TE UVS Tirol 1995/04/07 1/7-1/1995

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Veröffentlicht am 07.04.1995
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Spruch

I.

Gemäß §66 Abs4 AVG iVm §24 VStG stellt der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol zu Punkt 1) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses - Übertretung nach §39 Abs1 lita Z1 iVm §15 Abs1 AWG - seine örtliche Zuständigkeit fest.

 

II.

Gemäß §66 Abs4 AVG iVm §24 VStG wird der Berufung zu Punkt 2) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses - Übertretung nach §39 Abs1 litb Z11 iVm §17 Abs3 AWG - Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma B AbfallaufbereitungsgesmbH mit dem Firmenbuchsitz in N, und sohin als zur Vertretung nach außen berufenes und für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliches Organ (§9 VStG) zu verantworten, daß die Firma B AbfallaufbereitungsgesmbH in der Zeit vom 30.01.1991 bis 08.09.1993 gefährlichen Abfall mit der Schlüsselnummer 59803 (Druckgaspackungen) in einer Menge von 64.004 kg

 

1. ohne die Erlaubnis des Landeshauptmannes nach §15 AWG sammelte, obwohl derjenige, der die Tätigkeit eines Abfallsammlers ausübt, hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes bedarf, sowie

 

2. nicht rechtzeitig einem zu einer entsprechenden Sammlung und Behandlung Befugten übergab, obwohl die Firma B AbfallaufbereitungsgesmbH als Besitzer gefährlicher Abfälle (Druckgaspackungen der Schlüssel-Nr 59803 gemäß ÖNORN S 2100) zu einer entsprechenden Behandlung nicht befugt ist."

 

Dem Beschuldigten wurde zu Punkt 1) eine Verwaltungsübertretung nach §39 Abs1 lita Z1 iVm §15 Abs1 AWG iVm §9 VStG zur Last gelegt. Zu Punkt 2) wurde dem Beschuldigten eine Übertretung nach §39 Abs1 litb Z11 iVm §17 Abs3 AWG und §9 VStG angelastet. Über den Beschuldigten wurde zu Punkt 1) eine Geldstrafe in der Höhe von S 80.000,--, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen, und zu Punkt 2) eine Geldstrafe in Höhe von S 10.000,--, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag, verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht berufen.

 

Mit Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22.02.1995 wurde die gegenständliche Berufung samt dem bezughabenden Akt zur Entscheidung übermittelt. In diesem Schreiben wird angeführt, im Spruch des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft W vom 12.12.1994 zum Aktenzeichen Ge-2203/1993/A/ZE würde in örtlicher Hinsicht lediglich N aufscheinen, wodurch die Zuständigkeit nach §51 Abs1 VStG des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß die Verwaltungsübertretung im Zuge des Betriebes eines Unternehmens begangen worden ist, gegeben sei.

 

Gemäß §51 Abs1 VStG steht dem Beschuldigten das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde I. Instanz die Tat begangen worden ist.

 

Zu Punkt 1) des erstinstanzlichen Strafverkenntnisses wird dem Beschuldigten eine Übertretung nach §39 Abs1 lita Z1 iVm §15 Abs1 AWG vorgeworfen.

 

Gemäß §39 Abs 1 lita Z1 AWG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Tätigkeit eines Abfall(Altöl)behandlers ausübt, ohne im Besitz der gemäß §15 Abs1 erforderlichen Erlaubnis zu sein oder sie entgegen §15 Abs5 und 6 oder nach einer Entziehung gemäß §15 Abs8 ausübt.

 

Somit wurde dem Beschuldigten als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma B AbfallaufbereitungsgesmbH ein sogenanntes Begehungsdelikt, das ein bestimmtes aktives Tun mit Strafe bedroht, zur Last gelegt. Bei einem solchen Begehungsdelikt ist Tatort der Übertretung, unabhängig davon, daß dem Beschuldigten eine Übertretung nach §9 Abs1 VStG in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der verfahrensgegenständlichen Gesellschaft vorgeworfen worden ist, der Ort, an dem die Sammeltätigkeit durchgeführt worden ist. Dieser Ort ist nach dem Inhalt des erstinstanzlichen Aktes H/K.

 

Mit Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 16.10.1991 zu Zahl G187/91-G269/91 wurde zu §51 Abs1 VStG ausgesprochen, daß der zweite Halbsatz dieser Bestimmung deutlich und unmißverständlich den leitenden Grundgedanken zum Ausdruck bringt, daß sich die örtliche Zuständigkeit der Berufungsbehörde nach dem Ort der Tatbegehung richten soll.

 

Da, wie schon angeführt, zu Punkt 1) ein Begehungsdelikt zur Last gelegt wird und nicht die Unterlassung einer Vorsorgehandlung, findet sich in Wahrheit im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu Punkt 1) der eigentliche Tatort nicht, da lediglich bei Verwaltungsübertretungen bezüglich der Unterlassung einer Vorsorgehandlung bei im Zuge des Betreibens einer Unternehmung begangenen Verwaltungsübertretung im Zweifel der Ort der Unternehmensleitung als Tatort anzusehen ist.Aufgrund dieser Überlegung ist der im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses angegebene Sitz der Firma B AbfallaufbereitungsgesmbH in N, der überdies erst seit September 1992 besteht, nicht als Tatort  der zu Punkt 1) begangenen Verwaltungsübertretung anzusehen. Somit fehlt im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu Punkt 1) der Tatort. Für einen solchen Fall hat der Verfassungsgerichtshof in der schon angeführten Entscheidung ausgeführt, daß ein Bescheid nicht nur aus dem Spruch, sondern unter Umständen auch im Zusammenhang mit seiner Begründung auszulegen ist. Nennt auch die Bescheidbegründung den Tatort nicht ausdrücklich oder geht es um verfahrensrechtliche Bescheide, muß der Tatzuschreibung in örtlicher Beziehung der konkretisierte Tatvorwurf, wie er sich aus den Akten in Verbindung mit der Bescheidbegründung in der Regel notwendig ergibt, zugrundegelegt werden. Im Lichte dieser Rechtssprechung ist für die Zuständigkeit nach §51 Abs1 VStG H/T heranzuziehen, sodaß nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol zweifellos zu Punkt 1) zur Entscheidung über die Berufung der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zuständig ist

 

Zu Punkt 2) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses verhält es sich anders. Dabei wird dem Beschuldigten vorgeworfen, die verfahrensgegenständlichen Druckgaspackungen nicht rechtzeitig einem zu einer entsprechenden Sammlung und Behandlung Befugten übergeben zu haben, obwohl die Firma B AbfallaufbereitungsgesmbH als Besitzer gefährlicher Abfälle (Druckgaspackungen der SchlüsselNr 59803 gemäß ÖNORM S 2100) zu einer entsprechenden Behandlung nicht befugt sei. Dem Beschuldigten wurde diesbezüglich eine Verwaltungsübertretung nach §39 Abs1 litb Z11 iVm §17 Abs3 AWG zur Last gelegt. Somit wurde dem Beschuldigten diesbezüglich die Unterlassung einer Vorsorgehandlung in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma B AbfallaufbereitungsgesmbH mit Sitz in N vorgeworfen. Somit besteht nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol im Sinne des §51 Abs1 VStG im Lichte der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei im Zuge des Betreibens von Unternehmungen begangenen Verwaltungsübertretungen die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol Dazu ist auszuführen, daß Punkt 1) und Punkt 2) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses in rechtlicher Hinsicht als zwei gesonderte Bescheide, ungeachtet des Umstandes, daß sie in einen Gesamtbescheid gekleidet sind, anzusehen sind.

 

Bei der dem Beschuldigten diesbezüglich zu Punkt 2) angelasteten Verwaltungsübertretung ist wesentliches Tatbestandsmerkmal im Sinne des §44a Z1 VStG zweifellos der Ort, an dem die gefährlichen Abfälle gesammelt worden sind, die nicht rechtzeitig einem zu einer entsprechenden Sammlung und Behandlung Befugten übergeben worden sind. Wie gesagt ist dieser Ort H/T. Eine Verfolgungshandlung in diesem Sinne wurde innerhalb der Verjährungsfrist weder von der Bezirkshauptmannschaft G noch von der Bezirkshauptmannschaft W gesetzt, sodaß aufgrund des Ablaufes der Verfolgungsverjährungsfrist Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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