der Berufungswerber sehr wohl eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt hat:

Gemäß § 1 Abs 2 GewO wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welchen Zweck dieser bestimmt ist;.... Dies trifft auf die Tätigkeit des Berufungswerbers zu, hat dieser doch die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt, nach seinen eigenen Angaben regelmäßig betrieben und nach seinen eigenen Angaben auch in der Absicht betrieben, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gab der Beschuldigte doch selbst an, die von ihm hergestellten Gegenstände hätten einen "Gebrauchswert" und führt er in seiner Berufung aus, daß es einem Künstler erlaubt sein sollte, von seinem Können zu leben zu versuchen.

Dem Vorbringen des Berfungswerbers, er sei künstlerisch tätig gewesen, ist zunächst einmal § 2 Abs 11 GewO entgegenzuhalten, wonach

unter Ausübung der schönen Künste im Sinne dieses Bundesgesetzes (Abs 1 Z 7) die eigenschöpferische Tätigkeit in einem Kunstzweig zu verstehen ist. Unter der Herstellung von Holzkasterln mit Laden und Türen nach vorgegebenen Entwürfen und Plänen kann jedoch keine eigenschöpferische Tätigkeit in einem Kunstzweig erblickt werden, auch unter Berücksichtigung der "intuitiv-kreativen Arbeitsweise". Die Anfertigung von in Rede stehenden Holzkasterln mit Laden und Türen ist daher - da auch die Voraussetzung der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs 2 GewO gegeben ist, wobei es in diesem Zusammenhang

unerheblich ist, ob der Ertrag dem Berfungswerber allein oder einer Personenvereinigung zugeflossen ist - Gegenstand des Handwerks des Tischlers. Der Berufung war daher in der Schuldfrage keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich zu bestätigen, wobei die Abänderung im Spruch der korrekten Zitierung der verletzten Rechtsvorschriften diente.

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Die Strafe konnte aufgrund der nunmehr bekanntgegebenen ungünstigen Einkommensverhältnisse, der Vermögenslosigkeit und dem Bestehen der gesetzlichen Sorgepflicht für ein Kind herabgesetzt werden. Berücksichtigt wurde auch der Umstand, daß der Berufungswerber nunmehr seit Februar 1994 nicht mehr im "Atelier K" tätig ist, sodaß spezialpräventive Überlegungen keine so bedeutende Rolle bei der Strafbemessung einnehmen.

Eine weitere Herabsetzung kam aber auch folgenden Gründen nicht in Betracht:

Die Tat schädigt in nicht unerheblichem Maße das durch die Strafdrohung als schutzwürdig erkannte Interesse am Ausschluß hiezu nicht berechtigter Personen von gewerblichen Tätigkeiten. Trotz des Fehlens sonstiger nachteiliger Folgen konnte daher der objektive Unrechtsgehalt nicht als unbedeutend angesehen werden. Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde schon von der Behörde erster Instanz zutreffend als mildernd gewertet.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis zu

S 50.000,-- reichenden Strafsatz, ist die verhängte Geldstrafe nunmehr durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal im Verfahren keine weiteren Milderungsgründe hervorgetreten sind.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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