Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Schwächter über die Berufung des Herrn Paul Georg S, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 22. Bezirk, vom 14.12.1994, Zl MBA 22 - S/6697/94, wegen Verwaltungsübertretungen nach §368 Z4 GewO 1994, entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß §45 Abs1 Z1 VStG eingestellt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß §65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 24.5.1994, um 10.20 Uhr, seine Betriebsstätte in Wien, U-gasse, in welcher er die Gewerbe
1) Teppichreinigung, 2) Marktfahrer, 3) Mietwaschküche (büromäßig) und 4) Übernahme von Arbeiten für die Gewerbe Textilreiniger, der Färber oder der Wäscher und Wäschebügler ausübe, insofern mit einer mangelhaften äußeren Geschäftsbezeichnung versehen, als kein im Rahmen der Gewerbeberechtigung gehaltener, unmißverständlicher Hinweis auf den Gegenstand der Gewerbe in gut sichtbarer Schrift enthalten gewesen sei. Er habe dadurch ad 1) bis 4) §66 Abs1 und 2 GewO 1994 verletzt, weswegen über ihn gemäß §368 Z4 GewO 1994 eine Geldstrafe von ad 1) bis 4) je S 700,--, im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von S 280,-- auferlegt wurde. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber vorbringt, daß die Gewerbeberechtigungen im Standort teilweise auf den büromäßigen Betrieb eingeschränkt und die Gewerbe Teppichreinigung und Marktfahrer nicht ausgeübt worden seien. Das Übernahmegewerbe sei zum Erhebungszeitpunkt noch gar nicht erledigt gewesen und gemäß ursprünglicher Anmeldung auch auf den Bürobetrieb zu beschränken gewesen. Die dem Kundenverkehr zugänglichen Betriebsstätten seien entsprechend gekennzeichnet. Seiner Erinnerung nach sei zum Zeitpunkt der Erhebung ohnedies nur der Videoverleih ausgeübt worden.
Mit Schreiben vom 21.2.1995 wurde der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 59 - Markt- und Veterinäramt, Marktamtsabteilung für den 22. Bezirk, im Rahmen des Berufungsverfahrens um Stellungnahme ersucht, welche der in der Anzeige angeführten Gewerbe vom Berufungswerber zur Tatzeit tatsächlich ausgeübt worden seien. In Entsprechung dieses Ersuchens teilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 59 - Markt- und Veterinäramt, Marktamtsabteilung für den 22.
Bezirk, mit Schreiben vom 23.3.1995 folgendes mit:
"Welche Gewerbe zum Tatzeitpunkt tatsächlich ausgeübt wurden, kann nicht angegeben werden, da Herr S, der sich zum Zeitpunkt der Revision gerade in dem zu diesem Haus gehörenden Vorgarten befand, dem revidierenden Beamten mit den Worten "Was wollen Sie da herinnen, da gibts nur mein Büro und sonst nichts" den Zutritt verweigerte. Auf Grund dieser Worte war anzunehmen, daß die genannten Gewerbe ausgeübt wurden, zumal sämtliche Gewerbeberechtigungen des Beschuldigten aufrecht gemeldet waren (keine Ruhendmeldungen). Nebenbei wäre zu bemerken, daß das Gewerbe "Marktfahrer" auf Grund der Eigenart des Gewerbes tatsächlich nur auf Märkten ausgeübt werden kann, aber die Wohnadresse des Angezeigten den Standort dieser Gewerbeberechtigung darstellt und deshalb mit einer entsprechenden äußeren Geschäftsbezeichnung zu versehen war."
§66 Abs1, 2 und 4 GewO 1994 lautet:
(1) Die Gewerbetreibenden sind verpflichtet, ihre Betriebsstätten mit einer äußeren Geschäftsbezeichnung zu versehen. Diese Verpflichtigung gilt auch für Betriebsstätten, die einer nur vorübergehenden Ausübung eines Gewerbes dienen, ferner für Magazine und dgl, für Gewinnungsstätten und für Baustellen.
(2) Die äußere Geschäftsbezeichnung hat zumindest den Namen des Gewerbetreibenden (§63) und einen im Rahmen der Gewerbeberechtigung gehaltenen unmißverständlichen Hinweis auf den Gegenstand des Gewerbes in gut sichtbarer Schrift zu enthalten.
(4) Wird die Tätigkeit eines Gewerbetreibenden in der Stätte einer anderen wenn auch nicht den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unterliegenden regelmäßigen Tätigkeit ausgeübt und ist diese Tätigkeit des Gewerbetreibenden ihrer Art oder ihrem Umfang nach im Verhältnis zu der anderen Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung, so ist die Verpflichtung zur äußeren Bezeichnung der Betriebsstätte erfüllt, wenn der Gewerbetreibende eine solche Betriebsstätte mit eine Aufschrift kennzeichnet, die zumindest seinen Namen (§63) und einen im Rahmen der Gewerbeberechtigung gehaltenen unmißverständlichen Hinweis auf den Gegenstand des Gewerbes in gut sichtbarer Schrift enthält. Die Kennzeichnung hat so zu erfolgen, daß einer Irreführung über die Person des Gewerbetreibenden und den Gegenstand des Gewerbes vorgebeugt wird. Aus dem Zusammenhalt der oben zitierten Bestimmungen des §66 GewO 1994 ergibt sich, daß die einem Gewerbetreibenden obliegende Verpflichtung zur äußeren Geschäftsbezeichnung seiner Betriebsstätte voraussetzt, daß der Gewerbetreibende dort eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit tatsächlich ausübt. Wurde - wie zum Teil auch im vorliegenden Fall - die Ausübung eines Gewerbes im Standort der Gewerbeberechtigung auf den Bürobetrieb eingeschränkt und übt der Gewerbetreibende diese Tätigkeit dort tatsächlich aus, so handelt es sich auch in einem solchen Fall - entgegen der Auffassung des Berufungswerbers - um eine Betriebsstätte im Sinne des §66 GewO 1994, da in dieser "Stätte" hinsichtlich des Bürobetriebes eine Teiltätigkeit des entsprechenden Gewerbes ausgeübt wird und gemäß §46 Abs2 GewO 1994 diese Einschränkung der Ausübung eines Gewerbes im Standort auf den Bürobetrieb der Gewerbeausübung ohne diese Einschränkung in einer "weiteren" Betriebsstätte nicht entgegensteht. Der Berufungswerber ist daher bei Ausübung des Bürobetriebes grundsätzlich verpflichtet, auch seine auf den Bürobetrieb eingeschränkte Betriebsstätte mit einer äußeren Geschäftsbezeichnung zu versehen.
Da der Berufungswerber bestreitet, die im Spruch unter den Punkten 1)-4) genannten Gewerbe zum Tatzeitpunkt ausgeübt zu haben und er seinem Berufungsvorbringen nach zum Tatzeitpunkt nur das Gewerbe des Videoverleihes ausgeübt habe, wobei am Postkasten eine Visitenkarte mit dem Hinweis auf den Videoverleih angebracht gewesen sein soll, war im Hinblick darauf, daß es sich bei §66 GewO 1994 um eine die Gewerbeausübung regelnde Rechtsvorschrift handelt und das erstinstanzliche Ermittlungsergebnis daher zur Überprüfung der Richtigkeit der Subsumtion des Verhaltens des Beschuldigten unter die Strafbestimmung des §368 Z4 GewO 1994 nicht ausreicht und auch von einem weiteren Ermittlungsverfahren mit Befragung des Meldungslegers angesichts der oben wiedergebenen Stellungnahme der Magistratsabteilung 59 - Markt- und Veterinäramt, Marktamtsabteilung für den 22. Bezirk, vom 23.3.1995, wonach nicht angegeben werden könne, welche Gewerbe zum Tatzeitpunkt tatsächlich ausgeübt worden seien, eine nähere Klärung nicht zu erwarten ist, spruchgemäß zu entscheiden. Das in dieser Stellungnahme dargestellte Verhalten des Berufungswerbers zum Tatzeitpunkt, wonach dieser dem Kontrollorgan den Zutritt verweigert haben soll, stellt vielmehr eine Verletzung der im §338 Abs2 GewO 1994 normierten Verpflichtung des Gewerbeinhabers dar, den in Abs1 dieser Bestimmung genannten Behörden das Betreten und die Besichtigung des Betriebes zu ermöglichen, diesen die notwendigen Auskünfte zu geben, notwendige Unterlagen vorzulegen und erforderlichenfalls Einblick in die Aufzeichnungen über den Lagerbestand sowie über die Warenein- und -ausgänge zu gewähren und wäre daher als Verwaltungsübertretung nach §367 Z26 GewO 1994 zu bestrafen. Daß der Berufungswerber seiner im §93 GewO 1994 normierten Verpflichtung, wonach der Gewerbetreibende das Ruhen und die Wiederaufnahme der Gewerbeausübung binnen drei Wochen der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft anzeigen muß, nicht nachgekommen ist, stellt hingegen eine Verwaltungsübertretung nach §368 Z1 Punkt 18 GewO 1994 dar und wäre der Berufungswerber diesfalls nach dieser Bestimmung zu bestrafen.