Strafe nach GAG und StVO keine unzulässig Doppelbestrafung
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hrdliczka über die Berufung des Herrn Atilaiso L vom 22.9.1994 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt, vom 31.8.1994, Zahl MBA 11 -S 3600/94, wegen Übertretung des §82 Abs2 iVm §99 Abs3 litd StVO 1960, entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 200,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.
Begründung:
Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe in der Zeit von 31.12.1993 bis 19.1.1994 das Kraftahrzeug, Type: Peugeot 504, Fahrgestellnummer: XY (vormals polizeiliches Kennzeichen lt Begutachtungsplakette: BR6), Farbe:
orange, ohne polizeiliches Kennzeichen in Wien, H-gasse, abgestellt gehabt und dadurch die Straße zu verkehrsfremden Zwecken benützt, ohne die hiefür erforderliche Bewilligung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 erwirkt zu haben. Über den Berufungswerber wurde eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt und ihm die Bezahlung von S 100,-- als Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben. Sein fristgerecht eingebrachtes Rechtsmittel begründete der Berufungswerber im wesentlichen damit, er sei für die ihm im Straferkenntnis zur Last gelegte Tat bereits mit einer (in Fotokopie beigelegten) Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4 - Referat 5, Wiener Praterstadion, Meiereistraße, 1020 Wien, vom 24.6.1994, Zahl
MA 4/5-GAG-11450/4/6, bestraft worden.
Er habe diese Strafe von S 1.200,-- (laut in Fotokopie beigelegtem Empfangschein) bereits am 19.7.1994 bezahlt. Er stelle daher den Antrag das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu stornieren. Aus der beigelegten Fotokopie der Strafverfügung vom 24.6.1994 geht hervor, daß der Berufungswerber auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes auch wegen Übertretung des §1 Abs1 in Verbindung mit §16 Abs2 litA des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom 8.7.1966, LGBl für Wien Nr 20, in der derzeit geltenden Fassung, bestraft wurde. Der unabhängige Verwaltungssenat hat im Hinblick auf die gegebene Sachlage in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Mit seinem Vorbringen macht der Berufungswerber geltend, daß eine
unzulässige Doppelbestrafung vorliege.
Er ist damit nicht im Recht.
Gemäß §82 Abs2 StVO 1960 ist eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz für das Aufstellen von Kraftfahrzeugen oder Anhängern ohne Kennzeichentafeln erforderlich.
Gemäß §99 Abs3 litd StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis S 10.000,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer Straßen ohne Bewilligung zu verkehrsfremden Zwecken (X. Abschnitt) benützt, insbesondere ohne Bewilligung eine nach §82 bewilligungspflichtige Tätigkeit oder Herstellung vornimmt. Der Berufungswerber hat durch das Stehenlassen seines Kraftfahrzeuges ohne Kennzeichentafeln am in Rede stehenden Tatort nicht nur eine Übertretung des §1 Abs1 iVm §16 Abs2 litA Gebrauchsabgabegesetz (widmungswidrige Benützung des öffentlichen Gemeindegrundes ohne Gebrauchserlaubnis) sondern auch eine Übertretung des §99 Abs3 litd in Verbindung mit §82 Abs2 StVO 1960 (Benützung der Straße zu verkehrsfremden Zwecken ohne erforderliche Bewilligung nach der Straßenverkehrsordnung) verwirklicht. Da die Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fiel, waren die Strafen im Sinne der Bestimmungen des §22 Abs1 VStG nebeneinander zu verhängen. Dies war auch verfassungsrechtlich unbedenklich (siehe dazu VfGH 6.10.1989, Zl B 1071/87) und es lag demnach keine unzulässige Doppelbestrafung vor.
Das angefochtene Straferkenntnis war daher in der Schuldfrage zu
bestätigen.
Zur Strafbemessung wird ausgeführt:
Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß §19 Abs2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen besonders zu berücksichtigen.
Das der Bestrafung zugrundeliegende Verhalten schädigte in bedeutendem Maße das Interesse an der Freihaltung von Parkraum, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat erheblich war. Das Verschulden des Berufungswerbers konnte nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, zumal es dem Berufungswerber auch als Ausländer durchaus zumutbar war, sich bei der Behörde zu erkundigen, ob und unter welchen Bedingungen das durch einen Verkehrsunfall nicht mehr fahrbereite Kraftfahrzeug auf der öffentlichen Verkehrsfläche belassen werden durfte, mußte ihm doch bewußt sein, daß Parkraum verstellt wurde.
Bei der Strafbemessung wurde der Umstand, daß dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugutekommt, berücksichtigt. Auf die unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse (das monatliche Nettoeinkommen beträgt ca S 12.000,--), die Vermögenslosigkeit, und die Sorgepflicht für die Ehefrau und zwei Kinder in Zaire wurde Bedacht genommen.
Im Hinblick auf diese Strafbemessungsgründe und den bis S 10.000,-- reichenden Strafsatz ist die verhängte Geldstrafe von S 1.000,-- durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal besondere Milderungsgründe nicht hervorgekommen sind. Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 VStG.