TE UVS Wien 1995/04/27 06/21/726/94

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Veröffentlicht am 27.04.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung des Herrn Karl H gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 18. Bezirk, vom 15.12.1994, Zl MBA 18-S 5860/94, wegen Übertretung des § 11 Z 1 und 8 Bundesstatistikgestz 1965, BGBl Nr 91/1965 idgF, iVm § 4 der Verordnung vom 21.7.1967, mit der Stichprobenerhebungen über Arbeitskräfte, Wohnungen sowie sonstige Räumlichkeiten und deren Bewohner (Mikrozensus) angeordnet werden, BGBl Nr 334/1967 entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 600,--,

das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Begründung:

Das Straferkenntnis vom 15.12.1994, Zl MBA 18 - S 5860/94 des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 18.

Bezirk hat folgenden Spruch:

"Sie sind als Bewohner der Wohnung in Wien, G-Straße, der Auskunftspflicht aufgrund der Verordnung zum Mikrozensus durch telefonische Verweigerung der Auskunft am 1. September 1994 gegenüber

dem amtlich bestellten Befragungsorgan Herrn Johann L nicht nachgekommen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 11 Z 1 und 8 Bundesstatistikgesetz 1965, BGBl Nr 91/1965 in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 der Verordnung vom 21. Juli 1967, mit der Stichprobenerhebungen über Arbeitskräfte, Wohnungen sowie sonstige Räumlichkeiten und deren Bewohner (Mikrozensus) angeordnet werden, BGBl Nr 334/1967

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Eine Geldstrafe von Schilling 3.000,--, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen, gemäß § 11 Bundesstatistikgesetzes 1965.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 300,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 3.300,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen". Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten, in welcher dieser hinsichtlich der Auskunftsverweigerung ausführt, daß er telefonisch ersucht habe, von der gegenständlichen Auskunft befreit zu sein, da es ihm aufgrund seines hauptsächlichen Aufenthaltes in seinem Bauernhaus in der Nähe von G nicht immer möglich sei, bis zu acht Mal in zwei Jahren wegen diverser Erhebungen (und nur aus diesem Grunde) nach dem Mikrozensus in seine Wiener Wohnung zu fahren. Es sei hiermit immerhin eine Wegstrecke von je 152 km pro Strecke verbunden.

Die Berufung ist nicht begründet:

Im Grunde des § 8 Abs 1 des Bundesstatistikgesetzes BGBl 91/1965

idgF

sind natürliche und juristische Personen sowie die Personengesellschaften des Handelsrechtes verpflichtet, über die bei der statistischen Erhebungen gestellten Fragen Auskünfte zu erteilen.

Diese Auskünfte müssen rechtzeitig, vollständig und wahrheitsgetreu erteilt werden.

Gemäß § 11 Z 1 des Bundesstatistikgesetzes begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu ahnden ist, wer der Auskunftspflicht durch Verweigerung der Auskunft nicht nachkommt oder

wissentlich unvollständige oder wahrheitswidrige Angaben macht. Gemäß § 1 der Verordnung vom 21. Juli 1967, BGBl Nr 334/1967, hat das

Österreichische Statistische Zentralamt Stichprobenerhebungen über Arbeitskräfte, Wohnungen sowie sonstige Räumlichkeiten und deren Bewohnern (Mikrozensus) durchzuführen.

Gemäß § 2 Abs 1 dieser Verordnung sind die Erhebungen bei Privathaushalten viermal jährlich durch mündliche Befragung durchzuführen. Stichtage für die Erhebung bei Privathaushalten sind der 1. März, der 1. Juni, der 1. September und der 1. Dezember. Nach Abs 2 erstreckt sich die Erhebung auf die in der Stichprobe einbezogenen Wohnungen und deren Bewohner.

Unbestritten ergibt sich aus der Aktenlage, daß der Berufungswerber am 1.9.1994 gegenüber dem Interviewer Johann L telefonisch erklärte, daß dieser nicht vorbeikommen bräuchte, er gebe keine Auskunft. Die Verwirklichung der objektiven Tatseite des dem Berufungswerber zur Last gelegten Tatbestandes ist daher erwiesen.

Zur subjektiven Seite bzw zum Verschulden des Berufungswerbers ist folgendes auszuführen:

Nach § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot ober bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft

macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 17. Juni 1980, Zl 119/80 ausgeführt hat, ist Voraussetzung für jede Anlastung eines strafbaren Verhaltens die Erfüllung eines vom Gesetz mit Strafe bedrohten Tatbestandes einerseits und der Nachweis des Verschuldens des Täters andererseits, und zwar, wenn die Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, zumindest in Form einer

Fahrlässigkeit (§ 5 Abs 1 VStG). Dem Verwaltungsstrafrecht ist der Grundsatz der Erfolgshaftung fremd und es setzt die Verhängung eines Schuld- und Strafausspruches nicht nur ein tatbestandsmäßiges und rechtswidriges, sondern überdies ein schuldhaftes Verhalten voraus (vgl VwGH vom 15. Februar 1982, Z 10/1897/79 und vom 25.2.1992, 91/04/0273).

Das Vorbringen des Berufungswerbers läßt sich dahingehend verstehen, daß er die Auskunft aufgrund des Vorliegens einer Notstandssituation verweigert hätte.

Gemäß § 6 VStG ist eine Tat dann nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

Unter Notstand kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vergleiche unter anderem die Erkenntnisse vom 2.10.1979, 2218/79, 13.11.1981, 81/02/0252, 25.3.1983, 81/02/0116, 12.10.1984, 84/02/0022) nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht.

Als Merkmal des Notstandes hat eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen zu gelten (vergleiche Erkenntnis des VwGH vom 19.12.1973, 319/73).

Zum Wesen des Notstandes gehört auch, daß die Gefahr zumutbarer Weise

nicht in anderer Art als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung zu beheben ist (VwGH 8.9.1969, 1708/68, 24.10.1975, 528/75, 17.11.1977, 2915/76, 154.1983, 82/04/0169).

In der Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung, durch die die Lebensmöglichkeiten selbst nicht unmittelbar bedroht sind, kann aber eine unmittelbar drohende Gefahr und ein Notstand im Sinne des § 6 VStG nicht gesehen werden. Das Vorbringen des Berufungswerbers, das lediglich auf bloß mögliche nachteilige Folgen verweist, ist daher mangels Unmittelbarkeit einer drohenden Gefahr nicht geeignet, die Annahme eines Notstandes zu rechtfertigen.

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Die Tat schädigte in erheblichen Maße das als schutzwürdig erkannte Interesse an der Durchführung von Stichprobenerhebungen über Arbeitskräfte, Wohnungen sowie sonstige Räumlichkeiten und deren Bewohner (Mikrozensus). Trotz des Fehlens sonstiger nachteiliger Folgen konnte daher der objektive Unrechtsgehalt nicht als unbedeutend angesehen werden.

Wie den begleitenden Tatumständen und dem Vorbringen des Berufungswerbers (auch in dessen niederschriftlichen Einvernahme vom 14.12.1994, Blatt 7) entnommen werden konnte, wurde die gegenständliche Verwaltungsübertretung zumindest fahrlässig begangen,

da der Berufungswerber gehalten gewesen wäre, bei Vorliegen von Zweifeln an seiner Auskunftspflicht zeitgerecht an geeigneter Stelle Erkundigungen einzuholen.

Die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde schon von der Behörde erster Instanz zutreffend als mildernd gewertet.

Auf die eher durchschnittlichen Einkommensverhältnisse aber auch auf das nicht unbedeutende Vermögen und auf das Fehlen von gesetzlichen Sorgepflichten wurde bei der Strafbemessung ebenfalls Bedacht genommen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis zu

Schilling 30.000,-- reichenden Strafsatz, ist die verhängte Geldstrafe nicht nur durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal sie ohnedies nur ein Zehntel des gesetzlichen Strafsatzes beträgt und im Verfahren keine weiteren Milderungsgründe hervorgetreten sind, sondern nach Dafürhalten des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien im konkreten Fall aufgrund von spezialpräventiven Gründen angebracht, soll die Strafe doch dazu dienen, den Berufungswerber in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Taten ausreichend abzuhalten.

Eine Herabsetzung der Geldstrafe kam daher nicht in Betracht. Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens

stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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