TE UVS Tirol 1995/05/10 11/226-4/1994

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Veröffentlicht am 10.05.1995
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Spruch

Gemäß §67c Abs3 AVG wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gemäß §79a AVG hat der Beschwerdeführer der Bezirkshauptmannschaft L als obsiegender belangter Behörde Kostenersatz in folgendem Umfang zu leisten:

 

1. Vorlageaufwand            S    377,--

2. Schriftsatzaufwand        S  2.667,--

z u s a m m e n              S  3.044,--

 

Der Beschwerdeführer hat diesen Geldbetrag innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung  der schriftlichen Ausfertigung dieses Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft L zu entrichten.

Text

In der am 19.12.1994 beim unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol eingegangenen Beschwerde vom 13.12.1994 wird folgendes ausgeführt:

"1. Angefochtene Verwaltungsakte:

a)  Zwangsweise Vorführung des Beschwerdeführers am 2.11.1994 durch Beamte des Gendarmeriepostens L zum Bezirksgericht L.

b)  Gewaltsames Eindringen in die Unterkunft des Beschwerdeführers durch Eintreten der Türe am 2.11.1994 durch Beamte des Gendarmeriepostens L.

 

2. Sachverhalt:

Gegen den Beschwerdeführer war zu U 235/94 BG L ein Strafverfahren anhängig. Gemäß §174 StPO wurde die Vorführung des Beschwerdeführers verfügt.

Am 2.11.1994 erschienen drei Beamte des Gendarmeriepostens L zum Zwecke der Vorführung vor der Unterkunft des Beschwerdeführers. Der erste Beamte trat die Tür ein.

Der zweite Beamte schrie "Sie sind verhaftet."

Der dritte Beamte zog die Dienstwaffe und legt sie auf den Beschwerdeführer an.

Der Beschwerdeführer wurde sodann zum Bezirksgericht L eskortiert.

Der Aufmarsch der Exekutive stand unter falschem Kommando: Die Vorführung wurde von der nicht zum Richteramt, sondern nur zum Schreiben bestellten Kanzleikraft C K veranlaßt.

 

Beweis:   AS 1 in U 235/94 BG L

          C K, p.A. Bezirksgericht L,

          Vernehmung des Beschwerderführers,

          Vernehmung der durch Anfrage an das GPK L zu erhebenden Gendarmeriebeamten, die die Amtshandlung am 2.11.1994 vorgenommen haben.

 

3. Beschwerdegründe:

Das Bedürfnis persönlicher Unabhängigkeit der C K mißversteht zunächst den Zweck der Geo "den Richter in wertvoller Weise zu unterstützen" (MGA 7 hoch 12, 1348). Es verletzt dafür in seiner unbekümmerten Selbstverständlichkeit gleich mehrfach verfassungsrechtlich geschützte Güter:

 

a) Artikel 5 MRK iVm §§173 Abs2, 174 StPO gewährleistet die "Rechtmäßigkeit" einer Vorführung auch dahin, daß darauf abzielende Verfügungen nur von einem mit den Garantien des Artikel 87 B-VG ausgestatteten Organ vorgenommen werden dürfen (MGA 1,

Artikel 5 MRK E 7, 59, 62; Ermacora, Handbuch der Grundfreiheiten und Menschenrechte, 217, 223, 228).

b) Da die Vorführung rechtswidrig war, war auch das gewaltsame Eindringen in die Unterkunft des Beschwerdeführers zum Zwecke dieser Vorführung rechtswidrig (VfSlg 7943).

c) Ein der Zuständigkeit des UVS entzogener Akt der Gerichtsbarkeit (Artikel 87, 87a B-VG) liegt nicht vor. Die Verwaltungsakte haben keinen richterlichen Befehl ausgeführt (VwGH 17.2.1993, 92/01/1113).

Es ergeht der Antrag, a) die angefochtenen Verwaltungsakte für rechtswidrig zu erklären;

b) der belangten Behörde Kostenersatz aufzutragen."

 

Die Bezirkshauptmannschaft L hat in ihrer Gegenschrift vom 18.1.1995 die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Gegenschrift der belangten Behörde war in Ablichtung der Gerichtsakt U 235/94 des BG L beigeschlossen. Nach Ansicht der belangten Behörde liege im gegenständlichen Fall keine Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, welche der Bezirkshauptmannschaft L zugerechnet werden könnte, vor.

 

Nach der Aktenlage ergibt sich folgender Sachverhalt:

 

Die Staatsanwaltschaft I richtete am 27.9.1994 an das Bezirksgericht L den Antrag, H B gemäß §38 Abs3 StPO im Hinblick auf den Verdacht der Verletzung der Unterhaltspflicht anzuhören.

 

Vom Bezirksgericht L wurde H B wegen des Verdachts der gröblichen Verletzung der Unterhaltspflicht auf den 13.10.1994, 08.00 Uhr, auf Zimmer 305, zur Vernehmung vorgeladen.

 

H B ist zu diesem Ladungstermin trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen, weshalb vom Richter des Bezirksgerichtes L Dr. K P am 13.10.1994 der Vorführungsbefehl für den 2.11.1994, 14.00 Uhr, beim Bezirksgericht L, Zimmer 305, ausgefertigt worden ist. Die Vorführung des H B wurde am 2.11.1994 gegen 13.45 Uhr von drei Beamten des Gendarmerieposten L durchgeführt. Von den drei Gendarmeriebeamten wurde wahrgenommen, daß sich H B im Zimmer aufhält, dieses jedoch von innen versperrt war. Nach Aufklärung des Sachverhaltes wurde er mehrmals von den Gendarmeriebeamten aufgefordert, die Zimmertüre zu öffnen. H B erwiderte immer darauf, daß ihn das Gericht nicht interessiere, er auf keinen Fall öffnen werde und außerdem krank sei. Zur Durchsetzung und Sicherung der Vorführung wurde die Zimmertüre mit einem gezielten Tritt gegen den Schloßbereich geöffnet. Dadurch entstand an der Tür kein sichtbarer Schaden, es wurde lediglich das Schließblech geringfügig verbogen. Nach Zurechtbiegen des Schließbleches konnte die Tür wieder problemlos versperrt werden. H B saß im Zimmer auf dem Bett und kam in weiterer Folge der Aufforderung der Gendarmeriebeamten nach. Ab 14.00 Uhr am 2.11.1994 wurde beim Bezirksgericht L unter Anleitung des Richters Dr. K P die Vernehmung des Beschuldigten vorgenommen.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich für die vorliegende Beschwerde folgende Beurteilung:

 

1. Die Vorführung des Beschwerdeführers am 2.11.1994 durch drei Beamte des Gendarmeriepostens L zum Bezirksgericht L erfolgte aufgrund des richterlichen Vorführungsbefehles vom 13.10.1994. Rechtsgrundlage dafür ist §174 StPO.

2. Die richterliche Vorführung wurde deshalb veranlaßt, da der Beschwerdeführer der auf §173 StPO gestützten Vorladung auf den 13.10.1994 nicht entsprochen hat.

 

3. Das Eintreten der Zimmertür war zur Durchsetzung des richterlichen Vorführungsbefehles erforderlich, da der Beschwerdeführer der mehrmaligen Aufforderung, die Zimmertüre zu öffnen, nicht entsprochen hat.

 

4. Die drei Gendarmeriebeamten des Gendarmerieposten L sind am 2.11.1994 in gerichtlichem Auftrag tätig geworden. Damit kann weder die Vorführung des Beschwerdeführers am 2.11.1994 noch das vorangegangene Öffnen der Zimmertüre mit einem gezielten Tritt gegen den Schloßbereich der Bezirkshauptmannschaft L als belangter Behörde zugerechnet werden.

 

5. Da somit die beiden in Beschwer gezogenen Verwaltungsakte nicht der Bezirkshauptmannschaft L zuzurechnen sind, erweist sich die Beschwerde als unzulässig. Sie war daher zurückzuweisen, wobei es gemäß §67d AVG einer mündlichen Verhandlung nicht bedurfte.

 

6. Gemäß §79a AVG war der Bezirkshauptmannschaft L als obsiegender Behörde der Kostenersatz für den Vorlageaufwand und den Schriftsatzaufwand im spruchgemäßen Ausmaß zuzusprechen. Dabei war entsprechend der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf die um 1/3 gekürzten Pauschalsätze für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof abzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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