Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Findeis über die Berufung des Herrn Peter B vom 20.1.1994 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Innere Stadt, vom 4.1.1994, Zahl Pst 6070/S/92, wegen Übertretung des §52 Z14 StVO 1960, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatumschreibung zu lauten hat:
"Sie (Herr Peter B) haben am 2.10.1992 um 11.30 Uhr in Wien, J-platz, ein durch das Vorschriftszeichen gemäß §52 Z14 StVO 1960 kundgemachtes Hupverbot mißachtet, indem Sie als Lenker des Kraftfahrzeuges W 54 Schallzeichen abgegeben haben, obwohl dies nicht zur Abwendung einer Gefahr von einer Person notwendig gewesen sei."
Dem Berufungswerber wird gemäß §64 Abs1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von S 120,--, das sind 20 % der verhängten Strafe, auferlegt.
Begründung:
Die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Innere Stadt erkannte den Berufungswerber mit Straferkenntnis vom 4.1.1994 schuldig, am 2.10.1992, um 11.30 Uhr in Wien, J-platz als Lenker des KFZ mit dem Kennzeichen W 54 trotz Hupverbotes Schallzeichen abgegeben zu haben, obwohl dies nicht als einziges Mittel zur Abwendung einer Gefahr von einer Person notwendig gewesen wäre. Dadurch habe er §52 Z14 StVO 1960 verletzt, weswegen gemäß §99 Abs3 lita leg cit eine Geldstrafe von S 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) verhängt und S 60,-- als Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben wurde.
Dagegen wurde rechtzeitig Berufung erhoben.
Dem Straferkenntnis ging die Strafverfügung vom 27.10.1992 voraus. Diese wurde am 24.11.1992 durch Hinterlegung zugestellt. Der mit 1.12.1992 datierte Einspruch wurde vom Berufungswerber im Original-RSa-Kuvert der Strafverfügung, das mit den handschriftlichen Vermerken "RETOUR AM 1.2.92" "AN Mag D + öffnen!" versehen wurde, an den darauf bezeichneten Absender:
"Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Innere Stadt, 1, Deutschmeisterplatz 3" gesendet.
Das Kuvert enthält keinen Hinweis über den "Aufgabe"zeitpunkt des Einspruches oder Zeitraum der Beförderung durch die Post. Laut Eingangsstempel der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirskpolizeikommissariat Innere Stadt, langte der Einspruch dort erst am 11.12.1992 ein.
Da der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens in derselben Verwaltungsstrafsache und der Erlassung eines Straferkenntnisses in dieser durch die Behörde 1. Instanz im Falle des verspätet eingebrachten Einspruches als Folge der Rechtskraft das Wiederholungsverbot entgegenstünde, welches bis zur Rechtskraft des Straferkenntnisses in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen ist (vgl hiezu ua VW Slg 11.394A/1984), war im Berufungsverfahren zunächst die Rechtzeitigkeit des Einspruches zu prüfen. Die zweiwöchige Einspruchsfrist begann am 24.11.1992 und endete wegen des Feiertages am 8.12.1992 am 9.12.1992.
Gemäß §33 Abs3 AVG werden die Tage des Posteinlaufes in die Frist nicht eingerechnet. Bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit des gegenständlichen Einspruches ist daher entscheidend, ob er wie vom Berufungswerber behauptet am 1.12.1992 zur Post gegeben wurde. Hiebei kommt es, anders als bei der Einbringung ohne Zuhilfenahme der Post, auf das Datum des Einlangens bei der Behörde nicht an (vgl VwGH 29.10.1991, 91/11/0053).
Aufgrund der klaren, schlüssigen und glaubwürdigen Angaben der Ehefrau des Berufungswerbers als Zeugin im Zusammenhalt mit dem von ihr vorgelegten kopierten Kuverts aus ihrer Postmappe, mit dem Vermerk abgeschickt am 1.12.1992, war als erwiesen anzusehen, daß, obgleich das gegenständliche Kuvert keine entsprechenden Poststempel aufweist, der Einspruch tatsächlich schon am 1.12.1992 zur Post gegeben wurde, weshalb von seiner Rechtzeitigkeit auszugehen war.
Die Berufung selbst, ist nicht begründet:
Unter Zugrundelegung der Anzeige vom 2.10.1992, des Einspruches vom 1.12.1992, der Stellungnahmen vom 8.2.1993 des RvI W und des M, des Vorbringens des Berufungswerbers vom 15.4.1993, der Vormerkungsdatei des Kommissariates Innere Stadt betreffend den Berufungswerber, der Zeugenaussagen des M und RvI W vom 26.7.1993, der Ausführungen des Berufungswerbers vom 15.10.1993, seiner Berufungsausführungen vom 20.1.1994, seiner Angaben in der Berufungsverhandlung am 3.11.1994, 4.1.1995, der Zeugenaussagen anläßlich der Berufungsverhandlung am 21.3.1995 des RvI W und am 12.4.1995 des M, sowie der Ausführungen des Berufungswerbers vom 12.4.1995, wird folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:
Der Beschuldigte Peter B lenkte am 2.10.1992 um 11.30 Uhr in Wien, J-platz, das Kraftfahrzeug W 54 hinter dem Dienstkraftfahrzeug des M, das seine Fahrgeschwindigkeit auf Schrittempo verringern mußte, da mehrmals Fußgänger, vermutlich Touristen, die Fahrbahn betraten. Das veranlaßte den Berufungswerber mehrmals Schallzeichen abzugeben, obgleich sie nicht zur Abwendung einer Gefahr von einer Person erforderlich waren.
Diese Sachverhaltsfeststellung gründet sich auf folgende Erwägungen:
Obgleich der Vorfall bereits 2 1/2 Jahre zurücklag, konnte sich M anläßlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 12.4.1995 vor dem erkennenden Senat noch sehr detailliert an die gegenständliche Begebenheit erinnern. Dieser Zeuge legte schlüssig dar, daß nachdem sein Fahrzeug, das mit mäßiger Geschwindigkeit fuhr, aufgrund der Verkehrslage (Fußgänger auf der Fahrbahn) anhalten mußte, unmittelbar mehrmals Hupsignale vernehmbar waren. Der Zeuge ordnete die abgegebenen Schallzeichen dem vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeug zu. Er räumte aus eigenem ein, daß er das Betätigen des Hupsignales nicht optisch wahrnommen hatte, dies sei schon deswegen nicht möglich gewesen, da jener Teil des Lenkrades mit dem Hupsignale abgegeben werden, nicht im Sichtfeld des Zeugen lag.
Aus den Schilderungen des M über das unmittelbar anschließende Verhalten des Berufungswerbers ergeben sich jedoch ausreichend Indizien für dessen Tätereigenschaft: Der Zeuge machte diese Wahrnehmungen nicht nur von seinen Fahrzeug aus, sondern stieg aus, ging zum Fahrzeug des Berufungswerbers und machte ihm Vorhaltungen wegen seines Verhaltens. Dieser zeigte sich uneinsichtig und gab mit seiner Gestik, aber auch verbal, dem Zeugen zu verstehen, daß er dessen Vorhalte als Belästigung ansehe, die nicht fortgesetzt werden solle, und er die Weiterfahrt des Fahrzeuges des Zeugen wünsche.
M hinterließ anläßlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vor dem erkennenden Senat einen sehr glaubwürdigen und wahrheitsliebenden Eindruck, auch wenn sich der Zeuge in seiner Stellungnahme vom 8.2.1993 und anläßlich seiner Zeugeneinvernahme am 12.4.1995 dazu veranlaßt sah, sehr persönliche Kommentare zur Verantwortung des Berufungswerbers, bzw dazu, wie er eine derartige Verhaltensweise im Straßenverkehr qualifiziere, abzugeben, ergab sich für den erkennenden Senat dadurch allein kein Anhaltspunkt dafür, daß der Zeuge, aus Voreingenommenheit gegenüber dem Berufungswerber, die Verhaltensweise des Berufungswerbers am Tatort, unrichtig wiedergegeben hätte. Vor allem aber ist aufgrund seiner Zeugeneinvernahme - im übrigen stimmt diese mit der Anzeige, den Stellungnahmen und Zeugenaussagen des Meldungslegers und des M überein - davon auszugehen, daß das Dienstfahrzeug des M am Tatort nicht eingeparkt werden sollte und deshalb auch keine Veranlassung für das Einlegen des Rückwärtsganges bestand, sondern, daß das Dienstfahrzeug lediglich anhalten mußte, ohne dabei aber eine abrupte Bremsung vorzunehmen.
Die Aussage des RvI W im Berufungsverfahren, trägt wenig zur Sachverhaltsklärung bei, kann sich doch der Zeuge an den konkreten Vorfall nicht mehr erinnern. Im Hinblick auf den langen Zeitraum der inzwischen verstrichen ist und unter dem Gesichtspunkt, daß es sich bei der gegenständlichen Verkehrssituation nicht um ein spektakuläres Ereignis handelte, das eher in Erinnung bleibt, entspricht es den Erfahrungen des täglichen Lebens, wenn dem Zeugen der Vorfall, der knapp 2 1/2 Jahre zurücklag, nun nicht mehr erinnerlich war. Auch die Angaben des Zeugen, daß er, wenn er sich damals nicht über die Tätereigenschaft des Angezeigten sicher gewesen wäre, von einer Anzeigenerstattung Abstand genommen hätte, kommt keine besondere Bedeutung zu, hat doch der Zeuge nicht aus eigenem die Anzeige erstattet, sondern im Auftrag des M durchgeführt. Allerdings ist seine Aussage "ich kann mich noch daran erinnern, daß ich anläßlich meiner ersten Stellungnahme sehr über die Angaben des BW verwundert war, da sie überhaupt nicht der Wahrheit entsprachen" geeignet, seine und die Angaben seines Beifahrers im instanzlichen Verfahren zu erhärten.
Die Version des Berufungswerbers war als völlig unglaubwürdig zu verwerfen. Behauptet er nämlich, daß das vordere Fahrzeug ohne ersichtlichen Grund eine Notbremsung durchführte. Erst nachträglich habe er erkannt, daß der Vordermann damit, ohne Rücksicht auf andere, einen Parkplatz besetzen wollte, der noch gar nicht entstanden war, da das links neben ihm befindliche Fahrzeug und sohin hinter dem Zeugenfahrzeug gelegen, erst ausparken wollte. Er, der Berufungswerber, mußte, um einen Aufprall zu vermeiden, sein Fahrzeug anhalten, der Vordermann legte den Retourgang ein, obgleich er nur einige Zentimeter hinter dem Fahrzeug stand. Der Fahrer des ausparkenden Fahrzeuges habe den Berufungswerber unterstützt, indem dieser heftig gehupt habe. Er selbst habe nicht gehupt, da seine Hupe seit einiger Zeit nicht funktioniert habe.
Abgesehen davon, daß nicht nachvollziehbar ist, weswegen das Dienstfahrzeug des M am Tatort eingeparkt werden hätte sollen, dieser befand sich auf dem Weg ins Präsidium, wo ein Parkplatz vorhanden ist, im übrigen hätte es nicht eines Einparkmanövers bedurft, hätte M am Tatort das Fahrzeug verlassen wollen. In einem solchen Fall wäre nur ein kurzfristiges Halten des Fahrers nötig gewesen, um den Zeugen aussteigen zu lassen, verwickelte sich der Berufungswerber in einige Widersprüche: Gibt er in seiner Stellungnahme vom 1.12.1992 an, daß seine Lichthupe infolge des kurzen Abstandes wirkungslos gewesen sei und er aus dem Auto gesprungen sei, aus Leibeskräften geschrien habe, um einen Kontakt zu verhindern, behauptet er anläßlich seiner Stellungnahme zur Zeugenaussage vom 12.4.95 daß er im Fahrzeug verblieben sei ("ich möchte ... anmerken, daß es zu keinem Gespräch gekommen ist, weil ich alles zuhatte. Ich hatte die Klimaanlage eingeschaltet"). Auffällig ist, daß es nach der vom Berufungswerber geschilderten Verkehrssituation nur einen korrekt handelnden Fahrzeuglenker, nämlich den Berufungswerber gibt, da ja auch der angebliche Lenker, der beabsichtigt habe auszuparken, nicht zuletzt aus Solidarität mit dem Beschuldigten gehupt haben soll. Völlig unklar bleibt dabei aber, weswegen sein Vordermann derart vorschriftswidrig gehandelt haben soll, zumal er davon ausgehen mußte, daß er in die "freiwerdende Parklücke" nie hineingelangen konnte, wenn hinter ihm bereits mehrere Fahrzeuge vorhanden waren. Unklar bleibt auch, weswegen der Ausparkwillige hupen hätte sollen, war er doch jedenfalls benachrangt und hätte den Fließverkehr abwarten müssen.
Aus all diesen Gründen war die Sachverhaltsdarstellung des Berufungswerbers als reine Schutzbehauptung zu verwerfen. Es erübrigte sich auch deshalb die Beiziehung eines "gerichtlich beeideten Sachverständigen" unter Durchführung eines Ortsaugenscheines, da der Entscheidung nicht zugrunde gelegt wurde, daß links neben seinem Fahrzeug ein Kraftfahrzeug gleicher Marke und Type die Hupsignale abgegeben hat.
Im Bereich des Ortsgebietes Wien besteht ein gemäß §52 Z14 StVO 1960 kundgemachtes Hupverbot. Danach ist die Betätigung der Vorrichtungen zur Abgabe von Schallzeichen verboten, wenn zur Abwendung einer Gefahr von einer Person ein anderes Mittel ausreicht.
Im vorliegenden Fall lag keine Situation vor, die eine Gefahr für Personen bedeutet hätte.
Die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung war daher als erwiesen anzusehen, weshalb der Schuldspruch zu bestätigen war. Die Spruchabänderung diente der Präzisierung der Tatumschreibung und Anpassung an den Straftatbestand.
Strafbemessung:
Gemäß §19 Abs1 VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß Abs2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren (§§40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Tat schädigte in erheblichem Maße das Interesse an der Einhaltung des Verbotes der mißbräuchlichen Verwendung von Schallzeichen. Der Unrechtsgehalt der Tat erweist sich als beträchtlich, wurden doch mehrere Schallzeichen abgegeben, wodurch sowohl die übrigen Verkehrsnehmer (Fußgänger und Fahrzeuglenker) und die Anrainer (in unmittelbarer Nähe befindet sich die Nationalbibliothek, etc) massiv beeinträchtigt wurden. Das Verschulden des Berufungswerbers ist als erheblich zu qualifizieren. Es ist von vorsätzlicher Begehungsweise auszugehen. Besonders verwerflich ist das offensichtliche Motiv des Berufungswerbers, nämlich durch dieses vorschriftswidrige Verhalten eine schnellere Weiterfahrt (ohne auf die Ursache der "Verkehrsbehinderung" zu achten) zu erzwingen.
Erschwerend war das Vorliegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Verwaltungsvorstrafe zu werten.
Auf die ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse, und Sorgepflicht für die Ehegattin wurde Bedacht genommen. Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungsgründe und des bis zu S 10.000,-- reichenden Strafsatzes, ist die verhängte Geldstrafe äußerst milde und keineswegs zu hoch, wurden doch keine Milderungsgründe offenkundig.
Die Kostenvorschreibung gründet sich auf die zwingende Vorschrift des §64 VStG.