TE UVS Tirol 1995/03/15 4/27-13/1994

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Veröffentlicht am 15.03.1995
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Spruch

Gemäß §66 Abs4 AVG in Verbindung mit den §§24, 51 Abs1 und 51e Abs2 VStG wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von S 30.000,-- auf S 25.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Tage) herabgesetzt wird.

 

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß §64 Abs2 VStG mit S 2.500,-- festgesetzt.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird wie folgt präzisiert:

"Sie haben im Zeitraum 27.08.1993 bis 22.10.1993 in einem periodisch erscheinenden Druckwerk, welches auch in I Verbreitung findet, und zwar

1. in der Tageszeitung "Krone" unter der Rubrik "Verschiedenes" in den Ausgaben vom 21.09., 07.10., 09.10., 11.10., 13.10. und 19.10.1993 mit der Bezeichnung "MODELL Agentur A, ",

2. in der Tageszeitung "Kurier" in der Ausgabe vom 25.09.1993 unter der Rubrik "Verschiedenes" mit der Bezeichnung "WESTÖSTERREICH, Modelle, Tel. " und in der Ausgabe vom 07.10.1993 unter der Rubrik "Club-Saunas" mit der Bezeichnung "TIROLER Spezialmassage, Tel. ", sowie

3. im Magazin ÖKM (Österreichisches Kontaktmagazin) in den Ausgaben vom 27.08., 10.09., 24.09., 08.10. und 22.10.1993 mit der Bezeichnung "I, Model A, " unter Beifügung von zwei Herzsymbolen öffentlich inseriert und auf diese Art Beziehungen zur Ausübung von Prostitution außerhalb behördlich bewilligter Bordelle angebahnt.

 

Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §19 Abs1 lita in Verbindung mit §14 litb Tiroler Landespolizeigesetz in der Fassung LGBlNr 4/1993 begangen. Die Verhängung der Strafe erfolgt gemäß §19 Abs1 legcit"

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin folgender Schuldvorwurf erhoben:

 

"Sie haben in der Zeit von August 1993 bis Oktober 1993 in der Tageszeitung "Krone" und zwar in den Ausgaben vom 21.09., 07.10., 09.10., 11.10., 13.10. und 19.10.1993 mit der Bezeichnung "Modell Agentur A, ", in der Tageszeitung "Kurier" in den Ausgaben vom 25.09.1993 mit der Bezeichnung "WESTÖSTERREICH, Modelle, Tel. ", in der Ausgabe vom 07.10.1993 mit der Bezeichnung "Tiroler Spezialmassage,  sowie im Magazin ÖKM und zwar in den Ausgaben vom 27.08., 10.09., 24.09., 08.10. und 22.10.1993 mit der Bezeichnung "I, Model A, " öffentlich inseriert und auf diese Art Beziehungen zur Ausübung der Prostitution außerhalb behördlich bewilligter Bordelle angebahnt." Dadurch habe die Berufungswerberin gegen §14 litb TLPG verstoßen, weshalb über sie gemäß §19 Abs1 lita TLPG eine Geldstrafe in der Höhe von S30.000,-

unter gleichzeitiger Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde.

 

Dagegen wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In der Begründung wird zunächst ausgeführt, daß die Inserate nicht im Auftrag der Berufungswerberin abgedruckt worden seien. Aus dem Umstand, daß die dort angeführten Telefonanschlüsse auf die Namen der Berufungswerberin zugelassen seien, lasse sich noch kein Schluß ziehen, daß die Berufungswerberin auch die Inserate aufgegeben habe. Diesbezüglich lägen der erstinstanzlichen Behörde keine Beweisergebnisse vor. Tatsächlich seien die Telefonanschlüsse zum Tatzeitpunkt nicht von der Berufungswerberin benützt worden.

 

Aus dem Wortlaut der Texte "Modell Agentur A" oder "Westösterreich,Modelle" sowie "Tiroler Spezialmassage" lasse sich kein Hinweis auf die Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution finden. Aus welchen Gründen die Behörde aus dem Anbot von Modellen oder Massagen auf unerlaubte Prostitution schließe, sei nicht erkennbar.

 

Selbst unter der Prämisse, daß durch die Einschaltung von derartigen Annoncen Beziehungen zur Ausübung der Prostitution angebahnt werden sollen, stehe überhaupt nicht fest, ob tatsächlich derartige Beziehungen zustandegekommen seien. Diese Inserate hätten sich nämlich in Wahrheit als Flop erwiesen und hätten sich in der Folge zwar einige Interessenten gemeldet, jedoch habe keiner vom Anbot Gebrauch gemacht. Daher liege, sofern man von einem verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestand ausgehe, was jedoch ausdrücklich bestritten werde, bestenfalls ein Versuch vor.

 

Die Auftragserteilung sei jeweils vor Juli 1993 erfolgt, sodaß diesbezüglich bereits Verjährung eingetreten sei bzw. die Strafe mit Berufungserkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 11.11.1993, 4/32-3/1993, ausgesprochen worden sei.

 

Überdies stehe die Höhe der ausgesprochenen Strafe in einem klaren Mißverhältnis zur Einkommenssituation und dem Verschulden der Beschuldigten. Weiters wäre auch die krimminalsoziologische Funktion der Prostitution völlig außer Acht gelassen. Diesbezüglich wäre auf die in der Tiroler Tageszeitung vom 08.03.1994 veröffentlichte Aussage des Leiters des Referates für Gewaltdelikte in der Bundespolizeidirektion I, Oberst F B, verwiesen, wonach "ohne die Prostitution die Vergewaltigungszahlen höher wären."

 

Auf Grund dieser Berufung wurde am 10.10.1994 und am 15.03.1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, wobei sich die Berufungswerberin jeweils durch ihren Vertreter entschuldigen ließ.

 

Beweis aufgenommen wurde durch die im Rechtshilfeweg erfolgten Einvernahmen der Zeugen W S, Mag.C M und P J, weiters durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt sowie in den Akt des

unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol und in den Vorakt des

unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol mit der Aktenzahl 4/32/1993.

 

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens steht der im Spruch angeführte Sachverhalt als erwiesen fest. Das Erscheinen der angeführten Anzeigen ergibt sich anhand der im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt enthaltenen Kopien der Tageszeitungen bzw. Zeitschriften. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren erbrachte eindeutige Beweisergebnisse dahingehend, daß die Anzeigen von der Berufungswerberin in Auftrag gegeben wurden. Dies gründet sich zunächst darauf, daß die in den Anzeigen angeführten Telefonanschlüsse, was auch in der Berufung nicht bestritten wird, auf den Namen der Berufungswerberin lauten. Darüber hinaus trat die Berufungswerberin bereits mehrfach wegen gleichgelagerter Übertretungen in Erscheinung. Dabei erklärte die Berufungswerberin in einem Vorverfahren (Aktenzahl 4/32/1993) im Zuge ihrer Einvernahme gegenüber dem unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol, daß sie die verschiedenen Inserate im Kurier und im ÖKM aufgegeben habe.

 

Im Zuge einer schriftlichen Anfrage durch die Berufungsbehörde teilte die Firma M, Neue Kronenzeitung, mit Schreiben vom 05.09.1994 mit, daß die im Spruch näher bezeichneten Anzeigen in der Tiroler Krone vom Werbebüro W S, W, , in Auftrag gegeben worden seien. Mag.C M bestätigte im Zuge seiner im Rechtshilfeweg erfolgten Einvernahme am 29.11.1994 ebenfalls, daß die im Kurier geschaltenen Anzeigen durch die Argentur W S in Auftrag gegeben worden sind. W S wurde am 16.02.1995 durch die Bundespolizeidirektion Wien im Rechtshilfeweg einvernommen, wobei er erklärte, daß Frau S erstmals im April 1993 telefonisch an ihn herangetreten sei und gefragt habe, ob es möglich sei, Inserate für 7 verschiedene Zeitungen einzuschalten. Die Inserate vom 21.09., 07.10., 09.10., 11.10., 13.10. und 19.10.1993 seien von ihm bzw. seiner Firma in Auftrag gegeben und an die Kronenzeitung weitervermittelt worden. Den Auftrag dazu habe er von Frau S selbst bekommen. Diese Aufträge hätte sie telefonisch erteilt. Die Inserate seien auch von Frau S immer bezahlt worden. Sie habe bei ihm ein Depot errichten müssen. Frau S habe immer gegen Monatsende ihre Inserate für den nächsten Monat bei ihm aufgegeben und habe ihren Auftrag gleich an die Firma M weitergefaxt. Dafür habe er von der Firma M eine Rechnung erhalten. Gleichzeitig legte Herr W S Abrechnungen über eine Mehrzahl von in den Monaten September und Oktober in der Kronenzeitung sowie im Kurier eingeschaltenen Inseraten betreffend Frau A S vor. Anhand dieser Abrechnungen ergibt sich ohne jeden Zweifel, daß die Auftragserteilung zur Schaltung der im Spruch angeführten Anzeigen in der Kronenzeitung und im Kurier seitens der Berufungswerberin erfolgt ist.

 

Im Bezug auf das Österreichische Kontaktmagazin ÖKM erklärte Herr P J im Zuge seiner Einvernahme gegenüber der Bezirkshauptmannschaft G am 27.01.1995, daß ihm die in Rede stehenden Inserate nicht bekannt seien und überdies für gewerbliche Einschaltungen das Werbebüro P in Wien zuständig sei. In einem Schreiben vom 20.02.1995 an die Bezirkshauptmannschaft G führte Herr P J aus, daß die im Jahr 1993 erschienenen Inserate "I, Model A, Tel. " telefonisch in Auftrag gegeben worden seien. Auftraggeber sei, soweit erinnerlich, eine Frau gewesen.

 

Auf Grund der oben näher dargestellten Umstände sowie insbesondere unter Bedachtnahme auf die Aussagen der Berufungswerberin im Vorverfahren bestehen keine Bedenken, daß die in Rede stehenden Anzeigen von der Berufungswerberin in Auftrag gegeben wurden. Die Aufnahme weiterer Beweise erwies sich daher als entbehrlich.

 

Gemäß §14 litb TLPG ist die außerhalb behördlich bewilligter Bordelle erfolgende Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution verboten. Gemäß §19 legcit begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- oder, bei Vorliegen von besonderen Erschwerungsgründen, mit Arrest bis zu 4 Wochen zu bestrafen, wer einem Verbot nach §14 zuwiderhandelt.

 

Die Berufungswerberin hat die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht begangen. Die Bezeichnung als "Modell" bzw. "Privatmodell" oder "Fotomodell" - auch mit dem Hinweis "Agentur" unter gleichzeitiger Anführung des Vornamens sowie der Telefonnummer unter der Rubrik "Verschiedenes" ist zu einer gängigen Deckbezeichnung für Geheimprostituierte geworden. Das erwähnte Erscheinungsbild läßt - für jedermann erkennbar - den Schluß zu, daß damit ein Anbot zur Ausübung der Prostitution zum Ausdruck gebracht wird. Dies wird auch dadurch unterstrichen, daß in den Anzeigetexten kein Hinweis darin enthalten ist, der auf eine Tätigkeit als Fotomodell hinweist.

 

Darauf, ob eine Anbahnungshandlung auch tatsächlich zur Prostitution führt, kommt es nicht an (vgl. VwGH vom 27.03.1991, Zl 90/10/0189). Es ist daher unmaßgeblich, ob sich die einschlägigen Inserate in Wahrheit als Flop erwiesen haben oder nicht. Es ist daher auch nicht von einem Versuch, sondern von vollendeter Tatbegehung auszugehen.

 

Auch kommt es entgegen der Auffassung der Berufungswerberin nicht auf den Zeitpunkt der Auftragserteilung an. Vielmehr ist als Tatzeit der Beginn der Verbreitung des betreffenden periodischen Druckwerkes zu sehen (vgl. VwGH vom 29.06.1987, Zl 86/10/0064).

 

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist erheblich, da die Ausübung der Geheimprostitution geeignet ist, eine gesundheitliche und sittliche Gefährdung von Personen herbeizuführen. Als Verschuldensgrad ist auf Grund der zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, welche erschwerend zu berücksichtigen waren, Vorsatz anzunehmen.

 

Die Berufungswerberin stellte im Zuge des Berufungsverfahrens einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, wobei sie ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegte. Auf der Grundlage dieses Vermögensbekenntnisses ist von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen der Berufungswerberin auszugehen. Dieser Umstand rechtfertigte eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf das im Spruch angeführte Ausmaß. Eine weitere Herabsetzung kam im Hinblick auf die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen der Berufungswerberin nicht in Betracht.

 

Was den Einwand der kriminalsoziologisch wichtigen Funktion der Prostitution betrifft, ist der Berufungswerberin entgegenzuhalten, daß der Gesetzgebung die Ausübung der Geheimprostitution pönalisiert und überdies den Strafrahmen erst vor kurzer Zeit im Zuge einer Novellierung im Jahre 1993 von S 30.000,-- auf S 50.000,-- hinaufgesetzt hat.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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